JudikaturJustiz9ObA130/22s

9ObA130/22s – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Februar 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als Vorsitzende, den Hofrat Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter David Hobel, LL.M. (WU) (aus dem Kreis der Arbeitgeber), und Mag. Thomas Kallab (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei S*, vertreten durch Dr. Peter Zawodsky, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei W* e.U., *, vertreten durch Dr. Harald Kirchlechner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert: 5.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. Oktober 2022, GZ 8 Ra 71/22b 10, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 11. Mai 2022, GZ 35 Cga 27/22d 5, Folge gegeben wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 730,96 EUR (darin enthalten 121,82 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 501,91 EUR (darin enthalten 83,65 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1] Der Kläger ist Inhaber eines am 9. 4. 2018 ausgestellten Behindertenpasses. Diesem lag ein Sachverständigengutachten aus dem Jahr 2016 zu Grunde, aus dem sich ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 vH ergibt . Mit Bescheid vom 25. 2. 2020 stellte das Sozialministeriumservice aufgrund eines Antrags des Klägers vom 24. 2. 2020 fest, dass der Kläger ab 24. 2. 2020 zum Kreis der begünstigten Behinderten gehört. Der Grad der Behinderung beträgt 50 vH.

[2] Der Kläger war ab 7. 1. 2020 beim Beklagten als Facharbeiter beschäftigt. D as Dienstverhältnis wurde vom Beklagten am 8. 2. 2022 zum 28. 2. 2022 gekündigt. Der Beklagte holte für diese Kündigung nicht die Zustimmung des Behindertenausschusses gemäß § 8 Abs 2 BEinstG ein.

[3] Der Kläger begehrt die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis aufrecht ist. Die Kündigung sei rechtsunwirksam, weil der Beklagte nicht das Prozedere nach § 8 Abs 2 BEinstG eingehalten habe.

[4] Der Beklagte bestritt und brachte vor, der Kläger sei bereits bei Beginn des Arbeitsverhältnisses begünstigter Behinderter iSd § 2 Abs 1 BEinstG gewesen. Grundlage für die Feststellung des Grades der Behinderung sei der am 9. 4. 2018 ausgestellte unbefristete Behindertenpass. Nach § 8 Abs 6 lit b BEinstG habe die innerhalb der ersten vier Jahre des Dienstverhältnisses erfolgte Kündigung daher keiner Zustimmung des Behindertenausschusses bedurft.

[5] D as Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. D ie Kündigung sei rechtsunwirksam, da sie nach § 8 Abs 2 BEinstG der Zustimmung des Behindertenausschusses bedurft hätte. Die mit der Eigenschaft als begünstigter Behinderter einhergehenden Begünstigungen würden frühestens mit dem Ersten des Monats, in dem der Antrag auf bescheidmäßige Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der nach dem BEinstG begünstigten Behinderten eingebracht wurde, wirksam. Die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten bedürfe daher eines Nachweises durch einen rechtskräftigen Bescheid iSd § 14 Abs 1 oder 2 BEinstG. Die bescheidmäßige Feststellung sei aber im vorliegenden Fall erst nach der Begründung des Dienstverhältnisses erfolgt, sodass die Ausnahmebestimmung des § 8 Abs 6 lit b BEinstG nicht zur Anwendung komme.

[6] Das Berufungsgericht gab der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung des Beklagten Folge und wies das Klagebegehren ab. Als Nachweis für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten gelte nach § 14 Abs 1 BEinstG die letzte rechtskräftige Entscheidung über die Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit mindestens 50 vH durch einen der in lit a bis d leg cit genannten Rechtsträger. Die Ausstellung des Behindertenpasses des Klägers sei durch eine rechtskräftige Entscheidung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen erfolgt, die Bescheidcharakter habe und der nach den Bestimmungen des BBG eine Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit mindestens 50 vH zugrunde liege. Sie sei damit als Nachweis für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten iSd § 14 Abs 1 BEinstG anzusehen.

[7] Damit habe der Kläger bereits bei Begründung des Arbeitsverhältnisses über eine Feststellung der Begünstigteneigenschaft verfügt. Da das Dienstverhältnis zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung noch nicht länger als vier Jahre bestanden hat, finde § 8 Abs 2 BEinstG nach § 8 Abs 6 lit b BEinstG auf das Dienstverhältnis keine Anwendung. Die Kündigung sei auch ohne vorherige Zustimmung des Behindertenausschusses rechtswirksam.

[8] Die Revision wurde vom Berufungsgericht zur Frage zugelassen , ob die Ausstellung eines unbefristeten Behindertenpasses einen Nachweis iSd § 14 Abs 1 BEinstG darstelle und damit das Vorliegen eines Behindertenpasses bei Begründung des Dienstverhältnisses nach § 8 Abs 6 lit b BEinstG dazu führe, dass der besondere Kündigungsschutz des § 8 Abs 2 BEinstG auf das Dienstverhältnis keine Anwendung finde.

[9] Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, das klagsstattgebende Ersturteil wieder herzustellen.

[10] Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[11] Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig und auch berechtigt.

[12] 1. Die Kündigung eines begünstigten Behinderten darf nach § 8 Abs 2 bis 4 BEinstG bei sonstiger Rechtsunwirksamkeit nur nach Zustimmung des Behindertenausschusses ausgesprochen werden. Hat das Dienstverhältnis zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung noch nicht länger als vier Jahre bestanden, ist dieser Kündigungsschutz nicht anzuwenden, es sei denn die Feststellung der Begünstigteneigenschaft erfolgt innerhalb dieses Zeitraums, wobei während der ersten sechs Monate nur die Feststellung der Begünstigteneigenschaft infolge eines Arbeitsunfalls diese Rechtsfolge auslöst, oder es erfolgt ein Arbeitsplatzwechsel innerhalb eines Konzerns (§ 8 Abs 6 lit b BEinstG).

[13] 2. Als begünstigte Behinderte gelten die in § 2 Abs 1 und 2 BEinstG definierten Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 %.

[14] Die Begünstigungen nach dem BEinstG werden mit dem Zutreffen der Voraussetzungen wirksam (§ 14 Abs 2 BEinstG). Diese erfordern neben den tatsächlichen Voraussetzungen auch einen Nachweis oder Bescheid iSd § 14 Abs 1 und 2 BEinstG. Es genügt nicht, dass bei einer Person eine schwere Behinderung tatsächlich vorliegt und die sonstigen persönlichen Voraussetzungen des § 2 BEinstG erfüllt sind (vgl RS0077638; RS0125135). Das Antragsprinzip trägt dem Umstand Rechnung, dass mit der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten Rechtsfolgen verbunden sind. Es steht den grundsätzlich berechtigten Personen frei, ob sie davon Gebrauch machen wollen. Auch ein Verzicht auf eine bereits rechtskräftig festgestellte Zugehörigkeit ist möglich (vgl VwGH 2009/11/0009; K. Mayr in ZellKomm³, § 14 BEinstG Rz 10/1).

[15] 3. Die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten kann grundsätzlich auf zwei Wegen erworben werden, nämlich durch eine Entscheidung einer Behörde iSd § 14 Abs 1 BEinstG („ex-lege-Begünstigung“), oder nach Abs 2 leg cit durch einen über Antrag zu erlassenden Bescheid des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen (nunmehr gemäß Art 13 ARÄG 2013, BGBl 2013/138: „Sozialministeriumservice“).

[16] Nach § 14 Abs 1 BEinstG gilt als Nachweis für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten die letzte rechtskräftige Entscheidung über die Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit mindestens 50 vH der in lit a bis d genannten Entscheidungsträger, darunter (lit a) des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen (nunmehr „Sozialministeriumservice“).

[17] Die Feststellung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit in diesem Nachweis gilt zugleich als Feststellung des Grades der Behinderung.

[18] Diese Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten aufgrund der in lit a bis d genannten Nachweise erlischt mit Ablauf des dritten Monates, der dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung folgt, sofern nicht der Behinderte innerhalb dieser Frist gegenüber dem Sozialministeriumservice erklärt, weiterhin dem begünstigten Personenkreis angehören zu wollen.

[19] Wenn kein Nachweis iSd § 14 Abs 1 BEinstG vorliegt, hat das Sozialministeriumservice auf Antrag den Grad der Behinderung im eigenen Verfahren einzuschätzen und bei Zutreffen der im § 2 Abs 1 BEinstG angeführten sonstigen Voraussetzungen einen feststellenden Bescheid zu erlassen (§ 14 Abs 2 BEinstG).

[20] 4. Bei Beginn des Dienstverhältnisses des Klägers verfügte er unstrittig nicht über einen Bescheid iSd § 14 Abs 2 BEinstG des Sozialministeriumservice, sondern nur über einen von der selben Behörde gemäß § 40 Bundesbehindertengesetz (BBG) ausgestellten Behindertenpass (vgl ./2).

[21] Ein Behindertenpass ist gemäß § 40 BBG behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % auf Antrag auszustellen. Voraussetzung dafür ist, dass der Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit entweder nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist (Z 1), oder Geldleistungen wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit (Z 2) oder Pflegegeld, Pflegezulage, Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung (Z 3), oder erhöhte Familienbeihilfe (Z 4) bezogen werden, oder dass der Passberechtigte dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des BEinstG angehört (Z 5).

[22] Das Sozialministeriumservice hat den Grad der Behinderung im eigenen Verfahren einzuschätzen, wenn er nicht schon aufgrund eines rechtskräftigen Nachweises gemäß § 40 BBG der Höhe nach feststeht (§ 41 Abs 1 BBG).

[23] Dem Behindertenpass kommt gemäß § 45 Abs 2 BBG idF BGBl I 66/2014, in Kraft getreten am 12. 8. 2014, Bescheidcharakter zu, er kann mit Beschwerde nach dem Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) angefochten werden und ist der Rechtskraft fähig.

[24] 5. Wie vom Obersten Gerichtshof kürzlich in der Entscheidung 8 ObA 76/22t dargelegt, erfüllt der rechtskräftig zuerkannte Behindertenpass damit alle Voraussetzungen des Wortlauts des § 14 Abs 1 lit a BEinstG:

Grad der Behinderung und Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit sind sowohl im Anwendungsbereich des § 14 Abs 1 BEinstG als auch nach § 40 BBG einander gleichzuhalten.

Die gegenteilige Rechtsansicht (...) kann sich auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Vorschreibung der Ausgleichstaxe stützen (VwGH Ro 2014/11/0054; 2013/11/0034 [vgl im Übrigen auch Ra 2016/11/0016]). Der VwGH begründet seine Rechtsansicht darin mit der fehlenden Nennung des Behindertenpasses in § 14 Abs 1 BEinstG; dies sei konsequent, weil begünstigte Behinderte nur eine von mehreren in § 40 BBG genannten Personengruppen seien (VwGH 2013/11/0034; vgl auch die Zitate bei Widy in Widy/Auer-Mayer/Schrattbauer, BEinstG § 14 Rz 2).

Mit der Frage der Bescheidqualität des Behindertenpasses gemäß § 45 Abs 2 BBG in der seit 12. 8. 2014 geltenden Fassung hatten sich die genannten Erkenntnisse des VwGH allerdings noch nicht auseinanderzusetzen, weil der zu beurteilende Sachverhalt (Zeitraum der strittigen Ausgleichstaxenpflicht) jeweils vor dem Inkrafttreten gelegen war. Nach der bis 12. 8. 2014 geltenden Fassung des § 45 Abs 2 BBG war ′ein Bescheid nur dann zu erteilen′, wenn einem Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wurde.

Grundsätzlich kommt dem Obersten Gerichtshof bei der Auslegung von Verwaltungsrecht keine Leitfunktion zu (RS0116438; RS0113455 [T3]), weshalb keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt, soweit das Berufungsgericht seine Entscheidung nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gelöst hat (RS0116438 [T2]).

Im vorliegenden Fall liegt eine solche Situation insofern nicht vor, als die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Qualität des Behindertenpasses als Nachweis gemäß § 14 Abs 1 BEinstG durch die dargestellte Rechtslage überholt wurde. Soweit es sich um – auch unter einem anderen Aspekt der zu beurteilenden – Vorfragen des Verwaltungsrechts handelt, die die ordentlichen Gerichte zu lösen haben, muss deren Ergebnis auch nicht mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs übereinstimmen (RS0123321 [T4, T8]).

Unter Zugrundelegung des § 45 Abs 2 BBG idgF stellt der – hier aufgrund eines eigenen Verfahrens ausgestellte – Behindertenpass einen Bescheid iSd § 14 Abs 1 lit a BEinstG dar, der die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten nachweist.

Dem steht auch die Überlegung nicht entgegen, dass begünstigte Behinderte nur eine von mehreren Gruppen sind, die nach § 40 BBG Anspruch auf den Pass haben, weil dies auf die übrigen Nachweisfälle der lit a bis d genauso zutrifft.

[25] 6. Richtig ist daher, wie vom Berufungsgericht dargelegt, dass durch die Ausstellung eines Behindertenpasses die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten nach § 14 Abs 1 BEinstG begründet wird. Allerdings erlischt die Rechtswirkung des betreffenden Bescheids im Bereich des BEinstG nach § 14 Abs 1 BEinstG letzter Satz mit Ablauf des dritten Monates, der dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung folgt, sofern nicht der begünstigte Behinderte innerhalb dieser Frist gegenüber dem Sozialministeriumservice erklärt, weiterhin dem Personenkreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Personen angehören zu wollen. Es hängt daher von der Disposition des Behinderten ab, ob er eine dauerhafte Zugehörigkeit zum begünstigten Personenkreis wünscht ( Widy in Widy/Auer Mayer/Schrattbauer , BEinstG § 14 Rz 4).

[26] Der Behindertenpass wurde dem Kläger am 9. 4. 2018 ausgestellt, seine Rechtskraft trat mit Ablauf der Beschwerdefrist (eine Beschwerde hätte sich insbesondere gegen die Höhe des Grades der Behinderung richten können) gemäß § 46 BBG von 6 Wochen ein. Der Zeitpunkt der Zustellung des Behindertenpasses steht nicht fest. Wird – auch mangels anderen Vorbringens – von einer üblichen zeitnahen Zustellung ausgegangen, dann war die Beschwerdefrist bereits 2018 abgelaufen. Von keiner der Parteien wurde vorgebracht, dass der Kläger binnen drei Monaten nach Rechtskraft eine Erklärung iSd § 14 Abs 1 BEinstG letzter Satz, weiterhin dem Personenkreis der begünstigten Behinderten angehören zu wollen, abgegeben hätte. Damit war die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten mit Ablauf dieser Dreimonatsfrist und noch vor Beginn des Dienstverhältnisses am 7. 1. 2020 erloschen.

[27] Der Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der nach dem BEinstG begünstigten Behinderten wurde vielmehr erst am 24. 2. 2020 gestellt. Die Begünstigungen werden mit dem Zutreffen der Voraussetzungen, frühestens mit dem Tag des Einlangens des Antrages wirksam, damit im vorliegenden Fall erst nach der Begründung des Dienstverhältnisses. Die Ausnahmebestimmung des § 8 Abs 6 lit b BEinstG kommt nicht zur Anwendung. Vielmehr war nach Ablauf der ersten sechs Monate des Dienstverhältnisses der Kläger nur unter den Voraussetzungen des § 8 Abs 2 bis 4 BEinstG und damit nur mit Zustimmung des Behindertenausschusses kündbar.

[28] 7. Der Kündigungsschutz ist von der Kenntnis des Arbeitgebers von der Behinderung unabhängig (RS0037786, RS0077684 [T3]). Entscheidend ist allein, ob die Begünstigungen im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bereits eingetreten waren (RS0077684). Es kommt daher auch nicht darauf an, dass der Beklagte bei Einstellung des Klägers von einer begünstigten Behinderung ausging.

[29] 8. Der Revision des Klägers war daher Folge zu geben und die erstinstanzliche Entscheidung wieder herzustellen.

[30] 9. Die Kostenentscheidung für das Rechtsmittelverfahren gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.