JudikaturJustizRS0118013

RS0118013 – OGH Rechtssatz

Rechtssatz
01. März 2022

§ 90l Abs 2 zweiter und dritter Satz, Abs 3 und Abs 4 StPO beziehen sich nur auf das Verfahren vor der Hauptverhandlung, nicht auf diese selbst. Da hinsichtlich des Gebotes der Anhörung des Staatsanwaltes vor diversionellem Vorgehen des Gerichtes (vgl § 90l Abs 2 zweiter Satz StPO) und der Befugnis des Staatsanwaltes zur Anfechtung eines Beschlusses auf Einstellung des Verfahrens nach dem IX a.Hauptstück der StPO sowie der hiefür offenstehenden Frist (vgl § 90l Abs 3 erster Satz StPO) ein nach Verfahrensstadien – vor und in der Hauptverhandlung – differenzierender Regelungsplan nicht erkennbar ist, liegt insoweit für das Stadium der Hauptverhandlung eine planwidrige Gesetzeslücke vor. Diese lässt sich durch analoge Heranziehung der in § 90l Abs 2 zweiter Satz und Abs 3 erster Satz StPO getroffenen Regelungen schließen. Dabei ist, weil die für die Hauptverhandlung vorgesehene Form der Bekanntmachung von Entscheidungen die mündliche Verkündung ist, an diese und nicht an die Zustellung anzuknüpfen. Daraus ergibt sich:

Auch in der Hauptverhandlung hat das Gericht, wenn es diversionell vorgehen will, vor einer Mitteilung an den Verdächtigen, dass ein solches Vorgehen beabsichtigt sei (§§ 90c Abs 4, 90 d Abs 4, 90 f Abs 3, jeweils iVm § 90 b StPO), und vor einem Beschluss, mit dem das Verfahren nach den Bestimmungen des IX a. Hauptstückes der StPO eingestellt wird, den Staatsanwalt zu hören.

Ergeht in der Hauptverhandlung ein Beschluss auf Einstellung des Verfahrens nach dem IX a.Hauptstück der StPO, ist diese Entscheidung mündlich zu verkünden. Dagegen steht dem Staatsanwalt die binnen 14 Tagen nach Verkündung einzubringende Beschwerde an den übergeordneten Gerichtshof zu.

Entscheidungen
5