JudikaturOGH

3Ob217/24v – OGH Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
17. Dezember 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*, vertreten durch Dr. Magdalena Atzl, Rechtsanwältin in Innsbruck, und ihrer Nebenintervenientin W* Rechtsanwälte GmbH, *, gegen die beklagte Partei Dr. L*, vertreten durch Mag. Zeno Agreiter, Rechtsanwalt in Innsbruck, und ihre Nebenintervenientin R*gesellschaft m.b.H., *, vertreten durch Mag. Gabriele Buchegger, Rechtsanwältin in St. Florian/Linz, wegen 76.650 EUR sA und Feststellung, hier wegen Ablehnung, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 4. Oktober 2024, GZ 8 Nc 18/24b 6, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

[1] Der Beklagte erhob in dem beim Landesgericht Innsbruck zu 80 Cg 21/24d anhängigen Verfahren Rekurs gegen einen Beschluss, mit dem dem Kläger Verfahrenshilfe bewilligt wurde. Diesem Rekurs gab der zuständige Senat des Oberlandesgerichts Innsbruck mit Beschluss vom 6. Juni 2024 nicht Folge.

[2] Nach Zustellung dieser Rechtsmittelentscheidung lehnte der Beklagte die drei Mitglieder des Rekurssenats wegen behaupteter Befangenheit ab. Eines der Senatsmitglieder, nämlich die Richterin Dr. N*, und der Beklagte seien jeweils Mit und Wohnungseigentümer derselben Liegenschaft, und der Beklagte habe im Jahr 2022 die von der Richterin erbetene Einverständniserklärung zu Veränderungen an ihrem Wohnungseigentumsobjekt nicht erteilt. Die beiden weiteren Senatsmitglieder würden deshalb abgelehnt, weil zu befürchten sei, dass sie sich infolge des Antrags des Beklagten „auf Ausschluss eines Senatsmitglieds aus ihrem Senat heraus“ bei (künftigen) Entscheidungen von anderen als rein sachlichen Gesichtspunkten leiten lassen könnten.

[3] Die Richterin Dr. N* erklärte in ihrer Stellungnahme, sich zwar subjektiv nicht befangen zu fühlen, bejahte allerdings, dass bei objektiver Betrachtungsweise für eine der Verfahrensparteien der Anschein entstehen könnte, dass eine künftige Entscheidung in der vorliegenden Rechtssache nicht ausschließlich nach objektiven Gesichtspunkten erfolgen könnte. Die beiden weiteren Senatsmitglieder erklärten, keine der beiden Verfahrensparteien zu kennen und sich nicht befangen zu fühlen.

[4] Mit dem angefochtenen Beschluss sprach der Ablehnungssenat des Oberlandesgerichts Innsbruck aus, dass die Richterin Dr. N* in (allfälligen) künftigen Rechtsmittelverfahren in Bezug auf das (nach wie vor anhängige) Verfahren 80 Cg 21/24d des Landesgerichts Innsbruck befangen sei. Hingegen verwarf es die Ablehnung bezüglich der beiden weiteren Senatsmitglieder und wies den Antrag auf Aufhebung des Beschlusses vom 6. Juni 2024 zurück. Aufgrund des anzuwendenden strengen Maßstabs und weil bereits der äußere Anschein einer Befangenheit genüge, sei die Ablehnung der Richterin Dr. N* als gerechtfertigt anzusehen. Dies wirke sich allerdings nicht auf die Rekursentscheidung vom 6. Juni 2024 aus, weil diese bereits mit ihrer Zustellung und damit vor der Ablehnung in Rechtskraft erwachsen sei. Auch die Ablehnung der beiden weiteren Senatsmitglieder sei nicht berechtigt, weil nicht einmal die Ausgeschlossenheit eines Senatsmitglieds die Annahme der Befangenheit der anderen Senatsmitglieder rechtfertige.

Rechtliche Beurteilung

[5] Der gegen den abweisenden Teil dieses Beschlusses erhobene Rekurs des Beklagten ist zulässig(§ 24 Abs 2 JN), aber nicht berechtigt .

[6]1.1. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass eine Ablehnung nach Rechtskraft der Sachentscheidung ausgeschlossen ist (RS0046032 [T2]); jede andere Auffassung würde nämlich zu dem systemwidrigen Ergebnis führen, dass eine rechtskräftige Entscheidung im Rahmen eines nachfolgenden Ablehnungsverfahrens beseitigt werden könnte, obwohl eine derartige Durchbrechung der Rechtskraft grundsätzlich der Nichtigkeitsklage nach § 529 ZPO vorbehalten ist und selbst eine solche auf einen Ablehnungsgrund nicht gestützt werden kann (RS0046032 [T3]).

[7]1.2. Entgegen der Ansicht des Beklagten gilt diese Rechtsprechung nicht nur für verfahrensbeendende Entscheidungen, sondern auch für abgeschlossene Verfahrensstadien oder selbständige Zwischenverfahren, wie etwa jenes auf Bewilligung der Verfahrenshilfe oder auf Vornahme einer Delegierung (RS0041933 [T33]).

[8]1.3. Da die Rekursentscheidung, die der Beklagte für nichtig erklärt haben möchte, gemäß § 528 Abs 2 Z 4 ZPO unanfechtbar war, also bereits mit ihrer Zustellung an die Parteien in Rechtskraft erwuchs, hat der Ablehnungssenat zu Recht von einer Nichtigerklärung abgesehen. Dass die Mitwirkung der Richterin Dr. N* dem Beklagten erst durch Zustellung der Rekursentscheidung bekannt wurde (werden konnte), kann daran nichts ändern.

[9] 2. Schon im Hinblick auf die Rechtskraft des Anlassverfahrens (Verfahrenshilfe) kann auch der Ablehnungsantrag gegen die beiden weiteren Senatsmitglieder nicht erfolgreich sein (vgl Punkt 1.1.).

[10] 3. Der Rekurs muss daher erfolglos bleiben.

[11] 4. Eine Kostenentscheidung hatte zu entfallen, weil der Rekurswerber keine Kosten verzeichnet hat.