JudikaturJustizRS0129608

RS0129608 – OGH Rechtssatz

Rechtssatz
25. November 2014

Wenn auch die Staatsanwaltschaft zur Objektivität verpflichtet ist, kommt beim von ihr eingeholten Sachverständigenbeweis im Ermittlungsverfahren ein strukturelles Ungleichgewicht zum Nachteil des Beschuldigten (§ 48 Abs 2 StPO) zum Tragen: Für die Staatsanwaltschaft ist nämlich (vgl die in § 2 Abs 1 StPO verankerte Verpflichtung zu amtswegiger Wahrheitsforschung) Erkundungsbeweisführung statthaft, in deren Rahmen sie ohne Bindung an Begründungserfordernisse auch Sachverständige mit Ermittlungen beauftragen kann (vgl § 103 Abs 2 StPO). Beschuldigte hingegen haben gemäß § 55 Abs 1 dritter Satz StPO – nicht anders als im Hauptverfahren – in ihrem Antrag zu begründen, weshalb die begehrte Beweisaufnahme (durch den Sachverständigen) geeignet sei, das (erhebliche) Beweisthema zu klären, widrigenfalls diese gemäß § 55 Abs 2 Z 2 StPO unterbleiben darf. Die in 11 Os 51/13d unter Berufung auf eine Literaturstelle (Schmoller, WK-StPO § 55 Rz 35 ff) geäußerte Ansicht, dieses Ungleichgewicht werde relativiert, indem ein solcher Antrag auf Erkundungsbeweisführung „eine prozessuale Wirkung“ (als Antrag, „der Pflicht zur amtswegigen Sachverhaltsaufklärung in einem bestimmten Bereich nachzukommen“) entfalte, steht im Widerspruch zur – unter dem Aspekt der Subsidiarität der Aufklärungs- gegenüber der Verfahrensrüge (§ 281 Abs 1 Z5a und 4 StPO) entwickelten – ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung zum Beweisantragsrecht (RIS-Justiz RS0115823, RS0114036) und wird vom erkennenden Senat nicht geteilt (vgl auch JAB 203 BlgNR 25. GP 3).

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