JudikaturJustizRS0133871

RS0133871 – OGH Rechtssatz

Rechtssatz
22. Dezember 2021

Bei zwei miteinander in unlösbarem Widerspruch stehenden materiell rechtskräftigen Entscheidungen genießt die zweite, also die zeitlich spätere, den Vorrang; sie sistiert die Rechtskraft der Vorentscheidung. Begründet wird dies mit dem Wiederaufnahmegrund nach § 530 Abs 1 Z 6 ZPO, der bei anderer Sicht keinen Anwendungsbereich hätte. Der genannte Grundsatz gilt nicht nur dann, wenn die beiden miteinander in Widerspruch stehenden Entscheidungen in unterschiedlichen Verfahren gefällt wurden. Der Bindungskonflikt zwischen zwei widersprechenden Entscheidungen stellt sich genauso auch dann, wenn diese im selben Verfahren ergingen. Mag auch die jüngere Entscheidung im Vorprozess gegen den Grundsatz „ne bis in idem“ gefasst worden sein, so ändert dies nichts am Bestehen zweier rechtskräftiger widersprechender Entscheidungen.