JudikaturJustiz7Ob553/95

7Ob553/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Februar 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach der am 27.Juli 1945 verstorbenen Ingeborg B*****, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Dr.Markus Komarek, Rechtsanwalt in Hall i.T., wider die beklagte Partei Mag.Ernst Karl B*****, vertreten durch Dr.Rudolf Wieser ua Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen S 1,500.000,-- sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 21.März 1995, GZ 4 R 352/94-15, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 18.Oktober 1994, GZ 10 Cg 44/94z-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 24.075,-- (darin S 4.012,50 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Raimund Ernst B***** übergab mit pflegschaftsbehördlich genehmigtem Übergabsvertrag vom 16.11.1944 seine Liegenschaft EZ ***** KG H***** seinem am 12.8.1943 geborenen Enkel Ernst Karl B***** (dem Beklagten). Für diese Übergabe wurden vom Übergeber unter anderem folgende Bedingungen formuliert:

"....

2. Der mj. Übernehmer verpflichtet sich ferner, jedem seiner weichenden Geschwister und zwar sowohl der mj. Ingeborg B***** (geb. am 25.3.1940) wie auch der mj. Maria Anna B***** (geb. am 9.8.1942) am Tage der Vollendung des 21. Lebensjahres oder, falls sie sich vorher verehelichen sollten, an ihrem Hochzeitstag jenen Betrage auszuzahlen, der 1/6 des allgemeinen Schätzwertes der Übergabsliegenschaft am Zahlungstag entspricht. ...

3. Obwohl die Höhe der an mj. Ingeborg und mj. Maria Anna B***** seinerzeit auszuzahlenden Beträge heute noch nicht feststeht, leistet doch der Übernehmer schon jetzt die Gewähr dafür, daß wenigstens je 1/6 des heutigen Einheitswertes der Liegenschaft, das sind 5.600,- RM zur Auszahlung gelangen. Zur Sicherung dieser Mindestbeträge von je S 5.600,-- RM verpfändet der Übernehmer die Übergabsliegenschaften in EZl ***** KG H*****.

4. Der Übernehmer und seine weichenden Geschwister haben sich das durch diesen Übergabsvertrag Erhaltene in ihre zu erwartenden Erbteile nach dem übergebenden Großvater einrechnen zu lassen.

..."

Im Grundbuch wurde auf der erwähnten Liegenschaft unter COZ 2a, 504/1945, nur ein Pfandrecht für Maria Anna B***** in Höhe von 5.500,-- RM eingetragen. Ein Pfandrecht für die am 27.7.1945 verstorbene Ingeborg B***** wurde nie intabuliert.

Die Übergabe der Liegenschaft an den damals minderjährigen Ernst Karl B***** hatte ihren Grund darin, daß der Übergeber die Familientradition fortsetzen wollte und ein männlicher Nachkomme "Hausherr" wird. Es wurde nichts darüber gesprochen, was sein sollte, wenn Ingeborg B***** oder Maria Anna B***** vor Vollendung des 21. Lebensjahres versterben.

Ingeborg B***** verstarb am 27.7.1945 im Alter von 5 Jahren, ohne daß ein Verlassenschaftsverfahren eingeleitet worden ist. Der Übergeber Raimund Ernst B***** erlebte den Tod der Enkelin bei geistiger Gesundheit. Auch anläßlich des Todes von Ingeborg B***** wurde innerhalb der Familie nicht gesprochen, was nunmehr mit jenem Anteil zu geschehen habe, welcher ihr laut Übergabsvertrag mit Vollendung des 21. Lebensjahres bzw. mit der Verehelichung auszubezahlen gewesen wäre. Bis zum Tod des Übergebers im Jahre 1960 wurde über die gegenständliche Bedingung des Übergabsvertrages nie mehr gesprochen. Maria Anna D***** geb. B***** klagte 1993 ihren Bruder auf das ihr aus dem Übergabsvertrag zustehende Sechstel vom Wert der gegenständichen Liegenschaft, verglich sich aber mit einem Betrag von 1,5 Mill.S.

Über Antrag der Maria Anna D***** geb. B***** vom 30.4.1993 wurde beim Bezirksgericht H***** ein Verlassenschaftsverfahren nach der am 27.7.1945 verstorbenen Ingeborg B***** zu A 257/93g eingeleitet und Dr.Markus Komarek zum Verlassenschaftskurator zwecks Führung des vorliegenden Prozesses bestellt.

Die klagende Verlassenschaft begehrt vom Beklagten die Bezahlung von S 1,5 Mill. Die Zuwendung im Übergabsvertrag stelle eine Befristung dar. Der Klagsbetrag entspreche einem Sechstel des derzeitigen Wertes der Liegenschaft.

Der Beklagte beantragte die Klagsabweisung und wendete ein, daß Ingeborg B***** die im Übergabsvertrag für die versprochene Zuwendung gesetzte Bedingung nicht erfüllt habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Da der Nachlaß bis zur Bestellung des Verlassenschaftskurators unvertreten gewesen sei, sei der gegenständliche Anspruch noch nicht verjährt; er sei aber nicht berechtigt, weil die Zuwendung an Ingeborg B***** von einer von ihr nicht erfüllten Bedingung, nämlich der Erreichung des 21. Lebensjahres, abhängig gewesen wäre. Obwohl sich die Überlegungen des Übergebers bei Festsetzung der Zuwendung nicht mehr rekonstruieren hätten lassen, spreche für eine Bedingung der offensichtliche Versorgungscharakter der Zuwendung. Mit der Verehelichung bzw. mit dem Erreichen der Volljährigkeit sei gemeiniglich bei jeder Person ein erhöhter Finanzbedarf gegeben. Der Übergeber habe Ingeborg B***** auch um viele Jahre überlebt und über das Schicksal der Zuwendung nichts mehr gesprochen. Es sei auch eine pfandrechtliche Sicherstellung dieser Zuwendung im Gegensatz zu jener an ihre Schwester unterblieben.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil mit der angefochtenen Entscheidung. Es erklärte die Revision für zulässig. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes und ergänzte dazu, daß schon die Formulierung "am Tag der Vollendung des 21. Lebensjahres" auf eine aufschiebende Bedingung, nämlich das Erreichen dieses Alters, hinweise. Ein weiterer Hinweis auf eine Bedingung sei, daß sich die beiden Enkelinnen "das Erhaltene" auf den nach ihrem Großvater zu erwartenden Erbanteil einrechnen lassen mußten. Es lägen keine Hinweise vor, daß der Erblasser Maria Anna B***** im Falle des Vorversterbens ihrer Schwester vor Bedingungseintritt, doppelt versorgt wissen wollte. Überhaupt spreche die Bestimmung des § 704 ABGB für eine Auslegung im Sinne einer Bedingung.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung vom Verlassenschaftskurator erhobene Revision ist mangels Vorliegens einer iSd § 502 Abs.1 ZPO erheblichen Rechtsfrage unzulässig.

Eine Befristung stellt den gewollten Rechtserfolg nicht in Frage, sondern schiebt ihn nur hinaus oder schränkt ihn zeitlich ein. Die Bedingung stellt den gewollten Rechtserfolg ins Ungewisse. Welche Worte dabei verwendet werden, zB Vor- oder Bindewort der Zeit, ist wenig entscheidend. "Wann (sobald) er das 21. Lebensjahr erreicht, nach erlangter Großjährigkeit", kann dasselbe bedeuten wie "wenn er das 21. Lebensjahr erreicht, bei Erreichung der Großjährigkeit" (vgl. Gschnitzer in Klang2 III, 663 f). Wenn auch in der älteren Rechtsprechung die Frage, ob Formulierungen, mit denen der Erhalt einer Zuwendung vom Erreichen eines bestimmten Lebensalters als Bedingung oder als Befristung anzusehen sind, divergierend beurteilt worden sind (vgl. GlU 2049 im Gegensatz zu GlU 5454), kommt dieser Frage keine über den vorliegenden Fall hinausgehende Bedeutung zu. Es besteht auch kein Bedarf an einer abschließenden Klärung dieser Frage, weil stets auf die Umstände des Einzelfalles Bedacht zu nehmen ist. Maßgeblich für die Klärung der Frage, ob eine Bedingung oder Befristung vorliegt, ist die Erforschung des Zuwendungszweckes. Die von den Vorinstanzen aus dem Vertragstext und der Lebenssituation des Übergebers und der durch den Vertrag begünstigten Personen gezogenen Schlüsse sind durchaus zutreffend, wobei dem Argument des Versorgungszweckes besondere Bedeutung zukommt. Die mit dem "Auszahlen" von Geschwistern verbundenen Probleme ergeben sich bei Fehlen vertraglicher Regelungen erst im Todesfall des Übergebers. Im vorliegenden Fall wurde aber eine Fälligkeit gewählt, die auf den persönlichen Bedarf der beiden bedachten Enkelinnen in einem ganz bestimmten Lebensabschnitt abzielt. Die Absicht des Übergebers, mit der Zuwendung auch möglichen Erben der beiden Bedachten auch etwas zukommen zu lassen, ist in keiner Weise hervorgetreten.

Die Revision war deshalb zurückzuweisen.

Der Kostenausspruch gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO. Der beklagten Partei waren, da sie auf die Unzulässigkeit der Revision verwies, Kosten zuzuerkennen.