JudikaturJustiz6Ob9/22z

6Ob9/22z – OGH Entscheidung

Entscheidung
02. Februar 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden, die Hofräte Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny, die Hofrätin Dr. Faber und den Hofrat Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach der am * 2020 verstorbenen Dr. A*, zuletzt *, vertreten durch Dr. Holzmann Rechtsanwalts GmbH in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Dr. R*, vertreten durch Heiss Heiss Rechtsanwälte OG in Innsbruck, wegen 5.100.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 17. November 2021, GZ 1 R 143/21w 31, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Der Umstand, dass das von der nunmehrigen Beklagten in einem Vorprozess gegen die Rechtsvorgängerin der nunmehrigen Klägerin erhobene Begehren vollinhaltlich abgewiesen wurde, steht der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellung, die Anspruchserhebung sei damals nicht wider besseres Wissen erfolgt, nicht entgegen. Der behauptete Verstoß gegen die „Bindungswirkung“ des rechtskräftigen Urteils im Vorprozess liegt daher nicht vor.

[2] 2. Wenn die Beklagte die Vorgehensweise der Klägerin, ihr einen Millionenbetrag auf ein anonymes schweizer Konto („Prinz Lanzelott“) zu transferieren, wobei die Beklagte zwar formell als Eigentümerin aufscheinen sollte, die Rechtsvorgängerin der Klägerin zu Lebzeiten aber weiter darüber verfügungsberechtigt sein sollte, als „Geldwäsche“ bezeichnete, ist dies in Anbetracht des Umstands, dass es sich bei der Beklagten nicht um eine Juristin handelt, zumindest in subjektiver Sicht nicht zu beanstanden. Dass das seit 1. 1. 2013 zwischen der Schweiz und Österreich geltende Steuerabkommen eine Abgeltungssteuer vorsieht, welche sämtliche Steueransprüche umfasst, steht dem nicht entgegen.

[3] 3. Die Klägerin geht selbst davon aus, dass der im Zivilverfahren Beklagte, sofern er nicht bewusst wahrheitswidrig vorgeht, grundsätzlich in Ausübung eines Rechts iSd § 114 StGB handelt, wenn er zur Abwehr gegen ihn erhobener zivilrechtlicher Forderungen oder strafrechtlich relevanter Vorwürfe im entsprechenden Verfahren schriftlich oder mündlich zur Sache Stellung bezieht. Diese Rechtsausübung ist nicht auf die „Schranken des Notwendigen“ reduziert. Darunter fällt somit nicht nur ein zur entsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unbedingt „Notwendiges“, sondern jedes Vorbringen, das ohne Anlegen eines strengen Maßstabs aus der Sicht eines verständigen Beobachters in der Rolle der Prozesspartei der Aufklärung der Sache dienlich und zur Durchsetzung des eigenen Rechtsstandpunkts zweckmäßig sein kann (vgl RS0122921). In diesem Rahmen ist es auch legitim, über ein Bestreiten der gegen den Äußernden im Zivil oder Strafverfahren erhobenen Vorwürfe hinausgehende ehrenrührige Anschuldigungen gegen den Prozessgegner oder einen Zeugen zu erheben, die dessen Glaubwürdigkeit erschüttern sollen (15 Os 28/18h; vgl auch 6 Ob 196/12k).

[4] Ob diese Schranken übertreten wurden, lässt sich regelmäßig nur aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilen und bildet daher im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage. Wenn die Vorinstanzen der Beklagten die Erhebung des Vorwurfs der „Geldwäsche“ zubilligten, um die zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin und der Beklagten stattgefundenen Transaktionen bei Zugrundelegung eines laienhaften Verständnisses zu umschreiben, so ist darin keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken.

[5] Das Vorbringen bewusst wahrheitswidrig erstattet oder bewusst wahrheitswidrig ausgesagt worden wäre (vgl dazu RS0122921), wurde gerade nicht festgestellt.

[6] Die Auffassung der Vorinstanzen, dass kein Grund für einen Schenkungswiderruf gemäß § 948 ABGB vorliegt, erweist sich damit als nicht korrekturbedürftig.

[7] 4. Zusammenfassend bringt die Revision sohin keine Rechtsfragen der von § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass sie spruchgemäß zurückzuweisen war.