JudikaturOGH

15Os40/25h – OGH Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
04. Juni 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. Juni 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Dr. Sadoghi, Mag. Riffel und Dr. Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Eißler in der Strafsache gegen * P* wegen der Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15 Abs 1, 269 Abs 1 dritter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen und im Verfahren zu seiner strafrechtlichen Unterbringung nach § 21 Abs 2 StGB, AZ 11 Hv 99/24z des Landesgerichts Steyr als Schöffengericht, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil dieses Gerichts vom 14. Jänner 2025 (ON 30) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Verteidigerin Mag. Noe Nordberg sowie des Vertreters der Generalprokuratur, Dr. Roitner, zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil des Landesgerichts Steyr als Schöffengericht vom 14. Jänner 2025, GZ 11 Hv 99/24z 30, verletzt in der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem forensisch therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB § 19 Abs 2 iVm § 5 Z 6b JGG.

Das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird in diesem Umfang ersatzlos aufgehoben.

Text

Gründe:

[1] Mit unbekämpft in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichts Steyr als Schöffengericht vom 14. Jänner 2025, GZ 11 Hv 99/24z 30, wurde der am 27. Mai 2004 geborene * P* – der sich aufgrund zweier Vorverurteilungen bereits im Maßnahmenvollzug nach § 21 Abs 2 StGB befindet (vgl US 3 f; ON 36) – mehrerer von 5. April 2024 bis 9. November 2024 begangener Vergehen, nämlich jener der schweren Körperverletzung nach §§ 84 Abs 2, 15 Abs 1 StGB (1./a./ und 4./b./), des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15 Abs 1, 269 Abs 1 dritter Fall StGB (1./b./ und 3./b./), der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (2./ und 5./) sowie der Nötigung nach §§ 15 Abs 1, 105 Abs 1 StGB (3./a./ und 4./a./) schuldig erkannt und hierfür zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten verurteilt.

[2] Gestützt auf „die zu Punkt 1./, 3./b./ und 4./b./ des Urteilstenors beschriebenen Taten“, welche „jeweils mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind“, ordnete das Gericht seine Unterbringung in einem forensisch therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB an (US 3, 13).

Rechtliche Beurteilung

[3] Wie die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt, steht dieses Urteil im Umfang des Unterbring ungserkenntnisses mit dem Gesetz nicht im Einklang:

[4] Bei einer Person, die zur Zeit der Tat das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, kann Anlass einer strafrechtlichen Unterbringung nach § 21 StGB nur eine Tat sein, für die nach den allgemeinen Strafgesetzen lebenslange Freiheitsstrafe oder eine Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens zehn Jahren angedroht ist (§ 19 Abs 2 iVm § 5 Z 6b JGG; Schroll/Oshidari in WK 2 JGG § 5 Rz 59; siehe dazu auch die Materialien zum Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz 2022 ErläutRV 1789 BlgNR 27 . GP 29).

[5] Sowohl der erste Strafsatz des § 269 Abs 1 StGB als auch jener des § 84 Abs 2 StGB sehen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vor.

[6] Indem das Landesgericht Steyr als Schöffengericht die Unterbringung des im Tatzeitraum jungen Erwachsenen (§ 1 Abs 1 Z 5 JGG) in einem forensisch therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB somit auf Taten gestützt hat, die – mangels unterbringung srelevanter Straf drohung – keine Grundlage für die Anordnung der Maßnahme bildeten, hat es seine Sanktionsbefugnis überschritten und das Gesetz in § 19 Abs 2 iVm § 5 Z 6b JGG verletzt.

[7] Diese Gesetzesverletzung ist für den Verurteilten von Nachteil und es war daher deren Feststellung auf die im Spruch ersichtliche Weise mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO). Zu einer Aufhebung des Strafausspruchs (vgl RIS Justiz RS0100108; Ratz , WK StPO § 289 Rz 6) sah sich der Oberste Gerichtshof nicht veranlasst.