JudikaturOGH

8Ob138/24p – OGH Entscheidung

Entscheidung
Zivilrecht
05. Dezember 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Tarmann Prentner als Vorsitzende sowie die Hofräte MMag. Matzka, Dr. Stefula, Dr. Thunhart und Mag. Dr. Sengstschmid als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. G*, vertreten durch Dr. Otto Urban und andere Rechtsanwälte in Vöcklabruck, gegen die beklagte Partei DI W (FH) H*, wegen 69.808,65 EUR sA (hier: wegen Verfahrenshilfe), über die Rekurse der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 23. August 2024, GZ 2 R 9/24t 32.1, mit dem das Verfahren über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels vom 9. Jänner 2024, GZ 5 Cg 118/23m 8, unterbrochen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Rekurse des Beklagten jeweils vom 17. 9. 2024, GZ 5 Cg 118/23m 34.2 („Einspruch/ Beschwerde“) und GZ 5 Cg 118/23m 36.2 („Beschwerde“), werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Der unvertretene Beklagte hatte Einspruch gegen einen vom Erstgericht erlassenen Zahlungsbefehl erhoben und diesen mit einem Verfahrenshilfeantrag verbunden. Nach fruchtlosem Verbesserungsauftrag wies das Erstgericht den Verfahrenshilfeantrag ab.

[2] Das dagegen vom Beklagten angerufene Rekursgericht unterbrach sein Rekursverfahren bis zur Mitteilung des Bezirksgerichts * als Pflegschaftsgericht im (vom Rekursgericht aus Anlass eines parallelen Rechtsmittelverfahrens angeregten) Verfahren AZ *, ob für den Beklagten rechtskräftig ein Erwachsenenvertreter bestellt oder eine sonstige Maßnahme getroffen wurde, und sprach aus, dass der „Revisionsrekurs“ jedenfalls unzulässig sei.

[3] Die Sendung an den Beklagten mit der Entscheidung des Rekursgerichts wurde am 29. 8. 2024 zur Abholung ab 30. 8. 2024 hinterlegt; dem Beklagten ausgefolgt wurde die Sendung am 5. 9. 2024.

[4] Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts erhob der Beklagte Rechtsmittel :

[5] Am 17. 9. 2024 sandte er einerseits an das Servicecenter des Landes und Bezirksgerichts Linz ein an das Rekursgericht gerichtetes E Mail, das den Betreff „Einspruch Fall OLG Linz: 2R 9/24 1 (5Cg 118/23m 33 vom LG Wels)“ hatte und in dessen Text zum Ausdruck gebracht wird, dass der Beklagte „gegen den Bescheid des genannten Verfahrens […] Beschwerde“ einlege. Das Rekursgericht, dem das Servicecenter das E Mail am selben Tag übermittelt hatte, leitete dieses am 18. 9. 2024 an das Erstgericht weiter, wo es am selben Tag einlangte (ON 34.2).

[6] Andererseits verfasste der Beklagte eine ebenfalls an das Rekursgericht gerichtete, handschriftliche und inhaltlich ähnliche, jedoch textlich anders als das E Mail ON 34.2 formulierte „Beschwerde“ gegen den Beschluss des Rekursgerichts, welche zwar mit 12. 9. 2024 datiert ist, aber nach der Aktenlage am 17. 9. 2024 zur Post gegeben wurde, am 19. 9. 2024 beim Rekursgericht einlangte und von diesem am 20. 9. 2024 an das Erstgericht weitergeleitet wurde, wo es am selben Tag einlangte (ON 36.2).

[7] Der Kläger erstattete keine Rechtsmittelbeantwortung, woraufhin das Erstgericht den Akt mit „außerordentlichem Revisionsrekurs“ direkt dem Obersten Gerichtshof vorlegte.

Rechtliche Beurteilung

[8] Die Rekurse sind zurückzuweisen.

[9] Sie richten sich erkennbar gegen einen Beschluss des Rekursgerichts in Verfahrenshilfesachen, mit dem es das Rekursverfahren unterbrach. Das Rekursgericht hat den angefochtenen Beschluss somit „im Rahmen“ des Rekursverfahrens, und damit funktional als Erstgericht gefasst; dagegen erhobene Rechtsmittel sind daher richtigerweise Rekurse.

[10]§ 528 ZPO ist auf solche Rekurse jedenfalls nicht unmittelbar anwendbar. Für diese Fälle hat der Oberste Gerichtshof die Auffassung vertreten, dass deren Zulässigkeit allein nach den §§ 514 und 517 ZPO zu beurteilen ist, was in späteren Entscheidungen dahin präzisiert wurde, dass aber jedenfalls die Rechtsmittelbeschränkungen des § 528 Abs 2 ZPO anzuwenden sind, weil es ein untragbarer Wertungswiderspruch wäre, wenn zwar Beschlüsse, die der Erledigung des Rekurses vorangehen oder sich auf diese Erledigung beziehen, nach Maßgabe der §§ 514, 517 ZPO mit Vollrekurs anfechtbar wären, nicht aber nach § 528 Abs 2 ZPO die Erledigung des Rekurses selbst (vgl RS0115511 [insb T8]; vgl auch RS0044507).

[11]Abgesehen davon, dass die Rekurse nach § 528 Abs 2 Z 4 ZPO (jedenfalls) unzulässig sind, ist hier zu beachten, dass die Frist für Rekurse nach § 521 Abs 1 ZPO 14 Tage beträgt. Da der erste Tag der Frist für die Abholung des hinterlegten Beschlusses des Rekursgerichts der 30. 8. 2024 war, endete die Rekursfrist mit 13. 9. 2024. Die erst am 17. 9. 2024 abgesandten Rechtsmittel wären daher jedenfalls verspätet und auch schon deshalb zurückzuweisen, sodass es auf die Fragen der prozessualen Unzulässigkeit von an das Gericht gerichteten EMails (RS0126972; vgl RS0127859) und der gegen den Grundsatz der Einmaligkeit von Rechtsmitteln (vgl RS0041666) verstoßenden Anbringung mehrerer Rechtsmittel( schriftsätze) nicht mehr ankommt.