JudikaturJustiz8Ob100/62

8Ob100/62 – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. April 1962

Kopf

SZ 35/42

Spruch

Ersatzpflicht des Auslobenden für irreführende Angaben in der Auslobung.

Entscheidung vom 3. April 1962, 8 Ob 100/62.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

Am 15. Mai 1959 hat die beklagte Partei einen allgemeinen Ideenwettbewerb zur Erlangung von Entwürfen für die Errichtung eines Freibades ausgeschrieben. Auf Grund dieser Ausschreibung sind insgesamt 26 Entwürfe eingelangt, deren zwei vom Kläger stammen. Bei der Vorprüfung ergab sich, daß in insgesamt 18 Entwürfen die Grundstücksgrenzen im Norden überschritten wurden. Der Vorprüfer hat die von ihm gefundenen Mängel festgehalten und die Begutachtung sämtlicher eingereichter Entwürfe beantragt, da er die vorgefundenen Mängel für geringfügig hielt. Das Preisgericht hat am 22. September 1959 sämtliche eingereichten 26 Arbeiten der Beurteilung unterzogen und dabei wegen erheblicher Überschreitung der Grenzen der zur Verbauung vorgesehenen Grundfläche u. a. auch die Entwürfe des Klägers ausgeschieden.

Das Erstgericht hat das Klagebegehren mit der Begründung abgewiesen, es lägen keine Anhaltspunkte vor, daß dem Kläger vom Preisgericht ein Preis zuerkannt worden wäre, und ganz ungewiß bleibe, mit welchen der in der Höhe von 10.000 S, 6000 S und 4000 S ausgesetzten Preise ein Projekt des Klägers bedacht worden wäre. Nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. Erich E. hätten von seiten der Preisrichter objektiv schlechte Arbeiten mit den Preisen ausgezeichnet werden können, ohne daß dem Auslobungswerber mit vielleicht objektiv bester Leistung ein Schadenersatzanspruch zustehen würde.

Das Berufungsgericht hat der Berufung des Klägers keine Folge gegeben.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Kläger sieht das grobe Verschulden der Beklagten darin, daß sie dadurch, daß sie zwei Pläne überreicht habe, zunächst beide als maßgeblich hingestellt habe, dadurch aber daß sie in einem dieser Pläne, und zwar im Lageplan, die Umrandung einzuzeichnen vergessen habe, ihm stillschweigend die Weisung erteilt habe, sich nach jenem Plan zu richten, in welchem tatsächlich eine Umrandung angebracht war, also nach dem Schichtenplan, zumal für den Kläger als Fachmann ohnehin im Zweifel dieser genauere Plan im größeren Maßstab von 1 :

200 mit der eingezeichneten Umrandung seiner Arbeit zugrunde zu legen gewesen wäre. Diesen Einwendungen ist entgegenzuhalten, 1. daß in den dem Kläger übergebenen Richtlinien für die Projektierung ausdrücklich festgelegt erscheint, daß das auf dem Lageplan 1 : 2880 stark umrandete Gelände jenes sei, das zur Verfügung stehe, wobei dort auch die zu verbauenden Grundstücke mit ihren Parzellennummern bezeichnet und die Grenzen der zur Verfügung stehenden Fläche näher beschrieben werden, 2. daß in dem Schichtenplan im Maßstab 1 : 200 die für die Errichtung der Badeanlage vorgesehene Fläche offensichtlich ganz laienhaft umrandet war, 3. daß zur Behebung allfälliger Zweifel sich die Beklagte im Punkte 4 der allgemeinen Bedingnisse ausdrücklich zur Beantwortung von Rückfragen erbötig gemacht hat. Unter diesen Umständen kann ein grobes Verschulden der Beklagten, das die Vermutung des bösen Vorsatzes nahelegen würde, dem bösen Vorsatz nahekäme, so daß seine Gleichstellung mit ihm (§ 1324 ABGB.) gerechtfertigt erschiene, nicht angenommen werden.

Liegt aber der Beklagten nur leichte Fahrlässigkeit zur Last, so folgt aus dem § 1324 ABGB. im Zusammenhang mit § 1323 ABGB., daß der Kläger nur die eigentliche Schadloshaltung, nicht aber den Ersatz eines entgangenen Gewinnes zu fordern berechtigt ist. In der Klage bezeichnet der Kläger selbst den Schaden, den er durch das Verschulden der Beklagten erlitten habe, mit Recht als Verlust einer Chance. Den Begriff der Chance definiert der Kläger in der Revisionsschrift im wesentlichen richtig als die Möglichkeit, einen Wert zu erhalten, sei es aus reinem Zufall, sei es durch eine Leistung, die irgendwelchen Bedingungen entspricht. Mehr als eine solche Chance ist dem Kläger durch das Verschulden des Beklagten nicht entgangen. Der Verlust einer solchen Chance ist nicht wirklicher Schaden, damnum emergens, sondern entgangener Gewinn, lucrum cessans (EvBl. 1957 Nr. 62 und 219, SZ. XXIX 43). Einen entgangenen Gewinn kann aber - wie ausgeführt - der Kläger nicht ersetzt verlangen.