JudikaturOGH

15Os34/25a – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. Juni 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. Juni 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski und Dr. Sadoghi und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel und und Dr. Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Eißler im Verfahren zur strafrechtlichen Unterbringung des * M* in einem forensischtherapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Schöffengericht vom 4. Februar 2025, GZ 10 Hv 41/24p 39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Unterbringung des * M* in einem forensisch therapeutischen Zentrumnach § 21 Abs 1 StGB angeordnet.

[2]Danach hat er sich in S* unter dem maßgeblichen Einfluss einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung, wegen der er im Zeitpunkt der Taten zurechnungsunfähig war (§ 11 StGB), nämlich einer paranoiden Schizophrenie, unbare Zahlungsmittel, über die er nicht oder nicht alleine verfügen durfte, mit dem Vorsatz verschafft, dass er oder ein Dritter durch deren Verwendung im Rechtsverkehr unrechtmäßig bereichert werde, und zwar

1./ zwischen 12. und 15. Juni 2024 die Bankomatkarte des * T* und

2./ am 13. oder 14. Juli 2024 die Bankomatkarte der * H*,

somitTaten begangen, die als Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 StGB mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht sind.

Rechtliche Beurteilung

[3]Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 „Z 9 iVm Z 10“ StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen, der – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur keine Berechtigung zukommt.

[4] Entgegen dem Vorbringen der Sanktionsrüge (nominell „Z 9 iVm Z 10“, der Sache nach Z 11 erster Fall [vgl Haslwanter in WK 2StGB Vor §§ 21–25 Rz 9]) ist der Schöffensenat zu Recht davon ausgegangen, dass das Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 StGB als Anlasstat für eine Unterbringung nach § 21 Abs 1 StGB in Frage kommt.

[5]Der Gesetzgeber des BudgetbegleitG 2011 (BGBl I 2010/110) wollte mit der Neuschaffung des § 21 Abs 3 StGB „reine Vermögensdelinquenz“ als Grund für eine Unterbringung ausschließen. Diese Einschränkung, welche durch das Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz 2022 (BGBl I 2022/223) übernommen wurde, bezieht sich nur auf die Tatbestände des sechsten Abschnitts des Besonderen Teils des StGB ( Haslwanter in WK 2StGB § 21 Rz 4; Lengauer/Nimmervoll , SbgK § 21 Rz 10) und somit nicht auf das im dreizehnten Abschnitt (Strafbare Handlungen gegen die Sicherheit des Verkehrs mit Geld, Wertpapieren, Wertzeichen und unbaren Zahlungsmitteln) enthaltene Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 StGB.

[6] Außerdem schützt§ 241e StGB nicht bloß das Rechtsgut fremdes Vermögen, sondern auch die Sicherheit des Rechts und Zahlungsverkehrs mit unbaren Zahlungsmitteln (RISJustiz RS0119780, RS0120979; Schroll in WK 2StGB § 241e Rz 2 f; Plöckinger , Die neuen Tatbestände zum Schutz unbarer Zahlungsmittel und deren Verhältnis zu den Urkunden und Vermögensdelikten, ÖJZ 2005, 256 ff; zu einerspeziellen Bestandschutzkomponente des § 241e StGB vgl Oshidari , SbgK § 241e Rz 6 f).

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen wardaher als offenbar unbegründet bereits in nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO zurückzuweisen.

[8]Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO). Dieses wird zu prüfen haben, ob (auch) nach der Art der Anlasstaten zu befürchten steht, der Betroffene werde eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen.