JudikaturJustiz9ObA213/89

9ObA213/89 – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. September 1989

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Alfred Mayer und Mag.Karl Dirschmied als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Franz S***, Kraftfahrer, Stockerau, Schönbauerwiese 16, vertreten durch Dr.Robert Mack ua, Rechtsanwälte in Korneuburg, wider die beklagte Partei L*** G*** F*** H*** AG, Stockerau, Pragerstraße 77, vertreten durch Dr.Peter Kisler und DDr.Karl Pistotnik, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 247.485,06 brutto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5.April 1989, GZ 32 Ra 22/89-44, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 6. Dezember 1988, GZ 17 Cga 1015/87-40, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 9.887,40 (darin S 1.647,90 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor, da die vom Berufungsgericht verneinte Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens nicht neuerlich mit Revision als Mangel des Berufungsverfahrens geltend gemacht werden kann (9 Ob A 151/89 ua).

Im übrigen hat das Berufungsgericht die Berechtigung der Entlassung des Klägers zutreffend gelöst. Es reicht daher aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist auszuführen, daß der Revisionswerber nicht vom maßgeblichen Sachverhalt ausgeht, soweit er unterstellt, seine Manipulationen an den Tachographenscheiben seien nicht vorsätzlich erfolgt und diese Scheiben seien im Betrieb der Beklagten ohnedies völlig bedeutungslos gewesen. Nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen hat der Kläger bewußt und vorsätzlich gegen die Interessen der Beklagten gehandelt, indem er in der Zeit von Jänner 1984 bis November 1986 den Fahrtenschreiber während der Fahrt mehrmals öffnete, die Diagrammscheiben bis über eine halbe Stunde zurückdrehte oder die Aufzeichnungen bis über eine halbe Stunde unterbrach. Auf sämtlichen über diesen Zeitraum vorgelegten und untersuchten Diagrammscheiben waren jeweils zahlreiche Zurückdrehungen, mehrfache Öffnungen des Fahrtenschreibers während der Fahrt oder eine zweimalige Verwendung zu erkennen. Wie das Berufungsgericht dazu zutreffend aufzeigte, waren diese Manipulationen geeignet, nicht erbrachte Überstunden zu verzeichnen, längere Pausen zu verbergen oder Privatfahrten zu tarnen. Dem zu 15a Cga 32/87 des Erstgerichts geführten Verfahren eines anderen Kraftfahrers desselben Arbeitgebers liegt ein anderer Sachverhalt zugrunde, an den der Oberste Gerichtshof, der keine Tatsacheninstanz ist, ebenfalls gebunden war. In diesem Verfahren wurde im Gegensatz zum vorliegenden ausdrücklich festgestellt, daß die Manipulationen nur deshalb vorgenommen worden seien, um im Fall von Kontrollen Geschwindigkeitsübertretungen zu verschleiern, wobei der betreffende Arbeitnehmer zufolge der in mehreren Fällen konkret festgestellten laxen Handhabung der kraftfahrrechtlichen Bestimmungen durch die Beklagte ihm gegenüber nicht davon ausgehen mußte, daß durch seine Manipulationen wesentliche Interessen der Beklagten berührt würden (9 Ob A 60/89).

Es kann bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben, ob der Kläger den Tatbestand eines Vergehens nach § 293 Abs 1 StGB verwirklichte (RZ 1987/12), da für das Vorliegen des Entlassungsgrundes nach § 82 lit. d GewO auch Strafbarkeit nach den Normen des Verwaltungsrechts (vgl. §§ 24 Abs 2, 102 Abs 1, 103 Abs 3 und 4, 134 KFG; Grubmann, KFG3 558) genügt (vgl. Kuderna, Das Entlassungsrecht 62) und die Beklagte auf Grund der fortgesetzten Manipulationen des Klägers jedenfalls das Vertrauen darauf verlieren mußte, daß der Kläger als Arbeitnehmer seine Pflichten getreulich erfülle (9 Ob A 158/87). Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.