JudikaturOGH

2Ob26/25z – OGH Entscheidung

Entscheidung
Zivilrecht
26. Juni 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte MMag. Sloboda, Dr. Thunhart und Dr. Kikinger und die Hofrätin Mag. Fitz als weitere Richterin und weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*, vertreten durch Hochstöger, Nowotny Wohlmacher Rechtsanwälte OG in Linz, gegen die beklagte Partei E*, vertreten durch Laback Rechtsanwalts GmbH in Wien, wegen 758.956,61 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse: 92.663,10 EUR sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 12. Dezember 2024, GZ 6 R 148/24p 94, womit in Folge Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichts Steyr vom 29. Juli 2024, GZ 3 Cg 29/22y 86, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass es unter Einschluss der bereits in Rechtskraft erwachsenen Teile insgesamt zu lauten hat:

„1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 335.833,98 EUR samt 4 % Zinsen aus 309.289,04 EUR von 17. März 2022 bis 13. Dezember 2023, aus 14.750 EUR von 17. März 2022 bis 22. Dezember 2023, aus 315.833,98 EUR von 14. Dezember 2023 bis 22. Dezember 2023 und aus 335.833,98 EUR seit 23. Dezember 2023 binnen 14 Tagen zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die beklagte Partei der klagenden Partei für sämtliche darüber hinausgehenden Spät- und Dauerfolgen aus dem Unfall vom 9. Mai 2020 im Ausmaß von 50 % haftet.

3. Das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer 423.122,63 EUR samt 4 % Zinsen aus 532.765,13 EUR von 9. Mai 2020 bis 16. März 2022, aus 208.726,09 EUR von 17. März 2022 bis 23. März 2022, aus 201.726,09 EUR von 24. März 2022 bis 13. Dezember 2023, aus 428.372,63 EUR von 14. bis 22. Dezember 2023 und aus 423.122,63 EUR seit 23. Dezember 2023 und das Feststellungsmehrbegehren werden abgewiesen.

4. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 10.886,50 EUR bestimmten anteiligen Barauslagen binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 163,70 EUR bestimmten anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1] Am 9. Mai 2020 kam es auf einer Landesstraße zu einer Kollision zwischen dem Motorrad des Klägers und einem bei der Beklagten haftpflichtversicherten PKW. Das Verschulden am Unfall trifft die Unfallbeteiligten zu gleichen Teilen. Der Kläger erlitt bei der Kollision schwere Verletzungen, die unter anderem zu einer Unterschenkelamputation links auf Kniehöhe und einer subtotalen Amputation des linken Unterarms führten.

[2] Der Kläger ist seit dem Unfall auf eine Oberschenkelprothese angewiesen, wobei ihm der Sozialversicherungsträger (nur) eine für hohe Aktivität geeignete Prothese CLeg4 bewilligte, deren Anschaffungskosten rund 31.000 EUR betrugen und die der Kläger derzeit auch verwendet. Diese Prothese verfügt über eine elektronisch geregelte Standphase, die die Dämpfung der Hydraulik beim Abwärtsgehen von Treppen oder auf Schrägen regelt. Das Aufladen des im Gelenk integrierten Akkus, der über eine Laufzeit von zwei Tagen verfügt, erfolgt über eine Steckerverbindung. Alternierendes Treppensteigen oder Übersteigen von Hindernissen ist mit dem CLeg4 nicht möglich. Die Prothese ist spritzwasserfest, längerer Kontakt mit Wasser, Sand oder Staub sowie gänzliches Eintauchen in Wasser sollte aber vermieden werden. Der Kläger trägt die Prothese in der Regel 7,5 Stunden pro Tag, die übrige Zeit verwendet er einen Rollstuhl. Vor allem im Sommer bilden sich bei vermehrtem Schwitzen Blasen am Stumpf. Die Prothese CLeg4 ist für den Alltag des Klägers grundsätzlich geeignet, wird von ihm allerdings sehr stark beansprucht.

[3] Die auf dem Markt um knapp 105.000 EUR erhältliche, dem Kläger vom Sozialversicherungsträger aber nicht bewilligte, völlig neu entwickelte Prothese GeniumX3 ist robuster und belastbarer, sie verfügt über Kühlrippen im Gelenk und wird daher längere Zeit nicht heiß. Das Modell ist korrosionsbeständig (muss also etwa zum Duschen und Baden nicht abgelegt werden) und führt zu einem natürlicheren kräfteschonenden Gangbild, mit dem eine geringere Belastung der Wirbelsäule und der Gelenke einher geht. GeniumX3 hat eine wesentlich längere Akkulaufzeit von fünf Tagen, auch kann der Akku vereinfacht durch Induktion (also ohne Steckverbindung und durch die Hose) geladen werden.

[4] Der Kläger erwarb rund ein Jahr vor dem Unfall einen zu diesem Zeitpunkt etwa 17 Jahre alten PKW, den er aber wenig (Laufleistung von 4.000 bis 5.000 km/Jahr) – primär für Fahrten mit dem Hund oder dem Enkel – nützte. Hauptsächlich (Laufleistung von 15.000 bis 16.000 km/Jahr) war der Kläger vor dem Unfall mit seinem (beim Unfall beschädigten) Motorrad unterwegs. Seit dem Unfall kann der Kläger nicht mehr Motorrad fahren. Den gebrauchten PKW, der ein vom Kläger nach dem Unfall nicht mehr bedienbares Schaltgetriebe hatte und der nicht mit einer Einladehilfe für den Rollstuhl nachgerüstet hätte werden können, gab der Kläger seinem Sohn weiter. Der Kläger ist seit dem Unfall auf einen PKW mit Automatikgetriebe (Zusatzkosten gegenüber Schaltgetriebe: 5.000 EUR), einem Lenkknopf (Zusatzkosten: 500 EUR) und einem höher gestellten Sitz angewiesen, um ausreichend mobil zu sein. Er muss auf Autofahrten seinen Rollstuhl mitnehmen, den er aber nicht selbständig in ein Auto heben und verstauen kann, sodass ein Rollstuhllift (Zusatzkosten: 10.000 EUR bis 20.000 EUR) erforderlich ist. Die angemessenen Kosten für ein Neufahrzeug, in das im Bereich der Hecktür ein Rollstuhl eingeladen und ein Kassettenlift montiert werden kann, belaufen sich auf 40.000 EUR.

[5] Der Kläger und seine Ehefrau sind seit 2015 Hälfteeigentümer einer Liegenschaft mit einem vor dem ersten Weltkrieg errichteten Haus, das sie in Eigenregie renoviert haben. Seit dem Einzug in dieses Haus bewohnen der Kläger und seine Frau das Erdgeschoß und der erwachsene Sohn des Klägers mit dessen Familie das Obergeschoß, wo sich ein völlig eigener Wohnbereich befindet. Die Familien verstehen sich gut, besuchen einander wechselseitig und essen manchmal gemeinsam. Über dem Obergeschoß befindet sich ein Dachboden, der von der Familie als Lagerraum genutzt wird. Die Kosten für den unfallkausal erforderlichen behindertengerechten Umbau der Räumlichkeiten im Erdgeschoß betragen 460.000 EUR. Für die barrierefreie Erschließung des Obergeschoßes wäre der Einbau eines Außenlifts um weitere 50.000 EUR erforderlich.

[6] Der Kläger begehrte – soweit für das Revisionsverfahren noch von Relevanz – aus dem Titel der vermehrten Bedürfnisse die Zahlung von 70.000 EUR sA für die Anschaffung eines behindertengerechten Fahrzeugs, von 500.000 EUR sA für den Umbau des Hauses und von 105.254,05 EUR sA für die Anschaffung einer neuen Prothese.

[7] Ihm stehe eine Zweitversorgung mit einer Prothese zu. Da durch die modernere, zudem wasserdichte und damit besser alltagstaugliche Prothese seine Bewegungsfähigkeit ins Gewicht fallend verbessert und die Wirbelsäule geschont werde, seien deren Kosten zu ersetzen.

[8] Er benötige nach dem Unfall ein behindertengerechtes Fahrzeug samt Verstauraum für den Rollstuhl, der wegen der unfallkausalen Verletzungen mit einer elektronischen Vorrichtung in das Auto gehoben werden müsse. Nunmehr erforderliche Sonderausstattung wie Automatikgetriebe oder einen Kassettenlift zum Hineinheben des Rollstuhls müsse die Beklagte jedenfalls ersetzen. Der Kläger sei vor dem Unfall Halter eines Motorrads gewesen, das er unfallkausal nicht mehr nutzen könne. Der Kläger habe kurz vor dem Unfall einen Kompaktwagen mit Erstzulassung 2002 gekauft, den er nach dem Unfall nicht mehr nutzen könne. Er habe das Fahrzeug nur für die Wintermonate für die Fahrten in die Arbeit angeschafft, er habe nicht angedacht, das Fahrzeug zu erneuern, weil er sämtliche anderen Wegstrecken ohnehin mit dem Motorrad zurückgelegt habe. Insgesamt seien daher auch die Kosten der Neuanschaffung des PKW selbst zu ersetzen. Der Ankauf eines Gebrauchtwagens sei nicht zumutbar.

[9] Die für die barrierefreie Nutzung des Hauses durch den Kläger zwingend notwendigen Umbauarbeiten – insbesondere das Herstellen eines einheitlichen Niveaus, die Verbreiterung der Türen und die Umgestaltung der Sanitärräume, aber auch der Einbau eines Pool-Lifts – erforderten Kosten von 500.000 EUR. Es entspreche dem berechtigten Interesse des Klägers, alle Geschoße des Hauses mit dem Rollstuhl erreichen zu können.

[10] Die Beklagte wendete – soweit für das Revisionsverfahren von Relevanz – ein, dass die vom Kläger begehrte moderne Prothese, die ihm keine nennenswerten Vorteile biete, eine Überversorgung darstelle. Die derzeit verwendete Prothese sei ebenso hervorragend geeignet und wetterfest sowie technisch gleichwertig. Beim behindertengerechten Fahrzeug seien nur die unfallbedingten Mehrkosten zu ersetzen. Der alte PKW des Klägers hätte umgerüstet werden können, sodass keine Neuanschaffung erforderlich gewesen wäre und der Kläger durch den Verkauf des alten PKW gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen habe. Der gänzliche Umbau des Hauses sei nicht erforderlich, der Kläger habe zu den im Einzelnen erforderlichen Umbauarbeiten auch kein schlüssiges und detailliertes Vorbringen erstattet.

[11] Das Erstgericht sprach dem Kläger aus dem Titel der vermehrten Bedürfnisse unter Berücksichtigung eines gleichteiligen Mitverschuldens – soweit für das Revisionsverfahren noch von Relevanz – 52.163,10 EUR für eine modernere Prothese, 10.250 EUR für die Umrüstungskosten für ein behindertengerechtes Fahrzeug und 230.000 EUR für den Umbau des Wohnhauses zu. Das durch die neue Prothese bessere Versorgungsergebnis und die damit verbundene weitergehende Annäherung der Lebensführung des Klägers an die eines Gesunden rechtfertige den Zuspruch der Kosten der Prothese. Da der Kläger vor dem Unfall schon Halter eines PKW gewesen sei, seien ihm nicht die vollen Anschaffungskosten eines PKW, sondern nur die unfallbedingten Mehrkosten – konkret für ein Automatikgetriebe, einen Lenkknopf und einen Rollstuhllift – zu ersetzen. Ein Aufzug in das Obergeschoß sei nicht erforderlich, weil dieses nicht zum Wohnbereich des Klägers gehöre.

[12] Das von beiden Streitteilen angerufene Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht, jener des Klägers hingegen teilweise Folge. Die derzeit vom Kläger verwendete Prothese halte dessen Alltagsaktivitäten nicht durchgehend stand, die modernere Prothese führe außerdem zu einem verbesserten Versorgungsergebnis und stelle damit keinen Luxus dar. Der Kläger habe ein berechtigtes Interesse, das Obergeschoß des zur Hälfte in seinem Eigentum stehenden Hauses barrierefrei erreichen zu können. Er müsse sich nicht mit schlechteren Verhältnissen als ohne Schädigung abfinden. Der Einbau eines Außenlifts, mit dem auch Ober- und Dachgeschoß erreichbar seien, erscheine daher angemessen. Da der Kläger die aus dem Unfall resultierenden Bewegungseinschränkungen im Anlassfall nur durch Ankauf eines neuen PKW einigermaßen ausgleichen könne, gebühre ihm auch Ersatz für die Anschaffungskosten eines PKW. Das erst ein Jahr vor dem Unfall angekaufte, 17 Jahre alte Zweitfahrzeug des Klägers habe einen vernachlässigbaren Vermögenswert und könne daher außer Betracht bleiben.

[13] Gegen die Stattgebung eines Zahlungsbegehrens von 92.663,10 EUR sA wendet sich die außerordentliche Revision der Beklagten mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Abweisung des Klagebegehrens im bekämpften Umfang. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[14] Der Kläger beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

[15] Die Revision ist wegen einer aufzugreifenden Fehlbeurteilung zulässig und teilweise berechtigt .

[16] Die Beklagte argumentiert, dass der Ersatz der Kosten für eine neue Prothese sowie für den Einbau eines Außenlifts, um den Sohn samt Familie besuchen zu können, unverhältnismäßig sei und für den Schädiger auch unter Berücksichtigung der Belange des Geschädigten eine nicht zumutbare Aufwendung sei. Es bestehe kein objektiver Bedarf für eine neue Prothese oder einen Außenlift. Bei den zugesprochenen Kosten für ein behindertengerechtes Fahrzeug müsse sich der Kläger jedenfalls einen Abzug „alt für neu“ gefallen lassen, den das Berufungsgericht unterlassen habe. Der Kläger wäre ohne Abzüge um einen neuen Mittelklassewagen bereichert, ihm stehe richtigerweise nur der Ersatz der unfallbedingten Mehrkosten zu.

[17] 1. Kein Streitpunkt im Revisionsverfahren ist die Anwendbarkeit österreichischen Sachrechts (Art 3 HStVÜ). Strittig ist im Revisionsverfahren allein, ob dem Kläger aus dem Titel der vermehrten Bedürfnisse der Ersatz der Kosten für die Anschaffung einer neuen Prothese und eines behindertengerechten Fahrzeugs sowie für den Einbau eines Außenlifts im Rahmen des barrierefreien Umbaus seines Hauses zusteht.

[18] 2. Die Beurteilung, ob und in welchem Umfang ein Schadenersatzanspruch wegen einer unfallbedingten Vermehrung der Bedürfnisse besteht, hängt im Allgemeinen von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (2 Ob 99/20b Rz 4 mwN). Allerdings ist dem Berufungsgericht im Zusammenhang mit den zugesprochenen Kosten für den Einbau eines Außenlifts eine aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen.

[19] 3. Aufwendungen zur Deckung vermehrter Bedürfnisse, die ohne den Unfall nicht entstanden wären, sind ein positiver Schaden und daher nach § 1325 ABGB, § 13 Z 3 EKHG zu ersetzen. Diese Aufwendungen sollen jene Nachteile ausgleichen, die durch eine dauernde Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens des Verletzten entstehen. Sie verfolgen das Ziel, die Lebensführung des Verletzten derjenigen eines Gesunden möglichst anzunähern. Es werden davon solche unfallbedingten Mehraufwendungen erfasst, die dem Geschädigten im Vergleich zu einem gesunden Menschen erwachsen. Der dem Verletzten zustehende Ersatz für Aufwendungen infolge neuer Bedürfnisse, die ohne den Unfall nicht entstanden wären, beruht darauf, dass der Ersatzpflichtige zur umfassenden Wiederherstellung des Zustands vor der Verletzung oder einer im Wesentlichen gleichen Ersatzlage verpflichtet ist. Neben den regelmäßigen Aufwendungen des Verletzten können auch einmalige Kosten zu ersetzen sein, sofern durch diesen Aufwand der erhöhte Bedarf für die Zukunft – zumindest für einen gewissen Zeitraum – in ausreichendem Ausmaß befriedigt werden kann (2 Ob 48/14v Punkt 1.1. mwN; 2 Ob 89/06m mwN).

[20] Die Aufwendungen müssen zweckmäßig und erforderlich sein und sich im Rahmen des Angemessenen halten; zu bedenken ist dabei die Obliegenheit des Geschädigten zur möglichsten Geringhaltung des Schadens (2 Ob 10/91).

[21] 4. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass bei Verwendung einer unfallbedingt notwendig gewordenen Prothese (sogar) Kosten für eine Zweitprothese zugesprochen werden können, wenn während der Dauer erwartbarer Reparaturen und Anpassungen der Erstprothese ansonsten eine wesentlich herabgesetzte Bewegungsfähigkeit des Geschädigten anzunehmen wäre. Dass eine solche Prothese aus ärztlicher Sicht empfehlenswert erscheine, sei nicht ausreichend. Entscheidend sei vielmehr, ob durch die modernere und leichtere Prothese die Bewegungsfähigkeit des Geschädigten ins Gewicht fallend verbessert, die Benützung der Prothese wesentlich erleichtert oder eine weitere Schädigung seines Körpers beträchtlich herabgesetzt werden könnte (8 Ob 135/78 SZ 51/131).

[22] Der Geschädigte hat sich – wie der Oberste Gerichtshof bereits im Hinblick auf eine Zahnprothese ausgesprochen hat – nicht stets mit der günstigsten Methode zur Verbesserung des unfallbedingt beeinträchtigten Gesundheitszustands zu begnügen. Vielmehr ist unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls unter Bedachtnahme auf ärztliche Empfehlungen die Vertretbarkeit der Aufwendung höherer Kosten zu prüfen (8 Ob 91/82 [8 Ob 82/92] ZVR 1983/281).

[23] Diese Überlegungen lassen sich auch für den Anlassfall fruchtbar machen. Ausgehend von den Feststellungen führt die neue Prothese zu einem natürlicheren kräfteschonenden Gangbild, mit dem eine geringere Belastung der Wirbelsäule und der Gelenke einhergeht. Sie bewirkt damit eine ins Gewicht fallende Verbesserung der Bewegungsfähigkeit des Geschädigten und reduziert (letztlich auch der Beklagten zur Last fallende) künftige körperliche Nachteile aufgrund der Nutzung einer Prothese. Ihre größere Belastbarkeit und Robustheit, ihre Korrosionsbeständigkeit und die den Alltag erleichternde bessere Akkulaufzeit und einfachere Lademöglichkeit führen insgesamt zu einer wesentlichen Erleichterung für den Kläger. Da die derzeit verwendete Prothese vom Kläger sehr stark beansprucht wird und Vergleichbares bei der neuen Prothese nicht zu erwarten ist, haben die Vorinstanzen die Kosten für die begehrte neue Prothese zutreffend als angemessen qualifiziert. Dass der Sozialversicherungsträger die Kosten der neuen Prothese nicht übernommen hat, steht deren Zuspruch nach den dargestellten schadenersatzrechtlichen Wertungsgesichtspunkten nicht entgegen.

[24] 5. Dem Geschädigten steht zum Ausgleich einer schweren Gehbehinderung ein Anspruch auf Ersatz der Kosten der Anschaffung und Instandhaltung eines PKW zu, um ihn dadurch annähernd in einen Zustand der Mobilität zu versetzen, wie er für einen Gesunden selbstverständlich ist, wobei nur die unfallbedingten Mehrkosten zu ersetzen sind. Ein Anspruch auf Erstattung sämtlicher Kosten eines PKW kommt (nur) dann in Betracht, wenn der Geschädigte ohne den Unfall einen PKW überhaupt nicht gehalten hätte (2 Ob 48/14v Punkt 1.1. mwN) oder wenn er die aus dem Unfall resultierende weitgehende Bewegungsunfähigkeit in zweckmäßiger und vernünftiger Weise nur durch die Anschaffung eines PKW einigermaßen ausgleichen kann (RS0030699).

[25] Nach den Feststellungen des Erstgerichts, von denen das Berufungsgericht auch nicht abgewichen ist, kann der Kläger das vor dem Unfall von ihm primär benützte Motorrad wegen der erlittenen Verletzungen nicht mehr verwenden. Auch eine Weiterbenützung des kurz vor dem Unfall angekauften Gebrauchtwagens kommt unfallbedingt nicht in Betracht, weil der benötigte Rollstuhllift nicht nachrüstbar ist (und der nachträgliche Einbau eines Automatikgetriebes bei einem fast 20 Jahre alten PKW wohl unwirtschaftlich wäre – vgl 2 Ob 104/05s). Die Weitergabe des alten PKW an den Sohn kann dem Kläger damit nicht als Verletzung seiner Schadensminderungsobliegenheit vor-geworfen werden.

[26] Das Berufungsgericht hat dem Kläger auf dieser Grundlage zu Recht auch die Kosten der Anschaffung eines Neufahrzeugs – und nicht nur jene der unfallbedingt erforderlich gewordenen Zusatzausstattung – zugesprochen (vgl 2 Ob 104/05s zu einem ähnlichen Sachverhalt). Auf den Ankauf eines Gebrauchtwagens muss sich der Kläger nicht verweisen lassen (2 Ob 104/05s; 2 Ob 2031/96g).

[27] Dass sich der Kläger ohne den Unfall ohnehin einen PKW angeschafft hätte, hat die dafür behauptungs- und beweispflichtige Beklagte in erster Instanz nicht vorgebracht (2 Ob 89/06m mwN). Ebenso wenig hat sie den (ebenfalls ihr obliegenden [2 Ob 89/06m]) Einwand einer Bereicherung des Klägers im Fall des Ersatzes (auch) der Anschaffungskosten oder eines nach der Rechtsprechung insoweit durchaus als sachgerecht anzusehenden Abzugs in sinngemäßer Anwendung des Grundsatzes „neu für alt“ (2 Ob 89/06m; 2 Ob 104/05s) erhoben.

[28] 6. Auch Kosten eines unfallbedingt erforderlichen behindertengerechten Umbaus einer Wohnstätte sind aus dem Titel vermehrter Bedürfnisse ersatzfähig (RS0030603). Zu ersetzen sind nach allgemeinen Grundsätzen nur jene Kosten, die aufgewendet werden müssen, um eine den vermehrten Bedürfnissen angemessene Wohngelegenheit zu erlangen (2 Ob 2/89). Das können beispielsweise die Kosten für den erforderlichen behindertengerechten Umbau der bereits vorhandenen Wohnstätte sein (8 Ob 60/86 mwN).

[29] Der Entscheidung 8 Ob 60/86 lag ein Sachverhalt zugrunde, nach dem die durch den Unfall querschnittgelähmte Geschädigte in der vor dem Unfall bewohnten, nicht rollstuhlgerechten und auch nicht adaptierbaren Mietwohnung nicht bleiben konnte. Nachdem die Suche nach einer rollstuhlgerechten anderen Miet oder Eigentumswohnung erfolglos geblieben war, baute die Klägerin auf günstig erworbenem Grund ein mehrstöckiges (drei Etagen), behindertengerechtes Haus. Ein bungalowähnlicher Bau mit nur einer Etage wäre nicht möglich gewesen bzw hätten die Kosten dafür die letztlich aufgewendeten Kosten für den Einbau eines Lifts beim mehrstöckigen Haus überstiegen. Der Einbau eines Stiegenlifts wäre teurer als der „Normallift“ gewesen. Ein Lift über alle drei Geschoße war aufgrund der geänderten Familiensituation erforderlich. Auf dieser Sachverhaltsbasis betonte der Oberste Gerichtshof, dass es keine Anhaltspunkte gebe, dass die Geschädigte ihre Schadensminderungsobliegenheit durch den Bau eines über drei Geschoße führenden Außenlifts verletzt hätte. Ihr könne ein durchaus berechtigtes Interesse nicht abgesprochen werden, alle drei Geschoße des Hauses mit dem Rollstuhl zu erreichen, wobei der Außenlift dafür noch die günstigste Variante gewesen sei.

[30] Diese Entscheidung betrifft jedoch einen mit dem vorliegenden nicht vergleichbaren Sachverhalt. Im Anlassfall ist der Kläger zwar Miteigentümer jener Liegenschaft, auf der sich das von ihm bewohnte Haus befindet. Er nützt jedoch nach den Feststellungen mit seiner Ehefrau (nur) das Erdgeschoß, das Obergeschoß mit einer ganz selbständigen Wohneinheit bewohnt der Sohn des Klägers mit seiner Familie. Bei dieser Sachlage können die vom Berufungsgericht zugesprochenen Kosten für den Außenlift nicht als zweckmäßig und erforderlich angesehen werden (2 Ob 10/91).

[31] Dass sich der Geschädigte ganz allgemein nicht mit schlechteren Verhältnissen als ohne Schädigung abfinden muss (1 Ob 161/00h mwN), ändert daran nichts, weil der Kläger das Obergeschoß weder vor noch nach dem Unfall als Wohnraum nutzte. Das bloße Interesse, seinen Sohn im Obergeschoß besuchen zu können, reicht für einen Zuspruch aus dem Titel vermehrter Bedürfnisse nicht aus.

[32] 7. Die Revision der Beklagten hat daher teilweise – nämlich im Hinblick auf die vom Berufungsgericht zugesprochenen Kosten für den Einbau eines Außenlifts – Erfolg.

[33] 8. Gegen die von den Vorinstanzen gemachten Ausführungen zum Beginn des Zinsenlaufs und zur Zuordnung einzelner erfolgter Zusprüche zu den mehrfachen Änderungen des Klagebegehrens wenden sich die Parteien im Rechtsmittelverfahren nicht.

[34] 9. Die Entscheidung über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens beruht auf § 43 Abs 1 ZPO. Da der Kläger in allen Verfahrensabschnitten ungefähr zur Hälfte obsiegt hat, haben die Streitteile einander wechselseitig je die Hälfte der alleine getragenen Barauslagen zu ersetzen, was saldiert den aus dem Kopf ersichtlichen Kostenzuspruch ergibt.

[35] Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 43 Abs 1 iVm § 43 Abs 2 1. Fall und § 50 ZPO. Im Berufungsverfahren obsiegte der Kläger nur zu rund 5 %, sodass die Beklagte Anspruch auf vollen Kostenersatz auf Basis des abgewehrten Betrags hat. Die Berufung der Beklagten blieb zur Gänze erfolglos, sodass sie dem Kläger die Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen hat. Im Revisionsverfahren obsiegte die Beklagte zu rund 20 %, sodass sie 20 % der Pauschalgebühr ersetzt bekommt, dem Kläger aber 60 % der Kosten der Revisionsbeantwortung ersetzen muss. Saldiert ergibt sich der aus dem Spruch ersichtliche Kostenersatzbetrag.