JudikaturJustiz6Ob598/86

6Ob598/86 – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. November 1987

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Johanna S***, Beamtin, und 2.) Annemarie S***, Arbeitslehrerin, beide in Wien 18., Theresiengasse 5/9, beide vertreten durch Dr. Werner Schwind, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Karl P***, Kaufmann, 2.) Johann P***, Postbediensteter, und 3.) Maria P***, Pensionistin, alle in Wien 4., Schönburggasse 25/11, alle vertreten durch Dr. Heinrich Gussenbauer, Rechtsanwalt in Wien, und zwar in Ansehung der drittgenannten beklagten Partei in seiner Eigenschaft als Sachwalter, wegen Rechtsunwirksamkeit einer letztwilligen Verfügung der am 12.Mai 1974 gestorbenen Martha D*** (Streitwert 310.000 S), hilfsweise wegen Feststellung der Erbunwürdigkeit infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 22.Januar 1986, GZ 17 R 282/85-106, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 30.Mai 1985, GZ 40 b Cg 25/79-100, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird stattgegeben. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung:

Martha D*** ist am 12.Mai 1974 (im 89.Lebensjahr) gestorben. Im notariellen Testament vom 27.September 1973 hatte sie die Drittbeklagte und deren Ehegatten zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt. (Die Klage war gegen die nunmehrige dritte Beklagte und deren Ehegatten eingebracht worden, der Ehegatte der Drittbeklagten ist während des Rechtsstreites am 1.Dezember 1982 gestorben. Sein Nachlaß wurde der Drittbeklagten und den beiden weiteren beklagten Parteien eingeantwortet, die dadurch in die Prozeßstellung des ursprünglichen Erstbeklagten eingetreten sind. Die Drittbeklagte und ihr verstorbener Ehemann werden in der Folge als "Testamentserben" bezeichnet.) Die Mutter der Erblasserin und die Großmutter der Klägerinnen waren Schwestern, die Großeltern der Erblasserin daher die Urgroßeltern der Klägerinnen. Eine Schwester der Erblasserin und die beiden Klägerinnen waren die einzigen Verwandten, die die Erblasserin überlebten. Im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung wurde das Testament vom 27.September 1973 am 4.Juli 1974 kundgemacht. Einen Tag zuvor hatten die beiden Testamentserben aufgrund der genannten letztwilligen Verfügung Erbserklärungen abgegeben. Diese nahm das Abhandlungsgericht mit dem Beschluß vom 24.Juli 1974 entgegen. Die Klägerinnen hatten schon vor der Kundmachung des Testamentes und der Annahme der aufgrund dieser letztwilligen Verfügung abgegebenen Erbserklärungen zu Gericht vom Abhandlungsverfahren Kenntnis. Mit einer Eingabe vom 19.Juni 1974 hatten sie eine Ersatzforderung für Pflegeleistungen angemeldet. Die Schwester der Erblasserin hatte - wie in dem von ihr selbst gegen die Testamentserben angestrengten Anfechtungsprozeß (39 f Cg 373/75 des Erstgerichtes) festgestellt wurde - verschiedene Erklärungen zur Geltendmachung ihres gesetzlichen Erbrechtes abgegeben:

An den von den Testamentserben bevollmächtigten Notar richtete sie auf dessen Kontaktaufnahme hin die handschriftliche Erklärung vom 14.Juni 1974, mit der sie ihm mitteilte, daß sie auf die Erbschaft ihrer Schwester verzichte. Die Testamentserben legten diese schriftliche Mitteilung gleichzeitig mit ihrer Erbserklärung vom 3.Juli 1974 durch ihren Erbenvertreter dem Abhandlungsgericht vor.

Am 14.November 1974 gab die Schwester der Erblasserin durch ihren anwaltlichen Vertreter eine Erbserklärung aufgrund des Gesetzes ab, fügte in ihrer diesbezüglichen Eingabe an das Abhandlungsgericht aber folgende Erklärung bei: "Gleichzeitig trete ich meinen Anspruch auf das Erbe meiner am 12.Mai 1974 in Wien verstorbenen Schwester....an meine beiden Nichten...." (die nunmehrigen beiden Klägerinnen) "... ab." Die Schwester der Erblasserin kündigte bei dieser Gelegenheit auch an, daß sie das Testament wegen Mangels der Testierfähigkeit der Erblasserin anfechten werde. Das Abhandlungsgericht wies diese Erbserklärung mit der Begründung zurück, daß die Schwester der Erblasserin sich mit ihrer (an den Vertreter der Testamentserben gerichteten) Erklärung ihres Erbrechtes entschlagen habe und diese (durch die Testamentserben vorgelegte) Erklärung vom Gericht auch formlos zur Kenntnis genommen worden und damit unwiderruflich geworden sei. Mit der abändernden Rekursentscheidung vom 5.Februar 1975 wurde die von der Schwester der Erblasserin aufgrund des Gesetzes abgegebene Erbserklärung zu Gericht angenommen. Das Abhandlungsgericht wies daraufhin der Schwester der Erblasserin gegenüber den Testamentserben die Klägerrolle zu.

Am 16.April 1975 erhob die Schwester der Erblasserin gegen die Testamentserben klageweise das Begehren auf Feststellung, daß das Testament vom 27.September 1973 ungültig sei, und ihr aufgrund des Gesetzes das Erbrecht zum Nachlaß ihrer Schwester zustünde. In diesem Rechtsstreit wertete der Oberste Gerichtshof in seiner Rekursentscheidung vom 8.Juli 1976 zu 6 Ob 579/76 die in dem an den Vertreter der Testamentserben gerichteten Schreiben vom 14.Juni 1974 enthaltene Erklärung als eine zur Vorlage an das Abhandlungsgericht bestimmte Erklärung der Erbsentschlagung, die infolge einer nachfolgenden, wenn auch bloß formlosen Kenntnisnahme durch das Abhandlungsgericht unanfechtbar geworden sei, so daß der Schwester der Erblasserin die Anspruchsberechtigung fehle. Im Sinne dieser Rechtsansicht bestätigte der Oberste Gerichtshof in seiner Revisionsentscheidung vom 27.Januar 1977 zu 6 Ob 732/76 die berufungsgerichtliche Bestätigung des klagsabweisenden erstinstanzlichen Urteiles.

Am 12.Dezember 1977 gaben die beiden Klägerinnen Erbserklärungen ab. Mit abhandlungsgerichtlichem Beschluß vom 20.Dezember 1978 wurde ihnen gegenüber den Testamentserben die Klägerrolle zugewiesen. Die zweite Klägerin hatte bereits am 10.Januar 1975 dem Abhandlungsgericht die Ablichtung einer handschriftlichen, mit 23. Mai 1974 datierten Erklärung der Schwester der Erblasserin vorgelegt, die als "Verzichtserklärung" überschrieben ist und nach deren Inhalt die Ausstellerin als Schwester auf das Universalerbe zugunsten ihrer beiden Großnichten, den nunmehrigen Klägerinnen, verzichte.

Am 29.Januar 1979 brachten die Klägerinnen gegen die Testamentserben die Klage mit dem Begehren an, die Ungültigkeit des Testamentes vom 27.September 1973 wegen damals vorliegender Testierunfähigkeit der Erblasserin festzustellen und auszusprechen, daß den Klägerinnen aufgrund des Gesetzes das Erbrecht zum Nachlaß nach der am 12.Mai 1974 gestorbenen Erblasserin zustünde. Dieses Begehren erweiterten die Klägerinnen im Zuge des Rechtsstreites um das Eventualbegehren, daß sich die Testamentserben erbunwürdig gemacht hätten und den Klägerinnen deshalb aufgrund des Gesetzes das Erbrecht zukäme.

Die beklagten Parteien bestritten die Anfechtungsberechtigung der Klägerinnen mit der Begründung, daß diese als Verwandte der dritten Linie durch die Schwester der Erblasserin als einer Angehörigen der zweiten Linie vom gesetzlichen Erbrecht ausgeschlossen seien. Sie bestritten die behauptete Testierunfähigkeit der Erblasserin und ebenso die von den Klägerinnen vorgebrachten Tatumstände, aus denen sich die Erbunfähigkeit ergeben sollte. Ausdrücklich wendeten die beklagten Parteien die Verjährung des Testamentsanfechtungsanspruches ein, "da die Klägerinnen ihre Erbserklärung erst im Dezember 1977 vor Gericht abgegeben haben".

Das Erstgericht gelangte nach einem umfangreichen Beweisverfahren zur Beurteilung, daß der Erblasserin zur Zeit der Testamentserrichtung die Testierfähigkeit gefehlt habe, und gab dem Klagebegehren statt. Zum Verjährungseinwand vertrat das Erstgericht die Ansicht, daß die Frist zur Anfechtung des Testamentes für die gesetzlichen Erben erst mit dem Eintritt der Rechtskraft ihrer Verweisung auf den Rechtsweg zu laufen begonnen habe und die Klage danach rechtzeitig erhoben worden sei.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil im Sinne einer Abweisung des Haupt- und des Hilfsbegehrens ab. Dazu sprach es aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S, nicht jedoch 300.000 S übersteigt. Es sprach weiters aus, daß die Revisionszulässigkeitsvoraussetzung nach dem § 502 Abs 4 Z 1 ZPO vorliege.

Das Berufungsgericht nahm im Sinne der Einwendung der beklagten Parteien Verjährung an. Es folgerte, daß die Klägerinnen am 24.Juli 1974, als das Abhandlungsgericht die Erbserklärungen der Testamentserben angenommen habe, das nun strittige Testament gekannt und von der gerichtlichen Abhandlung gewußt hätten sowie davon hätten Kenntnis nehmen können, daß die Erbserklärungen der Testamentserben zu Gericht angenommen worden seien. Die Frist des § 1487, erster Fall ABGB habe daher für die Klägerinnen mit der Annahme der Erbserklärungen der Testamentserben am 24.Juli 1974 zu laufen begonnen, zumal die Schwester der Erblasserin am 14.Juni 1974 eine rechtswirksame Erbsentschlagungerklärung abgegeben gehabt habe. Die Klägerinnen hätten erst drei Jahre und viereinhalb Monate nach den Testamentserben Erbserklärungen abgegeben. Zu diesem Zeitpunkt sei ihr Recht, den letzten Willen der Erblasserin umzustoßen, bereits verjährt gewesen. Die spätere abhandlungsgerichtliche Zuweisung der Klägerrolle habe daran nichts mehr zu ändern vermocht. Die Klägerinnen fechten das abändernde Berufungsurteil wegen qualifiziert unrichtiger rechtlicher Lösung der für die Entscheidung des Rechtsstreites erheblichen Frage nach dem Beginn des Laufes der dreijährigen Verjährungsfrist im ersten Fall des § 1487 ABGB mit einem auf Wiederherstellung des Urteiles erster Instanz abzielenden Abänderungsantrag an.

Die Beklagten streben die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig. Sie ist auf einen nach § 503 Abs 2 ZPO tauglichen Anfechtungsgrund gestützt und auch berechtigt.

Das rechtliche Schicksal der einem Verstorbenen nicht bloß höchstpersönlich zugeordneten Rechtszuständigkeiten soll sich in dem durch Pflichtteilsrecht und sondergesetzliche Beschränkungen abgesteckten Rahmen nach der zeitlich letzten, in gehöriger Form geäußerten Anordnung des Erblassers richten, in Ermangelung einer derartigen Anordnung nach der gesetzlichen Erbfolgeordnung als der typischerweise unterstellten Regelungsabsicht. Treten nach dem Erbfall Zweifel am wahren Willen des Erblassers auf, wie er in einer letztwilligen Anordnung zum Ausdruck gekommen ist, sind diese Zweifel nicht in einem für alle nach dem Erbfall in Betracht kommenden anspruchsberechtigten Personen geführten Verfahren ein für allemal bindend zu klären, die Frage bleibt vielmehr der individuellen Streitaustragung zwischen den jeweiligen Trägern der widerstreitenden Interessen vorbehalten. Einer derartigen Entscheidung kommt auch keine erweiterte Rechtskraftwirkung für Personen zu, die am betreffenden Streitbereinigungsverfahren nicht beteiligt waren. Im Falle eines Widerstreites gesetzlich berufener und letztwillig berufener Erbansprecher wird bei einer Personenmehrheit auf der einen oder anderen Seite über die Rechtswirksamkeit der letztwilligen Verfügung, auf die sich die testamentarisch berufenen Erbansprecher stützen können, mit Bindungswirkung nur zwischen den Prozeßparteien im Rechtsstreit über das relativ bessere Erbrecht entschieden.

Jedem, dem bei Hinfälligkeit einer strittigen letztwilligen Verfügung Ansprüche auf die Verlassenschaft oder Teile von ihr zustünden, kommt ein eigener, nur seine eigenen Interessen berührender Anspruch auf Klärung der Rechtswirksamkeit der letztwilligen Verfügung gegen diejenigen zu, die aus der strittigen Verfügung Ansprüche für sich ableiten. Dieser Anspruch entsteht mit der Aktualisierung des konkreten Interessenwiderspruches zwischen den individuellen Trägern dieser widersetzlichen Interessen. Spätestens mit der Annahme der auf ein strittiges Testament gestützten Erbserklärungen der Testamentserben zu Gericht wird der Interessenswiderspruch zu allen Angehörigen des Erblassers aktualisiert, die ihrerseits aufgrund des Gesetzes die Erbschaft anzutreten beabsichtigen. Die tatsächliche Geltendmachung des Erbanspruches durch die gesetzlich Berufenen vermag das Entstehen des klagbaren Anspruches und damit den Beginn der Verjährungsfrist nach dem ersten Fall des § 1487 ABGB nicht hinauszuschieben, soweit die Geltendmachung im Belieben des Erbansprechers liegt. Es steht aber nicht im Belieben eines nach der gesetzlichen Erbfolgeordnung erst nach anderen Personen Berufenen, seine Erbansprüche geltend zu machen, solange nicht feststeht oder doch wenigstens feststellbar ist, daß die Berufung des vor ihm Reihenden ausfällt. Beruht ein derartiger Ausfall auf der freien Willensentscheidung des zunächst Berufenen, insbesondere auf dessen Erbsentschlagung, tritt ein ihm Nachgereihter, zur Erbschaft Berufener erst mit der Erbsentschlagung in den für die Entstehung eines klagbaren Anspruches gegen den Testamentserben entscheidenden Interessensgegensatz. Vorher wäre ein erst infolge Erbsentschlagung eines vor ihm Reihenden, zur Erbschaft berufenen zum Zuge kommenden Erbansprecher gegenüber einem Testamentserben nicht zur Klage berechtigt. Der nachgereiht Berufene erwirbt zwar rückwirkend auf den Erbanfall die Rechtsstellung aus der Berufung zum Erben, kann diese Rechtsstellung aber solange nicht mit Aussicht auf Erfolg geltend machen, solange der Ausfall eines vor ihm in der Berufung Reihenden nicht feststeht oder feststellbar ist. Im Falle abgeleiteten Erwerbes des einem anderen angefallenen Erbrechtes durch Schenkung oder Kauf würde der Erwerber allerdings in die Rechtsstellung des Veräußerers gegenüber dem Testamentserben eintreten und sich einen bereits abgelaufenen Teil der Verjährungszeit anrechnen lassen müssen.

Der im anhängigen Rechtsstreit von den beiden Verwandten der Erblasserin aus der dritten Linie gegen die Tetamentserben erhobene Anspruch wäre im Falle einer Schenkung (von den Klägerinnen angenommener Verzicht der Schwester der Erblasserin zugunsten der Klägerinnen) von den Klägerinnen so miterworben worden, wie er der Veräußerin zugestanden war, also mit der spätestens seit 24.Juli 1974 laufenden Verjährungsfrist. Im Falle einer Erbsentschlagung seitens der Schwester der Erblasserin wäre der gegen die Testamentserben erhobene Anspruch aber originär in der Person der Klägerinnen in dem Zeitpunkt entstanden, in dem die Erbsentschlagung wirksam geworden war. Von diesem Zeitpunkt an liefe im Falle der Erbsentschlagung die Verjährungsfrist, falls er nach der Erhebung der Erbansprüche durch die Testamentserben gelegen wäre. Für die Anspruchsberechtigung und den Beginn der Verjährungsfrist ist die objektive Rechtsstellung unabhängig von der tatsächlichen Kenntnis und der rechtlichen Beurteilung durch die Anspruchsberechtigten maßgebend.

Der von der Schwester der Erblasserin gegen die Testamentserben geführte Prozeß vermochte eine Anspruchsverfolgung der Klägerinnen selbst nicht zu ersetzen (GlU 11.589).

Die von der Schwester der Erblasserin in Ansehung des ihr - mangels wirksamer letztwilliger Verfügung - angefallenen Erbrechtes abgegebene Erklärung ist grundsätzlich ohne Bindung an die im vorangegangenen Rechtsstreit ausgesprochenen Rechtsansichten als unwiderrufliche Verfahrenserklärung gegenüber dem Abhandlungsgericht, als Rechtsgeschäftserklärung gegenüber den Klägerinnen oder als eine wegen Form- oder Inhaltsmängeln unbeachtliche Äußerung zu werten, soweit nicht eine im Abhandlungsverfahren darüber gefällte Entscheidung eine auch in anderen Verfahren zu beachtende Tatbestandswirkung ausübte. Unabhängig von der Beurteilung, wann eine Erbsentschlagung unwiderruflich wird, ob es hiezu einer ausdrücklichen Beschlußfassung des Abhandlungsgerichtes über die Annahme der Erbsentschlagung bedürfe oder ob sich auch an eine nicht ausdrückliche Entgegennahme der Verfahrenserklärung durch das Abhandlungsgericht die Unwiderruflichkeit knüpfe, sind nach allgemeinen Verfahrensgrundsätzen Rechtskraftwirkungen nur einer spruchmäßigen Entscheidung beizulegen. Als solche spruchmäßige Entscheidung lag aber nur die rekursgerichtliche Annahme der von der Schwester der Erblasserin abgegebenen Erbserklärung vor, deren Unbeachtlichkeit für das weitere Abhandlungsverfahren sich erst mit der rechtskräftigen Entscheidung in dem von der Schwester der Erblasserin gegen die Testamentserben angestrengten Rechtsstreit ergab. Mit Eintritt der Rechtskraft des zu 6 Ob 732/76 ergangenen Revisionsurteiles vom 27.Januar 1977 war auch in der Abhandlung der Verlassenschaft davon auszugehen, daß der Schwester der Erblasserin - infolge Erbsentschlagung - kein Erbanspruch zustehe. Wäre der im genannten Vorprozeß zugrundegelegten rechtlichen Beurteilung im anhängigen Rechtsstreit nicht beizutreten, weil keine rechtswirksame Erbsentschlagung der Schwester der Erblasserin anzunehmen sei, dann wäre es ab Zustellung des Revisionsurteiles im Vorprozeß an den Vertreter der Schwester der Erblasserin Sache der Klägerinnen gewesen, die in ihrer Person etwa begründeten Erbansprüche geltend zu machen. Eine nicht vor dem 27.Januar 1977 in Gang gesetzte dreijährige Frist wäre am 29.Januar 1979 noch nicht abgelaufen gewesen.

Teilte man aber die im Vorprozeß vertretene Beurteilung, daß die von der Schwester der Erblasserin dem Vertreter der Testamentserben brieflich gemachte Mitteilung, auf die Erbschaft zu verzichten, als eine für das Abhandlungsgericht bestimmte Erbsentschlagungserklärung anzusehen sei, die das Abhandlungsgericht in der Folge auch formlos zur Kenntnis genommen habe, dann wäre zu prüfen, ob die ungeachtet der als Erbsentschlagung beurteilten Erklärung erfolgte Annahme der von der Schwester der Erblasserin abgegebenen Erbserklärung, die daraufhin erfolgte Zuteilung der Klägerrolle und der nachfolgende Prozeß der Schwester der Erblasserin gegen die Testamentserben Einfluß auf die Möglichkeit und Notwendigkeit einer parallelen Verfolgung ihrer eigenen, gegenüber den Erbansprüchen der Schwester der Erblasserin aber subsidiären Ansprüche der Klägerinnen gegen die Testamentserben zu üben vermochten.

Unter ausdrücklicher Aufrechterhaltung des oben ausgeführten Grundsatzes, daß die Klagsführung eines kraft Gesetzes Berufenen gegen einen Testamentserben eine entsprechende Anspruchsverfolgung eines anderen kraft Gesetzes Berufenen gegenüber dem Testamentserben nicht ersetzen könne, ist in dem zur Beurteilung vorliegenden Fall für die Zeit der Anspruchsverfolgung durch die Schwester der Erblasserin eine Hemmung der Verjährungsfrist anzunehmen, weil der zwischen der Schwester der Erblasserin (als einer Angehörigen der zweiten Linie) und den Klägerinnen (als Angehörige der dritten Linie) theoretisch auszutragende Streit um die aufrechte Wirksamkeit der gesetzlichen Berufung zum Erben in dem von der Schwester der Erblasserin als Erbansprecherin gegen die Testamentserben geführten Rechtsstreit, soweit deren Interessen berührt waren, mitentschieden wurde und eine parallele gleichzeitige Prozeßführung durch mehrere einander vom Erbrecht ausschließende Gesetzeserben nicht im wohlverstandenen Interesse auch nur eines der Beteiligten gelegen sein konnte. Eine von den Testamentserben etwa aufgestellte Forderung, die Zeit ihrer Prozeßführung gegen die Schwester der Erblasserin bei Berechnung der Verjährungszeit für die Ansprüche der Klägerinnen unberücksichtigt zu lassen, wäre Rechtsmißbrauch. Zwischen der Vorlage der mit 14.Juni 1974 datierten Erklärung der Schwester des Erblassers an den Vertreter der Testamentserben durch diese an das Abhandlungsgericht mit der Eingabe vom 3.Juli 1974 (als frühesten Termin für den Beginn der Verjährungsfrist) und der Klagserhebung durch die Schwester der Erblasserin am 16.April 1975 verstrichen neueinhalb Monate. Vom Tag der Revisionsentscheidung zu 6 Ob 732/76 vom 27.Januar 1977 (die Zustellung an den Klagevertreter muß denknotwendig später erfolgt sein) bis zur Erhebung der Klage durch die Klägerinnen am 29.Januar 1979 verstrichen zwei Jahre und zwei Tage. Läßt man die - aus den dargelegten besonderen Umständen des vorliegenden Falles - als Hemmungszeitraum gewertete Dauer des Vorprozesses unberücksichtigt, waren im Zeitpunkt der Klagserhebung durch die Klägerinnen von der von ihnen zu beachtenden dreijährigen Verjährungsfrist nach dem ersten Fall des § 1487 ABGB keinesfalls mehr als zwei Jahre und zehn Monate verstrichen.

Zur Beurteilung der vom Berufungsgericht als abgelaufen angesehenen Verjährungszeit bedarf es nach den dargelegten Folgerungen keiner Entscheidung darüber, ob die Schwester des Erblassers eine Erbsentschlagung wirksam erklärte und wann eine solche Erklärung wirksam geworden war.

Entgegen der berufungsgerichtlichen Ansicht ist der von den Klägerinnen gegen die Testamentserben klageweise erhobene Anspruch nicht verjährt.

Das Berufungsgericht wird sich unter Bindung an diese Rechtsansicht einer neuerlichen Entscheidung über die von den Beklagten erhobene Berufung zu unterziehen haben.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.