JudikaturJustiz9ObA125/01z

9ObA125/01z – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. Juli 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler und Karl Lewisch als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Hannes H*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr. Alfred Hawel und Dr. Ernst Eypeltauer, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei H***** GmbH, ***** vertreten durch Burgstaller Preyer, Rechtsanwaltspartnerschaft in Wien, wegen S 513.584,09 brutto sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 8. Februar 2001, GZ 11 Ra 4/01i-9, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 22. September 2000, GZ 11 Cga 73/00w-4, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrt Differenzbeträge an Abfertigung und Urlaubsentschädigung, weil bei der Berechnung eine ihm ausbezahlte Incentive-Prämie nicht in die Bemessungsgrundlage eingerechnet worden sei.

Die beklagte Partei beantragte die Klageabweisung, weil es sich um eine erfolgsbezogene Belohnung gehandelt habe, der das Element der Regelmäßigkeit gefehlt habe.

Unter Zugrundelegung auch des außer Streit gestellten Sachverhaltes liegen folgende Feststellungen vor:

Der Kläger war vom 1. 9. 1977 bis 30. 6. 1999 als Betriebsleiter bei der beklagten Partei bzw deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Im Jahr 1998 entschloss sich die beklagte Partei, den Teilbetrieb Produktion zu schließen. Dem Kläger wurde im Hinblick auf die bereits geplante Auflösung seines Dienstverhältnisses mit 30. 6. 1999 für die Abwicklung diverser mit der Produktion sowie der Stilllegung im Zusammenhang stehender Arbeiten mit Schreiben vom 25. 1. 1999 eine erfolgsabhängige Incentive-Prämie von insgesamt S 591.285 brutto in Aussicht gestellt: Für die erfolgreiche Durchführung des Produktionsplanes in den Monaten August 1998 bis Dezember 1998 wurde ein Incentive in der Höhe von S 300.000 brutto zugesagt und mit dem Jänner-Gehalt 1999 ausgezahlt. In demselben Schreiben wurden für die zeitgerechte Fertigstellung aller offenen Aufträge laut Produktionsplan bis 2. 4. 1999 ein Incentive in der Höhe von S

159.675 brutto mit Auszahlungszeitpunkt 6. 4. 1999 sowie für die erfolgreiche Abwicklung diverser anderer Arbeiten zwei weitere Incentive-Zahlungen in Höhe von S 81.610 brutto (Auszahlungszeitpunkt 1. Mai 1999) sowie S 50.000 brutto (Auszahlungszeitpunkt 1. 7. 1999) in Aussicht gestellt. Der Kläger hat die Vorgaben erfüllt und diese Incentive-Zahlungen in der Gesamthöhe von S 591.285 brutto erhalten.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Wenn auch Grundlage für die besonderen Prämien die Beendigungs- und Übersiedlungssituation des Betriebes war, habe sich die Aufgabenstellung des Klägers über einen Zeitraum von August 1998 bis September 1999 hingezogen, sodass der Zeitraum des höchstmöglichen Ausmaßes der Abfertigung von 12 Monaten überschritten worden sei. Auch die Unterschiedlichkeit der Höhe der Prämien und der zu erfüllenden Aufgabenstellungen zeige, dass es sich nicht um eine einmalige Beendigungsprämie, sondern um verschiedene Prämien für verschiedene Aufgabenstellungen gehandelt habe. Die Prämien seien als regelmäßiger Bestandteil seines letzten Entgelts zu beurteilen und daher in die Berechnung der Abfertigung und Urlaubsentschädigung einzubeziehen.

Das Berufungsgericht änderte in Stattgebung der Berufung der beklagten Partei das Ersturteil dahingehend ab, dass es das Klagebegehren abwies.

Anzuknüpfen sei an die ständige Rechtsprechung, dass sich das für den letzten Monat gebührende Entgelt im Sinne des § 23 Abs 1 zweiter Satz AngG aus den mit einer gewissen Regelmäßigkeit wiederkehrenden Bezügen zusammensetze. Es komme nicht auf die Art der Auszahlung an, wenn nur die Bezugsart an sich regelmäßig wiederkehre. Es sei zwar keine garantierte Periodizität zu fordern, doch seien Leistungen, denen es am Charakter einer regelmäßigen, wenn auch in größeren Abständen wiederkehrenden Leistung mangelt, wie etwa einer einmaligen Belohnung aus der Berechnungsgrundlage auszuscheiden. Auch wenn die schriftlich fixierte Erfolgsprämie in mehreren an unterschiedliche Erfolgserfordernisse geknüpften Teilbeträgen zur Auszahlung gelangte und auch noch im letzten Monat des Dienstverhältnisses aktuell war, es aber feststand, dass es sich insgesamt um eine Belohnung für einen besonderen Erfolg handelte und wegen der Einstellung des Produktionsbetriebes von vornherein gewiss war, dass ein derartiger Verdienst nicht mehr in Betracht kommen werde, so spreche alles dafür, dass es sich um eine einmalig zu bewertende Leistung des Arbeitgebers gehandelt habe, die in die Bemessungsgrundlage für die Abfertigung und Urlaubsentschädigung nicht einzubeziehen sei.

Das Berufungsgericht sprach überdies aus, dass die Revision zulässig sei, weil sich aus den von der Rechtsprechung entwickelten Leitsätzen die konkrete Lösung des zu entscheidenden Falles nicht ohne weiteres ergebe und gegenüber der zugrunde gelegten Entscheidung Arb 9942 Abweichungen im Sachverhalt bestünden.

Gegen das klageabweisende Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache und dem Antrag, es im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteiles abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragte, der Revision des Klägers nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruches unzulässig.

Ob Differenzen in dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt und dem vom Berufungsgericht seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegten bestehen, ist nicht entscheidend. Beide Entscheidungen beruhen ausschließlich auf Außerstreitstellungen. Dem Berufungsgericht kann nicht unterstellt werden, von einem falschen Sachverhalt auszugehen, soweit es den im vorbereitenden Schriftsatz (ON 2) in Punkt 2 enthaltenen und vom Kläger ausdrücklich außer Streit gestellten Sachverhalt wörtlich wiedergab.

Dem Arbeitnehmer soll für den durch die Abfertigung gedeckten Zeitraum der zuletzt bezogene Durchschnittsverdienst gesichert und damit eine gewisse Kontinuität des zuletzt bezogenen Verdienstes (= Entgelt) gewährleistet werden (Arb 11.294). Der Entgeltbegriff ist weit auszulegen und erfährt im Abfertigungsrecht insofern eine Einschränkung, als der Durchschnittsverdienst als "das für den letzten Monat gebührende Entgelt" sich aus den mit einer gewissen Regelmäßigkeit wenn auch nicht in jedem Monat wiederkehrenden Bezügen, aber auch aus den in größeren Zeitabschnitten oder nur einmal im Jahr zur Auszahlung gelangenden Entgeltbeträgen zusammensetzt (Arb 9942, 11.294, 11.338, 11.416; 9 ObA 20/99b). Gewinnbeteiligungen (Arb 11.294) und Erfolgsprämien (RdW 1991, 270) können unter dem Gesichtspunkt der Regelmäßigkeit betrachtet in die Berechnungsgrundlage der Abfertigung einbezogen werden. Gelegenheitsentgelt (RdW 1998, 700) aber auch einmalige Beträge, die im Hinblick auf die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung oder als Belohnung für einen besonderen Erfolg mangels einer regelmäßig wiederkehrenden Leistung bezogen werden, hat die Rechtsprechung jedoch nicht unter den Entgeltbegriff des § 23 Abs 1 AngG subsumiert (Arb 9942).

Ob die hier dem Kläger in Aussicht gestellte Gesamterfolgsprämie aus Anlass der Abwicklung der Produktion und der Teilbetriebsstilllegung in mehreren Teilprämien für erfolgreiche unterschiedliche Leistungen im Rahmen der Abwicklung zerlegt und ausgezahlt wurde, ob dem eine Tätigkeit in einem Zeitraum von rund einem Jahr zugrunde lag oder dieser Bezugsbestandteil noch im letzten Monat des Arbeitsverhältnisses aktuell war, ändert nichts daran, dass diese Leistungen auch unter dem Gesichtspunkt der Regelmäßigkeit zu beurteilen sind.

Soweit das Berufungsgericht diese atypische erfolgsorientierte Gesamtprämie, mit der in Zukunft jedenfalls nicht mehr zu rechnen war, als eine einmalige nur aus einem bestimmten Anlass der Teilbetriebsstilllegung gewährte in Einzelleistungen zerlegte Gesamterfolgsprämie wertete, die der im Abfertigungsrecht geforderten "gewissen Regelmäßigkeit" entbehrte, hat es die ständige Rechtsprechung auf den Einzelfall bezogen angewendet. Abweichungen im Sachverhalt zur Vorentscheidung Arb 9942 begründen allein keine Rechtsfrage im Sinn des § 46 Abs 1 ASGG.

Bereits der Anlass der Gewährung der Erfolgsprämie schloss eine dem Gesichtspunkt der "Regelmäßigkeit" betreffende Wiederkehr der Bezüge in der Vergangenheit aber auch für die Zukunft aus, sodass es nicht darauf ankam, dass der Kläger die Prämie bereits vor Beendigung des Arbeitverhältnisses erhalten hat. Weder die Bedeutung der Abfertigung als Treueprämie oder das Element der Versorgung oder Überbrückung vermögen im Konkreten die Einmaligkeit der Prämie und somit das Fehlen des Elements der Regelmäßigkeit in Frage zu stellen.

Da die beklagte Partei nicht auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat, gebührt ihr kein Kostenersatz.