JudikaturJustiz8Ob53/04h

8Ob53/04h – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. Mai 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Konkurssache über das Vermögen der Verlassenschaft nach Anton A*****, verstorben am 21. September 2001, zuletzt wohnhaft *****, Masseverwalter Mag. Dr. Paula Stecher, Rechtsanwältin in 6130 Schwaz, Winterstellergasse 11, infolge Revisionsrekurses des Gläubigers Johann A*****, vertreten durch Dr. Herbert Schopf, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 30. März 2004, GZ 1 R 248/03k 32, mit dem über Rekurs der Konkursgläubigerin R*****, vertreten durch Mag. Hannes Laner und andere, Rechtsanwälte in Innsbruck, der Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 19. November 2003, GZ 9 S 34/02b 29, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Für den am 1. 2. 2001 vom verstorbenen Gemeinschuldner bei der Gläubigerbank abgeschlossenen Kreditvertrag hat sich der Bürge mit Vertrag vom gleichen Tag gemäß § 1357 ABGB verpflichtet, bei Säumigkeit des Kreditnehmers offene Kreditforderungen aus dem Kreditvertrag abzudecken.

In dem am 25. 7. 2002 eröffneten Verlassenschaftskonkurs des Kreditnehmers meldete die Gläubigerbank ua eine Konkursforderung aus dem Kredit in Höhe von EUR 61.504,34 sowie weiteren EUR 17.512,38 wegen einer Anfechtung des Masseverwalters an.

Der Bürge meldete ua eine „mögliche" Regressforderung in Höhe von EUR 58.123, - bedingt für den Fall an, dass die Gläubigerbank die Kreditforderung, für die der Bürge hafte, im Konkursverfahren nicht geltend mache (Anmeldung vom 28. 8. 2002). Die Gläubigerbank hatte mit Schreiben vom 16. 7. 2002 den Kredit fällig gestellt und den Bürgen zum Stichtag der Konkurseröffnung (25. 7. 2002) mit EUR 58.138, - in Anspruch genommen.

Während des Konkursverfahrens bot die Gläubigerbank dem Bürgen dann mit Schreiben vom 29. 10. 2002 an, ihn gegen Bezahlung von EUR 50.871, - aus der Bürgen- und Zahlerhaftung gemäß § 1357 ABGB zu entlassen, wenn dieser Betrag bis 29. 11. 2002 auf einem bestimmten Konto eingehe. Diese Abschlagszahlung leistete der Bürge termingerecht und wurde seitens der Gläubigerbank aus seiner Haftung als Bürge und Zahler entlassen.

Mit 28. 8. 2003 legte die Masseverwalterin die Schlussrechnung und beantragte die Bestimmung ihrer Kosten, die mit Beschluss vom 29. 8. 2003 erfolgte. Am 30. 9. 2003 brachte die Masseverwalterin dann den Verteilungsentwurf beim Konkursgericht ein. Dieses beraumte mit Beschluss vom 2. 10. 2003 eine Tagsatzung zur Prüfung der nachträglich angemeldeten Forderungen, des Verteilungsentwurfes sowie allfälliger Bemängelungen oder Erinnerungen für den 7. 11. 2003 an. Die allgemeine Prüfungstagsatzung hatte bereits am 13. 9. 2002 stattgefunden. Dabei war die vom Bürgen angemeldete Forderung aus der Bürgschaft bestritten worden, da sie bereits von der Gläubigerbank angemeldet worden war und der Bürge nicht bezahlt hatte.

Auf Grund einer nachträglichen Forderungsanmeldung des Finanzamtes legte die Masseverwalterin am 13. 10. 2003 einen ergänzten Verteilungsentwurf vor. Am Tag vor der Tagsatzung zur Prüfung der nachträglichen angemeldeten Forderungen ON 22 bis ON 24 - dazu gehörten nicht jene des Bürgen - brachte der Bürge eine „Berichtigung" seiner angemeldeten Forderung ein, in der er darauf verwies, dass er aus der Bürgschaft EUR 50.870,93 geleistet habe und gemäß § 17 Abs 2 KO diese Regressforderung anmelde. In der Verteilungstagsatzung selbst erhob der Bürge gegen die im Verteilungsentwurf eine Erinnerung dahin, dass die Forderung der Gläubigerbank nicht mit der vollen Quote des angemeldeten Betrages zu berücksichtigen sei, sondern nur mit EUR 28.145,72. Hingegen sei beim Bürgen der Betrag von EUR 58.691,69 bei der Verteilung zu berücksichtigen.

Das Erstgericht änderte den Verteilungsentwurf der Masseverwalterin dahin ab, dass von der anerkannten Forderung der Gläubigerbank von EUR 79.016,72 nur eine Quote von EUR 3.459,01 ausbezahlt werden soll statt der im Entwurf vorgesehenen EUR 9.710,87 und beim Bürgen ausgehend von einer anerkannten Forderung von EUR 58.691,69 statt wie im Verteilungsentwurf bloß EUR 7.820,76 (für ein eigenes Darlehen des Bürgen) eine Quote von EUR 7.213, - statt der im Verteilungsentwurf vorgeschlagenen EUR 961,14 ausbezahlt werden.

Das Erstgericht folgerte dabei rechtlich, dass das Konkursgericht unabhängig vom Vorliegen von Erinnerungen den Verteilungsentwurf des Masseverwalters einer materiellen Prüfung zu unterziehen habe. Der Bürge habe eine aufschiebend bedingte Forderung im Sinne des § 16 KO als Bürge und Mitschuldner bereits bedingt angemeldet. Da eine doppelte Belastung der Konkursmasse mit der zweifachen Geltendmachung desselben Anspruchs sowohl durch den Gläubiger als auch durch den Bürgen nicht zulässig sei, komme ihm aber nur ein beschränkter Teilnahmeanspruch zu. Zahle er vor Abschluss des Konkursverfahrens, so partizipiere er mit der Konkursquote an der Verteilung der Konkursmasse. Da der Bürge hier bereits seine Forderung angemeldet habe, schade es auch nicht, dass er erst innerhalb der 14 tägigen Ausschlussfrist des § 107 KO diese Forderung endgültig unbedingt angemeldet habe. Auch die Bestreitung des Masseverwalters habe sich nur darauf bezogen, dass gleichzeitig die Gläubigerbank ihre Forderung geltend gemacht habe. Grundsätzlich könne ein Mitverpflichteter, solange er nur Teilzahlung leiste, im Konkurs des anderen Mitverpflichteten keinen Teilnahmeanspruch geltend machen. Die Teilnahmeansprüche des Gläubigers seien aber dann unberührt, wenn der Bürge seine gesamte Verpflichtung abgetragen habe. Selbst einem aus einem Absonderungsrecht gesicherten Gläubiger stehe entsprechend § 132 KO in der daraus erlösten Höhe keine weitere Forderung gegen den Hauptschuldner zu. Eine unbegründete Anmeldung des Gläubigers könne die Durchsetzung des Bürgen, der seine eigene Leistung vollständig erbracht habe, nicht verhindern. Mit dem Übergang der Schuld gemäß § 1358 ABGB gehe auch die Anmeldung auf den Bürgen über. Die aufschiebende Bedingung sei mit der Zahlung durch den Bürgen eingetreten. Hier habe der Bürge im Ergebnis seine Verpflichtung zur Gänze erfüllt. Insoweit komme der Haftungsfonds nunmehr dem Bürgen zugute. § 18 Abs 1 KO könne nicht angewendet werden, da nur der Hauptschuldner im Konkurs verfangen sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Gläubigerbank als Konkursgläubigerin Folge und verwarf die Erinnerungen des Bürgen gegen den Verteilungsentwurf.

Es ging dabei rechtlich zusammengefasst davon aus, dass nach § 107 Abs 1 KO Forderungen, die später als 14 Tage vor der Tagsatzung zur Prüfung der Schlussverteilung angemeldet werden, nicht mehr berücksichtigt werden können. Im Übrigen könne im Hinblick darauf, dass der Bürge und Zahler nicht die gesamte Hauptschuld eingelöst habe, auf die §§ 17 und 18 KO zurückgegriffen werden. Ein Bürge, der vor Konkurseröffnung noch nicht bezahlt habe, könne nur eine aufschiebend bedingte Forderung anmelden. Teilzahlungen nach Konkurseröffnung minderten den Betrag, den der Gläubiger geltend machen könne, nicht. Teilweise werde nun davon ausgegangen, dass auch dann, wenn ein Bürge, der nur für einen Teil der Forderung hafte, diesen Teil befriedige, ihm ein Konkursteilnahmeanspruch zustehe, weil dann keine Solidarschuld im Sinne des § 18 KO mehr vorhanden sei. Dem werde entgegengehalten, dass der Gläubiger ja kumulativ auf das Vermögen des Schuldners und des Dritten zugreifen können solle. Es sei die erstgenannte Meinung zu bevorzugen, da die Bestimmung des § 18 Abs 1 KO ohnehin schon die Interessen des Gläubigers bevorzuge.

Hier sei aber bis zum Abschluss des Vergleiches zwischen dem Bürgen und der Gläubigerbank nur ein bedingter Konkursteilnahmeanspruch vorhanden gewesen. Insoweit sei aber die Sperrfrist des § 107 KO zu beachten. Die Gläubigerin halte nach wie vor ihre volle Forderung aufrecht und die Regressforderung sei bestritten. Eine amtswegige Berücksichtigung komme nicht in Betracht, da dies die Sperrfrist unterlaufen würde.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht als zulässig, da eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der amtswegigen Wahrnehmung von innerhalb der Sperrfrist bekannt gewordener Teilerlöschungsgründe für anerkannte Forderungen ebenso wenig vorliege, wie zur Begleichung einer nach Konkurseröffnung reduzierten Haftungssumme des Bürgen und des allenfalls daraus entstehenden Teilnahmeanspruches sowie der Sperrfrist des § 107 KO.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Bürgen erhobene Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig , aber nicht berechtigt . Der Bürge releviert im Wesentlichen, dass er bereits mit Eingabe vom 28. 8. 2002 die Regressforderung bedingt angemeldet habe und die neuerliche Eingabe vom 6. 11. 2003 keine andere Forderung geltend mache, sondern nur der Eintritt der Bedingung, nämlich die Inanspruchnahme durch die Gläubigerbank bekannt gebe. Daher handle es sich auch um keine Neuanmeldung im Sinne des § 107 Abs 1 KO. Die bedingte Geltendmachung durch den Bürgen sei nach § 17 Abs 2 KO berechtigt. Würde man davon ausgehen, dass die Teilnahmeansprüche des Konkursgläubigers selbst dann unberührt blieben, wenn der Bürge seine gesamte Verpflichtung abgetragen habe, so stelle dies eine ungerechte Bevorzugung des Gläubigers dar, und zwar auch gegenüber den anderen Konkursgläubigern. Mit Übergang der Forderung auf den Bürgen gehe auch die Anmeldung durch die Gläubigerbank auf diesen über. Sein vorerst umfänglich eingeschränkter Konkursteilnahmeanspruch verwandle sich in einen unbeschränkten. Die Regelung des § 18 KO gelte nur soweit die Solidarhaftung reiche. Mit voller Befriedigung erlösche ihr weiterer Teilnahmeanspruch.

Auseinanderzuhalten sind zwei grundsätzliche Fragestellungen: Einerseits ist zu beurteilen, inwieweit erst unmittelbar vor der Beschlussfassung in der Verteilungstagsatzung bekannt gegebene „Forderungsübergänge" vom Kreditgläubiger auf den Bürgen, dessen Anmeldung bestritten wurde, berücksichtigt werden können. Andererseits stellt sich im Falle der Bejahung inhaltlich die Frage, ob ein Bürge, der nur für einen Teil einer Forderung haftet, dann wenn er in diesem Umfang die Forderung des Gläubigers nach Konkurseröffnung zur Gänze befriedigt, diesen Forderungsteil im Konkurs des Schuldners geltend machen kann, oder ob § 18 Abs 1 KO (Möglichkeit der vollen Geltendmachung der Forderung durch den Gläubiger im Fall des Konkurses mehrerer für dieselbe Forderung zur ungeteilten Hand haftenden Personen) bzw § 17 Abs 2 KO (Anmeldung künftiger Regressforderungen nur in dem Fall, in dem die Forderung vom Gläubiger im Konkurs nicht geltend gemacht wird) entgegenstehen (kontroversiell insb Doralt, Die Quote des Gläubigers im Insolvenzverfahren seines Schuldners nach Leistung eines beschränkt haftenden Interzedenten ÖBA 1997, 331 ff; der einen Teilnahmeanspruch des Bürgen im Wesentlichen im Hinblick auf die Funktion der Haftung des Dritten als Vergrößerung des Befriedigungsfonds verneint, während Rabl, Der Rückgriff des Bürgen im Konkurs des Hauptschuldners ecolex 1998, 615 ff, dies wegen des Charakters des § 18 Abs 1 KO als Ausnahmeregelung und der bloßen „Teilsicherungsfunktion" des bloß teilweise haftenden Bürgen bejaht; ähnlich offensichtlich auch Rabl in seiner Entscheidungsbesprechung ecolex 2005, 116).

Vorweg zu prüfen ist aber die formelle Frage , inwieweit ein Bürge und Zahler, dessen Anmeldung eines möglichen Regressanspruches ohne weitere Einschränkungen etwa hinsichtlich der Inanspruchnahme oder der Nichtanmeldung durch den Hauptgläubiger erfolgte und vom Masseverwalter bestritten wurde, allein durch „Erinnerungen" gegen den Verteilungsentwurf am Tag vor der Prüfung dieses Entwurfes noch eine Berücksichtigung im Verteilungsentwurf erreichen kann. Der Oberste Gerichtshof hat sich in seiner Entscheidung vom 26. 2. 2004 zu 8 Ob 153/03p (= EvBl 2004/137 = ZIK 2004/165 = RdW 2004/415) mit dem Antrag der Verpflichteten aus einer Patronatserklärung auf Berichtigung des Anmeldungsverzeichnisses befasst. Die aus der Patronatserklärung verpflichtete Gesellschaft hatte der Gläubigerbank, deren Forderung im Konkurs angemeldet und anerkannt worden war, den aushaftenden Kreditsaldo bezahlt. Damit sei die Forderung aus dem Kreditsaldo auf sie übergegangen. Der Masseverwalter hatte sich gegen den Forderungsübergang unter Hinweis auf entgegenstehende Grundprinzipien des Eigenkapitalersatzrechtes ausgesprochen. Dabei hat der Oberste Gerichtshof unter Anlehnung an die ständige Rechtsprechung im Exekutionsverfahren vorweg ausgesprochen, dass § 234 ZPO im Konkursverfahren nicht gilt und betont, dass schon unter dem Aspekt des umfassenden rechtlichen Gehörs der Übergang einer - wie hier - rechtskräftig festgestellten Konkursforderung auf einen neuen Gläubiger in bestimmten Fällen einem nachträglichen Prüfungsverfahren zu unterziehen ist. Grundsätzlich wurde auch festgehalten, dass der Einlösende in die Teilnahmerechte des Hauptgläubigers eintritt. Eine bloße „Anmerkung" eines Forderungsüberganges ohne eigenes Prüfungsverfahren wurde nur dann als möglich erachtet, wenn dieser durch entsprechende Urkunden bewiesen ist und der ursprüngliche Gläubiger sowie der Masseverwalter dem zustimmt . Andernfalls ist eine nachträgliche Forderungsanmeldung erforderlich.

Im vorliegenden Fall ist also davon auszugehen, dass mangels Zustimmung der Gläubigerbank die Frage eines allfälligen Forderungsüberganges im Rahmen einer auf Feststellung des Forderungsüberganges lautenden Anmeldung und eines dementsprechenden Prüfungsverfahrens zu erfolgen hätte. Auf solche Anmeldungen ist aber die Bestimmung des § 107 Abs 1 letzter Satz KO anzuwenden, wonach Forderungen, die später als 14 Tage vor der Tagsatzung zur Prüfung der Schlussrechnung angemeldet worden sind, nicht zu beachten sind.

Insoweit der Bürge noch releviert, dass doch im Verteilungsverfahren das nachträgliche Erlöschen einer Forderung berücksichtigt werden könne (vgl dazu auch Konecny in Konecny/Schubert § 109 Rz 9; Petschek/Reimer/Schima, Österreichisches Insolvenzrecht, 577, 625 ua), muss schon deshalb nicht näher darauf eingegangen werden, weil der Bürge gar nicht die Feststellung eines solchen Erlöschens der Forderung anstrebt, sondern im Sinne der obigen Ausführungen den Eintritt in den Teilnahmeanspruch der Gläubigerbank.

Da es hier also schon an den formellen Voraussetzungen für diesen Eintritt mangelt, war eine nähere Prüfung, inwieweit dieser vom bloß einen Teil der Forderung der Gläubigerbank abdeckenden Bürgen geltend gemacht werden kann, nicht erforderlich.