JudikaturJustiz8Ob548/90

8Ob548/90 – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. März 1990

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber, Dr.Schwarz, Dr.Graf und Dr.Jelinek als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach Theodor M***, gestorben am 26.April 1986, infolge Revisionsrekurses der Mihalyne S***, geb. Agnes M***, Josef u. 7. f. 3., Budapest VIII, Ungarn, vertreten durch Dr.Ulrich Brandstetter und Dr.Ernst Politzer, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 19.Dezember 1989, GZ 43 R 675/89-85, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 9.August 1989, GZ 6 A 236/86-76, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Margit M***, die Witwe des Erblassers, gab unter Berufung auf ein zu ihren Gunsten errichtetes mündliches Testament vom 26.12.1985 eine bedingte Erbserklärung zum gesamten Nachlaß ab. Diese Erbserklärung wurde vom Erstgericht mit der Begründung zurückgewiesen, zwei der drei Testamentszeugen hätten sich bei der behaupteten Testamentserrichtung nicht als Testamentszeugen gefühlt und die Bedeutung der Erklärungen des Erblassers sei ihnen erst im nachhinein bewußt geworden, sodaß die Voraussetzungen des § 585 ABGB nicht erfüllt seien.

Das Rekursgericht gab dem von Margit M*** erhobenen Rekurs Folge und nahm ihre Erbserklärung an. Unter Bezugnahme auf § 122 AußStrG, § 565 ABGB verwies es auf die Rechtsprechung, wonach eine Erbserklärung nur zurückzuweisen sei, wenn ein der äußeren Form nach gültiges Testament nicht vorliege. Die Frage, ob den Testamentszeugen ihre Zeugeneigenschaft bei Errichtung eines mündlichen Testamentes bewußt gewesen sei, gehöre zur inneren Form. Hier hätten alle drei Zeugen übereinstimmend ausgesagt, der Erblasser habe angeordnet, daß nach seinem Tode alles seiner Frau zukommen solle. Widersprüche seien nur dahin gegeben, ob der Erblasser seine Tochter in seiner Erklärung erwähnt habe oder nicht. Diese beträfen somit nicht die Erbeinsetzung der Ehefrau des Erblassers. Auf Grund der übereinstimmenden Aussagen der drei fähigen, nicht ausgeschlossenen und gleichzeitig bei der Erklärung des Erblassers anwesenden Zeugen liege der äußeren Form nach ein mündliches Testament vor. Die auf dieses begründete Erbserklärung der erblasserischen Witwe sei daher zu Gericht anzunehmen. Gegen den rekursgerichtlichen Beschluß erhebt die Tochter des Erblassers, die zu ON 19 eine Erbserklärung abgegeben hatte, Rekurs mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses. Hilfsweise stellt sie auch einen Aufhebungsantrag. Die Rekurswerberin behauptet, das Gespräch, in welchem behauptetermaßen vom Erblasser ein mündliches Testament zu Gunsten seiner Ehefrau errichtet worden sei, habe im Sinne des Vorbringens in ihrem Beweisantrag vom 16.8.1988 tatsächlich überhaupt nicht stattgefunden. Davon abgesehen gehöre nach dem Wortlaut des § 585 ABGB "vor drei fähigen Zeugen, welche zugleich gegenwärtig und zu bestätigen fähig sind ..." das Bewußtsein der Zeugeneigenschaft und der Testamentserrichtung durch den Erblasser zur äußeren Form eines mündlichen Testamentes.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht gerechtfertigt.

Nach der ständigen Rechtsprechung ist für die Annahme einer Erbserklärung im Sinne der §§ 122 f AußStrG die Berufung auf eine dem Inhalt und der äußeren Form nach vorschriftsmäßige letzte Willenserklärung erforderlich (NZ 1968, 109; 1 Ob 595/77; 8 Ob 699/89 ua). Der äußeren Form ist bei einem mündlichen Testament Genüge getan, wenn feststeht, daß der Erblasser vor drei gleichzeitig anwesenden, als Testamentszeugen fähigen Personen (vgl. §§ 591 ff ABGB) eine Erklärung abgegeben hat, die seinen letzten Willen darstellen kann (1 Ob 595/77; 7 Ob 687/77; 2 Ob 503/83; 7 Ob 685/86; NZ 1971, 29; NZ 1981, 46). Unter diesen Voraussetzungen muß daher selbst dann, wenn es wenig wahrscheinlich ist, daß das behauptete Erbrecht materiell wirklich besteht, die Erbserklärung angenommen werden (1 Ob 560/78; NZ 1981, 105; 1 Ob 846/82 ua). Eine auf Grund der vor drei Zeugen abgegebenen Erklärung des Erblassers, daß "alle Sachen seiner Frau gehören", von dieser überreichte Erbserklärung ist jedenfalls zu Gericht anzunehmen (SZ 6/227; 7 Ob 235/64 ua), denn die Erklärung, daß "alles meiner Frau gehören soll", kann der äußeren Form nach eine Erbseinsetzung enthalten (1 Ob 595/77). Ob der Erblasser bei seiner Erklärung die Testierabsicht hatte und dies den Zeugen bewußt war, betrifft nicht die sogenannte äußere Form des Testamentes, sondern dessen Gültigkeit, die im Rechtswege zu klären ist (SZ 26/161; 1 Ob 595/77 ua).

Vorliegendenfalls traf das Erstgericht nach Zurückweisung des die Unwahrscheinlichkeit der Errichtung eines mündlichen Testamentes behauptenden Beweisantrages der nunmehrigen Rekurswerberin (siehe ON 54 und 55) in seinem Beschluß vom 9.8.1988 (ON 76) die Feststellung, daß der Erblasser am 26.12.1985 in gleichzeitiger Gegenwart von drei Zeugen Erklärungen über den Inhalt seines letzten Willens abgegeben hat. Diese auf die Ergebnisse der im Sinne der §§ 65, 123 Abs 2 AußStrG erfolgten Vernehmung der drei Zeugen gestützte Feststellung ist für den Obersten Gerichtshof bindend. Es steht hier somit fest, daß die vom Erblasser abgegebene, auch eine Erbeinsetzung enthaltende Erklärung seinen letzten Willen darstellen kann. Im Sinne der oben angegebenen Rechtsprechung liegt damit der äußeren Form nach ein mündliches Testament vor. Die hierauf gestützte Erbserklärung der Witwe des Erblassers war daher im Sinne des angefochtenen Beschlusses gemäß § 122 AußStrG zu Gericht anzunehmen.

Demgemäß muß dem Rekurs der Tochter des Erblassers ein Erfolg versagt werden.