JudikaturJustiz8Ob514/86

8Ob514/86 – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. Februar 1986

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen Verena M***, geboren am 30.April 1978 und Philipp M***, geboren am 17.April 1980, infolge Revisionsrekurses des Vaters Dipl.Ing. Dieter M***, 6161 Natters, Gartenweg 13, vertreten durch Dr. Klaus Herke, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 13. Dezember 1985, GZ 2 bR 248/85-30, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 5.November 1985, GZ 3 P 218/82-27, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß er einschließlich des bestätigten Teiles insgesamt zu lauten hat:

"Der Vater ist berechtigt, die beiden mj. Kinder an jedem ersten Samstag im Monat um 12,00 Uhr bei der Mutter abzuholen und sie am darauffolgenden Sonntag um 19,00 Uhr wieder zur Mutter zurückzubringen, sowie die dazwischenliegende Zeit mit ihnen zu verbringen. Weiters ist der Vater berechtigt, die beiden mj. Kinder an jedem dritten Sonntag im Monat um 9,00 Uhr bei der Mutter abzuholen und verpflichtet, sie um 19,00 Uhr wieder zu ihr zurückzubringen, sowie die dazwischenliegende Zeit mit den beiden Kindern zu verbringen".

Text

Begründung:

Die beiden minderjährigen Kinder Verena (geb. am 30.4.1978) und Philipp (geb. am 17.4.1980) M*** sind eheliche Kinder der Barbara P***, geschiedene M*** und des Dipl.Ing. Dieter M***. Die Ehe wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 6.4.1982, 12 Cg 198/82, geschieden. Die elterlichen Rechte und Pflichten nach § 144 ABGB stehen der Mutter zu. Beide Kindeseltern haben sich wieder verehelicht.

Mit rechtskräftigem Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 30.8.1984, 3 P 218/82-16, wurde das Besuchsrecht des Vaters in der Weise geregelt, daß er berechtigt war, die beiden minderjährigen Kinder an jedem ersten Samstag im Monat um 12,00 Uhr bei der Mutter abzuholen und sie am darauffolgenden Sonntag um 19,00 Uhr wieder zurückzubringen, sowie die dazwischenliegende Zeit mit ihnen zu verbringen. Weiters war der Vater berechtigt, beide mj. Kinder an jedem dritten Samstag im Monat um 12,00 Uhr bei der Mutter abzuholen und verpflichtet, sie um 19,00 Uhr wieder zu ihr zurückzubringen. Zudem wurde dem Vater ein Besuchsrecht für beide Kinder einmal im Jahr während des Sommers in der Dauer von 3 Wochen eingeräumt. Der Vater beantragte am 17.10.1985 die Erweiterung des Besuchsrechtes in der Weise, daß er berechtigt ist, die beiden minderjährigen Kinder an jedem zweiten Wochenende um 12,00 Uhr bei der Mutter abzuholen und sie am darauffolgenden Sonntag um 19,00 Uhr wieder zur Mutter zurückzubringen hat. Ferner beantragte er die Einräumung eines Besuchsrechtes für jeweils einen Feiertag zu Weihnachten und zu Ostern von jeweils 9,00 Uhr bis 19,00 Uhr. Er begründete seinen Antrag damit, daß die Kinder durch die Ausdehnung des Besuchsrechtes keinen Schaden erleiden würden und die zusätzliche Besuchszeit ein Vorteil für die beiden Kinder wäre. Die Mutter stimmte der Aufteilung des ursprünglich dreiwöchigen Besuchsrechtes während des Sommers in 2 Blöcken zu 2 Wochen und 1 Woche zu, weiters stimmte sie einem weiteren Besuchsrecht des Vaters am Weihnachtstag und Ostermontag eines jeden Jahres zu. Für eine darüberhinausgehende Erweiterung des Besuchsrechtes lägen keine gerechtfertigten Gründe vor. Die Mutter führte dazu aus, daß ihr der Jugendpsychologe Dr. Ringer geraten habe, beide Kinder zur Ruhe kommen zu lassen und den Besuchsrhythmus wie bisher beizubehalten. Das Erstgericht gab den Anträgen des Vaters vollinhaltlich statt und begründete dies im wesentlichen damit, daß auf Grund der Feststellungen davon auszugehen sei, daß die beiden Kinder eine starke gefühlsmäßige Bindung zum Vater hätten und von selbst noch intensivere Kontakte zu diesem suchten. Weiters stehe fest, daß durch die bisherige Besuchsausübung eine Gefährdung des Kindeswohles nicht eingetreten sei und durch die Intesivierung des Kontaktes zum Vater vermutlich auch nicht eintreten werde.

Wiedereingliederungsschwierigkeiten im Haushalt der Mutter seien nach den bisherigen Besuchstagen noch nicht aufgetreten. Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der Mutter teilweise Folge und änderte den Beschluß des Erstgerichtes, der hinsichtlich der Besuchsregelung während des Urlaubes sowie während der Weihnachts- und Osterferien unbekämpft geblieben war, im übrigen dahin ab, daß dem Vater ein Besuchsrecht an jedem ersten Samstag im Monat von 12,00 Uhr bis zum darauffolgenden Sonntag um 19,00 Uhr sowie an jedem dritten Samstag im Monat von 12,00 Uhr bis 19,00 Uhr eingeräumt wurde. Das Rekursgericht führte aus, der Mutter sei dahingehend zu folgen, daß seit der letzten Besuchsregelung laut Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 30.8.1984 keine so wesentlichen Änderungen der Verhältnisse eingetreten seien, die ein Abgehen von der bisherigen Besuchsregelung begründen könnten. Das Erstgericht habe seine Entscheidung im wesentlichen auf die geäußerten Wünsche der beiden mj. Kinder, die in die Richtung eines erweiterten Besuchsrechtes des Vaters gehen, gestützt. Das Erstgericht übersehe jedoch hiebei, daß derartige Wünsche von Kindern dieses Alters eine Erweiterung des Besuchsrechtes, wie vom Vater angestrebt, nicht zu begründen vermögen, seien doch Kinder dieses Alters nicht in der Lage zu beurteilen, ob eine solche Erweiterung des Besuchsrechtes auch ihrem Wohl und ihren Interessen förderlich erscheine. Das Erstgericht habe sich mit dem Vorbringen der Mutter, wonach die beiden mj. Kinder nach jedem langen Wochenende mit Übernachtung beim Kindesvater "überdreht" seien und daher jeweils längere Zeit benötigten, um sich dem gewohnten Milieu in der Familie der Mutter anzupassen, nicht auseinandergesetzt. Dieses Vorbringen der Mutter sei durchaus glaubwürdig, entspreche ein solches Verhalten doch mehr oder weniger dem Normalfall. Würde nunmehr den mj. Kindern ein zweimaliges Übernachten beim Vater gestattet, so würde dies zweifelsohne die schon vorhandenen Wiedereingliederungsschwierigkeiten im Haushalt der Mutter steigern und damit die Psyche der mj. Kinder in einem Ausmaß belastet, das nicht mehr im Interesse der Kinder gelegen sein könne. Es sei daher der Mutter beizupflichten, wenn sie meine, die Kinder zur Ruhe kommen zu lassen und den bisherigen Besuchsrhythmus des Vaters beizubehalten. Es sei der Zweck eines Besuchsrechtes, eine auf Blutsverwandtschaft beruhende Bindung zwischen Eltern und Kindern aufrecht zu erhalten, die gegenseitige Entfremdung zu verhindern und dem Besucher die Möglichkeit zu geben, sich von der Erziehung und dem Gesundheitszustand des Kindes zu überzeugen. Da der Vater ohnedies ein weit über das von der Judikatur als ausreichend angesehenes Besuchsrecht auf Grund der bisherigen Besuchsregelung ausübe, sei der mit dem Besuchsrecht verbundene Zweck jedenfalls erreicht. Dem Wohle der mj. Kinder und dem Recht des Vaters, mit den Kindern regelmäßig zu verkehren und entsprechenden Kontakt zu pflegen, sei daher bei der gegebenen Sachlage mit der im Spruch angeführten Regelung am besten gedient.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes, allenfalls im Sinne der Einräumung eines Besuchsrechtes in der Weise, daß der Vater berechtigt ist, beginnend mit dem auf die Rechtskraft dieser Entscheidung folgenden Wochenende, die Kinder am Samstag um 12,00 Uhr bei der Mutter abzuholen und verpflichtet ist, sie am darauffolgenden Sonntag um 19,00 Uhr wieder zur Mutter zurückzubringen, sowie am zweiten darauffolgenden Sonntag die Kinder um 9,00 Uhr bei der Mutter abzuholen und verpflichtet ist, sie um 19,00 Uhr wieder zur Mutter zurückzubringen sowie die dazwischenliegende Zeit mit ihnen zu verbringen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Mutter hat eine Rekursbeantwortung erstattet und beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist teilweise berechtigt.

Der Vater weist in seinem Rechtsmittel darauf hin, daß nach dem Bericht des Jugendamtes die Kinder nach der Beendigung des jeweiligen Besuches bei ihm nicht schwierig seien, sodaß die Familie der Mutter durch die Besuche nicht beeinträchtigt werde. Es sei sowohl für die Kinder als auch für den Vater sehr belastend, den Samstag Nachmittag immer wieder mit dem Druck, daß die Kinder um 19,00 Uhr wieder zurückgebracht sein müßten, zu gestalten. Ein früherer Besuchsbeginn am Samstag werde wegen des Schulbesuches der Minderjährigen Verena nicht möglich sein. Wenn auch der Oberste Gerichtshof der Ansicht sein sollte, daß zwei Wochenende pro Monat (mit Übernachtung) zuviel seien, sollte dem Kindesvater doch die Möglichkeit geboten werden, an dem Wochenende ohne Übernachtung einen ganzen Tag und nicht nur einen Nachmittag mit den Kindern zu verbringen.

Hiezu ist folgendes auszuführen:

Soweit der Vater ein Besuchsrecht mit Übernachtung der Kinder bei ihm an jedem zweiten Wochenende anstrebt, erscheint eine solche Regelung bei Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falles doch etwas zu weitgehend, daß sich hiebei gewisse Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung der Kinder nach Beendigung des Besuches beim Vater in den Haushalt der Mutter ergeben könnten. Hingegen ist dem Rechtsmittelwerber beizupflichten, daß eine Ausübung des Besuchsrechts an jedem dritten Samstag im Monat nur in der Zeit von 12,00 Uhr bis 19,00 Uhr, wie es vom Rekursgericht festgesetzt wurde, eine gewisse, die Kinder belastende Streßsituation verursachen könnte, insbesondere wenn sie - auch der Minderjährige Philipp wird ja in diesem Jahr schulpflichtig - am Samstag Vormittag Unterricht haben. Es erscheint daher im Interesse des Kindeswohles zweckmäßiger, ein Besuchsrecht des Vaters an jedem dritten Sonntag eines Monates von 9,00 Uhr bis 19,00 Uhr festzusetzen, weil dadurch eine gedeihlichere Gestaltung des Zusammenseins des Vaters mit seinen Kindern in einer ruhigeren Atmosphäre ohne belastenden Zeitdruck zu erreichen sein wird. Eine solche Besuchsrechtsregelung ist im vorliegenden Fall auch unter Bedachtnahme auf das Alter der Kinder, die in Kürze das 6. bzw. 8. Lebensjahr vollenden werden, durchaus vertretbar.

Dem Revisionsrekurs war daher teilweise Folge zu geben und wie im Spruch zu entscheiden.

Eine formelle Zurückweisung der Revisionsrekursbeantwortung, mag eine solche in dem nach dem 1.Hauptstück des Außerstreitgesetzes geregelten Rechtsmittelverfahren auch nicht vorgesehen sein, war nicht erforderlich (vgl. EFSlg. 44.633 ua.).