14Os131/24g – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Jänner 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. SetzHummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin FI Jäger in der Strafsache gegen * B* wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und 2 vierter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 12. September 2024, GZ 32 Hv 64/24z 53.1, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Berufungen kommt dem Oberlandesgericht Wien zu.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1]Mit dem angefochtenen Urteil wurde * B* je eines Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (A/1) und nach § 201 Abs 1 und 2 vierter Fall StGB (A/2) sowie der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB (B/2), weiters jeweils eines Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (B/1) sowie der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (C/1) und nach § 107 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB (C/2) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er * H* in W*
A/ mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, und zwar
1/ in der Nacht vom 27. auf den 28. April 2024, indem er sich auf ihre Oberarme kniete und sie festhielt, seinen Penis in ihren Mund drückte und mit diesem mehrere Stöße durchführte sowie den vaginalen Geschlechtsverkehr vollzog;
2/ in der Nacht vom 15. auf den 16. Mai 2024, wobei er sie in besonderer Weise erniedrigte, indem er sich auf den Rücken der am Bauch Liegenden legte, ihre Arme auf ihren Rücken zog und festhielt und sie mit dem Penis für rund eine Stunde anal penetrierte, ihr in die rechte Schulter biss, sie kratzte und an den Haaren packte, ihr seinen mit Kot behafteten Penis in den Mund steckte und Oralverkehr bis zur Ejakulation in ihren Mund vornahm sowie sie anschließend erneut anal penetrierte, wobei er ihre linke Hand auf den Rücken drehte und sie festhielt;
B/ vorsätzlich am Körper verletzt, und zwar
1/ am 9. März 2024, indem er ihr zumindest vier Mal mit der Faust ins Gesicht schlug und ihr Mobiltelefon an den Kopf warf, wodurch sie Hämatome im Bereich der Augen sowie eine Beule und eine blutende Wunde auf der Stirn erlitt;
2/ am 27. April 2024, indem er sich mit Knie und Unterschenkel auf ihre Unterarme setzte und ihr etwa zwanzig Schläge mit beiden Fäusten in das Gesicht, zumeist in den Bereich von Stirn, Nase und Schläfe, versetzte, sie würgte und kratzte, an den Haaren zog und ihr weitere sechs Mal mit den Fäusten auf ihren Hinterkopf schlug und dadurch (unter anderem) eine schwere Körperverletzung herbeiführte, nämlich einen verschobenen Nasenbeinbruch, mehrere Hämatome, Kratzspuren am Körper, eine Prellung der Schulter sowie Risse des Trommelfells;
C/ am 27. April 2024 gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, nämlich
1/ mit zumindest einer Verletzung am Körper durch im angefochtenen Urteil näher wiedergegebene Äußerungen;
2/ mit einer auffallenden Verunstaltung, wobei er zu ihr sagte, er werde ihr „die Zähne ausreißen“ und dazu eine Zange zur Untermauerung der Drohung hervorholte.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit b StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.
[4]Mit der Kritik an der Würdigung (US 13) der in der Hauptverhandlung verlesenen Zeugenaussage des geschiedenen Ehemannes des Opfers (ON 50.9 iVm ON 53, 51 f und 69) zeigt die Mängelrüge (Z 5) keinen Mangel im Sinn des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes auf, sondern argumentiert nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung.
[5] Gleiches gilt für das weitere Vorbringen, mit dem sie die Glaubhaftigkeit der von den Tatrichtern ausführlich erörterten (US 10 ff) Aussage der Zeugin H* in Frage zu stellen trachtet.
[6] Deren – im Übrigen ohnehin berücksichtigte – Angaben zu nicht verfahrensgegenständlicher Freiheitsentziehung (vgl US 12) bilden mangels Erheblichkeit von vornherein keinen tauglichen Bezugspunkt einer Mängelrüge (vgl RISJustiz RS0117499).
[7] Die Behauptung von Mängeln amtswegiger Sachverhaltsermittlung (in Form ergänzender Vernehmung des geschiedenen Ehemannes des Opfers [der Sache nach Z 5a]) scheitert an fehlender Darlegung, dass der Beschwerdeführer an darauf abzielender Antragstellung in der Hauptverhandlung gehindert gewesen sei (RISJustiz RS0115823).
[8]Die Rechtsrüge (Z 9 lit b) moniert, das Erstgericht habe nicht berücksichtigt, „dass der Rechtfertigungsgrund der Einwilligung gem. § 90 Abs 1“ StGB vorgelegen sei. Im Umfang des Vorwurfs der Vergewaltigung (Punkt A/ des Schuldspruchs) verfehlt das Vorbringen die Bezugnahme auf den Urteilssachverhalt (vgl aber RISJustiz RS0099810), nach welchem der Beschwerdeführer Geschlechtsverkehr und diesem gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen jeweils gegen den Willen des Opfers durch Einsatz von Gewalt erzwang (US 7 f).
[9] In Bezug auf den Vorwurf der (schweren) Körperverletzung (Punkt B/ des Schuldspruchs) zeigt die Rüge mit dem Verweis auf die Verantwortung des Beschwerdeführers, „beim Sex“ habe H* „verlangt“, dass er sie „im Nacken kratze oder beiße“ oder ihr „auf ihren Po flache Schläge gebe“ (ON 19.3, 6 und ON 53, 7 f), keine Verfahrensergebnisse auf, die nach allgemeiner Lebenserfahrung einen Sachverhalt ernsthaft indizieren, der die (rechtliche Annahme) trüge, das Opfer habe in die Zufügung von (schweren) Körperverletzungen durch wiederholte Faustschläge (ins Gesicht) eingewilligt (vgl RISJustiz RS0118580 [T21]).
[10]Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
[11]Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).
[12]Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.