JudikaturJustiz7Ob298/06h

7Ob298/06h – OGH Entscheidung

Entscheidung
31. Januar 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** AG, *****, vertreten durch Mag. Klaus Michael Fürlinger, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Roland L*****, vertreten durch Dr. Alfred Windhager, Rechtsanwalt in Linz, wegen EUR 11.000, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 4. Oktober 2006, GZ 6 R 78/06t-14, womit das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 16. Februar 2006, GZ 28 Cg 90/05m-10, infolge Berufung der beklagten Partei abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.802,30 (darin enthalten EUR 159,05 USt und EUR 848 Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit EUR 1.854,88 (darin enthalten EUR 114,48 USt und EUR 1.168 Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 29. 5. 2004 um ca 2.45 Uhr verursachte der Beklagte mit seinem bei der Klägerin haftpflichtversicherten PKW einen Verkehrsunfall. Die Klägerin leistete aufgrund dieses Unfalls Ersatzzahlungen an Geschädigte von mehr als EUR 11.000. Dem zwischen den Parteien bestehenden Haftpflichtversicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Haftpflichtversicherung der Beklagten 2001 (AKHB/GEN 7/01 [im Folgenden: AKHB 2001]) zugrunde. Deren Art 9 Punkt 2 lautet unter anderem wie folgt:

„2. Als Obliegenheiten, die zum Zweck der Verminderung der Gefahr oder der Verhütung einer Erhöhung der Gefahr dem Versicherer gegenüber zu erfüllen sind und deren Verletzung im Zeitpunkt des Versicherungsfalles die Freiheit des Versicherers von der Verpflichtung zur Leistung bewirkt (§ 6 Abs 2 Vers-VG) werden bestimmt,

2.1. dass der Lenker zum Lenken des Fahrzeuges kraftfahrrechtlich berechtigt ist;

2.2. dass sich der Lenker nicht in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand im Sinne der Straßenverkehrsvorschriften befindet;

2.3. ...

Eine Verletzung der Obliegenheit gemäß Pkt 2.2. liegt nur vor, wenn im Spruch oder in der Begründung einer rechtskräftigen verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Entscheidung festgestellt wird, dass das Fahrzeug in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt wurde."

Art 11 Punkt 1 AKHB 2001 hat folgenden Wortlaut:

„1. Die Leistungsfreiheit des Versicherers wegen Verletzung einer Obliegenheit oder einer Erhöhung der Gefahr beträgt je EUR 10.900,93 (ATS 150.000) für jeden Versicherungsfall insgesamt maximal EUR 21.801,85 (ATS 300.000)."

Nach dem Unfall wurde der Beklagte mit dem Notarztwagen ins Krankenhaus gebracht. Dort stellte der zuständige Arzt einen stark alkoholisierten Zustand des Beklagten (der laut Auskunft des Notarztes einige Zeit bewusstlos gewesen war) fest. An Ort und Stelle war eine Atem-Alkoholuntersuchung aufgrund seiner Kopfverletzungen nicht möglich gewesen. Um 4 Uhr früh wurde daher die Polizei zwecks Atem-Alkohol-Untersuchung ins Krankenhaus beordert, wo der behandelnde Arzt die Auskunft erteilte, dass keine Untersuchung möglich sei und der Beklagte auf die Durchführung einer klinischen Untersuchung nicht reagiere.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft W***** vom 20. 10. 2004 wurde dem Beklagten aufgetragen, gemäß § 8 FSG innerhalb eines Monats ein amtsärztliches Gutachten über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen vorzulegen. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, dass aufgrund der Verkehrsunfallsanzeige des Gendarmeriepostens S***** vom 9. 10. 2004 wegen des Verdachts der mangelnden Bereitschaft zur Verkehrsanpassung Bedenken bestünden, ob der Beklagte „noch die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ..." besitze. Es sei daher ein Verfahren auf Überprüfung der gesundheitlichen Eignung eingeleitet worden und der Beklagte werde in Kenntnis gesetzt, das er sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen habe.

Am 25. 11. 2004 teilte die Sanitätsabteilung der genannten Bezirkshauptmannschaft der Verkehrsabteilung mit, dass der Beklagte am 28. 10. 2004 nicht zur amtsärztlichen Untersuchung erschienen sei. Daraufhin wurde mit Bescheid vom 29. 11. 2004 ausgesprochen, dass dem Beklagten jedenfalls bis zur Beibringung des geforderten Gutachtens die Lenkerberechtigung entzogen werde. Zur Begründung dieses Bescheides wird unter anderem ausgeführt, aufgrund der Verkehrsunfallanzeige des Gendarmeriepostens S***** vom 9. 10. 2004 bestünden wegen des Verdachts der mangelnden Bereitschaft zur Verkehrsanpassung Bedenken, ob der Beklagte noch die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen besitze.

Dem Beklagten wurde am 1. 12. 2004 der Führerschein abgenommen. Am 17. 12. 2004 wurde ihm der Führerschein antragsgemäß wieder ausgefolgt. Am selben Tag wurde jedoch eine Befristung der Lenkerberechtigung auf die Dauer von einem Jahr angeordnet, die wie folgt formuliert wurde: „Laut beiliegendem Gutachten vom 17. 12. 2004 ist der Führerschein wegen (Begründung des amtsärztlichen Gutachtens) auf die Dauer von 1 Jahr zu befristen." Der Beklagte bestätigte mit seiner Unterschrift im Verwaltungsakt, dass ihm dieses gemäß § 8 FSG erstattete amtsärztliche Gutachten vollinhaltlich zur Kenntnis gebracht wurde.

In der Begründung des Gutachtens wird ausgeführt, dass die Risikobereitschaft beim Beklagten jugendlich typisch erhöht und seine Selbstreflektionsfähigkeit eingeschränkt sei, dass er nach „dem Unfall" im alkoholisierten Zustand in das Krankenhaus eingeliefert worden sei und dass sein Alkoholkonsumverhalten zu überprüfen sei, um „weitere" Trunkenheitsfahrten zu verhindern.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin den Rückersatz von EUR 11.000 sA. Der Beklagte sei mit überhöhter Geschwindigkeit und in stark alkoholisiertem Zustand mit fünf abgestellten Fahrzeugen kollidiert. Er habe durch das Lenken eines Kfz in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand eine Obliegenheitsverletzung gemäß § 6 Abs 2 VersVG iVm Art 9 Punkt 2.2. AKHB begangen, weshalb die Klägerin gemäß Art 11 Punkt 1. AKHB bis zu einem Betrag von EUR 11.000 leistungsfrei sei. Zur Frage der Feststellung der Alkoholisierung im Spruch oder in der Begründung einer verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Entscheidung wies die Klägerin darauf hin, dass dem Beklagten der Führerschein wegen des Verdachts der mangelnden gesundheitlichen Eignung zumindest vorläufig entzogen worden sei; „und zwar unter ausdrücklicher Berufung auf die Verkehrsunfallsanzeige des Gendarmeriepostens S*****, die keinen anderen Anhaltspunkt für einen derartigen Verdacht, als die Alkoholisierung des Beklagten bietet". Der Beklagte beantragte Klageabweisung. Für die Leistungsfreiheit des Versicherers müsse einerseits der Nachweis der Alkoholisierung im Regressprozess erbracht werden und andererseits eine rechtskräftige Entscheidung einer Verwaltungsbehörde oder eines Gerichtes vorliegen, in deren Spruch oder Begründung festgestellt werde, dass das Fahrzeug in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt worden sei. Die Klägerin sei nicht regressberechtigt, weil der Beklagte weder gerichtlich noch verwaltungsbehördlich bestraft worden sei. Der Unfall sei lediglich auf eine überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen. Da eine Alkoholisierung nicht habe festgestellt werden können, habe der Beklagte keine Obliegenheit verletzt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. In rechtlicher Hinsicht gelangte es zu dem Ergebnis, eine Entscheidung, wie sie in Art 9 Punkt 2. AKHB 2001 gefordert werde, habe die Klägerin nicht angeführt und sich im Zuge des Beweisverfahrens auch nicht ergeben. Lediglich in der Begründung des Gutachtens nach § 8 FSG vom 17. 12. 2004 sei angeführt, das der Beklagte nach dem Unfall im alkoholisierten Zustand in das Krankenhaus eingeliefert worden sei. „Dieser" [Zustand] erfülle jedoch nicht die Voraussetzung des Art 9 Punkt 2.3. der AKHB 2001.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, änderte das Ersturteil (abgesehen von der unbekämpften und daher rechtskräftigen Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens) im klagestattgebenden Sinn ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Dazu vertrat es die Rechtsansicht, dass die Begründung des amtsärztlichen Gutachtens durch die Bezugnahme darauf in die Entscheidung der Verwaltungsbehörde integriert worden sei. Ihr Inhalt sei als Bestandteil dieser Entscheidung zur Begründung der Befristung des Führerscheins verwendet worden. Andere Gründe habe die Verwaltungsbehörde nicht herangezogen. Die Begründung des Gutachtens sei vielmehr zur (alleinigen) Begründung der Entscheidung der Verwaltungsbehörde „erhoben" worden. Es sei daher zu prüfen, ob diese Begründung eine Feststellung im Sinn des Art 9 Punkt 2.3. AKHB 2001 über das Lenken eines Fahrzeuges in alkoholbeeinträchtigtem Zustand enthalte.

In der Begründung des amtsärztlichen Gutachtens werde unter anderem ausgeführt, dass der Beklagte nach dem Unfall in alkoholisiertem Zustand in das Krankenhaus eingeliefert worden sei und das Alkoholkonsumverhalten zu überprüfen sei, um weitere Trunkenheitsfahrten zu verhindern. Damit werde zum Ausdruck gebracht, dass der Beklagte bereits im Unfallszeitpunkt alkolisiert gewesen sei: „Weitere" - zu verhindernde - Trunkenheitsfahrten setzen nämlich voraus, dass bereits zuvor eine Fahrt in alkoholbeeinträchtigtem Zustand durchgeführt worden sei. Die Einlieferung in das Krankenhaus (unmittelbar) nach dem Unfall schließe einen Alkoholkonsum des Beklagten nach dem Unfall aus. Der bei der Einlieferung festgestellte alkoholisierte Zustand müsse daher bereits im Unfallszeitpunkt bestanden haben. Somit ergebe sich aus der Begründung des amtsärztlichen Gutachtens zweifelsfrei, dass der Beklagte sein Fahrzeug im Unfallszeitpunkt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Durch die Übernahme dieser Begründung in die Entscheidung über die Befristung des Führerscheins sei der Ausspruch über das Lenken des Fahrzeuges in einem alkoholbeeinträchtigten Zustand Bestandteil der inzwischen längst rechtskräftigen verwaltungsbehördlichen Entscheidung geworden. Es liege daher eine Entscheidung gemäß Art 9 Punkt 2.3. AKHB 2001 vor, in deren Begründung eine Obliegenheitsverletzung nach Art 9 Punkt 2.2. AKHB 2001 festgestellt worden sei.

Hinsichtlich der weiteren zu prüfenden Voraussetzung für die Leistungsfreiheit der Klägerin, ob der Beklagte im Unfallszeitpunkt tatsächlich alkoholisiert gewesen sei und damit die in der Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft W***** festgestellte Obliegenheitsverletzung begangen habe, stehe fest, dass der Beklagte beim Unfall Kopfverletzungen erlitten habe, die eine Untersuchung der Atemluft an Ort und Stelle unmöglich gemacht hätten. Er sei mit dem Notarztwagen ins Krankenhaus eingeliefert worden. Ein Alkoholkonsum in der Zeit nach dem Unfall bis zur Einlieferung scheide angesichts dieser Umstände aus. Bei der Einlieferung sei vom zuständigen Arzt ein „stark alkoholisierter Zustand des Beklagten" festgestellt worden. Dazu werde aus dem als Beilage ./A erliegenden Erstbefund ergänzend festgestellt, dass die „Ausatemluft" nach Alkohol gerochen habe und die Skleren gerötet, der Gang schwankend und die Sprache verwaschen gewesen seien. Diese deutlichen Alkoholisierungssymptome ließen nur den Schluss zu, dass der Beklagte im Unfallszeitpunkt betrunken gewesen sei, dass er sein Fahrzeug also in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand im Sinne des Straßenverkehrsvorschriften gelenkt habe. Damit sei auch die zweite Voraussetzung für die Leistungsfreiheit der Klägerin nämlich ein Verstoß des Beklagten gegen Art 9 Punkt 2.2. AKHB 2001 erfüllt. Da die Klägerin, wie unbekämpft feststehe, als Haftpflichtversicherer aus dem Unfall Ersatzzahlungen in einem die Klagsforderung übersteigenden Betrag geleistet habe, sei das Klagebegehren in der Hauptsache berechtigt.

Die ordentliche Revision sei zuzulassen, weil zur Frage, ob die Einbeziehung der Ergebnisse eines Gutachtens in eine verwaltungsbehördliche Entscheidung in Form eines Verweises auf das Gutachten die Kriterien einer Feststellung im Sinne des Art 9 Punkt

2.3. AKHB erfülle, keine Rechtsprechung habe aufgefunden werden können.

Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten mit einem Abänderungsantrag im klageabweisenden Sinne.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben. Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig. Sie ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Soweit sich der Revisionswerber auf den „Revisionsgrund" der unrichtigen Tatsachenfeststellung und unrichtigen Beweiswürdigung stützt, ist auf die Rechtsmittelausführungen nicht weiter einzugehen, weil die vom Erstgericht und vom Berufungsgericht (ergänzend) getroffenen Feststellungen beim Obersten Gerichtshof nicht bekämpft werden können (§ 503 ZPO; Zechner in Fasching/Konecny² § 503 ZPO Rz 6). Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens (vgl RIS-Justiz RS0043026, aber auch RS0043026 [T4]) wird nicht geltendgemacht. In seiner Rechtsrüge hält der Revisionswerber daran fest, die Obliegenheitsverletzung nach Art 9 AKHB 2001 dürfe mangels rechtskräftiger Entscheidung „der angeführten Art" nicht angenommen werden. Nach der Rechtsprechung könne nämlich selbst dann, wenn die Behörde in ihrem Verfahren etwa wegen eines Beweismittelverwertungsverbotes die notwendige Feststellung nicht treffen durfte, diese nicht durch den Akt der Beweiswürdigung von anderen, nicht weiter von der Behörde geprüften Umständen im Nachhinein ersetzt werden (7 Ob 70/02y). Es entspreche ständiger Judikatur des Obersten Gerichtshofes, dass eine Obliegenheitsverletzung demnach nicht angenommen werden könne, selbst wenn eine Beeinträchtigung durch Alkohol im Regressverfahren feststellbar sei. Außerdem werde übersehen, dass eine Obliegenheitsverletzung nach Art 9 AKHB 2001 Verschulden voraussetze, wobei leichtes Verschulden für einen Regress nicht ausreiche. Im vorliegenden Fall habe die Behörde nicht festgestellt bzw recherchiert, ob und inwieweit der Beklagte in welchem Ausmaß Alkohol konsumiert hätte. Im Hinblick auf die zwischen dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft W***** vom 20. 10. 2004 und dem Unfallszeitpunkt (29. 5. 2004) verstrichene Zeit könne nicht darauf geschlossen werden, dass der Beklagte sein Fahrzeug am Unfalltag in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Aus diesem Grund sei gegen ihn auch kein verwaltungsstrafrechtliches Verfahren eingeleitet worden. Auch das erstellte „Gutachten" der Behörde könne daher schon wegen der Zeitdifferenz nicht Grundlage für eine Obliegenheitsverletzung sein.

Dazu wurde Folgendes erwogen:

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass für den Regressanspruch des Versicherers nach den hier unstrittig anzuwendenden Bestimmungen (§ 5 Abs 1 Z 5 iVm § 7 Abs 1 KHVG und Art 9 Punkt 2.2. iVm Art 1 Punkt 1. AKHB 2001) zwei Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Es muss im Regressprozess einerseits der Nachweis der Alkoholisierung („im Sinne der Straßenverkehrsvorschriften") erbracht werden, andererseits muss eine rechtskräftige Entscheidung einer Verwaltungsbehörde oder eines Gerichtes vorliegen, in deren Spruch oder Begründung festgestellt wird, dass das Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt wurde (RIS-Justiz RS0108216; 7 Ob 116/04s; 7 Ob 36/06d).

Richtig ist auch, dass in der Entscheidung 7 Ob 70/02y (ZVR 2003/77 = VersR 2004, 267) - trotz Vorliegens eines Alkotests im Krankenhaus, der beim dortigen Lenker einen Blutalkoholgehalt von 1,54 Promille ergeben hatte - ausgesprochen wurde, die (auch hier) geltend gemachte Obliegenheitsverletzung dürfe nicht angenommen werden, wenn die Beeinträchtigung durch Alkoholisierung zwar im Regressverfahren festgestellt werden konnte, aber eine rechtskräftige Entscheidung der angeführten Art nicht vorliege (so auch bereits 7 Ob 138/97p). Im dortigen Verfahren lag in diesem Zusammenhang allerdings nur der Aktenvermerk vor, mit dem das Verwaltungsverfahren eingestellt worden war. In dessen Begründung befand sich der Hinweis auf den im Krankenhaus festgestellten Blutalkoholgehalt von 1,54 Promille und es wurde darin ausgeführt, dass der Kern des Verfahrens zur Entziehung der Lenkerberechtigung und des korrespondierenden Verwaltungsstrafverfahrens die Frage der Zulässigkeit der Blutabnahme oder das Vorliegen eines Beweismittelverbotes gewesen sei, weil die Beklagte eine Zustimmung zur Blutabnahme aufgrund ihres einer Bewusstlosigkeit gleichzuhalten Zustandes nicht ernstlich habe geben können. Die Verwaltungsbehörde hatte daher dort auch die Einstellung des Verwaltungsverfahrens damit begründet, dass ein Beweismittelverwertungsverbot infolge mangelnder Zustimmung bestanden habe, weshalb im Verwaltungsverfahren ausdrücklich keine Feststellung darüber habe getroffen werden können, dass die Beklagte in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt hätte. Auch das gerichtliche Strafverfahren wurde im dortigen Fall eingestellt. Auf dieser Grundlage hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass keine Entscheidung einer Verwaltungsbehörde oder eines Gerichtes vorliege, in der die geforderte Feststellung enthalten wäre. Eine solche könne auch nicht durch einen Akt der Beweiswürdigung von anderen - nicht weiter von der Behörde geprüften - Umständen im Nachhinein ersetzt werden (RIS-Justiz RS0108216 [T2]). Deshalb konnten auch Erörterungen über den Rechtscharakter eines Aktenvermerkes nach § 45 Abs 3 VStG unterbleiben.

Für den Standpunkt des Beklagten ist daraus jedoch nichts zu gewinnen, weil es hier nicht um ein eingestelltes Verwaltungsstrafverfahren, sondern um die Anordnung der Eintragung einer Befristung eines Führerscheines, die anlässlich eines Führerscheinentzugsverfahrens erlassen wurde, geht. Dass in deren Begründung unter anderem auch festgestellt wird, der Beklagte habe sich zum Unfallszeitpunkt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden, kann aus den bereits vom Berufungsgericht zutreffend dargestellten Gründen nicht bezweifelt werden; wird doch ausdrücklich festgehalten, dass „weitere" Trunkenheitsfahrten verhindert werden sollen, und dass der Beklagte, dessen Alkoholkonsumverhalten überprüft werden müsse, [unmittelbar] nach dem Unfall in alkoholisiertem Zustand in das Krankenhaus eingeliefert worden sei.

Es bleibt aber noch zu prüfen, ob die Klägerin mit dem Hinweis auf die Begründung dieser rechtskräftigen „verwaltungsbehördlichen Entscheidung" auch den erforderlichen Nachweis erbracht hat, dass sich der Beklagte zum Unfallszeitpunkt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand im Sinne der Straßenverkehrsvorschriften befunden hat, wie dies in § 5 Abs 1 Z 5 iVm § 7 Abs 1 KHVG und Art 9 Punkt 2.2. iVm Art 11 Punkt 1. AKHB 2001 als Voraussetzung für den Regress (vgl RIS-Justiz RS0080834) gefordert wird:

Da in den zitierten Bestimmungen ausdrücklich auf einen durch Alkohol beeinträchtigten Zustand „nach den Straßenverkehrsvorschriften" abgestellt wird, muss nämlich - wie bereits der Entscheidung 7 Ob 36/06d zu entnehmen ist - beim dabei angesprochenen Zustand zwischen den Fallgruppen der Alkoholbeeinträchtigung bzw Alkoholisierung nach der StVO und dem FSG (vgl dazu § 5 Abs 1, Abs 1a und § 99 Abs 1b StVO bzw § 14 Abs 8 und § 37a FSG; Pürstl/Somereder, StVO11 §§ 5 - 5b Anm 7 letzter Absatz und § 99 Anm 2 letzter Absatz; Grundtner/Pürstl, FSG3 [2006] § 37a Anm 2) unterschieden werden; waren doch versicherungsvertragsrechtliche Auswirkungen der Schaffung der 0,5 Promillegrenze im FSG nach dem Willen des Gesetzgebers nicht erwünscht und sollten dadurch vermieden werden, dass gemäß § 5 Abs 1a StVO sonstige zivilrechtliche Rechtswirkungen aufgrund einer Beeinträchtigung durch Alkohol erst bei einem Verstoß gegen § 5 Abs 1 StVO (Alkoholgehalt im Blut ab 0,8 Promille oder alkoholbedingte [relative] Fahruntüchtigkeit) oder ab einem dritten Verstoß innerhalb von 12 Monaten gegen die 0,5 Promillegrenze gemäß § 14 Abs 8 FSG eintreten (Hirtler, Sanktionen für alkoholauffällige Fahrzeuglenker, ZVR 2007, 11 [13] FN 13 und 14 mit Hinweis auf BGBl I 1998/3 und den AB 1040 BlgNR 20. GP; Pürstl/Somereder aaO §§ 5 - 5b StVO Anm 6 f). Ausgehend von dieser Unterscheidung hätte sich die Klägerin jedoch, da sie Regress nach § 5 Abs 1 Z 5 iVm § 7 Abs 1 KHVG und Art 9 Punkt

2.2. iVm Art 1 Punkt 1. AKHB 2001 fordert, - was den objektiven Tatbestand der geltend gemachten Obliegenheitsverletzung nach Art 9 Punkt 2.2. AKHB 2001 betrifft - auf einen beim Lenker im Unfallszeitpunkt bestehenden durch Alkohol beeinträchtigten Zustand im Sinne der Straßenverkehrsvorschriften berufen müssen. Letztere enthalten zwar keine allgemeine Definition dieses Zustandes, § 5 Abs 1 StVO bestimmt jedoch, dass der Zustand einer Person, deren Blutalkoholgehalt 0,8 Promille oder mehr beträgt, als „jedenfalls" von Alkohol beeinträchtigt gilt. In diesem Fall ist verwaltungsrechtlich nach § 99 Abs 1 StVO zu bestrafen. Bei einem Blutalkoholgehalt von unter 0,8 Promille müssen hingegen zur Alkoholisierung noch besondere Umstände hinzutreten, damit die Person als durch Alkohol beinträchtigt und damit als „relativ fahruntüchtig" anzusehen ist. Dazu gehören etwa Übermüdung, Erkrankung, Einnahme von Medikamenten, Beruhigungs- oder Aufputschmittel, Alkoholintolerenz (etwa aufgrund einer Lebererkrankung), Erregungszustände, Unfallschock usw (Pürstl/Somereder aaO § 5 StVO Anm 6). Liegen solche Umstände vor, so ist der Lenker nach § 99 Abs 1b StVO zu bestrafen, andernfalls nach § 37a iVm § 14 Abs 8 FSG, sofern der Blutalkoholgehalt 0,5 Promille oder mehr beträgt.

Im letztgenannten Fall darf der Zustand der Person somit nicht durch Alkohol beeinträchtigt sein; sonst müsste sie nicht (nur) nach § 37a FSG, sondern (auch) nach § 99 StVO bestraft werden (Grundtner/Pürstl aaO § 37a FSG Anm 2; vgl auch: 7 Ob 36/06d und Pürstl/Somereder aaO §§ 5 - 5b StVO Anm 7 letzter Absatz und § 99 StVO Anm 2 letzter Absatz). Ein Haftpflichtversicherer, der sich (lediglich) auf eine Bestrafung nach § 37a FSG beruft, kann daher schon deshalb keinen Regress nehmen, weil er die zwingenden Vorgaben nach § 5 Abs 1 Z 5 KHVG und Art 9 Punkt 2.2. AKHB 2001 („durch Alkohol beeinträchtigter Zustand im Sinn der Straßenverkehrsvorschriften") nicht erfüllt. Nichts anderes kann gelten, wenn der Lenker - wie hier - nicht einmal nach § 37a FSG, sondern überhaupt nicht bestraft wurde:

Die Klägerin beruft sich nämlich auch in ihrer Revisionsbeantwortung weiterhin lediglich auf eine „erhebliche" Alkoholisierung des Beklagten und darauf, dass ihm der Führerschein unter Hinweis auf diese „Alkofahrt" entzogen worden sei, wobei sich aus der Begründung der Befristung des Führerscheines ergebe, dass der Beklagte sein Fahrzeug im Unfallszeitpunkt in einem „durch Alkohol beeinträchtigten Zustand" gelenkt habe. Einen beim Beklagten im Unfallszeitpunkt vorliegenden, durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigter Zustand im Sinne der Straßenverkehrsvorschriften hat die Klägerin somit gar nicht behauptet. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes steht ein solcher - schon mangels Bestrafung des Beklagten nach eine konkreten Bestimmung der StVO - aber auch nicht fest, weshalb dem Regressanspruch der Klägerin die Grundlage fehlt. Ob die sich aus dem Verwaltungsakt ergebene Anordnung der Befristung des Führerscheins überhaupt Entscheidungscharakter im Sinn des Art 9 Punkt 2.3. AKHB hat, kann daher dahingestellt bleiben.

In Stattgebung der Revision ist das erstinstanzliche Urteil daher wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf die §§ 41 Abs 1 und 50 Abs 1 ZPO.

Rechtssätze
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