JudikaturJustizRS0126291

RS0126291 – OGH Rechtssatz

Rechtssatz
20. Januar 2012

Allgemein und gerade unter dem Aspekt des verfassungs‑ und europarechtlichen Grundrechtsschutzes kommt der Interpretation unter dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung besondere Bedeutung zu. Auch die Bestimmungen der §§ 364 und 364a ABGB sind iVm den Verwaltungsbestimmungen zu interpretieren, auf die § 364a ABGB im Ergebnis verweist. Wenn der Gesetzgeber ein allgemeines Recht (§ 364 ABGB) ausformt und im Rahmen von Verfahren nach individualisierten Kriterien (§ 364a ABGB iVm Verwaltungsverfahren) Eingriffe zulässt, so bedarf dies der Möglichkeit der Überprüfung und Beteiligung an diesen Verfahren durch die betroffenen Inhaber der Rechte. Das öffentliche Interesse am Umweltschutz und die privaten Rechte der Anrainer (§ 364 ABGB) stellen unterscheidbare Aspekte dar. Die Prüfung dieser Aspekte kann gemeinsam in einem (Verwaltungsverfahren) erfolgen, oder getrennt in verschiedenen Verfahren (Gericht und Verwaltungsbehörde). Ob in die Rechte nach § 364 ABGB tatsächlich eingegriffen werden soll, kann nur aus der gemeinsamen Interpretation der verwaltungsrechtlichen Bestimmungen iVm § 364a ABGB abgeleitet werden. Ob in diesem Verwaltungsverfahren nur die öffentlichen rechtlichen Interessen beurteilt werden sollen oder auch die privaten Rechte der Anrainer, ergibt sich daraus, ob diese in dem Verwaltungsverfahren Parteistellung (§ 8 AVG) haben. Nur im letzteren Fall ist davon auszugehen, dass es sich auch um eine „genehmigte Anlage“ aufgrund einer „behördlichen Verhandlung“ im Sinne der für den Individualrechtsschutz maßgeblichen Bestimmung des § 364a ABGB handelt.

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