JudikaturJustiz7Ob269/01m

7Ob269/01m – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. März 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Pflegschaftssache des nunmehr volljährigen Markus L*****, infolge Revisionsrekurses des Volljährigen gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 2. August 2001, GZ 45 R 416/01w-220, womit der Rekurs des Volljährigen gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 27. Juni 2001, GZ 2 P 338/00g-215, zurückgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies den Antrag des Amtes für Jugend und Familie, Rechtsfürsorge 23. Bezirk in Wien namens des damals noch minderjährigen Revisionsrekurswerbers auf Weitergewährung von Unterhaltsvorschüssen ab.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Rekursgericht den Rekurs des mittlerweile Volljährigen unter Hinweis auf Art XVIII § 5 KindRÄG 2001 als unzulässig zurück, da ausschließlich der Jugendwohlfahrtsträger auf Grund der Übergangsbestimmung auch über das 18. Lebensjahr des Unterhaltsberechtigten hinaus der gesetzliche Vertreter sei und damit allein zur Erhebung des Rekurses befugt sei. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, da es an oberstgerichtlicher Judikatur zur Frage der Rekurslegitimation eines Volljährigen im Hinblick auf Art XVIII § 5 KindRÄG 2001 fehle.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Volljährigen mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss ersatzlos zu beheben und dem Rekursgericht die Entscheidung in der Sache selbst aufzutragen, in eventu auszusprechen, dass ein Verbesserungsverfahren hinsichtlich des Rekurses durchgeführt werde.

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Jugendwohlfahrtsträger wird mit der Zustellung des Beschlusses, mit dem Vorschüsse gewährt werden, alleiniger gesetzlicher Vertreter des Minderjährigen zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche (§ 9 Abs 2 UVG). Die Einstellung der Vorschüsse ist kein Grund zur Beendigung der Vertretung nach Abs 2 leg cit (§ 9 Abs 3 UVG). Die Sachwalterschaft des Wohlfahrtsträgers tritt sohin ex lege ein, bezieht sich auf alle Unterhaltsinteressen des Minderjährigen und schließt Vertretungshandlungen des sonstigen gesetzlichen Vertreters im Unterhaltsbereich aus (4 Ob 2149/96z, 6 Ob 2289/96b, 1 Ob 57/01s je mwN). Der Grund für diese Regelung liegt weniger in einer Wahrung der Interessen des Kindes als in der Eintreibung des Unterhalts, auf den Vorschüsse gewährt werden (4 Ob 2149/96z, 1 Ob 57/01s). Das Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001 (KindRÄG 2001, BGBl I 2000/135) trat mit 1. Juli 2001 in Kraft (Art XVIII § 1 Abs 1 leg cit). Nach Art XVIII § 5 Abs 1 leg cit sind einem Kind, das zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes das 14. Lebensjahr bereits vollendet hat, Unterhaltsvorschüsse nach dem Unterhaltsvorschussgesetz ungeachtet des Eintritts der Volljährigkeit längstens bis zum Ende des Monats, in dem das Kind das 19. Lebensjahr vollendet, wie bisher weiter zu gewähren. Solange die Vorschüsse gewährt werden, bleibt aber die gesetzliche Vertretung des Jugendwohlfahrtsträgers unberührt und tritt der Übergang der Unterhaltsforderung des Kindes auf den Bund nicht ein. Für diese Bestimmung war der Gedanke ausschlaggebend, dass die Entscheidung über den weiteren Berufs- und Ausbildungsweg vor Beendigung der Schulpflicht getroffen werden muss. Eine wesentliche Entscheidungsgrundlage ist dabei die voraussichtliche Dauer der Sicherung der Unterhaltsansprüche durch Vorschussleistungen gewesen. Die Prämissen für im Vertrauen auf die geltende Rechtslage getroffenen Entscheidungen sollen durch die Herabsetzung der Volljährigkeit nicht nachträglich geändert werden. Weiters hält diese Bestimmung die für die Vollziehung des Unterhaltsvorschussgesetzes notwendige Vertretungsbefugnis des Jugendwohlfahrtsträgers aufrecht, stellt aber gleichzeitig die volle Verfügungsbefugnis des volljährig Gewordenen über die ihm zustehenden Vorschussleistungen sicher (GP XXI RV 296 AB 366, S 115). Der Wille des Gesetzgebers ist es also, dem nunmehr nach der Novelle Volljährigen noch wie bisher den Genuss des Unterhaltsvorschusses zu verschaffen, aber auch zur Sicherung der Interessen des Bundes - wie oben ausgeführt - die gesetzliche Vertretungsbefugnis des Jugendwohlfahrtsträgers aufrecht zu erhalten. Insofern bedarf der ansonsten voll geschäftsfähige Volljährige im Falle der Gewährung von Unterhaltsvorschuss der gesetzlich angeordneten Vertretung durch den Jugendwohlfahrtsträger. Entgegen der Ansicht des Revisionsrekurswerbers ist aus der Übertragung von Mitteilungs- und Rückzahlungspflichten an den Volljährigen nach Art XVIII § 5 Abs 2 leg cit nichts anderes abzuleiten. Im Hinblick auf den ausdrücklich und eindeutig erklärten Willen des Gesetzgebers ist der nunmehr Volljährige nach Maßgabe des § 9 Abs 2 UVG im Verfahren zur (Weiter ) Gewährung von Unterhaltsvorschuss nicht selbst rekurslegitimiert.

Es ist zwar richtig, dass der Protokollarrekurs am letzten Tag der für den Jugendwohlfahrtsträger laufenden Rekursfrist zu Protokoll gegeben wurde, doch kommt die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens schon deshalb nicht in Betracht, da der allein legitimierte Jugendwohlfahrtsträger kein Rechtsmittel zur Relevierung eines Verfahrensmangels erhoben hat.