JudikaturJustiz7Ob40/99d

7Ob40/99d – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. Juni 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Schaumüller als weitere Richter in der Rechtssache der erstklagenden und widerbeklagten Partei 1. T*****-GesmbH, ***** sowie der zweit- bis siebentklagenden Parteien

2. KR Burkhard E*****, 3. Inge E*****, 4. Burkhard Werner Rene E*****, 5. Gabriele L*****, 6. Gerhard L*****, und 7. Ursula E*****, sämtliche vertreten durch Kunz, Schima, Wallentin Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten und widerklagenden Parteien 1. Dkfm Eugen M*****, und 2. Dkfm Thomas J. C. M*****, beide vertreten durch Weiss-Tessbach, Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Feststellung, in eventu Nichtigerklärung, Unterlassung (Streitwert je S 1,541.260,--), in eventu Vertragsanpassung (Streitwert S 3,082.521,41) und Zustimmung zur Ausfolgung von S 3,193.311,-- sA sowie Übergabe von Liegenschaften, in eventu Einverleibung eines Pfandrechtes (Streitwert S 1,000.000,--), über die außerordentliche Revision der erstklagenden und widerbeklagten Partei sowie der zweitbis siebentklagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 18. Dezember 1998, GZ 4 R 213/98t-69, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der erstklagenden und widerbeklagten Partei sowie der zweit- bis siebentklagenden Parteien wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision erblicken die Revisionswerber vor allem darin, dass der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 4 Ob 584/95 vom 24. Oktober 1995 (veröffentlicht unter anderem in EvBl 1996/9) bei gleicher Sach- und Rechtslage zu einem anderen Ergebnis als das Berufungsgericht gekommen sei, nämlich dass das Kaufanbot der Erstklägerin zur vermögensrechtlichen Absicherung ihrer Zahlungspflicht gedient habe, wenn weder die K***** GmbH (im Folgenden K*****) noch die zweitbeklagte Partei den Auseinandersetzungsbetrag von S 58,800.000 zahlen hätten können. Der Oberste Gerichtshof habe damals daher auf Nichtigkeit des zwischen den Streitteilen geschlossenen Kaufvertrags aus dem Grund des § 1371 ABGB erkannt, und sei daher im Ergebnis zu einem genau entgegengesetzten Ergebnis als nun das Berufungsgericht gekommen. Diese divergierenden höchstgerichtlichen Entscheidungen bei identem Streitgegenstand seien vor dem Hintergrund der Rechtsstaatlichkeit im Sinne der Rechtseinheit nicht hinnehmbar.

Rechtliche Beurteilung

Mit diesen Ausführungen verkennen die Revisionswerber, dass der bekämpften Berufungsentscheidung eben gerade nicht derselbe Sachverhalt wie dem Obersten Gerichtshof in seiner Entscheidung 4 Ob 584/95 zugrundeliegt. Letztere stützt sich nämlich in ihrer rechtlichen Beurteilung auf den vom Erstgericht in der einstweiligen Verfügung im Verfahren über die Widerklage, GZ 3 Cg 60/95f-8, als bescheinigt angenommenen Sachverhalt, welcher sich von den Feststellungen im Ersturteil in einem entscheidenden Punkt unterscheidet. So ist in der angeführten einstweiligen Verfügung davon die Rede, dass das Kaufanbot der erstklagenden Partei deshalb erstellt wurde, da weder die K***** noch der Zweitgegner der gefährdeten Parteien (der Zweitkläger) irgendwelche Sicherheiten für die Bezahlung des Auseinandersetzungsguthabens den Gefährdeten anbieten konnten und daher zu deren vermögensrechtlicher Absicherung diente, falls die K***** bzw der Zweitgegner den Auseinandersetzungsbetrag von S 58,800.000 nicht bezahlen könnte (S 17 der EV). Auf S 31 derselben EV spricht das Erstgericht aus, dass "unzweifelhaft vom Vorliegen des behaupteten Sicherungszwecks des Anbots über den Erwerb der Liegenschaften ausgegangen werden konnte".

Im (zeitlich später ergangenen) dem gegenständlichen Rechtsmittelverfahren zugrundeliegenden Ersturteil konnte dieser Sicherungszweck des Anbots der erstklagenden Partei nicht festgestellt werden. Vielmehr steht fest, dass die Beklagten darin einwilligten, dass anstelle einer Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens auch die Übertragung der Liegenschaften erfolgen konnte und die Erwerberin der Gesellschaftsanteile, die K*****, Ende 1994 die Wahl haben sollte, die ihr eingeräumte Option auszuüben und entweder den Übernahmspreis zu bezahlen oder die Liegenschaften zu übertragen (S 11 des Ersturteils). Seiner rechtlichen Beurteilung legt das Erstgericht zugrunde, "dass eine primäre Zahlungspflicht der K***** gegenüber den Beklagten nicht erweislich war".

Von einer identen Sachlage kann daher nicht die Rede sein. Wenn der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 4 Ob 584/95 das Verbot der Verfallsklausel auch auf eine entsprechende Vereinbarung mit einem nicht dinglich gesicherten Gläubiger des Eigentümers analog angewendet hat, weil die Interessenlage der Beteiligten die gleiche ist, so muss dennoch als Grundvoraussetzung der Sicherungszweck einer solchen Klausel gegeben sein. Gerade dieser wird vom Erstgericht aber verneint, weshalb die analoge Anwendung des § 1371 ABGB im vorliegenden Fall keine grundsätzliche Rechtsfrage berührt.

Zur Frage des Wegfalls der Geschäftsgrundlage bei der Optionsvereinbarung wird auf die Feststellung des Erstgerichts verwiesen, dass "die K***** bzw wirtschaftlich dahinterstehend der Zweitkläger das Risiko übernahm, dass die im Jahre 1991 errechneten Werte auch Ende 1994 noch entsprechen würden". Eine Veränderung des Wertes der Liegenschaften wurde daher von der Erstklägerin in Kauf genommen. Soweit aber der Vertrag oder das Gesetz das Risiko der eingetretenen Veränderung einer Vertragspartei zuweist, ist diese Risikoverteilung maßgebend, die nicht unter Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage unterlaufen werden darf (vgl Apathy in Schwimann2 Rz 11 zu § 901 ABGB). Auch dieses Problem berührt daher keine grundsätzliche Rechtsfrage.