JudikaturJustiz8Ob119/14d

8Ob119/14d – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. November 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj L***** L*****, wohnhaft bei ihrer Mutter M***** L*****, diese vertreten durch Mag. Hannes Huber, Rechtsanwalt in Melk, wegen Ausübung des Kontaktrechts durch den Vater S***** S*****, vertreten durch Mag. Elisabeth Freilinger Gößler, Rechtsanwältin in St. Veith an der Gölsen, hier wegen Bestellung eines Besuchsmittlers, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 3. September 2014, GZ 23 R 158/14d 127, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung:

1. Der außerordentliche Revisionsrekurs der Mutter wendet sich gegen die Bestellung eines Besuchsmittlers, weil ein Konsens zwischen den Eltern nicht zu erreichen sei und diese nicht bereit seien, Vorschläge des jeweiligen anderen Elternteils zu akzeptieren. Es sei daher nur eine Besuchsbegleitung sinnvoll, weil die Mutter in diesem Fall Gewissheit habe, dass dem Kind ausreichend Schutz gewährt werde und es zu keiner neuerlichen Gefahrensituation für das Kind komme. Außerdem hätten sich die schulischen Leistungen des Kindes seit dem Aussetzen der Besuchskontakte verbessert.

Rechtliche Beurteilung

2.1 Zunächst ist die Mutter daran zu erinnern, dass die Besuchskontakte nicht ausgesetzt sind. Vielmehr bildet der darauf gerichtete Antrag der Mutter den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Der durch die Mutter geschaffene faktische Zustand ändert nichts am aufrechten Kontaktrecht des Vaters auf Basis des pflegschaftsgerichtlich genehmigten Vergleichs (ON 73).

2.2 Als Argument für die von ihr ins Treffen geführte Besuchsbegleitung geht die Mutter von einer bestehenden Gefahrensituation für das Kind aus. Damit weicht sie im außerordentlichen Revisionsrekurs vom festgestellten Sachverhalt ab. Aus der Sachverhaltsgrundlage lässt sich eine aktuelle Gefahrenlage für das Kind nicht ableiten. Die von der Mutter gegenüber dem Vater wiederholt erhobenen Vorwürfe haben sich letztlich nicht bewahrheitet. In Wirklichkeit befindet sich das Kind was auch die Mutter selbst erkennt - in einem Loyalitätskonflikt gegenüber beiden Eltern. Das Kind kann nicht einschätzen, wem es was erzählen darf, um der Erwartungshaltung des jeweiligen Elternteils zu entsprechen. Einvernahmen durch die Polizei und gerichtliche Befragungen wirken auf das Kind belastend.

Diese Situation erfordert die Schaffung eines geschützten Rahmens, der es dem Kind ermöglicht, sich zu öffnen und über die Betreuungs und Kontaktsituation frei von Ängsten und dadurch bedingten Vorbehalten zu sprechen. Für die Gestaltung des Kontaktrechts muss daher ein möglichst neutrales und vertrautes Umfeld zur Verfügung stehen, wobei es im Wohl des Kindes gelegen ist, dass die Vorbereitung und Ausübung des Kontaktrechts fachlich begleitet und überwacht wird.

Bei dieser Sachlage stellt die Einschätzung des Rekursgerichts, dass die Einschaltung eines Besuchsmittlers als neutrale Person Gelegenheit biete, ohne direkte Befragung des Kindes dessen Reaktionen bei der Kontaktrechtsausübung zu beobachten und durch derartige Wahrnehmungen das Verhalten und die Äußerungen des Kindes und dessen Ursachen besser einschätzen zu können, keine Fehlbeurteilung dar, die vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen wäre.

2.3 Zum Argument der Mutter, dass eine konsensuale Lösung zum Scheitern verurteilt sei, ist darauf hinzuweisen, dass es nach dem Clearingbericht, auf den die Mutter selbst Bezug nimmt, deshalb zu keiner Einigung gekommen ist, weil die Mutter nicht bereit war, von ihrem Standpunkt, nur begleiteten Besuchskontakten zuzustimmen, abzurücken. In diesem Zusammenhang übersieht die Mutter, dass eine Besuchsmittlung nicht nur der Anbahnung einer gütlichen Einigung dient. Zu den Aufgaben des Besuchsmittlers gehören vor allem auch die fachliche Vermittlung bei Konfliktsituationen zwischen den Eltern und die Unterstützung der Eltern bei der Abwicklung der Besuchskontakte, weiters die Mitwirkung an der Vorbereitung und die Überwachung der Übergabe und Rückgabe des Kindes sowie die Sammlung von weiteren Entscheidungsgrundlagen für das Familiengericht (8 Ob 61/14z mwN).

Die Mutter führt im außerordentlichen Revisionsrekurs unter Berufung auf Deixler Hübner (Neue verfahrensrechtliche Instrumentarien im KindNamRÄG 2013, Zak 2013/8) selbst aus, dass das Familiengericht auch Maßnahmen wie die Bestellung eines Kinderbeistands, eines Besuchsmittlers oder eines Besuchsbegleiters im Einzelfall ergreifen darf, wenn ihm derartige Maßnahmen zielführend erscheinen. Im Anlassfall stellt die Bestellung eines Besuchsmittlers ein geeignetes Mittel dar, um die Gestaltung und Ausübung des Kontaktrechts im Wohl des Kindes sicherzustellen. Diese Maßnahme ist auch erforderlich, um die Ausübung des Kontaktrechts in einem für das Kind geschützten Umfeld zu ermöglichen und den Ablauf der Besuchskontakte zu beobachten. Es handelt sich daher um einen angemessenen und zumutbaren Eingriff in die Familienautonomie.

3. Insgesamt zeigt die Mutter keine erhebliche Rechtsfrage auf. Der außerordentliche Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.