JudikaturJustiz8Ob40/07a

8Ob40/07a – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Juni 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma S*****, vertreten durch Föger Pall, Rechtsanwälte in Wörgl, wider die beklagten Parteien 1.) Brigitte Carina O*****, und 2.) Harald E*****, vertreten durch Hausberger-Moritz-Schmidt, Rechtsanwälte in Wörgl, wegen Aufkündigung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 20. Dezember 2006, GZ 4 R 563/06g-22, mit dem infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Kufstein vom 16. August 2006, GZ 8 C 665/03z-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Aufkündigung aufgehoben wird. Das Begehren auf Räumung wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Parteien die mit EUR 1.892,43 (darin EUR 315,41 USt) bestimmten Kosten des erstgerichtlichen Verfahrens sowie die mit EUR 378,81 (darin enthalten EUR 53,47 und EUR 58 an Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit EUR 394,80 (darin EUR 36,64 an USt und EUR 175 an Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beiden Beklagten sind Mieter einer Wohnung der Klägerin in einem Wohnhaus. So wie alle anderen Mieter dieses Hauses haben auch die Beklagten ein Mitbenützungsrecht an einem Kellerraum zur Aufstellung einer Waschmaschine. Dort befanden sich daher mehrere Waschmaschinen. Dass es dabei durch Wasseraustritte zu substantiellen Schäden gekommen wäre, konnte nicht festgestellt werden.

Die Klägerin beabsichtigt, eine neue Heizanlage einzubauen und benötigt dazu den Heizraum. Alle anderen Mieter waren auch damit einverstanden, ihre Waschmaschinen aus dem Kellerraum zu entfernen, wofür die Klägerin anbot, auf ihre Kosten Waschmaschinenanschlüsse in den Wohnungen einzubauen. Die Beklagten hatten weder Interesse an der neuen Heizanlage noch an einem Waschmaschinenanschluss. Im Zuge der Errichtung der Heizungsanlage ließ die Klägerin die Waschmaschine entfernen und wurde deshalb von der Beklagten wegen Besitzstörung in Anspruch genommen.

Ihre gerichtliche Aufkündigung der Klägerin bezieht sich auf eine Teilkündigung der Mitbenützung des Kellerraumes. Sie machte als Kündigungsgründe einerseits - die nicht nachweisbaren - Beeinträchtigungen durch „Überschwemmungen" im Keller als „nachteiligen Gebrauch" im Sinne des § 30 Abs 2 Z 3 MRG geltend aber auch den Bedarf nach Einbau der Heizungsanlage. Ein anderer Raum komme dafür nicht in Betracht. Die Weigerung der Beklagten sei auch schikanös. Diese hätten dem Einbau der Heizung zumindest stillschweigend zugestimmt. Ihre Kündigung stützte die Klägerin im Ergebnis auf § 30 Abs 2 Z 8, 9 und 16 sowie § 31 MRG. Die Beklagten wendeten im Wesentlichen ein, dass sie die Waschmaschine immer ordnungsgemäß benützt hätten. Es sei eine Aufkündigung der Mitbenützung schon grundsätzlich nicht zulässig. Die Waschmaschine sei auch nicht ein Mietgegenstand im Sinne eines Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 3 MRG. Ein nachteiliger Gebrauch liege nicht vor. Eine Verlegung der Waschmaschine hätte für die Beklagten erhebliche Nachteile, nicht nur wegen der Gefahr des Austretens von Wasser in der Wohnung, sondern auch weil sie die Wäsche dann zum Trocknen ins Freie bringen müssten. Es gebe auch andere Möglichkeiten, die Heizanlage zu installieren. Das Erstgericht erkannte die Aufkündigung der Mitbenützung des Kellerraumes zur Aufstellung einer Waschmaschine als rechtswirksam. Es sei doch davon auszugehen, dass die Klägerin den Kellerraum für die Errichtung der Heizungsanlage dringend benötige und damit der Kündigungsgrund des § 31 Abs 1 MRG verwirklicht sei. Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Beklagten nicht Folge. Es ging zusammenfasst rechtlich davon aus, dass zwar sämtliche anderen geltend gemachten Kündigungsgründe nicht verwirklicht seien, wohl aber der Teilkündigungstatbestand des § 31 Abs 1 iVm Abs 5 MRG. Dieser könne auch dann vorliegen, wenn der Vermieter einzelne Teile eines Hauses, wie etwa Keller- oder Dachbodenräume dringend benötige und der restliche Teil des Mietgegenstandes abgesondert benutzbar sei oder ohne unverhältnismäßige Schwierigkeiten abgesondert benutzbar gemacht werden könne. Eine Interessenabwägung sei hier ebenso wenig erforderlich, wie eine Ersatzbeschaffung. Ein entsprechender Eigenbedarf sei hier zu bejahen, weil es um die Installierung einer modernen Heizungsanlage für das gesamte Haus gehe und die damit verbundene Wertsteigerung im Interesse der Klägerin liege. Dies sei auch von den anderen Mietern begrüßt worden. Die Klägerin habe ohnehin das Herstellen von Waschmaschinenanschlüssen in den Wohnungen angeboten.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO als nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene außerordentliche Revision der Beklagten ist zulässig und auch berechtigt.

Zutreffend ziehen die Beklagten das Vorliegen des „Teilkündigungsgrundes" des § 31 Abs 1 MRG wegen Vorliegens eines „Eigenbedarfes" in Zweifel. Wurde doch bisher von der Rechtsprechung immer nur das Vorliegen eines unmittelbaren Bedarfes des Vermieters oder seiner Verwandten in gerader Linie geprüft (vgl allgemein Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht § 31 MRG Rz 1 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; OGH 10 Ob 2428/96y; OGH 6 Ob 2293/96s).

Ausgehend davon ist aber vor allem vorweg zu prüfen, ob hier überhaupt ein „Teil eines Mietgegenstandes" im Sinne des § 31 MRG vorliegt, der in den Anwendungsbereich des Kündigungsverfahrens nach § 560 ZPO fällt (vgl allgemein Lovrek in Fasching/Konecny2 IV/1 § 560 Rz 8 ff). Im Wesentlichen geht es um die Abgrenzung der nach § 8 Abs 2 MRG zulässigen Einschränkung von Mietrechten zur Durchführung von Verbesserungsarbeiten an allgemeinen Teilen des Hauses (vgl dazu auch Würth/Zingher/Konvanyi aaO § 8 Rz 8).

So hat der Oberste Gerichtshof etwa zur Frage, inwieweit ein „abgegrenztes" Dachbodenabteil auf Grundlage des § 8 Abs 2 Z 2 MRG zur Durchführung von Verbesserungsarbeiten an anderen Mietgegenständen verlegt werden kann, ausgesprochen, dass auch darauf Rücksicht zu nehmen sei, inwieweit es sich um einen „Mietgegenstand" handle, der dem Mieter zur alleinigen Nutzung überlassen wurde. Insoweit wurde zwar auf die Möglichkeit der Teilkündigung nach § 31 Abs 5 MRG verwiesen, jedoch dies als Instrument zur Ermöglichung eines Dachausbaues als unbrauchbar eingestuft und insgesamt dann die Verlegung des Dachbodenraumes unter den Begriff der vom Mieter nach § 8 Abs 2 Z 2 MRG zu duldenden Veränderungen subsumiert (Voraussetzung der Beistellung eines Ersatzraumes), nicht aber die gänzliche Aufgabe, die nur mit Teilkündigung durchzusetzen ist (vgl OGH 5 Ob 60/99f).

Es wurde die Auflassung einer Wasserentnahmestelle am Gang („Bassena"), an der einen Mieter eine Mitbenützung zustand, als „Mitbenützung" an den allgemeinen Teilen des Hauses angesehen, deren Veränderung und Wiederherstellung im Verfahren nach §§ 8 ff MRG zu prüfen und damit einer Entscheidung im außerstreitigen Verfahren zuzuführen ist (vgl OGH 6 Ob 247/98m, zur allgemeinen Abwägung im Rahmen einer Interessenabwägung RIS-Justiz RS0069474 ua). Die Frage der Benützung einer allen Mietern zugänglichen Waschküche ist aber wie die Frage der aus dem Bestandrecht erfließenden Rechte auf Benützung des allgemeinen Teiles zu beurteilen und unterliegt damit nicht der separaten Aufkündigung nach § 31 MRG, sondern dem Verfahren nach §§ 8 ff MRG. Dementsprechend war im Sinne der ständigen Rechtsprechung die Aufkündigung aufzuheben und der Räumungsantrag abzuweisen (vgl dazu Lovrek aaO mwN; SZ 71/53). Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50 und 41 ZPO sowie § 10 Abs 2 lit a RATG.