JudikaturJustizRS0017850

RS0017850 – OGH Rechtssatz

Rechtssatz
30. August 2023

Die vom Schutzzweck eines Vertrages umfassten Interessen, deren Verletzung schadenersatzpflichtig macht, sind aus dem Sinn und Zweck des Vertrages im Wege der Auslegung zu ermitteln; anstelle der verallgemeinernden schematisierenden Betrachtung im Sinne der Adäquanztheorie tritt eine am konkreten Vertragszweck (oder Normzweck) ausgerichtete individualisierende Betrachtung. Einschränkungen können sich nicht nur durch ergänzende Vertragsauslegung, sondern auch vom Vertragstypus her ergeben. Maßgeblich ist, welche Interessen des anderen Teils in den vertraglichen Schutzbereich fallen sollen; die wirtschaftliche Zielsetzung kann dabei eine Beschränkung der Haftung ergeben. Bei Vertragsverletzungen kommt der Schutzzwecklehre vor allem Bedeutung für die Begrenzung der Folgeschäden eines vertragswidrigen Verhaltens zu. Aus dem Vertragszweck kann sich ergeben, dass bestimmte Risiken dem einen oder anderen Teil zur Last fallen sollen. Für die Reichweite der Verantwortlichkeit kann auch die Entgeltlichkeit beziehungsweise deren Ausmaß von Bedeutung sein. Nach diesen Kriterien ist insbesonders zu beurteilen, inwieweit der vertragsbrüchige Schuldner auch Schäden ersetzen muss, die der Gläubiger erleidet, dass er seinerseits mit Dritten abgeschlossene Verträge infolge des Verhaltens des Schuldners nicht erfüllen kann.

Entscheidungen
51