JudikaturJustiz7Ob120/08k

7Ob120/08k – OGH Entscheidung

Entscheidung
02. Juli 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz R*****, vertreten durch Puttinger, Vogl Partner Rechtsanwälte GmbH in Ried im Innkreis, und der Nebenintervenientin V***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Helmut Gruber, Rechtsanwalt in Fieberbrunn, gegen die beklagte Partei A***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 120.353 EUR (sA), über die Revision und den Rekurs (Revisionsinteresse 15.000 EUR, Rekursinteresse 90.000 EUR) des Klägers gegen das Urteil (richtig Teilurteil) und den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 6. März 2008, GZ 2 R 205/07s-62, womit das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 27. Juli 2007, GZ 2 Cg 132/05z-51, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Der Revision und dem Rekurs wird nicht Folge gegeben. Die Entscheidung über die Kosten des Revisions- und Rekursverfahrens wird der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war seit 1. 12. 2003 bei der Beklagten mit einer Versicherungssumme von 750.000 EUR für den Fall dauernder Invalidität unfallversichert. Dem Versicherungsvertrag wurden die Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen (AUB 99), die Besonderen Bedingungen zur Unfallversicherung (BBU max) sowie die Sonderbedingungen zur Unfallversicherung (max 2000) zugrundegelegt. Die AUB 99 enthalten unter anderem folgende Bestimmungen:

„2.1 Invaliditätsleistung

...

2.1.2.2 Grundlage für die Berechnung der Leistung bilden die Versicherungssumme und der Grad der unfallbedingten Invalidität. 2.1.2.2.1 Bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit der nachstehend genannten Körperteile und Sinnesorgane gelten ausschließlich, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, die folgenden Invaliditätsgrade:

...

Bein über der Mitte des Oberschenkels 70 %

Bein bis zur Mitte des Oberschenkels 60 %

Bein bis unterhalb des Knies 50 %

...

2.1.2.2.3 Waren betroffene Körperteile oder Sinnesorgane oder deren Funktionen bereits vor dem Unfall dauernd beeinträchtigt, wird der Invaliditätsgrad um die Vorinvalidität gemindert. Diese ist nach Ziffer 2.1.2.2.1 ... zu bemessen.

...

3. Welche Auswirkung haben Krankheiten oder Gebrechen?

Soweit nichts anderes vereinbart ist, gilt:

Als Unfallversicherer leisten wir für Unfallsfolgen. Haben Krankheiten oder Gebrechen bei der durch ein Unfallereignis verursachten Gesundheitsschädigung oder deren Folgen mitgewirkt, mindert sich

- im Fall einer Invalidität der Prozentsatz des Invaliditätsgrades

...

entsprechend dem Anteil der Krankheit oder des Gebrechens. Beträgt der Mitwirkungsanteil weniger als 25 %, unterbleibt jedoch die Minderung.

...

7. Was ist nach einem Unfall zu beachten (Obliegenheiten)?

7.1 Ohne Ihre Mitwirkung und die der versicherten Person können wir unsere Leistung nicht erbringen. Nach einem Unfall, der voraussichtlich eine Leistungspflicht herbeiführt, müssen Sie oder die versicherte Person unverzüglich einen Arzt hinzuziehen, seine Anordnungen befolgen und uns unterrichten.

7.2 Die von uns übersandte Unfallanzeige müssen Sie oder die versicherte Person wahrheitsgemäß ausfüllen und uns unverzüglich zurücksenden; von uns darüber hinaus geforderte sachdienliche Auskünfte müssen in gleicher Weise erteilt werden.

7.3 Werden Ärzte von uns beauftragt, muss sich die versicherte Person auch von diesem untersuchen lassen. Die notwendigen Kosten einschließlich eines entstandenen Verdienstausfalles tragen wir.

...

8. Welche Folge hat die Nichtbeachtung von Obliegenheiten?

Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, gilt:

Wird eine nach Eintritt eines Unfalls zu erfüllende Obliegenheit verletzt, verlieren Sie den Versicherungsschutz, es sei denn, Sie haben die Obliegenheit weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt.

Bei grob fahrlässiger Verletzung behalten Sie insoweit den Versicherungsschutz, als die Verletzung weder Einfluss auf die Feststellung des Leistungsfalls noch auf die Bemessung der Leistung gehabt hat.

Bei vorsätzlicher Verletzung behalten Sie in diesen Fällen den Versicherungsschutz insoweit nur, wenn die Verletzung generell nicht geeignet war, unsere Interessen ernsthaft zu beeinträchtigen, oder wenn Sie kein erhebliches Verschulden trifft.

...

9. Wann sind die Leistungen fällig?

9.1 Wir sind verpflichtet, innerhalb eines Monats - beim Invaliditätsanspruch innerhalb von drei Monaten - zu erklären, ob und in welcher Höhe wir einen Anspruch anerkennen. Die Fristen beginnen mit dem Eingang folgender Unterlagen:

„1.7 Gliedertaxe

Bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit der nachstehend genannten Körperteile und Sinnesorgane gelten abweichend von Ziffer 2.1.2.2.1 AUB 99 folgende Invaliditätsgrade:

...

Bein 80 %

...

1.12 Mitwirkungsanteil

Krankheiten oder Gebrechen mindern abweichend von Ziffer 3 AUB 99 die Leistung, wenn ein Mitwirkungsanteil von 50 % überschritten wird. Dies gilt für alle Bedingungen des Vertrags, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist.

..."

Der Kläger erlitt am 28. 12. 2003 bei einem Schiunfall eine schwere Verletzung des rechten Kniegelenks mit Riss des vorderen Kreuzbands und Meniskus- und Knorpelveränderungen. Er unterzog sich im Zeitraum von 31. 12. 2003 bis 5. 1. 2005 einer Behandlung durch einen Facharzt für Unfallchirurgie. Auf Veranlassung des Klägers wurde die Beklagte mit einem Schreiben vom 1. 3. 2004 über den Unfall verständigt, reagierte aber darauf nicht. Auch auf eine weitere, vom Rechtsanwalt des Klägers verfasste schriftliche Unfallsmeldung, in der die unfallbedingte Invalidität des Klägers mit 20 % des Beinwerts eingeschätzt und eine Versicherungsleistung von 120.000 EUR gefordert wurde, erfolgte keine Reaktion der Beklagten, worauf der Kläger mit seit 4. 8. 2005 gerichtsanhängiger Klage die Zahlung einer Invaliditätsleistung von 120.000 EUR begehrte. (Ein weiteres Klagebegehren von 353 EUR wurde bereits rechtskräftig abgewiesen und bedarf keiner weiteren Erwähnung mehr.)

Der Kläger brachte vor, aus dem Schiunfall resultiere eine Instabilität seines rechten Knies verbunden mit einem Arthroserisiko. Seine unfallbedingte Invalidität sei mit 20 % des gesamten Beinwerts zu veranschlagen, weshalb sich sein Anspruch mit 120.000 EUR errechne.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Sie sei leistungsfrei, weil der Kläger seiner Verpflichtung gemäß Ziffer 7.3 AUB 99 iVm § 34 VersVG, sich durch von ihr beauftragte Ärzte untersuchen zu lassen, nicht nachgekommen sei.

Daraufhin erklärte sich der Kläger grundsätzlich bereit, sich (ungeachtet des Umstands, dass inzwischen auch vom Gericht ein medizinischer Sachverständiger bestellt worden war) außergerichtlich durch einen medizinischen Sachverständigen untersuchen zu lassen, dies jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die Beklagte den Versicherungsanspruch dem Grunde nach anerkenne. Obwohl kein solches Anerkenntnis der Beklagten erfolgte, unterzog sich der Kläger am 1. 2. 2006 doch der Untersuchung durch den von der Beklagten beauftragten Sachverständigen Dr. Bernd K*****, wobei er seine subjektiven Beschwerden wie folgt schilderte:

„Das Tennisspielen ist mir nicht mehr möglich. Ich habe eine Unsicherheit „Stop-and-Go" beim Tennisspielen. Herabgehen im Gelände ist unsicher, es kommt immer wieder zu Auslassattacken. Ich knicke mit dem rechten Knie ein und kann mich aber dann immer mit dem linken Knie fangen. Zwei- bis dreimal pro Woche knicke ich so mit dem rechten Knie im Alltag ein. Im linken Knie verspüre ich nur selten (zwei- bis dreimal im Jahr) Auslassattacken. Für eine Kreuzbandplastik hatte ich bisher beruflich keine Zeit. Prinzipiell möchte ich eine Kreuzbandplastik bei den jetzigen Beschwerden unbedingt machen lassen. Wenn keine Verbesserung eintritt, werde ich im Herbst 2006 die Kreuzbandplastik machen lassen. Die tiefe Hocke ist bei mir noch eingeschränkt. Nach Überbeanspruchung habe ich eine Schwellneigung am rechten Knie. Ich bin wetterfühlig. Oft habe ich Schmerzen in der Kniekehle. Beim regelmäßigen Radfahrtraining kommt es eher zu einer Besserung. Mountainbiken aufwärts bei voller Belastung ist aber nicht mehr möglich, ich kann nur mehr bei mäßiger Belastung Rad fahren."

Als objektiven Befund erhob Dr. K*****, dass vom Kläger der Barfußgang etwas verspannt und unrund, das Laufen sehr unsicher und das Beidbein- und Einbeinspringen in einer Höhe von 5 cm recht gut möglich und der Zehenspitzen- und Fersengang kaum möglich demonstriert worden seien; beim Zehengang bringe der Kläger die Ferse nur 1 bis 2 cm vom Boden weg, wobei er eine deutliche Unsicherheit in beiden Beinen, und zwar in der Gesamtheit der Beine gezeigt habe. Die tiefe Hocke sei als nur bis zu einer 90 Grad Kniebeugestellung möglich demonstriert worden. Bei der passiven Beweglichkeitsuntersuchung am rechten Kniegelenk sei wegen deutlicher muskulärer Gegenspannung (der Kläger gebe eine Schmerzabwehr an) auch eine weitergehende Beweglichkeit nicht gegeben; es komme dabei zu einem muskulären Widerstand.

Nachdem Dr. K***** ein Gutachten erstellt hatte, wonach „jene bleibende Invalidität, welche sich daraus ergebe, dass der Kläger selbst ohne Belastung eine dekompensierte Instabilisierung angebe, 20 % vom Beinwert betrage", beauftragte die Beklagte eine Detektei mit der Observation des Klägers. Dieser wurde am 4. 2. 2006 dabei beobachtet und gefilmt, wie er in S***** eine Riesenslalom-Rennstrecke mit Zeitmessung mehrmals befuhr. Unter Berücksichtigung des Observationsberichts und des Videomaterials führte Dr. K***** in einem von der Beklagten beauftragten Ergänzungsgutachten aus, dass die sportlichen Leistungen des Klägers beim Schifahren in gravierendem Widerspruch zur vom Kläger drei Tage zuvor demonstrierten funktionellen hochgradigen Instabilität des Kniegelenks stünden. Aufgrund des Videomaterials und des Fehlens von Sekundärschäden bestehe keine größere bleibende Invalidität als insgesamt 15 % vom Beinwert; eine Invalidität von 20 % vom Beinwert würde sich lediglich bei manifester Instabilität beim Gehen, Treppen steigen, Laufen in der Ebene oder bereits ohne sportliche Belastung ergeben.

Die Beklagte brachte daraufhin vor, der Kläger habe dadurch, dass er sich einer Untersuchung durch den Facharzt Dr. K***** unterzogen habe, zwar seiner Obliegenheit nach Ziffer 7.3 AUB 99 entsprochen. Er habe jedoch anlässlich dieser Untersuchung vorsätzlich in Täuschungsabsicht, um eine höhere Versicherungsleistung zu lukrieren, eine Funktionseinschränkung des rechten Knies demonstriert, die in diesem Ausmaß nicht vorhanden gewesen sei. Ausschließlicher Zweck dieser Täuschung sei die Erlangung einer höheren Versicherungssumme gewesen, weshalb die Beklagte gemäß Ziffer 8 AUB 99 iVm § 6 Abs 3 VersVG leistungsfrei sei.

Der Kläger erwiderte, er habe seine Auskunftspflicht nicht verletzt; er habe anlässlich der Untersuchung durch Dr. K***** am 1. 2. 2006 nicht vorsätzlich eine Funktionseinschränkung im rechten Knie demonstriert, die in diesem Ausmaß nicht vorgelegen sei. Eine 50 %-ige Vorschädigung des Knorpels sei laut Ziffer 1.12 der Sonderbedingungen zur Unfallversicherung (max 2000) nicht zu beachten, weshalb der gesamte Knorpelschaden bei der Bemessung der Invaliditätsentschädigung zu berücksichtigen sei. Es stehe ihm daher zumindest eine Invaliditätsabgeltung von 17,5 % des Beinwerts zu. Das Erstgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 90.000 EUR sA und wies das Mehrbegehren von 30.353 EUR sA ab. Es stellte im Wesentlichen noch fest:

Der Kläger ist ein sehr guter und sportlicher Schifahrer. Vor dem Unfall vom 28. 12. 2003 nahm er pro Wintersaison etwa an 20 Rennen, darunter auch ÖSV-Rennen, teil, wobei er etwa fünfmal pro Woche trainierte und sowohl Slalomkurse als auch Freifahrten bewältigte. In der Wintersaison 2005/2006 befuhr er zu Trainingszwecken ungefähr zweimal alle zwei Wochen in S***** einen permanent ausgesteckten Riesenslalomkurs, höchstens jedoch zwei- bis dreimal hintereinander. Zum Schifahren verwendet er nunmehr eine Knieschiene. Trotz Bandlockerung des Kniegelenks kann ein guter Schifahrer gute bis ausgezeichnete schifahrerische Leistungen erbringen. Selbst unter Zugrundelegung der im Erstgutachten von Dr. K***** beschriebenen Behinderungen ist es einem durchtrainierten, guten Schifahrer möglich, drei Tage nach der Untersuchung Schi zu fahren. Eine geringe Bandlockerung kann - insbesondere beim Gehen im Gelände oder auch beim Treppen steigen - zu Auslassphänomenen und zumeist nachher zu leichten Schmerzen führen; ein häufigeres Auftreten des Auslassphänomens würde auf das Bestehen einer erheblichen Bandlockerung hindeuten, was eine Kreuzbandplastik indizieren würde. Als Unfallfolgen sind neben einer geringen Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks eine minimale Verdickung des rechten Kniegelenks, eine geringe muskulär kompensierbare Instabilität des rechten Kniegelenks im Bereich des vorderen Kreuzbands und eine Muskelschwäche des ganzen rechten Beines verblieben. Als wahrscheinlich mittelbare Unfallfolge sind geringe arthrotische Veränderungen im rechten Kniegelenk aufgetreten. Bereits vor dem Schiunfall bestanden beim Kläger geringe arthrotische Veränderungen, auf deren Weiterentwicklung sich die Unfallfolgen positiv ausgewirkt haben. Keine Unfallverletzung stellt ein kleiner, lokaler, zum Unfallszeitpunkt bereits bestehender Knorpelschaden dar, dessen geringe Verstärkung durch die Unfallfolgen begünstigt worden ist. Die bleibende Invalidität und bleibende Gebrauchswertminderung des rechten Beines des Klägers besteht mit 15 % des ganzen Beinwerts. Ohne Berücksichtigung der beim Kläger bestehenden Vorinvalidität hinsichtlich der Arthrose und des Knorpelschadens wäre die verbleibende Invalidität des Klägers mit 17,5 % vom Beinwert zu veranschlagen.

In seiner rechtlichen Beurteilung des von ihm festgestellten Sachverhalts vertrat das Erstgericht die Ansicht, die Beklagte habe selbst gegen die ihr nach den Versicherungsbedingungen obliegenden Pflichten verstoßen, weil sie nicht innerhalb von drei Monaten erklärt habe, ob und in welcher Höhe sie einen Anspruch des Klägers anerkenne. Ihr Auftrag an den Kläger, sich einer Untersuchung durch einen von ihr beauftragten Arzt zu unterziehen, sei erst nach Erstattung der Klagebeantwortung erfolgt, in welcher sie unter Hinweis auf weitere Obliegenheitsverletzungen des Klägers eine Leistungspflicht dem Grunde nach abgelehnt habe. Weil die Beklagte selbst die Unfallversicherungsbedingungen nicht beachtet habe, könne sie dem Kläger eine Obliegenheitsverletzung infolge der nur unter der Voraussetzung eines Anerkenntnisses des Schiunfalls als Versicherungsfall abgegebenen Zustimmung zur (außergerichtlichen) ärztlichen Untersuchung nicht vorwerfen. Daher habe für den Kläger keine Obliegenheit mehr bestanden, sich von einem von der Beklagten beauftragten Arzt während des anhängigen Verfahrens untersuchen zu lassen. Eine allfällige Aggravation anlässlich einer nicht in Erfüllung einer Obliegenheit durchgeführten ärztlichen Untersuchung vermöge Leistungsfreiheit der Beklagten nicht zu begründen. Aber selbst wenn dies zu bejahen wäre, umfasse die Aufklärungspflicht des Klägers nach Ziffer 7.2 AUB 99 nicht das Verbot von Aggravationen anlässlich einer Untersuchung zwecks Bemessung der verbleibenden Invalidität, zumal dabei ausschließlich der objektive Befund und der Funktionsausfall der Extremität, nicht aber subjektive Beschwerden zu berücksichtigen seien. Im Übrigen handle es sich bei den Angaben des Klägers anlässlich der Untersuchung durch Dr. K***** um die Schilderung seiner subjektiven Beschwerden, weshalb dem Kläger unter Berücksichtigung des von ihm in diesem Verfahren beantragten medizinischen Sachverständigengutachtens eine vorsätzliche Täuschung der Beklagten im Sinn des § 6 Abs 3 VersVG nicht unterstellt werden könne. Selbst wenn der Kläger anlässlich der Untersuchung durch Aggravation grob fahrlässig seine Aufklärungspflicht verletzt haben sollte, wäre die Beklagte gemäß Ziffer 8. AUB 99 keinesfalls leistungsfrei, da dies gemäß den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen weder Einfluss auf die Feststellung des Leistungsfalls noch auf die Leistungsbemessung gehabt hätte. Gemäß Ziffer 2.1.2.2.3 der AUB 99 werde der Invaliditätsgrad um die Vorinvalidität gemindert, wenn betroffene Körperteile oder deren Funktionen bereits vor dem Unfall dauernd beeinträchtigt gewesen seien. Ziffer 1.12 der Sonderbedingungen zur Unfallversicherung (max 2000) beziehe sich lediglich auf Ziffer 3. AUB 99. Der diesbezügliche Einwand des Klägers gehe daher ins Leere. Die unfallbedingte, verbleibende Invalidität des Klägers sei mit 15 % vom Beinwert zu bemessen, wobei der Beinwert 80 %ige Invalidität ausmache. Dem Kläger seien daher 90.000 EUR zuzusprechen gewesen (80 % von 750.000 EUR und davon 15 %).

Das sowohl vom Kläger und seiner Nebenintervenientin hinsichtlich der Abweisung von 30.000 EUR als auch von der Beklagten hinsichtlich des stattgebenden Teils des Ersturteils angerufene Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers und seiner Nebenintervenientin keine Folge. Hingegen gab es der Berufung der Beklagten dahin Folge, dass es das Ersturteil in seinem klagsstattgebenden Teil (Zuspruch von 90.000 EUR sA) aufhob und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auftrug.

Zur Berufung des Klägers und seiner Nebenintervenientin führte das Berufungsgericht im Wesentlichen aus, Zweck der Vorschrift der Ziffer

3. AUB 99 sei Versicherungsschutz für Unfälle und deren Folgen zu bieten, nicht jedoch für unfallfremde Ursachen von Gesundheitsschädigungen wie Krankheiten oder konstitutionell oder schicksalshaft bedingte gesundheitliche Anomalien. Ziffer 3. AUB 99 solle dies sicherstellen und unfallfremde Ursachen ausdrücklich vom Versicherungsschutz abgrenzen. Erfülle ein Kürzungstatbestand nach dieser Ziffer auch den Tatbestand der Vorinvalidität im Sinn von Ziffer 2.1.2.2.3 AUB 99, so sei der Abzug nach der zuletzt genannten Bestimmung vorrangig. Es sei daher zunächst die Gesamtinvalidität festzustellen, von ihr der Grad der Vorinvalidität abzuziehen und von den verbleibenden Invaliditätsgraden die Leistung zu errechnen. Diese sei sodann nach Ziffer 3. AUB 99 entsprechend dem Mitwirkungsanteil einer Krankheit oder eines Gebrechens zu kürzen. Im Gegensatz zur Auffassung des Klägers und seiner Nebenintervenientin sei daher der Grad der Vorinvalidität grundsätzlich zu berücksichtigen. Erst von dem danach verbleibenden Invaliditätsgrad wäre der Anteil allfällig mitwirkender Krankheiten oder Gebrechen abzuziehen, sofern dieser Mitwirkungsanteil 50 % übersteigen würde. Im rechten Knie des Klägers hätten bereits vor dem Schiunfall geringe arthrotische Veränderungen und ein kleiner lokaler Knorpelschaden bestanden. Die unfallbedingt bleibende Invalidität und Gebrauchswertminderung des rechten Beines des Klägers betrage 15 % des ganzen Beinwerts. Die weitere Tatsachenfeststellung des Erstgerichts sei dahin zu verstehen, dass die Invalidität des Klägers einschließlich der Vorinvalidität (Arthrose und Knorpelschaden) 17,5 % vom Beinwert betrage. Nach Ziffer 2.1.2.2.3 AUB 99 sei der (gesamte) Invaliditätsgrad (hier: 17,5 % des Beinwerts) um die Vorinvalidität (hier: 2,5 % des Beinwerts) zu mindern. Dem Kläger stehe daher als Invaliditätsleistung jedenfalls nicht mehr als 15 % vom Beinwert zu. Die Berufung der Beklagten sei im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt. Entgegen der Ansicht des Erstgerichts sei trotz der Ablehnung der Versicherungsdeckung durch die Beklagte die Obliegenheit des Klägers, sich von dem von der Beklagten beauftragten Arzt untersuchen zu lassen, aufrecht geblieben, da sich der Kläger mit der Ablehnung nicht begnügt, sondern weiterhin seine Ansprüche gegen die Beklagte verfolgt habe. Daran ändere die bereits beschlossene Einholung des Sachverständigenbeweises im vorliegenden Rechtsstreit nichts. Das Interesse der Beklagten an einer Untersuchung des Klägers durch einen ihrer Vertrauensärzte unabhängig von dem im Rechtsstreit eingeholten Sachverständigenbeweis liege auf der Hand, zumal auch die Möglichkeit einer prozessabkürzenden Wirkung der Einholung eines außergerichtlichen Privatgutachtens in Betracht zu ziehen sei. Der Kläger sei im Rahmen seiner allgemeinen Aufklärungs- und Auskunftspflicht anlässlich der ärztlichen Untersuchung am 1. 2. 2006 verpflichtet gewesen, wahrheitsgemäße Angaben zu machen, worunter auch ein der wahren Sachlage entsprechendes non-verbales Verhalten („vorzeigen, demonstrieren") zu verstehen sei. In weiterer Konsequenz bedeute dies, dass der Kläger auch verpflichtet gewesen sei, Aggravationen, also ein Übertreiben oder Überzeichnen seiner Beschwerdesymptomatik, zu unterlassen. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass subjektive Beschwerden bei der Invaliditätsbemessung nicht zu berücksichtigen seien, sondern lediglich der objektive Befund entscheidend sei. Abgesehen von der Frage, inwieweit es einem medizinischen Sachverständigen möglich sei, eine (willkürliche) Gegenspannung der Muskulatur zu erkennen und dies bei der Beurteilung der Beweglichkeit eines Gelenks zu berücksichtigen, könnten doch die subjektive Schilderung des Versicherungsnehmers (im konkreten Fall etwa die Häufigkeit von Auslassattacken) und die von ihm vorgezeigten körperlichen Möglichkeiten entgegen der Ansicht des Erstgerichts nicht gänzlich außer Betracht bleiben. Es verstehe sich von selbst, dass es im Sinn der Ziffer 8. AUB 99 „generell geeignet ist, die Interessen der Beklagten ernsthaft zu beeinträchtigen", wenn der Kläger etwa auch nur mit bedingtem Täuschungsvorsatz und vielleicht auch nur aus dem Wunsch heraus, Schwierigkeiten bei der Schadensfeststellung zu vermeiden, aggraviert hätte. Die Rechtssache erweise sich daher als noch nicht spruchreif. Als Folge seiner unrichtigen Rechtsansicht habe es das Erstgericht unterlassen, zur Frage der Verletzung der Aufklärungspflicht des Klägers durch Aggravation anlässlich der Untersuchung am 1. 2. 2006 ausreichende und klare Feststellungen zu treffen. Die Tatsachenfeststellungen seien insofern unklar und widersprüchlich, als einerseits die Ausführungen des Dr. K***** wiedergegeben worden seien, andererseits aber festgestellt werde, dass ein guter Schifahrer trotz Bandlockerung des Kniegelenks gute bis ausgezeichnete schifahrerische Leistungen erbringen könne und dass es trotz der im Erstgutachten des Dr. K***** beschriebenen Behinderungen einem durchtrainierten, guten Schifahrer möglich sei, drei Tage nach der Untersuchung Schi zu fahren. In seiner rechtlichen Beurteilung spreche das Erstgericht einerseits davon, dem Kläger könne eine vorsätzliche Täuschung durch Aggravation bei der Schilderung seiner subjektiven Beschwerden nicht unterstellt werden; andererseits habe das Erstgericht im Widerspruch dazu die Abweisung des Beweisantrags auf Einvernahme des Dr. K***** als Zeugen damit begründet, selbst der vom Erstgericht beigezogene medizinische Sachverständige habe in der mündlichen Gutachtenserörterung eingeräumt, dass der Kläger unter der Prämisse der richtigen Messung und richtigen Übertragung der Messdaten durch Dr. K***** anlässlich dieser Untersuchung deutlich aggraviert habe. Damit erweise sich auch die Abweisung dieses Beweisantrags als verfehlt und es sei das erstinstanzliche Verfahren mangelhaft geblieben, weshalb das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren diesen Beweis - zweckmäßigerweise unter Hinzuziehung des medizinischen Sachverständigen - aufzunehmen haben werde. Die Aufhebung des Ersturteils und Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht sei daher unumgänglich.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass sowohl die Revision gegen das Teilurteil als auch der Rekurs gegen den aufhebenden Teil seiner Entscheidung zulässig sei, weil sowohl der Frage einer vorrangigen Berücksichtigung einer Vorinvalidität gegenüber mitwirkenden Krankheiten und sonstigen Gebrechen bei Ausmittlung einer Invaliditätsabgeltung als auch der Frage einer Obliegenheitsverletzung durch Aggravation anlässlich eines während des bereits anhängigen Rechtsstreits außergerichtlich eingeholten Privatgutachtens über diesen Rechtsstreit hinaus Bedeutung zukomme und dazu eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle. Gegen die Entscheidungen des Berufungsgerichts erhebt der Kläger jeweils wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung Revision und Rekurs; er begehrt einerseits, das Teilurteil des Berufungsgerichts dahin abzuändern, dass die Beklagte zum Ersatz eines weiteren Betrags von 15.000 EUR zuzüglich Zinsen verpflichtet wurde; andererseits wird hinsichtlich des aufhebenden Teils der Berufungsentscheidung die Wiederherstellung des Ersturteils beantragt. Hilfsweise werden jeweils Aufhebungsanträge gestellt.

Die Beklagte beantragt in der Revisions- und Rekursbeantwortung, den Rechtsmitteln ihres Prozessgegners keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Sowohl die Revision als auch der Rekurs sind aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig; beide Rechtsmittel sind aber nicht berechtigt.

Zur Revision:

Der Revisionswerber macht geltend, dass die eingangs wiedergegebenen Klauseln Ziffer 2.1.2.2.3 und Ziffer 3. der AUB 99 sowie Ziffer 1.12 der Sonderbedingungen max 2000 vom Erstgericht und auch vom Berufungsgericht unrichtig interpretiert worden seien. Da letztere Bestimmung, wonach Krankheiten oder Gebrechen die Leistung nur minderten, wenn ein Mitwirkungsanteil von 50 % überschritten werde, ausdrücklich „für alle Bedingungen des Vertrags, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gelte und nicht vorgesehen sei, in welchem Verhältnis Ziffer 2.1.2.2.3 und Ziffer 3. AUB 99 zueinander stünden, insbesondere welche Bestimmung vorrangig sei, seien die Klauseln gemäß der Unklarheitenregelung so auszulegen, wie sie für den Versicherungsnehmer günstiger seien.

Nach ständiger Rechtsprechung sind Allgemeine

Versicherungsbedingungen nach Vertragsauslegungsgrundsätzen (§§ 914 f

ABGB) auszulegen. Die Auslegung hat sich daher am Maßstab des

durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers zu orientieren (RIS-Justiz RS0050063). Die einzelnen Klauseln der Versicherungsbedingungen sind, wenn sie - wie hier - nicht auch Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf ihren Wortlaut auszulegen (RIS-Justiz RS0008901). In allen Fällen ist der einem objektiven Beobachter erkennbare Zweck einer Bestimmung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen zu berücksichtigen. Nach objektiven Gesichtspunkten als unklar aufzufassende Klauseln müssen daher so ausgelegt werden, wie sie ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer verstehen musste, wobei Unklarheiten im Sinn des § 915 ABGB zu Lasten des Verwenders der AVB, also des Versicherers gehen (7 Ob 47/07y mwN).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Auslegung der genannten Klauseln durch die Vorinstanzen beizupflichten. Diese Interpretation steht - bei ganz gleicher Bedingungslage - mit der deutschen Lehre und Rechtsprechung im Einklang (Grimm, Unfallversicherung4 Z 3 AUB 99 Rn 6 mwN). Weder der Wortlaut der Klauseln noch systematische Aspekte geben Anlass zur Annahme, Ziffer 2.1.2.2.3 AUB 99 werde durch Ziffer

3. (teilweise) derogiert. Auch ein Zusammenhang zwischen der erstgenannten Klausel und der Ziffer 1.12 der Sonderbedingungen max 2000 wird von einem durchschnittlich versierten Versicherungsnehmer wohl schwerlich hergestellt werden. Der Hinweis, dass eine Leistungsminderung durch Krankheiten oder Gebrechen erst bei Überschreitung eines Mitwirkungsanteils von 50 % für alle Bedingungen des Vertrags gelte, lässt sich - wie die Beklagte in der Revisionsbeantwortung zutreffend ausführt - zwanglos auf Leistungsarten außerhalb der dauernden Invalidität (die an den Mitwirkungsanteil, nicht aber an den Vorinvaliditätsgrad anknüpfen) wie etwa Tagegeld, Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld (2.3, 2.4 und 2.5 der AUB 99) beziehen, mangels eines erkennbaren Bezugs zwischen Ziffer 3 und 2.1.2.2.3 AUB 99 aber nicht auf eine Minderung des Invaliditätsgrads um eine Vorinvalidität. Angesichts des klaren Wortlauts der betreffenden Bestimmungen bleibt daher entgegen der Ansicht des Revisionswerbers für die Anwendung des § 915 ABGB kein Raum.

Die Revision muss daher erfolglos bleiben.

Zum Rekurs:

Der Rekurswerber wendet sich gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, er sei ungeachtet des Umstands, dass die Beklagte vorprozessual auf seine Anspruchstellung nicht reagiert hat, gemäß Ziffer 7.2 der AUB 99 verpflichtet gewesen, vom Versicherer geforderte sachdienliche Auskünfte wahrheitsgemäß zu erteilen. Unrichtig sei, dass die Obliegenheit nach Ziffer 7.3 AUB 99, sich von vom Versicherer beauftragten Ärzten untersuchen zu lassen, auch nach Ablehnung der Deckung durch die Beklagte zu beachten gewesen sei. Die Beklagte habe nämlich, nachdem sie im Prozess ohnehin die Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen beantragt habe, kein „echtes Interesse" an einer Untersuchung des Klägers durch ihren Vertrauensarzt Dr. K***** mehr haben können. Auch von (Knappmann in) Prölls/Martin, VVG27 werde zu dem (zu Ziffer 7.3 AUB 99 inhaltsgleichen) § 9 AUB 94 ausgeführt, dass die Obliegenheiten entfielen, falls der Versicherer bereits Versicherungsschutz abgelehnt habe. Ziffer 7.3 AUB 99 sehe nur vor, dass sich die versicherte Person von einem von der Versicherung beauftragten Arzt untersuchen lassen müsse. Eine Pflicht zur „Wahrheit" bei der Untersuchung sei im Gegensatz zur Ziffer 7.2 der AUB 99 bei Ziffer

7.3 nicht normiert. Ein Arzt sei selbständig in der Lage, Unfallfolgen zu erkennen oder auszuschließen. Ein allfälliges Aggravieren durch den Kläger stelle daher keine Obliegenheitsverletzung dar. Schließlich habe nach Ziffer 8 der AUB 99 eine vorsätzliche Verletzung einer Obliegenheit nur dann den Verlust des Versicherungsschutzes zur Folge, wenn die Verletzung generell geeignet gewesen sei, Interessen der Versicherung ernsthaft zu beeinträchtigen und wenn den Versicherungsnehmer ein erhebliches Verschulden treffe. Im vorliegenden Fall sei die behauptete Verletzung der Auskunftspflicht durch Aggravation generell nicht geeignet gewesen, die Interessen der Beklagten ernsthaft zu beeinträchtigen, weil es nur im untergeordneten Ausmaß auf die Mitwirkung des Untersuchten ankomme, zumal Aggravierungstendenzen von medizinischen Sachverständigen erkannt würden. Eine absichtliche Aggravation könne bei einer reinen „Demonstration" nicht unterstellt werden. Zu berücksichtigen sei, dass der Kläger eine allfällige Aggravation nicht als vorsätzliche Obliegenheitsverletzung ansehen habe müssen, weil er ja davon ausgehen habe können, sich der Untersuchung durch den Privatsachverständigen nur freiwillig zu unterziehen.

Diesen Ausführungen kann nicht beigepflichtet werden. Ob den Kläger ungeachtet des Verstoßes der Beklagten gegen Ziffer 9. AUB 99, der erfolgten Deckungsablehnung durch die Beklagte und der bereits beschlossenen Beiziehung eines Gerichtssachverständigen die in Ziffer 7.3 AUB 99 formulierte Rechtspflicht traf, sich von einem von der Beklagten beauftragten Arzt untersuchen zu lassen, kann dahinstehen. Auch wenn sich der Kläger sozusagen freiwillig einer Untersuchung durch den von der Beklagten beauftragten Sachverständigen Dr. K***** unterzogen hat, war er nämlich verpflichtet, dessen Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten und auch sonstige vom Vertrauensarzt der Beklagten geforderte Auskünfte und Aufklärungen in Form von gewissen Übungen und Demonstrationen wahrheitsgemäß zu geben. Davon, dass solche ärztlichen Untersuchungen nach Ziffer 7.3 AUB 99 nicht unter Wahrheitspflicht absolviert werden müssten, weil darauf - anders als in Ziffer 7.2 AUB 99 - nicht ausdrücklich hingewiesen wird, kann schon nach dem auf der Hand liegenden Sinn und Zweck dieser Klausel, dem Versicherer die Beurteilung seiner Deckungspflicht und die Berechnung einer gebührenden Versicherungsleistung zu ermöglichen, keine Rede sein. Nicht vertreten werden kann auch, die Beklagte habe im vorliegenden Fall gar kein Interesse an wahrheitsgemäßen Angaben und Demonstrationen des Klägers mehr haben können. Es lag - insbesondere auch für den Kläger - doch auf der Hand, dass die Beklagte durch dessen Untersuchung durch einen Arzt ihres Vertrauens Aufschlüsse hinsichtlich der Leistungspflicht und Leistungshöhe gewinnen und insbesondere die strittige Frage des Invaliditätsgrads vorweg geklärt haben wollte und dass dadurch allenfalls unnötiger Prozessaufwand erspart werden sollte. Da das (Erst )Gutachten des von der Beklagten beauftragten Sachverständigen Dr. K***** die Behauptung einer unfallbedingten Invalidität von 20 % zunächst zu bestätigen schien, kam auch die vom Berufungsgericht erwähnte Möglichkeit einer vergleichsweisen Regelung in Betracht. Mögen medizinische Sachverständige unter gewissen Umständen zwar durchaus in der Lage sein, Aggravationstendenzen eines Versicherten zu erkennen, kann doch nicht bestritten werden, dass Sachverständige oftmals auf Auskünfte und Demonstrationen des Geschädigten unbedingt angewiesen sind, um Vorliegen und Ausmaß körperlicher Behinderungen bzw Einschränkungen der Funktion bestimmter Körperteile beurteilen zu können. Dass die Interessen der Beklagten durch unrichtige Angaben des Klägers in Form von Aggravationen bei der ärztlichen Untersuchung nach Deckungsablehnung und Beiziehung eines Gerichtssachverständigen nicht mehr ernsthaft beeinträchtigt werden hätten können, ist daher nicht richtig. Selbst unter der Annahme, dass sich der Kläger nicht in Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung, sondern freiwillig der ärztlichen Untersuchung durch den von der Beklagten beauftragten Sachverständigen unterzogen hat, war er - abgesehen von der in § 34 VersVG normierten, den Versicherungsnehmer nach Eintritt des Versicherungsfalls grundsätzlich treffenden Auskunftspflicht, deren in Täuschungsabsicht begangene Verletzung Leistungsfreiheit des Versicherers bewirkt (vgl Grubmann, VersVG6 § 34 E 46 und 47 mwN) - schon nach Treu und Glauben zu wahrheitsgemäßen Angaben verpflichtet. Er hatte daher auch Aggravationen (also im Verhältnis zum objektiven Befund übertriebene, unter Umständen zweckgerichtete Präsentationen von Symptomen, denen im Gegensatz zu Simulationen ein pathologischer Befund zugrunde liegt [Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch260, 30]) zu unterlassen. Vom Obersten Gerichtshof wurde im Einklang mit deutscher Judikatur und Lehre bereits mehrfach betont, dass das Versicherungsverhältnis in besonderem Maß vom Grundsatz von Treu und Glauben beherrscht wird (RIS-Justiz RS0018055). Sowohl der Versicherungsnehmer als auch der Versicherer ist auf die Unterstützung durch den jeweils anderen angewiesen, weil er dem jeweils anderen in der einen oder anderen Weise unterlegen ist: So verfügt der Versicherungsnehmer zum Beispiel allein über die Kenntnis wesentlicher Umstände für den Vertragsschluss und die Schadensabwicklung, während der Versicherer dem Versicherungsnehmer durch die Beherrschung der Versicherungstechnik, seine Geschäftskunde, seine umfangreichen Erfahrungen und wegen der Sachverständigen, deren er sich bedienen kann, überlegen ist (Prölls in Prölls/Martin, VVG27 Vorbem II Rz 7). Treu und Glauben beeinflussen daher das Versicherungsverhältnis in vielfacher Weise und können nach herrschender Meinung sogar ergänzende Leistungs- und Verhaltenspflichten schaffen (Prölls aaO Rn 9 mwN; 7 Ob 230/06h). Selbst wenn man eine Rechtspflicht, sich nach Ziffer 7.3 AUB 99 einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, unter den hier gegebenen Umständen verneinte, ist der Versicherte auch bei einer freiwilligen ärztlichen Untersuchung nach Treu und Glauben zu wahrheitsgemäßen Angaben und daher insbesondere auch zur Unterlassung von Aggravationen verpflichtet. Ein in Form von Aggravationen bewusst wahrheitswidriges Verhalten des Versicherungsnehmers bei einer solchen Untersuchung ist daher als Obliegenheitsverletzung nach Eintritt des Versicherungsfalls im Sinn des letzten Halbsatzes der Ziffer 7.2 AUB 99 anzusehen, die nach Maßgabe der Ziffer 8. AUB 99, die im Wesentlichen § 6 Abs 3 VersVG entspricht, zur Leistungsfreiheit führen kann.

Zutreffend wurde vom Berufungsgericht daher erkannt, dass der Umstand, ob und inwieweit der Kläger bei der Untersuchung durch Dr. K***** allenfalls in der Form aggraviert hat, dass er vorgab, bestimmte körperliche Übungen nur eingeschränkt durchführen zu können oder auch etwa „Auslassattacken" in größerer Anzahl, als sie tatsächlich auftraten, wahrheitswidrig behauptete, entscheidungserheblich ist.

Da der dem Erstgericht erteilte Auftrag zur Verfahrensergänzung daher auf einer richtigen Rechtsansicht beruht, ist es dem Obersten Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, verwehrt, die Notwendigkeit der dem Erstgericht im Einzelnen aufgetragenen ergänzenden Beweisaufnahmen zu überprüfen (RIS-Justiz RS0042179; RS0113643 [T2]). Sollte diese Überprüfung tatsächlich ergeben, dass der Kläger bei seiner Untersuchung am 1. 2. 2006 aggraviert hat, wird das Erstgericht - nach entsprechender Verbreiterung der Sachverhaltsbasis - auch zu beurteilen haben, ob das betreffende Verhalten dem Kläger im Sinn der Ziffer 8. AUB 99 als erhebliches Verschulden vorzuwerfen ist.

Auch dem Rekurs ist demnach ein Erfolg zu versagen. Der Vorbehalt der Kosten des Revisions- und des Rekursverfahrens gründet sich jeweils auf § 52 Abs 1 ZPO.

Rechtssätze
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