JudikaturJustiz9ObA7/87

9ObA7/87 – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Mai 1987

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler und Mag. Ernst Löwe als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei prot. Firma Hans L***, Unternehmen für HI-FI und Stereotechnik, 1070 Wien, Schottenfeldgasse 66, vertreten durch Dr. Ernst Ploil, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Flora P***, Inhaberin des nicht protokollierten Unternehmens "C*** V***", 6020 Innsbruck, Museumstraße 38, vertreten durch Dr. Wilfried Plattner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 40.000 samt Anhang, infolge Revisionsrekurses des Zeugen Klaus G***, Angestellter der beklagten Partei, vertreten durch Dr. Wilfried Plattner, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17.März 1987, GZ 5 R a 1047/87-29, womit der Beschluß des Arbeitsgerichtes Innsbruck vom 20.Oktober 1986, GZ 2 Cr 77/86-22, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Rechtsmittelwerber hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der bereits zur Tagsatzung vom 6.September 1984 als Zeuge geladene Klaus G*** hat am 28.August 1984 dem Erstgericht bekanntgegeben, daß er diesen Termin nicht "wahrnehmen" könne, weil er sich vom 4.September bis 9.September 1984 auf einer Messe in Wien befinde. Bei der Tagsatzung vom 6.September 1984 trat Ruhen des Verfahrens ein. Nach Fortsetzung des Verfahrens durch die klagende Partei wurde der von der beklagten Partei beantragte Zeuge Klaus G*** zu der für 3.Juli 1986 anberaumten Tagsatzung neuerlich geladen. Die Ladung erfolgte an die Adresse der beklagten Partei und kam mit dem Vermerk "Empfänger unbekannt" zurück. Dennoch erschien der Zeuge zur Tagsatzung vom 3.Juli 1986 und erklärte, daß er nur gekommen sei, um Flora P*** (die beklagte Partei) zu entschuldigen, aber "keine Zeit habe, da zu sein". Sodann wurde dem Zeugen die im Gerichtsakt befindliche Ladung ausgefolgt. Der Zeuge blieb jedoch bei seiner Weigerung, auszusagen. Daraufhin erging der nur vom Vorsitzenden gefaßte Beschluß, daß über den Zeugen eine Ordnungsstrafe von S 5.000 verhängt werde. Der Zeuge begehrte eine Beschlußausfertigung und wollte mit dem Klagevertreter ein Gespräch führen. Über Aufforderung des Vorsitzenden erklärte der Zeuge, daß es sich um ein Gespräch in dieser Sache handle.

Das Erstgericht fertigte den Beschluß über die verhängte Geldstrafe von S 5.000 aus und verhängte gleichzeitig über den Zeugen eine Mutwillensstrafe von S 15.000. Nach Aufhebung dieses nur vom Vorsitzenden gefaßten Beschlusses durch das Rekursgericht faßte das Erstgericht nunmehr in Senatsbesetzung einen gleichlautenden Beschluß.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Zeugen gegen diesen Beschluß teilweise Folge, hob die Beugestrafe von S 5.000 ersatzlos auf und setzte die weiters verhängte Mutwillensstrafe auf S 5.000 herab. Es sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß in Arbeits- und Sozialrechtssachen gemäß § 47 Abs 1 ASGG die Rekursbeschränkungen des § 528 Abs 1 Z 1 und 5 ZPO nicht gelten, sodaß der gegen den bestätigenden Teil der Entscheidung des Rekursgerichtes gerichtete und darüber hinaus einen Beschwerdegegenstand von weniger als S 15.000 betreffende Rekurs nicht absolut unzulässig ist. Wie das Rekursgericht richtig erkannt hat, besteht zur verfahrensrechtlichen Frage, ob bei ungerechtfertigter Verweigerung der Zeugenaussage die im § 326 Abs 3 ZPO vorgesehene Mutwillensstrafe nur neben einer Beugestrafe oder auch unabhängig davon verhängt werden kann, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, sodaß der Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 2 ZPO iVm §§ 502 Abs 4 ZPO und 46 Abs 2 Z 1 ASGG zulässig ist. Hiebei ergibt sich aus dem Ausspruch des Rekursgerichtes über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses zwingend, daß es von einem S 30.000,- nicht übersteigenden Wert des Beschwerdegegenstandes ausgegangen ist. Auf den Streitwert in der Hauptsache kommt es hier nicht an, weil es sich um einen nicht zwischen den Parteien des Prozesses ausgetragenen Zwischenstreit handelt.

Der Rekurs ist jedoch nicht berechtigt.

Die vom Rekurswerber behauptete Nichtigkeit des erstgerichtlichen Beschlusses (§ 477 Abs 1 Z 2 ZPO) liegt nicht vor, weil - wie schon vom Rekursgericht aus dem Beratungsprotokoll festgestellt - an der Beschlußfassung des Erstgerichtes neben dem Vorsitzenden auch die beiden Beisitzer teilnahmen. Auch dafür, daß bezüglich des Vorsitzenden Dr. P*** oder eines der beiden Beisitzer Gerhard M*** und Hansjörg B***, die übrigens schon an der Tagsatzung vom 3.Juli 1986 teilnahmen, Ausschließungsgründe vorliegen, besteht nicht der geringste Anhaltspunkt. Schließlich kann auch keine Rede davon sein, daß der erstgerichtliche Beschluß nur deswegen, weil die Beisitzer im Spruch nicht genannt sind, in diesen Punkten unüberprüfbar wäre.

Auch im übrigen ist der Rekurs nicht berechtigt.

Gemäß § 326 Abs 3 ZPO ist dann, wenn die Weigerung des Zeugen mutwillig war, gegen den Zeugen überdies eine Mutwillensstrafe zu verhängen. Im § 326 ZPO sind nun, anders als im § 325 ZPO, nicht die Beugemittel zur Erzwingung der Aussage, sondern die Folgen der ungerechtfertigten Verweigerung geregelt. Die Kostenersatzpflicht nach § 326 Abs 2 ZPO setzt nicht die Verhängung einer Beugestrafe voraus, sondern greift schon dann Platz, wenn durch die ungerechtfertigte Verweigerung eine Verzögerung eintritt und zusätzliche Kosten verursacht werden. Ebenso ist als Folge einer mutwilligen Verweigerung der Aussage im § 326 Abs 3 ZPO die Verhängung einer Mutwillensstrafe vorgesehen. Das Wort "überdies" in dieser Gesetzesstelle ist nur dahin auszulegen, daß die Mutwillensstrafe auch neben den übrigen im Falle der ungerechtfertigten Aussageverweigerung vorgesehenen Sanktionen zu verhängen ist, nicht aber in dem Sinn, daß sie die Verhängung der anderen - im Falle der Kostenersatzpflicht darüber hinaus von einer entsprechenden Antragstellung der Parteien abhängigen - Sanktionen voraussetzt. Völlig zu Recht ist das Rekursgericht daher davon ausgegangen, daß die Aufhebung der Beugestrafe nicht auch zur Aufhebung der Mutwillensstrafe führen mußte.

Soweit der Rekurswerber ins Treffen führt, er sei nicht ordnungsgemäß geladen gewesen, sei er darauf hingewiesen, daß ihm bereits zuvor eine Zeugenladung in dieser Sache zugegangen war; es erübrigt sich daher eine Stellungnahme zur Frage, ob die mangelnde Vorbereitungszeit einen Zeugen zur Aussageverweigerung berechtigt. Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Rekurskosten beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.