JudikaturOGH

9ObA95/24x – OGH Entscheidung

Entscheidung
Arbeitsrecht
22. Januar 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Hargassner und die Hofrätin Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Elisabeth Schmied (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Robert Hauser (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in den verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden Partei R* GmbH, *, vertreten durch Dr. Gerhard Taufner und andere, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei L*, vertreten durch Mag. Martin Platte, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, wegen 1. 22.458,78 EUR netto sA (AZ 10 Cga 60/23z) und 2. 2.584 EUR brutto sA (AZ 10 Cga 61/23x), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse: 2.584 EUR), gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. Oktober 2024, GZ 9 Ra 61/24t 15, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Im schriftlichen Dienstvertrag vereinbarten die klagende Arbeitgeberin und der beklagte Arbeitnehmer ua, dass Auslöser für den Provisionsanspruch des Beklagten ausschließlich der erfolgte Zahlungseingang des Kunden bei der Klägerin ist. Insoweit ein solcher Zahlungseingang nicht zustande kommt, entsteht für den Arbeit nehmer auch kein Provisionsanspruch.

[2] Der Beklagte vermittelte für die Klägerin eine Wohnung an die Ehegatten M*. Nach Zahlungseingang der Käuferprovision zahlte die Klägerin dem Beklagten die im Dienstvertrag vereinbarte und fällige Provision. In der Folge traten die Ehegatten M* vom Kaufanbot zurück. Die Klägerin gestand zwar die Berechtigung zum Vertragsrücktritt nicht zu, zahlte den Käufern aber die von ihnen bezahlte Provision zurück.

[3] Die Vorinstanzen wiesen das auf Rückforderung der von der Klägerin an den Beklagten geleisteten Provision gerichtete Klagebegehren ab.

Rechtliche Beurteilung

[4] Die außerordentliche Revision der Klägerin zeigt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf.

[5] 1. Im Dienstvertrag haben die Parteien das Entstehen des Provisionsanspruchs des Beklagten für ein von ihm vermitteltes Verkaufsgeschäft vom Zahlungseingang des Kunden abhängig gemacht. Diese Regelung entspricht im Wesentlichen § 10 Abs 3 AngG. Eine Vereinbarung, wonach der Beklagte nach Wegfall des Zahlungseingangs der Kundenprovision zur Rückzahlung des an ihn ausbezahlten Provisionsentgelts verpflichtet wäre, trafen die Parteien nicht.

[6] 2. Der Grundsatz des § 10 Abs 3 AngG, dass der Anspruchserwerb vom Zahlungseingang abhängt, wird von § 11 Abs 3 AngG durchbrochen (9 ObA 2/97b). Danach kann der Angestellte die volle Provision ua auch dann verlangen, wenn die Ausführung des von ihm oder durch seine Vermittlung abgeschlossenen Geschäfts infolge Verhaltens des Dienstgebers ganz oder teilweise unterblieben ist, ohne dass hiefür wichtige Gründe in der Person des Dritten vorlagen. Die in der außerordentlichen Revision aufg eworfene Frage, ob § 11 Abs 3 AngG dispositiver Natur ist, muss hier nicht erörtert werden, weil diese Bestimmung der Beurteilung des Rückforderungsbegehrens der Klägerin zugrundezulegen ist, zumal sie im Dienstvertrag nicht ausgeschlossen wurde (9 ObA 2/97b).

[7] 3. § 11 Abs 3 AngG ist daher auch auf die vorliegende Sachverhaltskonstellation anzuwenden, bei der das abgeschlossene Vermittlungsgeschäft durch den Rücktritt der Käufer vom Kaufanbot und damit auch der für das Entstehen der Provision des Beklagten unstrittig erforderliche Geschäftsabschluss nachträglich wegfiel ( Jabornegg in Löschnigg/Melzer , AngG 11 § 11 Rz 54 ff).

[8] 4. Die Klägerin bestreitet in ihrer außerordentlichen Revision nicht, dass sie nach § 11 Abs 3 AngG den Beweis dafür zu erbringen hat, dass die Käufer berechtigt vom vermittelten Kaufvertrag zurückgetreten seien und sie daher berechtigt die Käuferprovision zurückgezahlt hat (vgl RS0063080). Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe dafür aber kein ausreichendes Vorbringen erstattet, ist aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls (vgl RS0118180) nicht unvertretbar. Das zentrale Argument der Klägerin, sie treffe kein Verschulden am Vertragsrücktritt der Käufer, genügt nicht, um im gegenständlichen Verfahren prüfen zu können, ob der Vertragsrücktritt der Käufer aus einem wichtigen Grund berechtigt erfolgt ist und es daher der Klägerin nicht zumutbar gewesen wäre, dem Rückzahlungsbegehren der Käufer entgegenzutreten (vgl RS0062913; Jabornegg in Löschnigg/Melzer , AngG 11 § 11 Rz 64 ff).

[9] Mangels Geltendmachung einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Klägerin zurückzuweisen.