JudikaturJustizBsw21858/93

Bsw21858/93 – AUSL EKMR Entscheidung

Entscheidung
29. November 1995

Kopf

Europäische Kommission für Menschenrechte, Kammer I, Beschwerdesache T. K. und H. A. K. gegen Österreich, Zulässigkeitsentscheidung vom 29.11.1995, Bsw. 21858/93 und 21905/93.

Spruch

Art. 8 EMRK, Art. 13 EMRK - Telefonüberwachung und Recht auf Privatleben.

Unzulässigkeit der Beschwerde (einstimmig).

Text

Begründung:

Sachverhalt:

Der Telefonanschluss des ZweitBf., eines österr. Geschäftsmannes, und seiner Gattin, der ErstBf., wurde zwischen 20.6.1992 und 11.7.1992 auf Beschluss des Untersuchungsrichters abgehört, weil der Sohn des Ehepaares unter Verdacht stand, einen Banküberfall sowie ein Bombenattentat auf eine Familie verübt zu haben. Erst am 28.9.1992 wurde der ZweitBf. als Inhaber der Telefonanlage von der Überwachung seines Telefons durch das Landesgericht Wien verständigt. Die von ihm gegen die Überwachung eingebrachte Bsw. an das OLG Wien wurde abgewiesen, da sein Sohn unter dringendem Tatverdacht gestanden war. Die Bsw. der ErstBf. wurde zurückgewiesen, da nach österr. Recht nur dem Inhaber der Telefonanlage dieser Rechtsweg offen steht. 1993 wurde das Strafverfahren gegen den Sohn der Bf. eingestellt. Nachdem die Kms. die österr. Reg. von den Bsw. in Kenntnis gesetzt hatte, erhob die Generalprokuratur Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes an den OGH. Mit Urteil vom 4.4.1995 stellte dieser eine Verletzung der §§ 149a (2) und 149b (2) StPO fest, da der die Überwachung anordnende Untersuchungsrichter es unterlassen hatte, unverzüglich die notwendige Zustimmung der Ratskammer einzuholen; ferner sei der ZweitBf. erst verspätet von der Überwachung seiner Telefongespräche informiert worden.

Rechtliche Beurteilung

Rechtsausführungen:

Die Bf. behaupten eine Verletzung von Art. 8 EMRK (Recht auf Privat- und Familienleben) durch die Überwachung ihrer Telefongespräche: Trotz des OGH Urteils seien sie weiterhin Opfer einer Konventionsverletzung, da der OGH die Verletzung von Art. 8 EMRK nicht ausdrücklich festgestellt habe und die Vernichtung der Aufzeichnungen über die abgehörten Gespräche nicht ausdrücklich angeordnet worden sei. Die ErstBf. behauptet eine Verletzung von Art. 13 EMRK (Recht auf eine wirksame Bsw. vor einer nationalen Instanz), da nach geltendem Recht nur der Inhaber der Telefonanlage ein Rechtsmittel gegen die Telefonüberwachung erheben könne.

Nach Ansicht der Kms. wurde beiden Bf. Abhilfe geleistet: Der OGH hat die Unrechtmäßigkeit der Telefonüberwachung festgestellt und die Vernichtung der Aufzeichnungen angeordnet. Unbeachtlich sind in diesem Zusammenhang das Fehlen einer gesonderten Rechtsmittelmöglichkeit für die ErstBf. sowie das Unterlassen der ausdrücklichen Feststellung einer Konventionsverletzung durch den OGH. Außerdem wurden die maßgeblichen Bestimmungen mit dem Strafprozessänderungsgesetz 1993 geändert, sodass § 149b (4) StPO nunmehr vorsieht, dass die Zustellung des Beschlusses nach Beendigung der Überwachung aufgeschoben werden kann, solange durch sie der Zweck der Untersuchung gefährdet wäre. Ferner sind Dritte, am Fernmeldeverkehr beteiligte Personen, von der Überwachung der Telefongespräche zu verständigen und über ihre Rechte auf Einsichtnahme und Vernichtung der Aufzeichnungen zu belehren (§ 149c (5) stopp). Die Bf. können nicht länger behaupten, Opfer einer Konventionsverletzung zu sein. Die Kms erklärt die Bsw. für unzulässig (einstimmig).

Hinweis:

Das vorliegende Dokument über die Zulässigkeitsentscheidung der EKMR vom 29.11.1995, Bsw. 21858/93 und 21905/93, entstammt der Zeitschrift „ÖIMR-Newsletter" (NL 1996,11) bzw. der entsprechenden Datenbank des Österreichischen Institutes für Menschenrechte, Salzburg, und wurde von diesem dem OGH zur Aufnahme in die Entscheidungsdokumentation Justiz im RIS zur Verfügung gestellt.

Die Zulässigkeitsentscheidung im englischen Originalwortlaut (pdf-Format):

www.menschenrechte.ac.at/orig/96_1/T.K..pdf

Das Original der Zulässigkeitsentscheidung ist auch auf der Website des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (www.echr.coe.int/hudoc) abrufbar.