JudikaturJustiz8Ob37/16y

8Ob37/16y – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Mai 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner, den Hofrat Dr. Brenn und die Hofrätinnen Mag. Korn und Dr. Weixelbraun Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E* K*, vertreten durch Dr. Andreas Hanusch, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei F* S*, vertreten durch die Urbanek Lind Schmied Reisch, Rechtsanwälte OG in St. Pölten, wegen 10.094,29 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 28. Jänner 2016, GZ 36 R 250/15d 41, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 26. Mai 2015, GZ 77 C 92/12m 34, teilweise abgeändert wurde (Revisionsinteresse 1.961,16 EUR sA), in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 418,78 EUR (darin enthalten 69,80 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind Geschwister. Ihre Mutter starb am 4. 9. 2002, der Vater am 5. 11. 2010. Mit Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 7. 3. 2011 zu * A * wurde der Nachlass nach dem Vater den Streitteilen je zur Hälfte rechtskräftig eingeantwortet. Nach dem errichteten Inventar beträgt der Reinnachlass 14.560,31 EUR.

Die Eltern der Streitteile lebten in einem der Mutter gehörenden Haus in H*. Mit Notariatsakt vom 23. 10. 2000 schenkte die Mutter diese Liegenschaft der Klägerin. Die Mutter der Streitteile war auch Eigentümerin von zwei Sparbüchern, die sie der Klägerin versprochen hatte. Nach dem Tod der Mutter verblieben die Sparbücher im Haus in H*. Anfang 2007 schenkte und übergab der Vater der Klägerin die beiden Sparbücher.

Der Vater der Streitteile verlor ab 2005 seinen Lebensmut. In der Folge kümmerte sich die Klägerin um ihn. Ende Jänner 2010 übersiedelte der Vater, der an Krebs erkrankt war, in eine Wohnung. Ab Februar 2010 erbrachte die Klägerin täglich rund 3,5 Stunden an Pflegeleistungen, außer der Vater hielt sich stationär im Krankenhaus auf. Ab 17. 7. 2010 kam täglich eine Betreuerin für jeweils eine Stunde in die Wohnung des Vaters. Ab diesem Zeitpunkt erbrachte die Klägerin täglich etwa drei Stunden an Pflegeleistungen. Insgesamt betrug der Pflegeaufwand der Klägerin ab Februar 2010 bis 5. 11. 2010 (Todestag) rund 844 Stunden an Pflegeleistungen. Der Vater der Streitteile war bestimmend; eine Fremdpflege lehnte er ab.

Die Klägerin begehrte 16.900,13 EUR sA, wovon 13.291,25 EUR (875 Stunden x 15,19 EUR) auf Pflegeleistungen entfielen. Dazu brachte die Klägerin vor, dass sie ihren Vater umfassend gepflegt habe. Der Beklagte habe als Rechtsnachfolger nach dem Vater die Hälfte ihrer Ansprüche zu tragen.

Der Beklagte entgegnete, dass die Klägerin ihre Pflegeleistungen in Erfüllung der familiären Beistandspflicht erbracht habe. Ihre Auslagen habe die Klägerin regelmäßig vom Vater ersetzt bekommen. Da die Klägerin zwei zur Verlassenschaft gehörende Sparbücher eigenmächtig an sich genommen habe, mache er eine Gegenforderung in Höhe von 8.271,96 EUR geltend, die er einer allenfalls zu Recht bestehenden Klagsforderung gegenüber compensando einwende.

Das Erstgericht stellte die Klagsforderung mit 14.780,85 EUR als zu Recht bestehend, die eingewendete Gegenforderung hingegen nicht als zu Recht bestehend fest und verurteilte den Beklagten daher zur Zahlung von 14.780,85 EUR sA. Das Mehrbegehren von 2.119,28 EUR wies es (rechtskräftig) ab. Vom zugesprochenen Betrag entfielen 6.645,76 EUR auf die dem Beklagten zum Ersatz auferlegten „halben Pflegeleistungen“. Die übrigen zugesprochenen Positionen sind nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens. Von der gesetzlichen Beistandspflicht des Kindes nach § 137 ABGB sei die umfassende Betreuung des pflegebedürftigen Elternteils, um dem Elternteil die Fremdpflege oder den Aufenthalt in einem Pflegeheim zu ersparen, nicht erfasst. Die Pflegeleistungen der Klägerin ab Februar 2010 gingen weit über das hinaus, was Kindern nach der allgemeinen familiären Beistandspflicht zumutbar sei. In dieser Hinsicht habe die Klägerin zum klaren und überwiegenden Vorteil des Vaters gehandelt. Aus diesem Grund könne sie gemäß § 1037 ABGB ein angemessenes Entgelt für ihre Leistungen fordern. Der Beklagte habe als Hälfte Rechtsnachfolger des Vaters die Hälfte dieses Entgelts zu tragen. Der von der Klägerin geforderte Stundensatz sei gemäß § 273 ZPO angemessen. Für 875 Stunden an Pflegeleistungen errechne sich ein Betrag von 13.291,25 EUR; die Hälfte ergebe 6.645,76 EUR.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nach Durchführung einer Beweiswiederholung im Rahmen einer mündlichen Berufungsverhandlung teilweise Folge und stellte die Klagsforderung mit 10.094,29 EUR sA fest; 4.686,56 EUR wurden rechtskräftig abgewiesen. Vom zuerkannten Betrag entfallen 4.458,26 EUR auf die vom Beklagten zu ersetzenden „halben Pflegeleistungen“. Für außerordentliche Beistandsleistungen, die über das gesetzliche Ausmaß nach § 137 ABGB hinausgingen, könnten Familienmitglieder eine Entlohnung vereinbaren. Bei Fehlen einer Vereinbarung könne auf § 1037 ABGB zurückgegriffen werden. Die von der Klägerin ab Februar 2010 erbrachten Pflegeleistungen gingen weit über das hinaus, was von einem Kind als gesetzliche Betreuungsleistung gefordert werden könne. Im fraglichen Zeitraum habe die Klägerin allerdings nur 844 Stunden an Beitragsleistungen erbracht. Setze man die gesetzlich geschuldete Beistandspflicht mit etwa einer Stunde pro Tag an, so seien für den fraglichen Zeitraum 257 Stunden abzuziehen, sodass sich eine Stundenzahl von 587 EUR ergebe. Davon ausgehend errechne sich der Anspruch der Klägerin für ihre Pflegeleistungen mit 8.916,53 EUR; der vom Beklagten als zur Hälfte eingeantworteter Erbe zu tragende Hälftebetrag belaufe sich auf 4.458,26 EUR. Eine Anrechnung der der Klägerin übergebenen Sparbücher habe nicht stattzufinden. Eine Feststellung dahin, dass die Klägerin die Sparbücher als Gegenleistung für zukünftige Pflegedienste erhalten habe, sei nicht getroffen worden. Es sei auch weder vorgebracht noch festgestellt worden, dass der Vater oder der Beklagte auf ihre Pflicht-/Erbteile im Hinblick auf die von der Klägerin zu erbringenden Pflegeleistungen im Verlassenschaftsverfahren nach der Mutter verzichtet hätten. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte eine bedingte Erbantrittserklärung abgegeben habe und daher seine Haftung mit der Höhe der Aktiva der Verlassenschaft (halber Reinnachlass + Hälfte der anerkannten Begräbniskosten = 10.094,29 EUR) begrenzt sei. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage, ob Vorempfänge die subjektive Grenze der familiären Beistandspflicht erhöhen würden, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Gegen den Zuspruch des Teilbetrags, der 8.133,13 EUR übersteigt (das Revisionsinteresse beträgt somit 1.961,16 EUR sA), richtet sich die Revision des Beklagten, die auf eine Abweisung des Mehrbetrags abzielt.

Mit ihrer Revisionsbeantwortung beantragt die Klägerin, dem Rechtsmittel der Gegenseite den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil zur Abgeltung von Pflegeleistungen, die von einem Kind gegenüber einem pflegebedürftigen Elternteil erbracht werden, eine Klarstellung des Obersten Gerichtshofs geboten erscheint. Die Revision des Beklagten ist aber nicht berechtigt.

1. Vorweg wird darauf hingewiesen, dass die Revision entgegen den Ausführungen in der Revisionsbeantwortung nicht absolut unzulässig ist. Gemäß § 502 Abs 2 ZPO ist für die Anfechtbarkeit des Berufungsurteils der Wert des Streitgegenstands maßgebend, über den das Berufungsgericht entschieden hat. Der Zuspruch des Erstgerichts (14.780,85 EUR) wurde vom Beklagten nach dem Inhalt der Berufung (abweichend von der Anfechtungserklärung) mit jenem Teilbetrag bekämpft, der 3.565,74 EUR übersteigt. Der Wert des Entscheidungsgegenstands des Berufungsgerichts betrug somit (zumindest) 6.726,22 EUR.

2. Gegenstand der Revision sind nur mehr die von der Klägerin gegenüber ihrem Vater erbrachten Pflegeleistungen, konkret die Fragen, ob diese Leistungen die gesetzliche Beistandspflicht gemäß § 137 ABGB überschritten haben und ob sie abzugelten sind.

In der Revision steht der Beklagte auf dem Standpunkt, dass die Pflegeleistungen der Klägerin über die Grenzen der familiären Beistandspflicht nicht hinausgegangen seien. Es seien nämlich ihre Vorempfänge bei Beurteilung der subjektiven Grenzen der Beistandspflicht anzurechnen. Auch für Leistungen außerhalb des Kernbereichs der gesetzlichen Beistandspflicht stehe der Klägerin kein Entgelt zu. Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch scheitere an der fehlenden Offenlegung der Erwartung einer Gegenleistung. Ein Anspruch aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag scheide aus, weil sich der Geschäftsführer um die Zustimmung des Geschäftsherrn bemühen müsse und sodann Vertragsrecht vorrangig anzuwenden sei.

Die Ausführungen des Beklagten führen nicht zum Erfolg.

3.1 Beistand im Sinn des § 137 ABGB als familienrechtliche, grundsätzlich nicht durchsetzbare Verpflichtung ist nur insoweit zu leisten, als der Beistand erforderlich und zumutbar ist ( Barth in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , ABGB 3 § 137 Rz 11 und 14). Die gesetzliche Beistandspflicht, die nach ihrem Wesen unentgeltlich zu erfüllen ist, wird einerseits durch die Zumutbarkeit für den Einzelnen und andererseits durch die gesellschaftliche Üblichkeit der Leistungen (in Form von Geld-, Natural- oder Dienstleistungen) begrenzt ( Deixler Hübner , iFamZ 2009, 134; vgl auch Hopf in KBB 4 § 137 ABGB Rz 2). In diesem Rahmen sind Kinder durchaus auch verpflichtet, ihre Eltern im Krankheitsfall zu pflegen (vgl 6 Ob 29/09x mwN).

Leistungen, die nach Art oder Ausmaß im Rahmen eines gewöhnlichen Eltern Kind Verhältnisses nicht gesellschaftlich üblich sind und damit über das gesetzlich „Geschuldete“ (vgl 6 Ob 29/09x) hinausgehen, fallen nicht mehr in die gesetzliche Beistandspflicht. Dementsprechend ist in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs anerkannt, dass die umfassende Betreuung des pflegebedürftigen Elternteils, um diesem die Fremdpflege oder den Aufenthalt in einem Pflegeheim zu ersparen, nicht von der gesetzlichen Beistandspflicht im Sinn des § 137 ABGB umfasst ist (2 Ob 79/05i; 6 Ob 29/09x).

3.2 Gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts (und die im Grundsatz gleichlautende Beurteilung des Erstgerichts), dass die notwendigen Pflegeleistungen der Klägerin gegenüber ihrem Vater ab Februar 2010 von der familiären (gesetzlichen) Beistandspflicht nicht mehr umfasst waren, bestehen keine Bedenken.

Mit seiner Überlegung, dass die subjektive Grenze (Zumutbarkeit) der Beistandspflicht durch die Vorempfänge erweitert werde, vermengt der Beklagte die Reichweite der gesetzlichen Beistandspflicht mit der Frage der Abgeltung von darüber hinausgehenden, außerordentlichen Pflegeleistungen. Vorempfänge könnten für die Frage der Abgeltung eine Rolle spielen, beeinflussen das Ausmaß der gesellschaftlich üblichen Leistungen aber nicht. Pflegeleistungen, die gesellschaftlich unüblich sind, sind auch dann nicht nach § 137 ABGB „geschuldet“, wenn sie als für den Einzelnen zumutbar beurteilt werden könnten.

4.1 Richtig ist, dass auf Basis des § 785 Abs 3 ABGB im Zusammenhang mit der Anrechnung von Schenkungen bei Berechnung des Nachlasses eine sittliche Pflicht des Erblassers sowohl gegenüber dem Ehegatten nach § 90 ABGB als auch gegenüber dem Kind nach § 137 ABGB zur Vornahme einer Schenkung dann bejaht wird, wenn der Ehegatte oder das Kind dem Erblasser Leistungen erbracht haben, die weit über das hinausgegangen sind, was ein Ehegatte oder ein Kind normalerweise für den Ehegatten oder den Elternteil im Rahmen der gesetzlichen Beistandspflicht leisten, so etwa wenn sie beträchtliche Pflegedienste erbringen und dadurch dem späteren Erblasser der unumgängliche Aufenthalt in einem Pflegeheim erspart geblieben ist (6 Ob 29/09x). In der Entscheidung 1 Ob 46/01y wurde dazu noch ausgesprochen, dass aus der Vorschrift des § 137 Abs 2 ABGB abgeleitet werden könne, dass mehrere Kinder gleichermaßen von der Beistandspflicht betroffen seien. Habe demgegenüber eines der Kinder die Pflege eines Elternteils allein auf sich genommen und dadurch weit beschwerlichere und umfangreichere Leistungen erbracht, als es der Erfüllung der Beistandspflicht im üblichen Ausmaß entsprochen habe, so könne gerade im Verhältnis zu den entlasteten Geschwistern die sittliche Verpflichtung des begünstigten Elternteils zu einer angemessenen Schenkung an das pflegende Kind angenommen werden.

Diese Überlegungen zum Bestehen einer sittlichen Pflicht des späteren Erblassers zur Vornahme einer Schenkung sind für die Frage von Bedeutung, ob im Verlassenschaftsverfahren bei Berechnung des Nachlasses (auf Verlangen eines pflichtteilsberechtigten Kindes) Schenkungen des Erblassers in Anrechnung zu bringen sind (§ 785 Abs 1 ABGB). Nach § 785 Abs 3 ABGB bleiben in dieser Hinsicht Schenkungen unberücksichtigt, die der Erblasser in Entsprechung einer sittlichen Pflicht oder aus Rücksicht des Anstands gemacht hat.

Eine solche Frage stellt sich hier nicht.

4.2 Richtig ist im gegebenen Zusammenhang weiters, dass die Schenkungsanrechnung gemäß § 785 ABGB nach ihrem Zweck der Gleichstellung aller pflichtteilsberechtigten Kinder dienen soll (vgl 1 Ob 46/01y). Selbst unter Berücksichtigung dieser Wertung könnte die vom Beklagten angedachte Anrechnung der beiden Sparbücher aber von vornherein nur dann in Betracht kommen, wenn der Gepflegte selbst eine „Gegenleistung“ erbringen wollte und deshalb den pflegenden Angehörigen schenkungsweise bedachte (6 Ob 29/09x). Nur in einem solchen Fall kann davon gesprochen werden, dass der Erblasser mit der Schenkung einer sittlichen Pflicht für die Erbringung von außerordentlichen Pflegeleistungen entsprochen hat.

4.3 Eine Schenkung des Vaters zur sittlichen „Abgeltung“ von Pflegeleistungen der Klägerin liegt im Anlassfall nicht vor. Nach den Feststellungen gehörten die in Rede stehenden Sparbücher der Mutter der Klägerin, die sie der Klägerin schon zu Lebzeiten versprochen hatte. Nach dem Tod der Mutter sind die Sparbücher allerdings im Haus der Eltern verblieben. In der Folge übergab der Vater die Sparbücher der Klägerin. Davon ausgehend bestand kein Zusammenhang zwischen der Übergabe der Sparbücher an die Klägerin und ihren Pflegeleistungen gegenüber dem Vater. Eine Anrechnung scheidet daher von vornherein aus.

5.1 Der Beklagte wendet sich in der Revision zwar auch dagegen, dass der Klägerin außerhalb des Kernbereichs der gesetzlichen Beistandspflicht ein Abgeltungsanspruch zusteht. An anderer Stelle der Revision führt er jedoch selbst aus, dass ein Entgeltanspruch nicht für die im Rahmen der familiären Beistandsverpflichtung gemäß § 137 ABGB erbrachten Leistungen bestehe, sondern nur für alle darüber hinausgehenden Geld- und Arbeitsleistungen. In der Berufung hat er dazu ausgeführt, dass nur außerhalb des Kernbereichs der Beistandsverpflichtung gemäß § 137 ABGB ein Entgeltanspruch für geleistete Dienste zu bejahen sei, wenn diese nicht schenkungshalber erbracht worden seien. Nur jene Leistungen, die über die Beistandspflicht gemäß § 137 ABGB hinausgingen, seien der Klägerin vom verstorbenen Vater gemäß § 1037 ABGB zu ersetzen gewesen.

5.2 Ungeachtet der Frage, ob der Beklagte die Pflicht zur Abgeltung von außerordentlichen Pflegeleistungen, die die gesetzliche Beistandspflicht nach § 137 ABGB übersteigen, überhaupt ernsthaft bestreitet, hat der Oberste Gerichtshof dazu Folgendes erwogen:

Zu Leistungen innerhalb der gesetzlichen Beistandspflicht wurde in der Entscheidung 6 Ob 29/09x ausgeführt, dass in dieser Hinsicht auch bereicherungsrechtliche Ansprüche bei enttäuschter Erwartung, etwa einer testamentarischen Zuwendung infolge erbrachter Leistungen (§ 1435 ABGB), denkbar seien. Ausgeschlossen seien aber Ansprüche gemäß § 1042 ABGB sowie die Zahlung einer Entlohnung oder sonstigen Vergütung. Stefula (Glosse zu 6 Ob 29/09x in EF Z 2009/137, 216) meint dazu, dass eine Anwendung der genannten Kondiktion (nur) denkbar sei, wenn über die gesetzliche Verpflichtung hinausgehend und in der dem anderen erkennbaren Erwartung einer bestimmten Gegenleistung, etwa für die jahrelange Pflege einmal das elterliche Haus zu bekommen, Beistand geleistet worden sei.

Zu außerordentlichen Beistandsleistungen wurde in der Entscheidung 1 Ob 135/01m unter Hinweis auf die Entscheidung 1 Ob 46/01y die Ansicht vertreten, dass der pflegende Angehörige zumindest dann Anspruch auf finanzielle Abgeltung habe, wenn die Pflegeleistungen weit über das hinausgingen, was üblicherweise in Wahrnehmung einer besonderen Beistandspflicht zu leisten sei. In der Entscheidung 6 Ob 29/09x wurde die Frage der Abgeltung außerordentlicher Pflegeleistungen letztlich offengelassen. Diese Entscheidung lässt aber eine Präferenz gegen die Annahme eines Entgeltanspruchs erkennen. In diesem Sinn wird in der zitierten Entscheidung ausgeführt, die Verneinung eines Entgeltanspruchs könne dazu führen, dass der pflegende Angehörige bereits vor oder zumindest während der Erbringung der Leistungen gegenüber dem zu Pflegenden oder dessen Sachwalter offenlegen müsse, dass er diese Leistungen nicht unentgeltlich, sondern in der Erwartung einer Gegenleistung zu erbringen gedenke. Dies hätte für den zu pflegenden Angehörigen unter anderem den Vorteil, von vornherein erkennen zu können, ob er unentgeltliche Leistungen in Anspruch nehme, oder ob diese Leistungen gegen Entgelt erbracht würden. In letzterem Fall stünde ihm die Möglichkeit offen, sich vielleicht doch für eine professionelle Betreuung zu entscheiden. Auf diese Art und Weise könnten Irrtümer des Gepflegten von vornherein ausgeschlossen werden.

Deixler Hübner gelangte in ihrem Rechtsgutachten im Verfahren zu 6 Ob 29/09x (veröffentlicht in iFamZ 2009, 134) unter Bezugnahme auf deutsche und schweizerische Rechtsprechung und Literatur zum Ergebnis, dass außerhalb des Kernbereichs der gesetzlichen Beistandsverpflichtung ein Entgeltanspruch für geleistete Dienste, wenn diese nicht schenkungshalber erbracht worden seien, stets zu bejahen sei, und zwar auch dann, wenn es an einer vertraglichen Regelung zwischen den Beteiligten fehle. Als rechtliche Grundlage für eine solche Abgeltung sei vor allem § 1435 ABGB analog heranzuziehen. Stefula (Glosse zu 6 Ob 29/09x in EF Z 2009/137, 216) weist zunächst darauf hin, dass nach der besprochenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs Familienmitglieder eine Entlohnung der außerordentlichen Beistandsleistungen vereinbaren könnten. In der Folge bezieht er sich so wie Deixler Hübner auf § 1435 ABGB analog. Wenn die außerordentlichen Leistungen in der dem anderen erkennbaren Erwartung einer bestimmten Gegenleistung erbracht worden seien, greife die condictio causa data, causa non secuta. Ein Entgeltanspruch könne sich auch aus den Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag ergeben, weil der Begriff „Geschäft“ in §§ 1035 ff ABGB nicht nur Rechtsgeschäfte, sondern auch tatsächliches Handeln erfasse, also etwa auch außerordentliche Pflegeleistungen.

5.3 Für außerordentliche Pflegeleistungen, die die gesetzliche Beistandspflicht nach § 137 ABGB überschreiten und daher nicht von dieser Bestimmung erfasst sind, gilt das Prinzip der Unentgeltlichkeit nicht. Für die Frage der Abgeltung kann daher auf die allgemeinen zivilrechtlichen Rechtsinstitute zurückgegriffen werden. In diesem Sinn wurde schon in der Entscheidung 6 Ob 29/09x ausgeführt, dass für außerordentliche Leistungen eine Entlohnung von den Familienmitgliedern vereinbart werden kann. Der erkennende Senat gelangt daher zum Ergebnis, dass als Rechtsgrundlage für die Abgeltung von außerordentlichen Pflegeleistungen bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen außer einer Entgeltvereinbarung auch ein bereicherungsrechtlicher Anspruch nach § 1435 ABGB (vgl etwa auch 6 Ob 149/14a) oder ein Anspruch aus nützlicher Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß § 1037 ABGB in Betracht kommt. Die dargestellten Überlegungen in der Entscheidung 6 Ob 29/09x stehen diesem Ergebnis nicht entgegen. Zum einen beziehen sich diese offenbar nur auf eine gewünschte Klarstellung durch Offenlegung der gegenseitigen Erwartungshaltung, zum anderen münden sie in keiner inhaltlichen Beurteilung.

6.1 Im Anlassfall haben die Vorinstanzen den Anspruch der Klägerin nicht auf Bereicherungsrecht (§ 1435 ABGB), sondern auf eine Geschäftsführung ohne Auftrag nach § 1037 ABGB gestützt. Dem hält der Beklagte entgegen, dass den Geschäftsführer die Pflicht treffe, sich um die Zustimmung des Geschäftsherrn zu bemühen. Ein Anspruch bestehe daher nicht, wenn das Kind gegenüber dem Elternteil den Kostenersatz für die nützlichen Leistungen nicht thematisiere.

Auch damit ist der Beklagte nicht im Recht.

6.2 Geschäftsführung ohne Auftrag ist die eigenmächtige Besorgung fremder Angelegenheiten in der Absicht, fremde Interessen zu wahren. Ein Anspruch auf Aufwandersatz besteht nur insoweit, als ein konkreter Aufwand zu einem klaren, überwiegenden Vorteil des Geschäftsherrn geführt hat. Es kommt somit auf den Erfolg zugunsten des Geschäftsherrn an, weshalb § 1037 ABGB einen bereicherungsrechtlichen Charakter hat. Dem nützlichen Geschäftsführer ist der tatsächlich entstandene Aufwand zu ersetzen, wozu auch eine angemessene Abgeltung der eingesetzten Arbeitskraft bzw ein Ersatz des Zeitaufwands gehört. Zu diesem Aufwand ist ein konkretes Vorbringen zu erstatten; für die Ausmittlung kann § 273 ZPO herangezogen werden (siehe dazu 3 Ob 228/13w).

Richtig ist, dass § 1037 ABGB auch dann, wenn ein Vorteil für den Geschäftsherrn zu erwarten ist, den Versuch verlangt, vorweg eine Einwilligung des Geschäftsherrn einzuholen. Wird dieser Versuch trotz Tunlichkeit unterlassen oder wird die Einwilligung verweigert, so ist die Geschäftsführung unrechtmäßig. Ein Anspruch auf Aufwandersatz ist allerdings nur im zweiten Fall (Ablehnen durch den Geschäftsherrn) ausgeschlossen (§ 1040 ABGB). Im ersten Fall ist eine nachträgliche Privilegierung durch das Ergebnis, nämlich den Nutzen für den Geschäftsherrn, möglich ( Rummel in Rummel , ABGB 3 § 1037 ABGB Rz 2; vgl auch Schurr in Schwimann, ABGB 3 § 1040 Rz 2 und 3 Ob 228/13w).

6.3 Aus diesen Grundsätzen folgt, dass einem Anspruch des Kindes für seine nützliche Geschäftsführung nach § 1037 ABGB nicht entgegensteht, wenn es gegenüber dem Elternteil nicht thematisiert, dass es zu einem späteren Zeitpunkt für seine außerordentlichen Beistandsleistungen eine Abgeltung haben möchte. Ein klarer, überwiegender Vorteil des gepflegten Elternteils kann insbesondere dann angenommen werden, wenn der Elternteil eine Fremdpflege oder die Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung ernsthaft ablehnt und ihm dies durch die außerordentlichen Pflegeleistungen des Kindes erspart geblieben ist.

6.4 Nach den Feststellungen hätte der Vater ohne Pflege durch die Klägerin von Februar 2010 bis zu seinem Tod am 5. 11. 2010 einer entgeltlichen Fremdpflege bedurft oder stationär in eine Pflegeeinrichtung aufgenommen werden müssen. Die Klägerin erbrachte die Pflegeleistung auf Wunsch des Vaters, der eine Fremdpflege entschieden ablehnte.

Die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 1037 ABGB sind damit gegeben. Die Klägerin hat daher Anspruch auf Abgeltung ihrer außerordentlichen Pflegeleistungen gegenüber ihrem Vater.

Gegen die Höhe des zuerkannten Aufwandersatzes (Anzahl der abzugeltenden Pflegestunden und Stundensatz) bestehen keine Bedenken; dagegen werden auch keine Einwände erhoben.

6.5 Die Frage, ob der Klägerin auch ein direkter Anspruch gegenüber ihrem durch die Pflegeleistungen entlasteten Bruder im Sinn des § 1042 ABGB zustünde (bejahend Deixler Hübner , iFamZ 2009, 139; verneinend Stefula , Glosse zu 6 Ob 29/09x in EF Z 2009/137, 217), stellt sich hier nicht. Der Anspruch der Klägerin bestand ursprünglich gegenüber ihrem Vater. Nach dessen Tod ist die Hälfte der Schuld auf den Beklagten als zur Hälfte eingeantworteter Erbe übergegangen.

7. Soweit der Beklagte auch nach den Ausführungen in der Revision nicht nur die beiden Sparbücher, sondern auch „einen Verzicht des Vaters und des Beklagten auf einen Pflicht-/Erbteil“ in Ansehung der Verlassenschaft der Mutter angerechnet haben will, ist er auf die Beurteilung des Berufungsgerichts zu verweisen, wonach dazu kein Vorbringen erstattet wurde.

Die in der Revision erwähnte Zahlung des Vaters an die Klägerin von 2.500 EUR stand nach der Sachverhaltsgrundlage mit einer Abgeltung der Pflegeleistungen der Klägerin gegenüber dem Vater ebenfalls in keinem Zusammenhang, weshalb eine Anrechnung von vornherein ausscheidet.

8.1 Zusammenfassend ergibt sich:

Die gesetzliche Beistandspflicht nach § 137 ABGB wird einerseits durch die Zumutbarkeit für den Einzelnen und andererseits durch die gesellschaftliche Üblichkeit der Leistungen begrenzt. Pflegeleistungen, die nach Art oder Ausmaß im Rahmen eines gewöhnlichen Eltern-Kind-Verhältnisses nicht gesellschaftlich üblich sind, gehen über das „Geschuldete“ hinaus. Für solche außerordentlichen Pflegeleistungen kommt eine Abgeltung aufgrund einer Vereinbarung, aber auch auf Basis einer Kondiktion nach § 1435 ABGB (analog) oder einer nützlichen Geschäftsführung ohne Auftrag nach § 1037 ABGB in Betracht. Vorempfänge sind auf solche Ansprüche nur dann anzurechnen, wenn der Gepflegte eine Gegenleistung erbringen wollte und deshalb den pflegenden Angehörigen (auch aufgrund einer sittlichen Verpflichtung) schenkungsweise bedachte.

8.2 Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht mit diesen Grundsätzen im Einklang. Der Revision des Beklagten war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.