JudikaturOGH

15Os48/25k – OGH Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
16. Juli 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Juli 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski und Dr. Sadoghi sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel und Dr. Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Richteramtsanwärterin Mag. Artner in der Strafsache gegen M* K* wegen der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und 2 vierter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 8. Jänner 2025, GZ 4 Hv 95/24v 35, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde M* K* der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und 2 vierter Fall StGB (1.), der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 erster Fall StGB (2.), der Vergehen der Nötigung nach §§ 15 Abs 1, 105 Abs 1 StGB (3.1.), des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB (3.2.) und der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (4.) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in E* seine Ehefrau J* K*

1. am 10. und 11. September 2024 in zwei Fällen mit Gewalt zur Vornahme und Duldung von dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlungen genötigt, indem er sie mit seinen Händen am Kopf sowie teilweise an den Haaren und am Genick packte, ihr Gesicht zu seinem Penis und diesen in ihren Mund drückte und von ihr forderte, ihn oral zu befriedigen, wobei er in einem Fall währenddessen auch mit einem Finger in ihre Vagina eindrang und er jeweils in ihr Gesicht ejakulierte, wodurch sie in besonderer Weise erniedrigt wurde;

2. wiederholt sowohl mit ihrem Tod als auch jenem ihrer „Affäre“, sohin einer Sympathieperson, gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar

2.1. am 10. September 2024 durch die sinngemäße Äußerung, sie und ihre „Affäre“ werden jeweils „ein Messer im Hals stecken haben“,

2.2. am 11. September 2024 durch die sinngemäße Äußerung, er werde sie und ihre „Affäre“ an das Bett ketten, zum Geschlechtsverkehr zwingen, sodann ihrer „Affäre die Kehle aufschneiden, ihn anschließend auf ihr ausbluten lassen und zum Schluss ihr die Kehle aufschneiden“,

2.3. am 11. September 2024 durch die sinngemäße Äußerung, wenn sie „ein Rudel Ausländer“ sehe, werde es schon zu spät sein, wenn sie zehn Afghanen sehe, solle sie rennen, weil diese Männer wissen würden, dass sie eine „Gerngehade“ sei, und es dann sicher zwei oder drei Stunden dauern werde, bis „es“ vorbei sei;

3. am 11. September 2024 durch Gewalt und teils durch gefährliche Drohung mit dem Tod, zu Handlungen und Unterlassungen genötigt oder zu nötigen versucht, und zwar

3.1. dadurch, dass er ihr in mehreren Angriffen feste Schläge gegen das Gesicht, den Oberarm, die Brust und den Intimbereich versetzte, zur Offenbarung der Identität ihres Liebhabers;

3.2. dadurch, dass er sich mit einem Unterarm auf ihren Hals lehnte und ihr mit der anderen Hand Mund und Nase bis zur Atemnot zuhielt, zur Abstandnahme davon, ihre Tochter um Hilfe zu rufen,

4. durch die unter 3.1. genannten Taten in Form von Rötungen, Schwellungen sowie Blutunterlaufungen am Körper verletzt.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen vom Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt.

[4] Entgegen dem Vorbringen der zu 2. des Schuldspruchs ausgeführten Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) war die Aussage des Angeklagten, er hätte die Drohungen natürlich nie umgesetzt, nicht gesondert erörterungsbedürftig (vgl RIS-Justiz RS0127353; US 9 zu dessen umfassend geständiger Verantwortung). Inwiefern diese Aussage ein Indiz für eine bloß „augenblicksbedingte“ Unmutsäußerung (vgl RIS Justiz RS0093096) sein sollte, wird nicht klar.

[5] Betreffend 1. des Schuldspruchs bringt die Mängelrüge Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) vor. Sie geht aber schon deswegen fehl, weil sie sich auf keinen entscheidenden Umstand (vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 399) bezieht. Mit Blick auf die Feststellungen, wonach der Angeklagte den Kopf des Opfers grob nach unten stieß und es an den Haaren nach unten riss (US 7), kann nämlich dahingestellt bleiben, ob er seinen Penis in den Mund des Opfers schob oder ob es ihn in den Mund nahm.

[6] Die Subsumtionsrüge (Z 10, nominell Z 9 lit a) behauptet zu 4. des Schuldspruchs das Scheinkonkurrenzverhältnis der Konsumtion, weil leichte Körperverletzungen mit dem Begehungsmittel der Gewalt typischerweise verbunden und somit durch die Verurteilung nach § 105 Abs 1 StGB abgegolten wären. Sie legt aber nicht methodengerecht abgeleitet aus dem Gesetz dar (vgl RIS Justiz RS0116565 [T2]), weshalb dies auch für den Fall einer Nötigung gelten sollte, zumal Konsumtion nach ständiger Rechtsprechung nur bei jenen Delikten vorliegt, bei denen die schwere Körperverletzung eine Erfolgsqualifikation bildet, was bei Nötigung gerade nicht der Fall ist (vgl RIS Justiz RS0115230).

[7] Zu 3.2. des Schuldspruchs vermisst die Subsumtionsrüge (Z 10) Feststellungen zu einer gefährlichen Drohung mit dem Tod als Nötigungsmittel. Dabei übergeht sie jedoch prozessordnungswidrig (RIS Justiz RS0099810) die Konstatierung, wonach es dem Angeklagten darauf ankam, dem Opfer Todesangst einzuflößen, als er sich mit seinem Unterarm auf dessen Hals lehnte und mit der anderen Hand dessen Mund zuhielt (US 9).

[8] Zu 3.1 behauptet die Subsumtionsrüge (Z 10) das Vorliegen einer tatbestandlichen Handlungseinheit, weswegen nur ein Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB vorliege. Sie geht dabei jedoch nicht von den dazu getroffenen Feststellungen aus (vgl neuerlich RIS-Justiz RS0099810), wonach der Angeklagte in mehreren getrennten Angriffen handelte (US 5 ff).

[9] Die Subsumtionsrüge (Z 10) führt zu 1. des Schuldspruchs aus, „das Tatgeschehen“ wäre bloß wegen Vergehen der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung nach § 205a Abs 1 StGB zu verurteilen gewesen, hält aber prozessordnungswidrig nicht am festgestellten Sachverhalt fest (neuerlich RIS Justiz RS0099810; vgl US 5 ff zum Drücken des Kopfes des Opfers in seinen Schoß trotz Gegenwehr sowie zum Packen an den Haaren und im Genick).

[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

[11] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.