JudikaturJustizRkv425/51

Rkv425/51 – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. Januar 1952

Kopf

Die Oberste Rückstellungskommission hat in der Rückstellungssache des Jesod H*****, vertreten durch Dr. Martin Hoberle, Rechtsanwalt in Wien, als Antragstellers, gegen Franz und Anna R*****, beide vertreten durch Dr. Wilhelm Zawadil, Rechtsanwalt in Wien, als Antragsgegner, infolge Beschwerde des Antragstellers gegen das Erkenntnis der Rückstellungsoberkommission beim Oberlandesgericht Wien vom 28. September 1951, Rkb 812/51, womit das Erkenntnis der Rückstellungskommission beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien vom 16. Juli 1951, 60 Rk 152/48-33, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird zum Teil Folge gegeben und das Erkenntnis der Oberkommission in seinem Punkt 1 dahin abgeändert, dass der antragstellende Verein schuldig erkannt wird, den Antragsgegnern den Betrag von 92.091,99 S samt 4 % Zinsen von 15.510,80 S seit 1. 9. 1949 binnen drei Monaten bei Exekution zu bezahlen. Die Antragsgegner sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem antragstellenden Verein die mit 470,40 S bestimmten Kosten der Revisionsbeschwerde binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Begründung:

Das Enderkenntnis der Rückstellungskommission verpflichtete den Antragsteller zu einer Gegenleistung von 73.436,32 S, zahlbar binnen drei Monaten; das Zinsenbegehren sowie das den Betrag von 84.422,12 S übersteigenden Mehrbegehren für gemachte Aufwendungen wurde von der ersten Instanz abgewiesen.

Die Oberkommission hat die Gegenleistung auf den Betrag von 94.217,77 S erhöht und für den Betrag von 15.510,80 S, der zur Tilgung der übernommenen Hypothek samt vertraglichen Zinsen aufgewendet wurde, 4 % seit 1. 9. 1949 zugesprochen. Das Mehrbegehren der Antragsgegner an Kapital und Zinsen wurde abgewiesen.

Das Erkenntnis der Oberkommission wird nur vom Antragsteller angefochten und zwar insoweit als Zinsen für die Hypothek zuerkannt wurden, die vom Sachverständigen angenommene Amortisation nicht anerkannt worden ist, in der Ertragsabrechnung die aufgelaufenen Anwaltskosten zuerkannt und die doppelten Betriebskosten nicht berücksichtigt wurden und schließlich auch deshalb, weil die Eigenleistungen der Antragsgegner beim Wiederaufbau der Liegenschaft, auch soweit sie ohne Beleg sind, als Ausgaben anerkannt wurden.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde ist nur zum Teil begründet.

Was zunächst die Verzinsung des zur Tilgung der Hypothek samt Zinsen aufgewendeten Betrages betrifft, hat die Oberkommission die Verzinsung dieser Aufwendungen mit 4 % seit 1. 9. 1949, dem Zeitpunkt der Rückstellung der Liegenschaft angeordnet und diese Anordnung damit begründet, dass die Antragsgegner einen großen Teil des von ihnen bezahlten Kaufpreises verlieren und die gesamten Erträgnisse der Liegenschaft herauszugeben oder zu verrechnen haben, obwohl sie als Zweiterwerber an der Entziehungshandlung selbst direkt nicht beteiligt waren.

Die Ausführungen der Revisionsbeschwerden vermögen nicht darzutun, dass die von der Oberkommission angeordnete Verzinsung dieser Aufwendungen vom Zeitpunkte der Rückstellung der Liegenschaft dem im § 6 Abs 2 des dritten Rückstellungsgesetzes niedergelegten Grundsatz der Billigkeit widerspricht.

Die vom Sachverständigen Ing. Adolf S***** mit 4 bis 6 % veranschlagten Amortisation der Wiederaufbauarbeiten hat die Oberkommission bei Errechnung der Gegenleistung mit Recht unberücksichtigt gelassen, weil es sich nicht darum handelt, welchen Wert die durchgeführten Wiederaufbauarbeiten im Zeitpunkt der erfolgten Rückstellung oder derzeit darstellen, sondern darum, welche Kosten die Antragsgegner tatsächlich zum Wiederaufbau der bombenbeschädigten Liegenschaft aufgewendet haben. Die Verpflichtung des antragstellenden Vereins zum Ersatz dieser Kosten ergibt sich daraus, dass die gemäß § 336 ABGB anzuwendenden Bestimmungen des § 1036 ABGB den Ersatz des notwendigen und zweckmäßig gemachten Aufwandes vorsehen, wenn jemand, obgleich unberufen, ein fremdes Geschäft zur Abwendung eines bevorstehenden Schadens besorgt, eine Voraussetzung, die nach den Feststellungen der Unterkommissionen im gegebenen Fall ohne jeden Zweifel zutrifft. Die Revisionsbeschwerde ist daher auch in diesem Punkt unbegründet.

Der Oberkommission ist ferner zuzustimmen, dass jene Beträge, die für Prozesskosten betreffend Mietobjekte im gegenständlichen Haus vorausgabt worden sind, als mit der ordentlichen Bewirtschaftung verbundene Auslagen im Sinne des § 5 Abs 3 Z 3 des dritten Rückstellungsgesetzes zu behandeln sind; der für Anwaltskosten aufgewendete Betrag von 1.653,09 S ist daher mit Recht von der Oberkommission als Abzugspost bei Berechnung der Erträgnisse anerkannt worden.

Hingegen kann der Oberkommission nicht zugestimmt werden, insoferne die weiteren von Sachverständigen Otto S***** in seinem Gutachten vorgenommenen Korrekturen der Ertragsabrechnung nicht berücksichtigt worden sind. Nach § 355 ABGB hat der unredliche Besitzer auch jene Früchte zu ersetzen, die er selbst nicht gezogen hat, die der Verkürzte aber erlangt haben würde (fructus neglecti), also jene Früchte, die der unredliche Besitzer zu ziehen versäumt hat. Er hat daher dafür einzustehen, dass Einnahmen und Ausgaben den Vorschriften des Mietengesetzes nicht entsprochen haben, und für ein Versäumnis beim Ziehen der Früchte aufzukommen.

Die nach dem Gutachten des Sachverständigen Otto S***** versäumten Einnahmen und zu Unrecht gemachten Ausgaben betragen unter Berücksichtigung der vom Erstgericht für die Jahre 1945 und 1946 als zu Unrecht nicht überwälzt festgestellten Betriebskosten 2.125,78 S. Um diesen Betrag war die von der Oberkommission festgesetzte Gegenleistung herabzusetzen.

Soweit die Revisionsbeschwerde dem Erkenntnis der Oberkommission vorwirft, dass auch Eigenleistungen der Antragsgegner, die ohne Beleg sind und nicht überprüft werden können, anerkannt worden sind, gerät die Beschwerde in Widerspruch zu den Feststellungen der Unterinstanzen, die aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen Ing. Adolf S***** als erwiesen angenommen haben, dass Wiederaufbau- und Instandsetzungsarbeiten mit einem angemessenen Betrag von 84.422,12 S durchgeführt wurden und dass die durchgeführten Arbeiten unbedingt notwendig waren, weil das Haus ansonsten dem vollkommenen Verfall ausgesetzt gewesen wäre, und die späteren oder erst derzeit durchgeführten Arbeiten das Zweieinhalb- bis Dreifache der Kosten erfordert hätten. An den Feststellungen der Unterinstanzen muss festgehalten werden, weil das Erkenntnis der Oberkommission gemäß § 21 Abs 2 des dritten Rückstellungsgesetzes nur wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten werden kann.

Die Behauptung der Revisionsbeschwerde, dass der Wiederaufbau nur notdürftig durchgeführt wurde und dass bei ordentlicher Fertigstellung des Aufbaues die meisten damals gemachten Arbeiten sich als zwecklos erweisen werden, ist mit den auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen Ing. Adolf S***** vorgenommenen Feststellungen der Unterinstanzen nicht vereinbar. Die Revisionsbeschwerde ist daher in diesem Punkt unbegründet. Die von der Oberkommission festgesetzte Gegenleistung war daher um den Betrag von 2.125,78 S zu kürzen; im Übrigen bleibt das Erkenntnis der Oberkommission unverändert.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 23/5 des dritten Rückstellungsgesetzes und 43/1 und 50 ZPO, wobei die von den Gegnern zu ersetzenden Kosten auf der Grundlage des mit der Revisionsbeschwerde ersiegten Betrages bemessen wurden.