JudikaturJustiz8Ob606/91

8Ob606/91 – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. Oktober 1991

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes

HonProf. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Graf, Dr. Jelinek und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) A*****gesellschaft mbH, ***** und 2.) Michael W*****, beide vertreten durch Dr. Andreas Waldhof, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Manfred H*****, vertreten durch Dr. Rainer Cuscoleca, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 13. Juni 1991, GZ 48 R 369/91-10, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 21.Februar 1991, GZ 42 C 37/91p-6, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien haben die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Kläger stützten ihre am 28.1.1991 eingebrachte Räumungsklage darauf, daß das mit dem Beklagten hinsichtlich des Bestndobjektes ***** am 1.4.1986 geschlossene Untermietverhältnis vereinbarungsgemäß mit 28.2.1991 ende, der Beklagte den nach diesem Zeitpunkt gegebenen Räumungsanspruch jedoch bestreite.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ua mangelnde Fälligkeit des Räumungsanspruches ein.

Das Erstgericht wies die Klage mit Urteil vom 21.2.1991, zugestellt am 22.5.1991, unter Hinweis auf § 406 ZPO ab, weil der Klageanspruch erst am 1.3.1991 fällig werde.

Mit dem angefochtenen Beschluß hob das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. In seiner Entscheidungsbegründung trat das Berufungsgericht der Ansicht der Berufungswerber bei, wonach im Sinne der Entscheidung MietSlg 16.682 bei Bestandverträgen, die ohne vorhergegangene Aufkündigung durch Zeitablauf enden, jede Partei gemäß § 567 ZPO auch schon vor Ablauf der Bestandzeit nicht nur einen Übergabe- oder Übernahmeauftrag stellen, sondern auch noch eine Räumungsklage oder eine Aufkündigung eingebracht werden könne. Mit der angeführten Entscheidung habe der Oberste Gerichtshof offenbar der Absicht des Gesetzgebers Rechnung getragen, auch für die Kündigung und für Räumungsklagen, die die Auflösung eines Bestandverhältnisses bezweckten, die Auferlegung eines exekutiv durchsetzbaren Räumungs- oder Übernahmsbefehles unter Durchbrechung des § 406 ZPO zu ermöglichen (Fasching IV 670; Fasching Lehrbuch2 Rz 1063). Auch nach Meinung des Berufungsgerichtes sei es zumindest im Wege der analogen Anwendung des § 567 Abs 4 ZPO zulässig, schon vor Ablauf der Bestandzeit eine auf Übergabe des Bestandgegenstandes nach Ablauf der Bestandzeit gerichtete Räumungsklage anzubringen. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes sei die Rechtssache daher noch nicht spruchreif.

Gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung richtet sich der Rekurs des Beklagten mit dem Antrag, das erstgerichtliche Urteil wiederherzustellen. Der Rekurswerber bringt vor, bei einem befristeten Mietvertrag stehe es dem Vermieter zwar frei, schon vor Ablauf der Bestandzeit die Erlassung eines Übergabeauftrages gemäß § 567 Abs 1 ZPO zu beantragen, für die Einbringung einer Räumungsklage in analoger Anwendung des § 567 Abs 4 ZPO bestehe jedoch kein Raum, woran auch die Entscheidung MietSlg 16.682 nichts geändert habe. Somit komme auf Räumungsklagen die Bestimmung des § 406 ZPO zur Anwendung. Mangels Fälligkeit des Klageanspruches im Zeitpunkt der erstgerichtlichen Entscheidung sei das Klagebegehren daher nicht gerechtfertigt.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes liegen hier die Voraussetzungen des § 519 Abs 2, § 502 Abs 1 ZPO nicht vor, sodaß der Rekurs des Beklagten unzulässig ist.

In der zitierten Entscheidung MietSlg 16.682 hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß der Bestandgeber unter den Voraussetzungen des § 567 ZPO vor Ablauf der Bestandzeit nicht nur einen Übergabeauftrag beantragen kann, sondern es ihm unbenommen bleibt, statt eines solchen Übergabeauftrages auch eine Räumungsklage oder eine Aufkündigung einzubringen. Diese Rechtsansicht wurde vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung JBl 1974, 531 wiederholt, indem er auf die zutreffenden, im wesentlichen der Ansicht Faschings (IV 670 f) folgenden Ausführungen des dort angefochtenen Urteiles verwies. Danach kann als unbestritten gelten, daß der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 567 Abs 4 ZPO jedenfalls auch für Kündigungen und Räumungsklagen, die die Auflösung eines Bestandvertrages bezwecken, die Schaffung eines zwangsweise durchsetzbaren Räumungs- und Übernahmstitels unter Durchbrechung des Grundsatzes des § 406 ZPO ermöglichen wollte. Dies muß umsomehr aber auch für zeitlich befristete Bestandverhältnisse gelten.

Die im vorliegenden berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß zugrundegelegte Rechtsansicht, daß im Sinne des § 567 ZPO auch eine Räumungsklage schon vor Ablauf der Bestandzeit angebracht werden kann, entspricht somit aber den bisher ergangenen oberstgerichtlichen Entscheidungen. Diese finden zuletzt auch in Fasching Lehrbuch2 Rz 1063 ihre volle Deckung.

Demgemäß liegen hier die Voraussetzungen des § 519 Abs 2, § 502 Abs 1 ZPO nicht vor. Da der Oberste Gerichtshof an den berufungsgerichtlichen Zulassungsausspruch nicht gebunden ist (§ 526 Abs 2 Z 2 ZPO), ist der Rekurs des Beklagten zurückzuweisen.

Die klagenden Parteien haben in ihrer Rekursbeantwortung die Unzulässigkeit des Rekurses nicht geltend gemacht, sodaß die Zweckmäßigkeit ihrer Rechtsmittelbeantwortung zu verneinen ist und ihnen demgemäß auch kein Kostenersatz gebührt (§§ 41 und 50 ZPO).