JudikaturJustiz7R154/04h

7R154/04h – LG St. Pölten Entscheidung

Entscheidung
24. August 2004

Kopf

Das Landesgericht St. Pölten hat durch den Vizepräsidenten Dr. Cutka als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Bellingrath-Türscherl und Mag. Mazzolini in der Exekutionssache der betreibenden Partei *****, vertreten durch Dr. Maximilian Eiselsberg u.a., Rechtsanwälte in 1030 Wien, wider die verpflichtete Partei F***** E*****, *****, wegen EUR 106.651,98 s.A., über den Rekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 7.6.2004, 3 E 3361/04i-2, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird n i c h t F o l g e gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu

tragen.

Der Revisionsrekurs ist j e d e n f a l l s

u n z u l ä s s i g .

Text

Begründung:

Mit Antrag vom 7.5.2004 begehrte die Betreibende zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung von EUR 106.651,98 s.A. ihr

1. die Pfändung des der Verpflichteten als Miteigentümerin der Liegenschaft im Umfang von einem halben Anteil B-LNr2 und 2/6-Anteilen B-LNr4 Grundbuch 19130 Herzogenburg, EZ ***** zustehenden Rechts gegenüber dem Miteigentümer der Liegenschaft im Umfang von 1/6-Anteilen B-LNr3 auf Teilung dieser Liegenschaft verbunden mit der Pfändung des künftigen Rechts der Verpflichteten als Miteigentümerin dieser Liegenschaft auf anteilige Auszahlung des Versteigerungserlöses nach gerichtlicher Feilbietung der Liegenschaft;

2. die Überweisung desjenigen Betrages in Höhe von EUR 106.651,98 mehr oder weniger, welcher der Verpflichteten als Miteigentümerin der genannten Liegenschaft nach Ausübung des Teilungsrechtes und folgender gerichtlicher Feilbietung dieser Liegenschaft zustehe;

3. die Ermächtigung, das zu Punkt 1. gepfändete Recht der Verpflichteten auf Teilung der Liegenschaft in deren Namen geltend zu machen und zu diesem Zweck die Aufhebung der Gemeinschaft und den Anspruch auf Teilung der Liegenschaft geltend zu machen;

4. die Ermächtigung das zu Punkt 1. gepfändete Recht auf anteilige Auszahlung des Versteigerungserlöses nach gerichtlicher Feilbietung der Liegenschaft in deren Namen geltend zu machen;

5. die Überweisung der gepfändeten Forderung zur Einziehung bis zur Höhe der vollstreckbaren Forderung, unbeschadet etwa früher erworbener Rechte dritter Personen; und

6. das Gebot an die Verpflichtete, sich jeder Verfügung über die zu Punkt 1. gepfändeten Rechte zu enthalten,

zu bewilligen.

Mit Beschluss vom 7.6.2004 hat das Erstgericht diesen Exekutionsantrag zur Gänze abgewiesen und die Anmerkung der Abweisung im Grundbuch angeordnet. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass ein aus dem schlichten Miteigentum erfliessender Teilungsanspruch kein Vermögenswert i. S. der §§ 331 EO sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der rechtzeitig erhobene Rekurs der betreibenden Partei mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Antragsstattgebung.

Rechtliche Beurteilung

Dem Rekurs kommt keine Berechtigung zu.

Das Exekutionsobjekt, aus dem die betreibende Partei im vorliegenden Fall Befriedigung ihrer Geldforderung sucht, ist der von ihr behauptete Anspruch der Verpflichteten auf Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft an einer Liegenschaft einerseits und andererseits der künftige Anspruch der Verpflichteten auf Verteilung des Versteigerungserlöses nach Aufhebung des Miteigentums durch gerichtliche Feilbietung. Bei der Bewilligung eines Exekutionsantrages ist gemäß § 3 Abs. 2 EO nur der Exekutionstitel selbst zu berücksichtigen und grundsätzlich nur von den Angaben des betreibenden Gläubigers auszugehen (Angst-Jakusch-Mohr MGA EO14, § 3 E 48). Die österreichische Exekutionsordnung enthält für die Exekution wegen Geldforderungen eingehende Vorschriften über die Exekution auf das unbewegliche Vermögen einerseits und das bewegliche Vermögen andererseits. Bei der Exekution auf das bewegliche Vermögen stellen die §§ 331 ff EO dabei einen Auffangtatbestand dar, der grundsätzlich alle Vermögenswerte erfasst, deren Verwertung zur Befriedigung einer Geldforderung des betreibenden Gläubigers führen kann.

Der sich aus § 830 ABGB ergebende Teilungsanspruch stellt allerdings kein Vermögensrecht im Sinn der §§ 331 ff EO dar. Auch dass die Ausübung dieser dem Eigentumsrecht entspringenden Befugnis im Fall einer Zivilteilung mit einem Anspruch auf einen entsprechenden Anteil des Erlöses des veräußerten gemeinsamen Eigentums verbunden ist, macht diese Befugnis nicht zu einem nach § 331 EO pfändbaren Vermögensrecht (SZ 39/159). Der Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft nach § 830 ABGB entspringt dem Gemeinschaftsverhältnis und ist schuldrechtlicher Natur ( 3 Ob 537/95 u.a.). Er ist eine unmittelbar aus dem Anteilrecht fließende Befugnis und kein selbständig einverleibbares Recht (MGA ABGB36 § 830 E 4a f). Bei der Exekution in Miteigentumsanteile ist zwischen Anteilen an unbeweglichen und beweglichen Sachen zu differenzieren. Auf Miteigentumsanteile des Verpflichteten an beweglichen körperlichen Sachen ist die Exekutionsführung gem. §§ 331 f EO zulässig (Judikat 35 neu). Exekutionsobjekt ist hier das gesamte Anteilsrecht und nicht einzelne daraus abgeleitete Befugnisse, wie etwa der Teilungsanspruch (Fraunberger in Burgstaller/Deixler-Hübner EO, § 331 Rz 36). Bei im Miteigentum stehenden beweglichen Sachen ist die Fahrnisexekution nur dann zulässig, wenn gegen alle Miteigentümer Exekution geführt wird. Ansonsten können die nicht verpflichteten Miteigentümer Widerspruchsklage erheben, wodurch die Fahrnisexekution und damit der Verkauf zur Gänze unzulässig sind. Hingegen sind Liegenschaftsanteile selbständig verkehrsfähig. Die Exekution in unbewegliches Vermögen hat grundsätzlich nach den §§ 87 bis 238 EO zu erfolgen. Im Gegensatz zu beweglichen Vermögen ist hier auch der direkte Zugriff auf Miteigentumsanteile gewährleistet (Fraunberger aaO Rz 12). Superädifikate gelten zwar als bewegliche Sachen, seit der EO-Novelle 2000 ist jedoch die Exekution auf Miteigentumsanteile des Verpflichteten an einem Superädifikat durch Zwangsversteigerung zu führen (MGA Angst-Jakusch-Mohr EO14, § 134 E 1).

Die Bestimmungen des § 9 Abs. 2 WEG 1975 bzw. § 13 Abs. 3 WEG 2002 beruhen allein auf der Besonderheit des Wohnungseigentums und durchbrechen an sich das System der EO ( so etwa Würth in Rummel ABGB 2. Band/5.Teil, Rz 7 zu § 13 WEG 2002). Das Wohnungseigentum ist seiner Konstruktion nach die untrennbare Verbindung eines ideellen Miteigentumsanteiles, dem sogenannten Mindestanteil, an der Liegenschaft mit einem servitutsähnlichen Nutzungsrecht an einem bestimmten Wohnungseigentumsobjekt (Würth aaO, Rz 2 zu § 2 WEG 2002). Der Mindestanteil ist jener Miteigentumsanteil an der Liegenschaft, der zum Erwerb von Wohnungseigentum an einem Wohnungseigentumsobjekt erforderlich ist. Das WEG sowohl 1975 als auch 2002 geht hier vom Grundsatz der Unteilbarkeit des Mindestanteiles aus. Auch im Fall des Ehegattenwohnungseigentums und nunmehr der Eigentümerpartnerschaft, bei denen der Mindestanteil ausnahmsweise auf zwei Personen aufgeteilt ist, sind deren Anteile am Mindestanteil so verbunden, dass sie nicht getrennt und nur gemeinsam beschränkt, belastet, veräußert oder der Zwangsvollstreckung unterworfen werden dürfen. Untrennbarkeit der Verbindung von Mindestanteil und Wohnungseigentum zeigt sich auch in der Zwangsversteigerung darin, dass Gegenstand einer Exekution nur die aus dem Mindestanteil und dem Wohnungseigentum gebildete Einheit sein kann. Die Zwangsvollstreckung aufgrund eines Exekutionstitels, der bloß gegen einen der Ehegatten bzw. nunmehr einen Wohnungseigentumspartner besteht, ist nur im Wege des mit der Pfändung des Anspruchs auf Aufhebung des gemeinsamen Wohnungseigentums und, dies unter Überspringung des Teilungsprozesses, des hiemit zu verbindenden Antrags auf Zwangsversteigerung des gesamten Mindestanteils und des damit verbundenen gemeinsamen Wohnungseigentums zulässig. Zwar wurde von der Rechtsprechung die Pfändung des Anspruchs auf Aufhebung des gemeinsamen Wohnungseigentums nach § 9 Abs. 2 WEG 1975 bzw. nunmehr § 13 Abs. 3 WEG 2002 als eine Exekution auf andere Vermögensrechte nach den §§ 331 f EO angesehen (vgl. etwa 3 Ob 128/91). Aus der Einordnung dieser Bestimmung des WEG in das System der EO lässt sich jedoch daraus nicht schließen, dass hiemit der Teilungsanspruch betreffend einer Liegenschaft als Vermögensrecht im Sinn des § 331 EO anzuerkennen wäre. Exekutionsobjekt ist bei einer Exekution nach § 9 Abs. 2 WEG 1975 bzw. § 13 Abs. 3 WEG 2002 nicht bloß der Aufhebungsanspruch, sondern der selbständig nicht verkehrsfähige Anteil des Verpflichteten am Mindestanteil ( Frauenberger aaO, Rz 16). Im übrigen wäre ein selbständige Exekutionsführung, die sich nur auf die Pfändung des Anspruches auf Aufhebung des gemeinsamen Wohnungseigentums erstrecken würde, ohne gleichzeitigen Antrag auf Zwangsversteigerung des gesamten Mindestanteiles unzulässig (3 Ob 8/84).

Soweit die Rekurswerberin vermeint, dass der Aufhebungsanspruch zusammen mit dem künftigen Anspruch auf eine den Anteilen entsprechende Teilung und Auszahlung des Versteigerungserlöses gepfändet und überwiesen werden könne und sich dabei auf die deutsche Judikatur und Lehre beruft, ist zunächst festzuhalten, dass auch nach der deutschen Rechtsprechung der Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft allein ohne den Miteigentumsanteil nicht abtretbar und nicht pfändbar ist (vgl. BGH 20.2.2003 IX ZR 102/02). Wohl ist der Rekurswerberin zuzugestehen, dass betreffend Teilung einer Liegenschaft und Exekution auf Miteigentumsanteile die deutsche Rechtslage ähnlich der österreichischen ist. Allerdings kann nach §§ 180ff dZVG ein im Grundbuch eingetragenen Miteigentümer die Teilung einer Liegenschaft durch Zwangsversteigerung beantragen und benötigt hiezu keinen Titel (Palandt BGB 54, § 753 Rz 2). Nach österreichischer Rechtslage hat ein Miteigentümer einen Teilungsanspruch zunächst mit Klage durchzusetzen und erst aufgrund eines Teilungsurteiles ist eine Zwangsvollstreckung möglich. Die Verwertung eines Anspruches auf Teilung einer Sache kann somit nur durch die Ermächtigung zur Erhebung der Teilungsklage erfolgen (vgl. Angst-Jakusch-Mohr EO14, § 333 E 3 betreffend bewegliche Sachen). Dem Betreibenden steht es in diesem Fall frei, im eigenen Namen die Teilungsklage gegen den Miteigentümer des Verpflichteten einzubringen und aufgrund des dann ergehenden Urteiles im eigenen Namen Exekution zu führen. Damit erweist sich die von der Rekurswerberin begehrte Pfändung und Überweisung des Anspruches auf Teilung und Ausfolgung des Versteigerungserlöses als an sich nicht erforderlich. Weiters stellt entgegen der Auffassung der Rekurswerberin die beantragte Pfändung des künftigen Rechts auf anteilige Auszahlung des Versteigerungserlöses nach gerichtlicher Feilbietung keine Pfändung von Vermögenswerten nach § 331 EO, sondern vielmehr eine Exekution auf eine Geldforderung nach § 294 EO dar. Noch nicht fällige Geldforderungen können allerdings nur unter der Voraussetzung gepfändet werden, dass sie im Zeitpunkt der Pfändung bereits entstanden sind. Dem betreibenden Gläubiger darf nicht die Möglichkeit eröffnet werden, gleichsam auf Verdacht Forderungen zu pfänden, weshalb die Pfändung von Ansprüchen, die nach dem Inhalt des Exekutionsantrages bloß "eventuell" bestehen nach § 294 EO nicht zulässig ist (Angst-Jakusch-Mohr EO14, § 294 E. 13 f). Der Anspruch der Verpflichteten auf einen allfälligen Versteigerungserlös kann jedenfalls noch nicht vor rechtskräftiger Erledigung einer Teilungsklage rechtswirksam gepfändet werden.

Auch wenn von Seiten der Lehre wirtschaftliche Erwägungen, dass Liegensschaftsanteile auf diese Weise besser verwertbar seien, ins Treffen geführt werden (so etwa Hofmeister in ÖJZ 1991, 202), so ist nach der vorliegenden Rechtslage unter Heranziehung der bisherigen Rechtsprechung ( vgl. zuletzt LGZ Wien RPflE 1995/4) die Exekution in Miteigentumsanteile an verbücherten Liegenschaften weiterhin nur im Wege der Realexekution im Sinn der §§ 87 ff EO möglich. Dem betreibenden Gläubiger steht es im Fall der Zwangsvollstreckung frei, den Anteil des Verpflichteten an der Liegenschaft zu erwerben, weiters im eigenen Namen Teilung zu verlangen und damit einen proportionalen Erlösanteil für sich zu lukrieren.

Nach § 78 EO, §§ 50, 40 ZPO hat die Rekurswerberin die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Gemäß § 78 EO, § 528 Abs. 2 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls

unzulässig.

Landesgericht St. Pölten

3100 St. Pölten, Schießstattring 6