JudikaturJustiz9ObA59/02w

9ObA59/02w – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. Juni 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Helmut Brandl und Mag. Johann Ellersdorfer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. Georg Unger, Rechtsanwalt, 1070 Wien, Mariahilferstraße 50, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Friedrich H*****, Tabak-Trafikant, *****, vertreten durch Dr. Hans Otto Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Monopolverwaltungsgesellschaft mbH, 1091 Wien, Porzellangasse 47, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14. Dezember 2001, GZ 10 Ra 382/01x-40, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 27. Juni 2001, GZ 22 Cga 28/98t-34, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.462,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 1. 10. 1982 schloss der spätere Gemeinschuldner mit der Austria Tabakwaren AG (Monopolverwaltung) einen Bestellungsvertrag über eine der größten Trafiken Österreichs. Dieser Vertrag wurde von der (mittlerweile auf Grund des TabMG 1996 gegründeten und an die Stelle der Austria Tabakwaren AG tretenden) Beklagten - nach Zustimmung des Landesgremiums der Tabaktrafikanten - mit Schreiben vom 7. 1. 1998 zum 28. 2. 1998 gekündigt, weil über das Vermögen des Gemeinschuldners am 26. 5. 1997 der Konkurs eröffnet wurde. Der klagende Masseverwalter begehrt die Feststellung, dass der Bestellungsvertrag vom 1. 10. 1982 auch nach dem 28. 2. 1998 ungekündigt fortbestehe "und die Kündigung aufgehoben wird". Zwar könne der Vertrag im Falle des Konkurses des Tabaktrafikanten nach § 35 Abs 7 TabMG gekündigt werden; bei Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens hätte die Beklagte jedoch von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch machen dürfen, weil die Konkurseröffnung - wie auch eine strafgerichtliche Verurteilung des Gemeinschuldners wegen § 159 Abs 1 Z 1 und 2 StGB - Schuld seines Vaters gewesen sei, der erhebliche Beträge für sich einbehalten habe. Der Gemeinschuldner habe durch seine unermüdliche Tätigkeit den zunächst auf S 8,5 Mio. angewachsenen Schuldenstand wesentlich verringert und führe die Trafik nunmehr - aufgrund eines vorläufigen Bestellungsvertrages - ordnungsgemäß. Im Falle der Wirksamkeit der Kündigung würde die dadurch bestehende Möglichkeit einer hohen Konkursquote vereitelt werden, was primär zu Lasten öffentlich-rechtlicher Gläubiger gehe. Auch sei die schwere körperliche Behinderung des Gemeinschuldners nicht berücksichtigt worden, der im Falle des Verlustes der Trafik der öffentlichen Hand zur Last fallen werde.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Der von ihr angezogene Kündigungsgrund sei verwirklicht; soziale Überlegungen seien nicht anzustellen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und stellte folgenden Sachverhalt fest:

Von Beginn des Vertragsverhältnisses an kümmerte sich der Vater des späteren Gemeinschuldners um die finanziellen Belange der Trafik. Durch sein Verhalten - etwa durch die eigenmächtige Vereinnahmung von Bargeld - entstanden trotz der an sich sehr guten Ertragslage der Trafik hohe Schulden. Infolge der schlechten finanziellen Situation wurde die Trafik Anfang der 90er Jahre nicht mehr mit Zeitungen beliefert. Es kam nahezu täglich zu Pfändungen, sodass der spätere Gemeinschuldner und sein Vater die Trafik "verkaufen" wollten, was aber im Hinblick auf die Notwendigkeit einer öffentlichen Ausschreibung nicht möglich war.

Schon im Februar 1993 konnte die Sozialversicherung nur durch die Intervention der Monopolverwaltung von der Stellung eines Konkursantrages abgehalten werden. Im Juni 1993 wurde die Trafik geschlossen. Die Monopolverwaltung beabsichtigte daraufhin, den Bestellungsvertrag zu kündigen. Im Hinblick auf die Mitteilung des späteren Gemeinschuldners, ab September 1993 die Trafik wieder ordnungsgemäß zu öffnen, nahm die Monopolverwaltung von diesem Vorhaben Abstand und sprach lediglich eine Verwarnung aus. Nach einem Streit mit seinem Vater kümmerte sich der spätere Gemeinschuldner nunmehr selbst um die Sanierung der Trafik. Seit diesem Zeitpunkt gelang es, die Schulden erheblich zu reduzieren. Am 22. 10. 1996 wurde er - wie auch sein Vater - wegen fahrlässiger Krida und Exekutionsvereitelung strafgerichtlich verurteilt (auf drei Jahre bedingte Freiheitsstrafe von drei Monaten). Am 26. 5. 1997 wurde über sein Vermögen der Konkurs eröffnet, worauf die Beklagte - nachdem sie die Rechtskraft des (angefochtenen) Konkurseröffnungsbeschlusses abgewartet hatte - die Kündigung aussprach.

Die Beklagte entschloss sich zur Kündigung, weil das Gesamterscheinungsbild der Trafik sich verschlechtert hatte, zumal der Gemeinschulder strafgerichtlich verurteilt worden war und nun auch der Konkurs eröffnet wurde. Auch musste ihm wiederholt geholfen werden, um überhaupt noch Tabakwaren beziehen zu können. Zuletzt durfte er kein "Lotto-Toto" mehr in der Trafik führen. Der Gemeinschuldner wurde 1958 geboren und ist ledig. Er bezieht Pflegegeld der Stufe 4 und hat Anspruch auf einen Fahrtkostenzuschuss von S 7.000,--, weil er einem Rollstuhlfahrer gleichzustellen ist. Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, dass die Beklagte gemäß § 35 Abs 7 TabMG 1996 den Bestellungsvertrag ohne weitere Voraussetzungen kündigen könne, wenn über das Vermögen des Trafikanten der Konkurs eröffnet worden sei. Ein allenfalls aus der Formulierung "kann" abzuleitendes Ermessen habe die Beklagte pflichtgemäß ausgeübt; ihre Entscheidung halte auch sozialen Kriterien stand.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Beim Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen handle es sich um ein Privatrechtsverhältnis eigener Art, das als Dauerschuldverhältnis zu qualifizieren sei. Die Rechte und Pflichten der Beklagten seien dem Inhalt des Bestellungsvertrages und den diesem zugrunde liegenden allgemeinen Vertragsbedingungen für Tabaktrafikanten (AVBT) sowie dem TabMG zu entnehmen. Gemäß § 35 Abs 7 TabMG könne die Beklagte den Vertrag kündigen, wenn über das Vermögen des Trafikanten der Konkurs eröffnet werde; weitere Voraussetzungen für eine Kündigung normiere das Gesetz nicht.

Selbst wenn man berücksichtige, dass nach den Gesetzesmaterialien bei der Vergabe von Tabaktrafiken bestimmte Personen (Opferbefürsorgte, Kriegs- und Heeresopfer sowie deren Hinterbliebene und nach dem BEinstG begünstigte Personen) zu begünstigen seien und dass die Kündigungsgründe des Punktes 23 der AVBT wie auch des TabMG 1968 und des TabMG 1996 eine Schutzfunktion für den Tabaktrafikanten gegenüber der Monopolstellung der Monopolverwaltung hätten, habe für die Beklagte keine Verpflichtung bestanden, den Vertrag aus sozialen Gründen aufrecht zu erhalten. Der spätere Gemeinschuldner habe seit 1982 die Möglichkeit gehabt, eine an einem hervorragenden Standort gelegene Tabaktrafik zu betreiben, aus der bei ordentlicher Geschäftsgebarung Gewinne von zuletzt S 1,5 Mio pro Jahr zu erwirtschaften seien. Er habe diese Möglichkeiten nicht ausgeschöpft, sondern verschiedenste Vertragsverstöße begangen (Schließung der Trafik, Versuch eines Freihandverkaufs, de facto die teilweise Überlassung der Geschäftsführung an einen Dritten), sodass es zu einer Verwarnung gekommen sei. Der Beklagten sei es daher nach der strafgerichtlichen Verurteilung des Gemeinschuldners und der Konkurseröffnung nicht mehr zumutbar, das Vertragsverhältnis aus rein sozialen Gründen fortzusetzen. Anders zu beurteilen wäre eine sittenwidrige oder schikanöse Vorgangsweise der Beklagten; davon könne aber keine Rede sein. Bei der Kündigung von Bestellungsverträgen die wirtschaftlichen Interessen der Konkursgläubiger zu wahren, sei die Beklagte auch dann nicht verpflichtet, wenn zu den Gläubigern der Bund oder ein Sozialversicherungsträger gehöre. Im Übrigen könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Gemeinschuldner auch in Zukunft wieder in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten werde. Die dem Bestellungsvertrag zugrunde gelegten AVBT, die als Vertragsschablone Inhalt des Individualvertrags geworden seien, seien nach § 46 Abs 1 letzter Satz TabMG nicht mehr anzuwenden, soweit sie mit dem TabMG in Widerspruch stehen. Punkt 23 Abs 3 lit e der AVBT normiere ebenfalls, dass der Vertrag gekündigt werden kann, wenn über das Vermögen des Trafikanten der Konkurs eröffnet wird. Gemäß Punkt 23 Abs 6 AVBT könne anstelle der Kündigung im Einvernehmen mit dem Landesgremium der Tabakverschleißer dem Tabaktrafikanten die Tabaktrafik, eventuell unter gleichzeitiger Bewilligung eines Stellvertreters, belassen werden; wenn eine Klärung der Sachlage erst später zu erwarten sei, könne ein höchstens zweijähriges Provisorium verfügt werden. Da eine dem Punkt 23 Abs 6 der AVBT entsprechende Regelung in das TabMG keinen Eingang gefunden habe, sei diese Bestimmung nicht mehr anzuwenden. Daher hatte die Beklagte die Kündigung bereits kurz nach der Konkurseröffnung auszusprechen, um einer Verschweigung des Kündigungsrechts entgegenzuwirken. Die Revision sei gemäß § 46 Abs 3 Z 1 ASGG zulässig. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Für die vom Revisionswerber angeregte Anrufung des Verfassungsgerichtshofes und für die ebenfalls angeregte Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH besteht keine Veranlassung:

Der EuGH hat bereits entschieden, dass ein System von staatlich zugelassenen Vertriebshändlern mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist (EuGH 14. 12. 1995, RS C 387/93, Banchero Slg 1995 I-4663 = WBl 1996, 110). Die italienische Rechtslage, zu der diese Entscheidung ergangen ist, ist der österreichischen durchaus vergleichbar (Vcelouch, Vereinbarkeit von Gemeinschaftsrecht und österreichischem "Tabakmonopol", ÖJZ 1999, 701 ff; 16 Ok 13/98; zur Verfassungs- und Europarechtskonformität des TabMG vgl ferner 6 Ob 310/00g). Selbst wenn man im Übrigen - der Rechtsauffassung des Revisionswerbers folgend - im Umstand, dass 100 % der Anteile der Beklagten dem Bund vorbehalten seien (§ 13 Abs 1 TabMG) einen Widerspruch zu Art 71 Abs 3 der Beitrittsakte werten wollte, wäre das für diesen Rechtsstreit nicht entscheidend, weil daraus weder auf die Nichtexistenz der Beklagten noch darauf geschlossen werden könnte, dass sie nicht mehr in der Lage wäre, die ihr zugewiesenen Aufgaben wahrzunehmen (vgl 9 ObA 212/01v). Von einer "Verletzung des Rechtes auf den gesetzlichen Richter" kann in diesem Zusammenhang überhaupt nicht die Rede sein.

Ohne jeden Einfluss auf diesen Rechtsstreit ist auch die Frage, ob die Bestimmungen des TabMG über die zwischen mehreren Bewerbern um eine Trafik zu treffende Auswahl ausländische Staatsbürger diskriminieren. Dass im Falle der Wirksamkeit der Kündigung die Tabaktrafik an einen anderen (vorzugsberechtigten) Bewerber vergeben werden wird, ändert daran nichts. Die vom Revisionswerber andererseits behauptete Inländerdiskriminierung liegt nicht vor, weil der Kündigungsgrund des § 35 Abs 7 TabMG selbstverständlich auch im Falle der Insolvenz eines ausländischen Betreibers einer österreichischen Trafik anwendbar wäre.

In der Sache selbst erweist sich der Standpunkt des Klägers, die Beklagte könne von ihrem Kündigungsrecht nicht ohne jede Einschränkung Gebrauch machen, zumindest im Ergebnis als gerechtfertigt:

Beim Vertragsverhältnis des Tabaktrafikanten zur beklagten Monopolverwaltung handelt es sich um ein Privatrechtsverhältnis eigener Art, das seinem Wesen nach als Dauerschuldverhältnis zu qualifizieren ist (EvBl 1982/94; EvBl 1994/99; zuletzt 7 Ob 312/00h). Die Rechte und Pflichten des Trafikanten gegenüber der Beklagten ergeben sich aus dem Inhalt des Bestellungsvertrages und den diesem zugrundegelegten, im Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom 1. 2. 1968 verlautbarten AVTB sowie grundsätzlich auch aus dem TabMG (EvBl 1994/99; 7 Ob 312/00h).

Nach Punkt 23 Abs 3 lit e der AVTB kann die Monopolverwaltung den Vertrag kündigen, wenn über das Vermögen des Tabaktrafikanten der Konkurs eröffnet wird. Nach Punkt 23 Abs 5 kann sie in den Fällen des Abs 3 - daher auch bei Konkurseröffnung - an Stelle der Kündigung entweder eine (bei Konkurseröffnung wohl nicht in Betracht kommende) Geldbuße auferlegen oder eine Verwarnung aussprechen. Nach Punkt 23 Abs 6 kann die Monopolverwaltung an Stelle der Kündigung nach Abs 2 oder 3 - also auch im Konkursfall - im Einvernehmen mit dem Landesgremium der Tabakverschleißer die Tabaktrafik unter gleichzeitiger Bewilligung eines Stellvertreters belassen bzw - wenn eine Klärung der Sachlage erst in einem späteren Zeitpunkt zu erwarten ist - ein höchstens zweijähriges Provisorium verfügen und nach dessen Ablauf eine endgültige Entscheidung über die Kündigung treffen.

Nach § 46 Abs 1 TabMG 1996 bleiben vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zwischen dem Tabaktrafikanten und der Austria Tabakwerke AG abgeschlossene Bestellungsverträge aufrecht, wobei an die Stelle der Austria Tabakwerke AG die Beklagte tritt. In den Bestellungsverträgen oder in den allgemeinen Vertragsbedingungen enthaltene Bestimmungen, die mit dem TabMG 1996 in Widerspruch stehen, sind nicht mehr anzuwenden.

Das Berufungsgericht hat aus dieser Bestimmung abgeleitet, dass die Regelungen der AVTB über Möglichkeiten der Monopolverwaltung, anstelle der Kündigung gelindere Maßnahmen zu ergreifen, nicht mehr anwendbar seien, weil sie im TabMG 1996 nicht enthalten seien. Diese Rechtsauffassung wird aber vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt. Entscheidend ist nämlich nicht, ob eine in den AVTB enthaltene Regelung in vergleichbarer Form im TabMG 1996 enthalten ist; § 46 Abs 1 TabMG 1996 schließt vielmehr nur die Anwendung solcher Bestimmungen aus, die mit dem TabMG 1996 in Widerspruch stehen. Das ist aber bei den oben wiedergegebenen Regelungen über Möglichkeiten, anstelle der Kündigung gelindere Maßnahmen zu ergreifen, nicht der Fall. Das TabMG 1996 verpflichtet die Beklagte im Falle der Konkurseröffnung über das Vermögen des Tabaktrafikanten nicht zur Kündigung; vielmehr wird ihr das Recht zur Kündigung eingeräumt. Die in den AVTB enthaltene Regelung der Möglichkeit, gelindere Mittel zu ergreifen, steht daher mit dem TabMG 1996 nicht in Widerspruch sondern ergänzt es nur für den Fall, dass die Beklagte - was ihr nach dem TabMG 1996 möglich ist - vom Recht der Kündigung nicht Gebrauch macht. Die in den AVTB enthaltenen - und damit zum Inhalt des Bestellungsvertrages gewordenen - Regelungen, die es ermöglichen, statt der Kündigung gelindere Mittel zu ergreifen, sind daher nach wie vor gültig und anwendbar.

Aus der damit gegebenen Differenzierung der Sanktionsmittel hat der Oberste Gerichtshof bereits in seiner - ebenfalls die Auslegung der AVTB betreffenden - Entscheidung EvBl 1982/94 geschlossen, dass die Monopolverwaltung bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes nach Punkt 23 Abs 3 der AVTB nicht willkürlich zum strengsten Sanktionsmittel greifen kann, sondern eine Abwägung der beiderseitigen Interessen stattfinden muss, die dazu führen kann, dass ungeachtet des Vorliegens des Kündigungsgrundes die Kündigung unzulässig und stattdessen ein gelinderes Mittel zu ergreifen ist. Daraus ist aber für den Kläger nichts zu gewinnen, weil aus den großteils schon vom Berufungsgericht hervorgehobenen Gründen die dergestalt gebotene Interessenabwägung nicht zu Gunsten des Klägers ausfällt.

Zu Recht hat das Berufungsgericht hervorgehoben, dass der spätere Gemeinschuldner seit 1982 die Möglichkeit hatte, eine an einem hervorragenden Standort gelegene Tabaktrafik mit ausgezeichneten Ertragsmöglichkeiten zu betreiben. Dessen ungeachtet hat er Schulden angehäuft, die - unbestritten - die Höhe von S 8,5 Mio. erreichten. Der Versuch des Revisionswerbers, den Gemeinschuldner von jeder Verantwortung dafür freizusprechen, geht fehl. Dass die negative Entwicklung primär dem Verhalten seines Vaters zuzuschreiben war, trifft durchaus zu. Es ist aber dem Gemeinschuldner, der grundsätzlich verpflichtet war, die Tabaktrafik persönlich zu betreiben (Punkt 8 der AVTB), anzulasten, dass er die Geschäftsführung völlig und ohne jede Kontrolle seinem Vater überlassen hat. Der Versuch, dies damit zu erklären, dass sich der Gemeinschuldner gegen seinen Vater nicht durchsetzen konnte, schlägt ebenfalls nicht zu seinen Gunsten aus, weil damit seine Eignung zur Führung der Tabaktrafik - dabei wird es immer wieder notwendig sein, sich anderen gegenüber zu behaupten - in Frage gestellt werden muss. Auch der Umstand, dass nicht nur sein Vater, sondern auch er selbst wegen fahrlässiger Krida und Exekutionsvereitelung strafrechtlich verurteilt wurde, steht dem Versuch entgegen, jedes Verschulden an der hohen Verschuldung ausschließlich dem Vater anzulasten. Dass es nach Beendigung des Einflusses des Vaters des Gemeinschuldners gelungen ist, den Schuldenberg zumindest zu reduzieren, trifft zu. Dies ändert aber nichts daran, dass der Gemeinschuldner für die Monopolverwaltung auch in den Folgejahren ein äußerst problematischer Vertragspartner war, dem wiederholt geholfen werden musste, der zuletzt nicht mehr als Lotto-Toto- Annahmestelle fungieren durfte und der zuließ, dass "das Gesamterscheinungsbild der Trafik sich verschlechterte" (S 6 des Ersturteils). Dazu kommt, dass die Beklagte vom gelinderen Mittel der Verwarnung ohnedies bereits im Jahr 1993 Gebrauch gemacht hat.

Vor diesem Hintergrund erachtet der Oberste Gerichtshof die Beklagte als berechtigt, nach der strafgerichtlichen Verurteilung des Gemeinschuldners und der Eröffnung des Konkurses über sein Vermögen von der in § 35 Abs 7 TabMG und in Punkt 23 Abs 3 lit e der AVBT eröffneten Möglichkeit, den Bestellungsvertrag zu kündigen, Gebrauch zu machen.

Die vom Revisionswerber dazu vermissten Feststellungen sind entbehrlich, weil sie von vornherein ungeeignet sind, an diesem Ergebnis etwas zu ändern. So hat schon das Berufungsgericht zutreffend darauf verwiesen, dass es nicht Sache der Monopolverwaltung ist, die Interessen anderer - wenn auch öffentlich-rechtlicher - Gläubiger wahrzunehmen. Auch die näheren Zahlen über den vom Gemeinschuldner (vor bzw. nach der Konkurseröffnung) bewirkten Schuldenreduzierung sind aus den oben angestellten Überlegungen nicht entscheidend. Auch kann sich der Gemeinschuldner nicht darauf berufen, dass er der erste Betreiber der in Rede stehenden Trafik war. Die Behinderung des Gemeinschuldners und dessen starkes Interesse am Erhalt der Trafik ist unbestritten; diese Umstände reichen aber aus den angeführten Überlegungen nicht aus, die Beklagte, die ohnedies bereits einmal zum Mittel der Verwarnung gegriffen hat, zu verpflichten, von einer Kündigung Abstand zu nehmen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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