JudikaturJustiz8Bs5/24g

8Bs5/24g – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
10. Januar 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch den Senatspräsidenten Mag. Ohrnhofer als Vorsitzenden und die Richter Mag. Koller und Mag. Petzner, Bakk. im Verfahren zur Unterbringung des A* in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB idF vor BGBl I 2022/223 über die Beschwerde der B* GmbH gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 13. Dezember 2023, GZ 23 Hv 76/22h-43, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen .

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.

Text

begründung:

Mit dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 26. Jänner 2023, GZ 23 Hv 76/22h-28, wurde A* gemäß § 21 Abs 1 StGB idF vor BGBl I 2022/223 in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen und die Unterbringung gemäß § 45 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von fünf Jahren und Anordnung der Bewährungshilfe sowie Erteilung von Weisungen bedingt nachgesehen. Dem Betroffenen wurde unter anderem die Weisung zur Wohnsitznahme und Behandlung im psychiatrischen Pflegeheim der B* GmbH in ** erteilt.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den vom Erwachsenenvertreter des Betroffenen (ON 26, 3) und der B* GmbH gemeinsam gestellten und auf § 179a StVG gestützten Antrag auf Übernahme der Heimkosten inkl. des Zuschlages für psychisch Kranke ab 30. Jänner 2023 (ON 41) mit der Begründung ab, dass es keine gesetzliche Grundlage für die Kostenübernahme gebe.

Dagegen richtet sich die rechtzeitige, aber unzulässige Beschwerde der B* GmbH (ON 45).

Rechtliche Beurteilung

Gemäß Artikel 6 Abs 2 zweiter Satz des am 1. März 2023 in Kraft getretenen Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz 2022 (BGBl I 2022/223) sind auf Betroffene, deren Unterbringung im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes gemäß § 45 Abs 1 StGB bedingt nachgesehen ist, die §§ 157a ff StVG anzuwenden. § 157d StVG ordnet – so wie davor schon § 51 Abs 5 StGB idF vor BGBl I 2022/223 – die sinngemäße Geltung von § 179a StVG für die Kosten von aus Anlass der bedingten Nachsicht der Unterbringung aufgetragenen Weisungen an. Nach der genannten Vorschrift hat der Bund (soweit hier relevant) die Kosten für den Aufenthalt in einem (hier:) psychiatrischen Heim ganz oder teilweise – grundsätzlich aber nur bis zu dem Betrag, für den die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter aufkommen könnte, wenn der bedingt Entlassene in der Krankenversicherung öffentlich Bediensteter versichert wäre – zu übernehmen, wenn der (hier:) Betroffene keinen Anspruch auf entsprechende Leistungen aus einer Krankenversicherung hat und durch die Verpflichtung zur Zahlung der Behandlungskosten sein Fortkommen erschwert würde (§ 179a Abs 2 StVG). Die Entscheidung über die Übernahme der Kosten steht dem für die Erteilung der Weisung zuständigen Gericht zu und soll nach Möglichkeit zumindest dem Grunde nach bereits bei der Entscheidung über die bedingte Entlassung (hier: bedingte Nachsicht) in geeigneter Form berücksichtigt werden (Abs 2 letzter Satz leg cit).

Nach § 87 Abs 1 StPO stehen gegen gerichtliche Beschlüsse der Staatsanwaltschaft, dem Beschuldigten (Angeklagten, Verurteilten, Betroffenen), soweit dessen Interessen unmittelbar betroffen sind, und jeder anderen Person, der durch den Beschluss (selbst) unmittelbar Rechte verweigert werden oder Pflichten entstehen oder die von einem Zwangsmittel betroffen ist, Beschwerde an das Rechtsmittelgericht zu. Beschwerden, die von einer Person eingebracht werden, der ein Rechtsmittel nicht zusteht, hat das Rechtsmittelgericht als unzulässig zurückzuweisen (§ 89 Abs 2 StPO).

§ 179a Abs 2 StVG räumt ausschließlich dem Verurteilten (hier: Betroffenen) bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen einen Anspruch auf Kostenübernahme durch den Bund ein, sodass im Falle einer Ablehnung dieses Anspruchs schon dem Grunde nach nur diesem, nicht aber der Einrichtung selbst eine Rechtsmittellegitimation zusteht, weil dieser unmittelbar kein Recht (nach dem Gesetz) verweigert wird (aA OLG Linz, 9 Bs 227/12i [RIS-Justiz RL0000126]; OLG Innsbruck RIS-Justiz RI0100012; OLG Wien 22 Bs 116/18x jeweils unter pauschalen Verweis auf Pieber in WK² StVG § 179a Rz 9). Anderes gilt nur, wenn das Gericht bereits eine Kostenübernahme dem Grunde nach ausgesprochen hat und nachfolgend die Übernahme der von der Einrichtung unmittelbar dem Gericht verrechneten Kosten der Höhe nach ganz oder zum Teil ablehnt. Nur in diesem Fall wird der Einrichtung nämlich – dem Prinzip der Beschwer folgend (vgl RIS-Justiz RS0125078; Pilnacek/Pleischl , Das neue Vorverfahren [2005] Rz 343) – unmittelbar selbst ein Recht verweigert, weshalb diese auch zur Beschwerde legitimiert wäre (in diesem Sinne auch OLG Graz 9 Bs 113/23w, RIS-Justiz RG0000202).

Vorliegend wurde die Kostenübernahme aber schon dem Grunde nach abgelehnt, sodass die dagegen nur von der B* GmbH erhobene Beschwerde – ohne Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses (14 Os 84/14f; RIS-Justiz RS0129395; vgl zur Unzulässigkeit analoger Anwendung von § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO auf Beschlüsse auch Ratz , WK-StPO § 292 Rz 40) – als unzulässig zurückzuweisen ist.

Der Rechtsmittelausschluss gründet auf § 89 Abs 6 StPO.