JudikaturJustizRS0053593

RS0053593 – OGH Rechtssatz

Rechtssatz
04. April 1995

Das Berufungsgericht war - zutreffend - der Auffassung, daß die vom Bestrafungsantrag abweichende rechtliche Beurteilung des nach den wesentlichen Kriterien mit dem unter Anklage gestellten Geschehenskomplex unzweifelhaft identen Urteilssachverhaltes das Erstgericht nicht zum Freispruch des Beschuldigten, sondern, da das Strafverfahren wegen des vom Erstgericht für verwirklicht angesehenen Tatbestandes nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB gemäß § 9 Abs 1 Z 1 StPO in Verbindung mit §§ 10 Z 2, 13 Abs 2 letzter Fall StPO dem Einzelrichter des Gerichtshofes erster Instanz obliegt, zum Ausspruch seiner materiellen Unzuständigkeit veranlassen hätte müssen. Dennoch hat es die demzufolge gemäß §§ 468 Abs 1 Z2, 475 Abs 2 StPO gebotene prozessuale Konsequenz, durch Ausspruch der sachlichen Unzuständigkeit des Bezirksgerichtes nicht nachgeholt, wodurch der Beschuldigte seinem gesetzlichen Richter entzogen wurde. Die dem Berufungsurteil offenbar zugrundeliegende Meinung, dem Berufungssenat als Spruchkörper eines Gerichtshofes erster Instanz stünde auch die Kompetenz eines Einzelrichters zu, ist verfehlt. Durch das nicht dem Dreirichtersenat gemäß § 13 Abs 3 erster Fall StPO, sondern einem Einzelrichter zustehende Erkenntnis über das Vergehen nach § 105 Abs 1 StGB wurde dem Beschuldigten auch der ihm gegen ein (schuldigsprechendes) Urteil des Einzelrichters zustehende Rechtsmittelzug an das Oberlandesgericht genommen.