JudikaturJustizRS0116865

RS0116865 – OGH Rechtssatz

Rechtssatz
14. Dezember 2023

Nach der neueren Rechtsprechung gebührt nahen Angehörigen eines Getöteten für den ihnen verursachten "Schockschaden" mit Krankheitswert ebenfalls Schmerzengeld, weil diese "Dritten" durch das Erleiden eines Nervenschadens in ihrem absolut geschützten Recht auf körperliche Unversehrtheit beeinträchtigt und als unmittelbar Geschädigte anzusehen sind (vergleiche RIS-Justiz RS0031111). Die Rechtswidrigkeit einer solchen Körperverletzung wird dabei zwar nicht aus dem Schutzzweck der Verhaltensvorschrift, welche die Erstverletzung verhindern soll, aber aus der bei Verletzung absolut geschützter Rechte gebotenen Interessenabwägung abgeleitet. Die Gefahr einer unzumutbaren Ausweitung der Haftung wird dadurch eingegrenzt, dass es eines besonders starken Zurechnungsgrundes bedarf, also die Verletzungshandlung gegenüber dem Angehörigen in hohem Maß geeignet erscheint, einen Schockschaden herbeizuführen. Der Schock muss im Hinblick auf seinen Anlass verständlich sein. Auslöser für die erlittene psychische Erkrankung in diesem Sinne kann aber bei nahem Verwandten auch die Todesnachricht sein, weil bei einer besonders engen persönlichen Verbundenheit, wie sie zwischen nahen Angehörigen typischerweise besteht, die Erstschädigung (Tötung) auch für den dritten Schockgeschädigten so gefährlich ist, dass von einer deliktischen Zufügung des Schockschadens gesprochen werden kann (so schon 2 Ob 79/00g).

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