JudikaturJustiz6Ob67/99t

6Ob67/99t – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Juli 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Fellinger als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1. Christian W*****,

2. Helga Z*****, und 3. Günther S*****, alle vertreten durch Dr. Walter Schuhmeister, Rechtsanwalt in Schwechat, gegen die beklagte Partei F ***** GesmbH, ***** vertreten durch Dr. Anton Paul Schaffer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1) 965.375 S und Feststellung, 2) 2,049.897 S und Feststellung, und 3) 1,200.541,53 S und Feststellung, über die Revision der drittklagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 27. Jänner 1999, GZ 3 R 195/98p-21, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 22. Juni 1998, GZ 13 Cg 51/97w-17, hinsichtlich der drittklagenden Partei bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden hinsichtlich der drittklagenden Partei aufgehoben. Die Rechtssache wird (auch) insoweit zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Kläger kauften jeweils von der beklagten Partei Eigentumswohnungen, die sich über zwei Ebenen eines Hauses mit mehreren Wohnungen, nämlich über das Kellergeschoß und das Erdgeschoß erstreckten. Die Raumhöhe im Untergeschoß liegt jeweils unter 2,50 m. Die Kläger hatten ihre Wohnungen vor dem Abschluß der Kaufverträge besichtigt und die zu geringe Raumhöhe nicht beanstandet. In dem dem Erstkläger zuletzt vorliegenden Plan wurde die Nutzung der Räume im Untergeschoß mit "Wohnen" und "Schlafen" und im Kaufvertrag als "Hobbyräume" bezeichnet. In den der Zweitklägerin und dem Drittkläger übergebenen Grundrißplänen wurden diese Räume als "Abstellraum" bezeichnet. Darüber wurde weder bei der Vermittlung noch anläßlich des Kaufvertragsabschlusses gesprochen. In dem mit dem Drittkläger geschlossenen Kaufvertrag wurde die Wohnung "mit einer Wohnfläche im Ausmaß von 48,36 m2 ...." beschrieben. In der Wohnung des Drittklägers beträgt die Raumhöhe im Untergeschoß nur 2,27 m und die geringste Durchgangshöhe im Bereich der die Wohnebenen verbindenden Stiege 1,67 m.

Die Kläger beantragten die Wandlung der Kaufverträge, die Rückzahlung ihrer Kaufpreisteilzahlungen, den Ersatz von Spesen und Aufwendungen und die Feststellung der Haftung der beklagten Partei für künftig auflaufende Kosten. Das Zahlungsbegehren des Drittklägers lautete zuletzt auf 1,200.541,53 S sA. Die Kläger gründeten ihre Ansprüche im wesentlichen darauf, daß die Höhe der im Untergeschoß liegenden Räume nicht dem § 87 der Wiener Bauordnung entspreche, weil sie deutlich unter 2,50 m liege. Auch die Durchgangshöhe der zur Verbindung der beiden Geschosse errichteten Stiegen sei zu niedrig. Zudem listeten sie weitere Mängel auf.

Die beklagte Partei wendete ein, daß die Kläger über alle wesentlichen Eigenschaften der Wohnungen informiert gewesen seien. Die zu geringe Raumhöhe stelle einen in die Augen fallenden Mangel dar, der nicht zur Wandlung berechtige. Die Widmung der Räume im Untergeschoß als Abstellräume sei mit den Klägern ausdrücklich erörtert worden. Hiefür sei ihnen als Ausgleich ein Gartenanteil angeboten worden. Die unzureichende Raumhöhe sei von den Klägern nicht gerügt worden. Hilfsweise wendete die beklagte Partei aufgelaufene Benützungsentgelte als Gegenforderungen ein, und zwar hinsichtlich des Drittklägers in Höhe von 100.000 S.

Das Erstgericht wies die Klagebegehren ab. Die Abweichung der Raumhöhe von den Bestimmungen der Wiener Bauordnung sei augenfällig gewesen, so daß die Gewährleistung hiefür gemäß § 928 ABGB ausgeschlossen sei. Auch für Abstell- und Hobbyräume sei eine Benützungsbewilligung zu erlangen. Die tatsächliche Art der Benützung könne von der Behörde ohnehin nicht geprüft werden.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil hinsichtlich des Erstklägers und der Zweitklägerin auf und verwies die Rechtssache insoweit an das Erstgericht zurück. Hinsichtlich des Drittklägers bestätigte es das klageabweisende Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Gegenüber dem Erstkläger seien die Räume im Untergeschoß als "Wohn- und Schlafräume" bezeichnet worden. Entgegen dieser Zusage könne der Erstkläger mit der Benützungsbewilligung dieser Räume als Aufenthaltsräume im Sinn der Wiener Bauordnung nicht rechnen, weil die Höhe nur 2,27 m bzw 2,28 m betrage. Im Grundrißplan der Zweitklägerin werde zwar der Raum im Untergeschoß als Abstellraum bezeichnet, es sei aber auch im Obergeschoß ein Raum vorhanden, der nur 2,43 m hoch sei. Damit sei auch hier eine ausdrücklich zugesicherte Eigenschaft, nämlich daß sich im Obergeschoß bewohnbare Zimmer befänden, nicht eingehalten worden. Die aufgezeigten Mängel stellten Rechtsmängel dar. Diese seien für die Kläger frühestens mit der Erstattung des Privatgutachtens im Frühjahr 1997 erkennbar gewesen. Der Mangel sei wesentlich und unbehebbar und berechtige daher den Erstkläger und die Zweitklägerin zur Wandlung. Da Feststellungen insbesondere zur Höhe der Klageforderungen und der Gegenforderung fehlten, sei das Ersturteil in diesem Umfang zur Verfahrensergänzung aufzuheben.

Die im Obergeschoß des Drittklägers gelegenen Räumlichkeiten unterschritten die Höhe von 2,50 m nicht. Nach seinem Grundrißplan sei der Raum im Untergeschoß als Abstellraum angeführt. Der Drittkläger habe - im Gegensatz zur Zweitklägerin - auch nicht vorgebracht, daß ihm diese Widmung aufgefallen und daß ihm zugesichert worden sei, daß es sich um einen alten Plan handle und ein neuer Plan in Ausarbeitung sei. Ihm sei somit die Nutzungsmöglichkeit des Untergeschosses durch die Planbezeichnung "Abstellraum" bekanntgewesen, sodaß ungeachtet der Bezeichnung im Kaufvertrag "Wohnfläche 48,36 m2" von einer ausdrücklichen Zusage, daß das Untergeschoß für Wohnzwecke benützt werden könne, keine Rede sein könne. Damit scheide ein Wandlungsanspruch aus dem Titel der Gewährleistung aus. Die aktuelle Fassung der Wiener Bauordnung (Novelle 1996) verlange keine Mindestnutzfläche pro Aufenthaltsraum sondern nur eine Gesamtnutzfläche von 30 m2 und das Vorhandensein eines Aufenthaltsraumes. Diese Voraussetzungen seien bei der Wohnung des Drittklägers erfüllt. § 106 Abs 3 WBO, der eine lichte Höhe von 2,10 m bei Stiegen vorsehe, gelte nicht für Stiegen innerhalb eines Wohnverbandes, sodaß auch wegen der festgestellten Durchgangshöhe bei der Stiege kein zur Wandlung berechtigender Mangel vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Drittklägers ist zulässig und im Sinn der Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen berechtigt.

Der Umstand, daß um die Baubewilligung für das betreffende Gebäude noch vor Inkrafttreten der Novelle der Wiener Bauordnung 1996 angesucht wurde, vermag zwar nichts daran zu ändern, daß für die Frage der konsensmäßigen Benützung der einzelnen Räume der Wohnungen die derzeitige Rechtslage maßgebend ist, die vom Berufungsgericht richtig dargestellt wurde. Demnach sind zwar auch bei der vom Drittkläger gekauften Eigentumswohnung die Voraussetzungen für die Benützung als Wohnung erfüllt. Die Räume im Untergeschoß sind jedoch demnach wegen ihrer zu geringen Höhe zur Gänze nicht als Aufenthaltsräume im Sinn des § 87 Abs 3 der Wiener Bauordnung 1996 zu verwenden. Hiefür steht lediglich ein kleinerer Raum im Obergeschoß zur Verfügung. Gerade jenes Zimmer, das an einen Umkleideraum und das Bad anschließt, kann nicht als Aufenthaltsort für die Bewohner, sondern nur für untergeordnete Zwecke - etwa als Abstellraum - genutzt werden, obgleich die Wohnung ohnehin relativ klein ist und ansonsten nur ein einziger, zu Wohnzwecken im engeren Sinn nutzbarer Raum vorhanden ist.

Dessen ungeachtet wurde die Wohnung als "Maisonette" angepriesen und im Kaufvertrag eine "Wohnfläche im Ausmaß von 48,36 m2 zugesichert. Die Revision weist zutreffend darauf hin, daß ein Kaufinteressent unter diesen Umständen erwartet, daß der Flächenanteil der zum Aufenthalt geeigneten Räume gegenüber den der im üblichen Sprachgebrauch als "Nebenräume" nutzbaren Räume übrsteigt. Insbesondere auch der Begriff der "Maisonette" erweckt die Erwartungshaltung, daß ein Wohnen im engeren Sinn auf zwei Ebenen möglich ist und daß sowohl das Untergeschoß als auch das Obergeschoß als Aufenthaltsort in Anspruch genommen werden kann. Nach der Art der Präsentation der Wohnung gegenüber dem Kunden mußte dieser annehmen, zumindest die beiden größeren Räume der Wohnung nach seinem Belieben nutzen zu dürfen. Allein aus der im Plan hervorgehenden Bezeichnung des Raumes im Untergeschoß als "Abstellraum" wurde für den Durchschnittskunden noch nicht hinreichend klargestellt, daß dieser Raum nach den Bestimmungen der Bauordnung tatsächlich nicht anders verwendet werden dürfe. Es entspricht vielmehr der vom Käufer einer ihm als "Maisonette" angepriesenen Eigentumswohnung erwarteten "gewöhnlichen Eigenschaft", daß ihm auf beiden Wohnebenen zumindest jeweils ein Raum für seinen Aufenthalt zur Verfügung steht und daß ein geplanter Umkleideraum und ein geplantes Bad nicht an einen Abstellraum sondern etwa an ein Schlafzimmer anschließen. Die Erwartungshaltung des Käufers, die auch dem Verkäufer bewußt sein mußte, daß die beiden größten Räume einer "Wohnung" auch zu Wohnzwecken im engeren Sinn und nicht bloß gleichsam als Keller nutzbar sind, bedurften im Gegensatz zur Ansicht des Berufungsgerichtes auch keiner besonderen Zusicherung, weil dies zu den im Verkehr gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften einer Maisonette, die keiner eigenen Abrede bedürfen, gehört (vgl Koziol/Welser, Grundriß10 I, 253; Reischauer in Rummel2 I Rz 4 zu § 923 ABGB mwN). Es wäre im Gegenteil Sache der beklagten Partei gewesen, den Drittkläger ausdrücklich darauf aufmerksam zu machen, daß der im Verhältnis zur Gesamtwohnfläche "größte" Raum im Untergeschoß von Gesetzes wegen nicht als Wohnraum im engeren Sinn Verwendung finden dürfe.

Die im Hinblick auf die Bezeichnung der Wohnung als Maisonette und der Anpreisung einer "Wohnfläche" von 48,36 m2 unauffällige und unklare Beschreibung des Raumes im Untergeschoß als "Abstellraum" geht gemäß § 915 ABGB zu Lasten der beklagten Patei als Kaufvertragsverfasserin.

Die bloß eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit mußte dem Drittkläger, als er die Wohnung vor dem Kaufvertagsabschluß besichtigte, ebensowenig auffallen als den anderen Klägern, hinsichtlich derer das Berufungsgericht zutreffend und von der beklagten Partei unwidersprochen ausgeführt hat, daß eine Kenntnis der Vorschriften der Wiener Bauordnung nicht ohne weiteres vorauszusetzen sei und daß aus dem bloßen Eindruck "niederer" Räume nicht von vornherein auf eine fehlende Möglichkeit, die "niederen" Räume gesetzeskonform zu Wohnzwecken im engeren Sinn zu benützen, geschlossen werden müsse. Für die Käufer sei daher frühestens mit der Erstattung des im Verfahren vorgelegten Privatgutachtens über die den Kaufobjekten anhaftenden Mängel die Erkennbarkeit des Rechtsmangels anzunehmen. Aus diesen zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes, die zur Bejahung des Wandlungsanspruches des Erstklägers und der Zweitklägerin im zweitinstanzlichen Verfahren führten und auf die gemäß § 510 Abs 3 ZPO verwiesen werden kann, ist auch dem Drittkläger ein Wandlungsanspruch schon aufgrund des aufgezeigten wesentlichen und unbehebbaren Mangels der zu niederen Raumhöhe zu bejahen. Auf die weiteren Revisionsausführungen ist daher nicht weiter einzugehen. Die Rechtssache betreffend den Drittkläger ist somit ebenfalls noch nicht spruchreif, weil insgesamt Feststellungen über die Höhe der Klageansprüche und über die Höhe der Gegenforderung, teilweise aber auch zur Frage der Berechtigung einzelner Ansprüche fehlen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

Rechtssätze
1
  • RS0112236OGH Rechtssatz

    15. Juli 1999·1 Entscheidung

    Der Begriff der "Maisonette" erweckt die Erwartungshaltung, daß ein Wohnen im engeren Sinn auf zwei Ebenen möglich ist und daß sowohl das Untergeschoß als auch das Obergeschoß als Aufenthaltsort in Anspruch genommen werden kann. Allein aus der im Plan hervorgehenden Bezeichnung des Raumes im Untergeschoß als "Abstellraum" wird für den Durchschnittskunden noch nicht hinreichend klargestellt, daß dieser Raum nach den Bestimmungen der Bauordnung tatsächlich nicht anders verwendet werden dürfe. Es ist Sache des Verkäufers, den Käufer ausdrücklich darauf aufmerksam zu machen, daß der im Verhältnis zur Gesamtwohnfläche "größte" Raum im Untergeschoß von Gesetzes wegen nicht als Wohnraum im engeren Sinn Verwendung finden dürfe. Die bloß eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit mußte dem Käufer, als er die Wohnung vor dem Kaufvertagsabschluß besichtigte, nicht auffallen zumal aus dem bloßen Eindruck "niederer" Räume nicht von vornherein auf eine fehlende Möglichkeit, die "niederen" Räume gesetzeskonform zu Wohnzwecken im engeren Sinn zu benützen, geschlossen werden muß. Die im Hinblick auf die Bezeichnung der Wohnung als Maisonette und der Anpreisung einer "Wohnfläche" von 48,36 Quadratmetern unauffällige und unklare Beschreibung des Raumes im Untergeschoß als "Abstellraum" geht gemäß § 915 ABGB zu Lasten der beklagten Partei als Kaufvertragsverfasserin.