13Os30/25y – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 30. April 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. SetzHummel LL.M. in Gegenwart der Rechtspraktikantin Boyer LL.M (WU), LL.M. als Schriftführerin in der Strafsache gegen * A* wegen des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen sowie im Verfahren zur strafrechtlichen Unterbringung des Genannten in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 10. Jänner 2025, GZ 25 Hv 84/24b 49, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde* A* jeweils eines Vergehens der sexuellen Belästigung nach § 218 Abs 1a StGB (I a), des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB (II) und der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB (III) sowie mehrerer Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (I b und IV) schuldig erkannt.
[2]Aus Anlass der vom Schuldspruch II und III umfassten Tat (US 3) wurde die strafrechtliche Unterbringung des Genannten in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB angeordnet.
[3] Nach den Urteilsfeststellungen hat er (soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung) am 27. Mai 2024 in G * versucht,
(II) Beamte, nämlich BInsp. T * und Insp. K*, mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich an seiner Identitätsfeststellung und seiner Festnahme, zu hindern, indem er K* am Blouson festhielt und von sich wegdrückte und T * mit einer Hand im Halsbereich erfasst hielt und zugleich heftig umherriss, ferner – nachfolgend unter Einsatz von Pfefferspray zu Boden gebracht – sich erneut „wehrte“ und versuchte, sich „aufzubäumen“ und „aus dem Griff der Beamten mit Gewalt zu lösen“ (US 5), sowie
(III) durch die zu (II) beschriebene Tat einem Beamten, nämlich BInsp. T *, während oder wegen der Vollziehung dessen Aufgaben oder der Erfüllung dessen Pflichten eine Körperverletzung (§ 83 Abs 1 StGB) zuzufügen.
Rechtliche Beurteilung
[4]Dagegen wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a, 10 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
[5] Nach den Urteilsfeststellungen „wusste“ der Beschwerdeführer, „dass es sich bei den im Dienst befindlichen einschreitenden Polizeibeamten um Beamte handelte“ (US 5 f).
[6] Dem Einwand der Mängelrüge (Z 5 erster Fall) zuwider macht die weitere Urteilsaussage, er habe die Beamten „zweifelsfrei als solche erkannt“ (US 5), diese Feststellung gerade nicht undeutlich.
[7] Der Vorwurf, diese „Annahme des Erstgerichts“ sei „rein willkürlich“ (der Sache nach Z 5 vierter Fall), geht prozessordnungswidrig (RISJustiz RS0119370) daran vorbei, dass die bekämpfte Feststellung aus dem „objektiven Tatgeschehen“ abgeleitet wurde (US 10).
[8] Gleiches gilt für die Kritik, Feststellungen zur „subjektiven Tatseite“ seien „nicht ausreichend“ begründet worden (siehe US 9 f).
[9] Feststellungen zur Intention des Beschwerdeführers, eine Amtshandlung zu verhindern, zu der die Beamten der Art nach berechtigt waren (II), sowie zu seinem (den Beamten T * betreffenden) „Verletzungsvorsatz“ (III) finden sich auf US 6.
[10] Indem das Rechtsfehler mangels (ebensolcher) Feststellungen behauptende Beschwerdevorbringen (Z 9 lit a und 10, teils nominell auch Z 5) seine Argumentation nicht auf der Basis dieses Urteilssachverhalts entwickelt, verfehlt es den – gerade darin gelegenen – Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RISJustiz RS0099810).
[11]Ebenso wenig gelingt es der Rüge, aus dem Gesetz abgeleitet darzulegen, welcher konkreten Konstatierungen zur „objektiven“ und zur „subjektiven“ Tatseite es zur Rechtsrichtigkeit der Subsumtion nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB und nach §§ 15, 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB (aus ihrer Sicht) noch darüber hinaus bedurft haben sollte (siehe aber RISJustiz RS0116565).
[12]Entsprechendes gilt für die schlichte Behauptung des Überschreitens der „Einweisungsbefugnis“ (Z 11 erster Fall), weil der „einfache Widerstand gegen die Staatsgewalt nach § 269 StGB“ (als Anlasstat) „keine Unterbringung“ „rechtfertig[e]“ (siehe demgegenüber § 21 Abs 3 StGB; dazu Haslwanter in WK 2StGB § 21 Rz 3 und 4).
[13]Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
[14]Über die Berufung hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§ 285i StPO).
[15]Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.