JudikaturJustiz6Ob32/98v

6Ob32/98v – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. April 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Klemens D*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Clemens F*****, wider die beklagte Partei Die B***** AG *****, vertreten durch Dr.Amhof Dr.Damian, Rechtsanwälte Partnerschaft in Wien, wegen Löschung eines Pfandrechtes (Streitwert 5,000.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 6.November 1997, GZ 15 R 155/97t-30, mit dem das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 15. Mai 1997, GZ 30 Cg 157/95f-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit S 33.525 (darin enthalten S 5.587,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die C*****-GesmbH stand mit der beklagten Bank in jahrelanger Geschäftsbeziehung. Sie war als zuverlässiger, pünktlich zahlender Schuldner bekannt. Geschäftsführer war der Vater des Gemeinschuldners. Nach seinem Tod wurde der Gemeinschuldner zum Geschäftsführer bestellt. Er verhandelte mit der Beklagten über eine Erhöhung des Kontokorrentkreditrahmens von 3,000.000 S auf 8,000.000 S. Die Beklagte war dazu gegen entsprechende Sicherstellung bereit. Der Gemeinschuldner sagte am 14.1.1994 die Bestellung von Simultanhypotheken auf zwei Liegenschaften zu, die ihm im Erbweg nach seinem Vater zukommen sollten. Eine schriftliche Pfandbestellung erfolgte damals nicht, weil der Gemeinschuldner noch nicht Eigentümer der Liegenschaften war. Die Pfandbestellungsurkunde sollte daher nach Einantwortung der Verlassenschaft errichtet werden. Aus diesem Grund gab der Gemeinschuldner am 14.1.1994 nur eine mündliche Verpflichtungserklärung gegenüber vertretungsbefugten Organen der beklagten Partei ab und unterfertigte gleichzeitig einen Blankowechsel samt Wechseldatierungserklärung über 4,000.000 S zuzüglich Zinsen. Nach Einantwortung der Verlassenschaft im Februar 1994 - der Gemeinschuldner wurde dadurch Eigentümer der Liegenschaften - weigerte er sich, eine Verpfändungserklärung zu unterfertigen, weil es der Gesellschaft finanziell ohnedies gut gehe. Aufgrund seiner Weigerung unterblieb die Errichtung einer schriftlichen Pfandbestellungsurkunde.

Die beklagte Partei erwirkte in der Folge einen Wechselzahlungsauftrag und stellte am 23.12.1994 den Antrag auf zwangsweise Pfandrechtsbegründung durch bücherliche Einverleibung des Pfandrechtes auf den dem Gemeinschuldner nunmehr gehörigen Liegenschaften als Haupt- bzw Nebeneinlagen. Das Bezirksgericht Döbling als Gericht der Haupteinlage bewilligte diesen Antrag am 9.1.1995, die zwangsweise Pfandrechtsbegründung wurde noch am selben Tag im Grundbuch vollzogen. Das Bezirksgericht Hainfeld bewilligte den Exekutionsantrag am 18.1.1995 und vollzog die zwangsweise Pfandrechtsbegründung in Ansehung der Nebeneinlage am 19.1.1995.

Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 3.5.1995 wurde über das Vermögen des Gemeinschuldners der Konkurs eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt.

Der Masseverwalter begehrt nun, das zugunsten der Beklagten einverleibte Zwangspfandrecht zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 4,000.000 S samt Zinsen, Wechselstempel und Kosten (und die Verpflichtung des Gemeinschuldners zur Verpfändung dieser Liegenschaften) den Gläubigern im Konkurs des Gemeinschuldners gegenüber für unwirksam zu erklären. Der Erwerb des exekutiven Pfandrechtes stelle eine inkongruente Deckung im Sinn des § 30 Abs 1 Z 1 KO dar.

Die Beklagte beantragte Klageabweisung. Der Gemeinschuldner sei im Zeitpunkt der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung nicht zahlungsunfähig gewesen. Die erlangte Deckung sei kongruent, weil die Verpfändung der gegenständlichen Liegenschaften zwischen den Parteien bedungen war und der Wechsel nur zur Überbrückung des Zeitraumes bis zum Eigentumserwerb des Gemeinschuldners unterfertigt worden sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und führte aus, der vollstreckbare Wechselzahlungsauftrag gebe noch keinen Anspruch auf Sicherstellung im Sinn des § 30 Abs 1 Z 1 KO. Die von der Beklagten innerhalb der Frist des § 30 Abs 2 KO erworbenen zwangsweisen Simultanpfandrechte seien daher inkongruent. Das inhaltlich ausreichend substantiierte Pfandversprechen des Gemeinschuldners mache jedoch die nachträgliche Pfandrechtsbegründung auch in Ansehung der Zwangspfandrechte kongruent.

Das Pfandversprechen könne auch nicht gemäß § 29 KO angefochten werden, weil es nicht der Besicherung einer uneinbringlichen Forderung gegenüber der C*****gesellschaft mbH gedient habe, sondern Voraussetzung für die Erhöhung des Kontokorrentkreditrahmens der Gesellschaft gewesen sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit über 50.000 S und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung verschaffe die bloße Zusage der Pfandbestellung zwar kein Absonderungsrecht. Sie stehe jedoch bei Klagbarkeit vor Beginn der kritischen Frist der Anfechtung wegen inkongruenter Deckung einer nachträglichen Pfandgabe entgegen, sofern Zeitpunkt und Art der künftigen Sicherstellung ausreichend formuliert seien. Im vorliegenden Fall stünden Sicherungsgegenstand und Sicherungsbetrag fest, gleichfalls der Zeitpunkt der Klagbarkeit, nämlich die Einantwortung an den Gemeinschuldner im Februar 1994. Die im vorliegenden Fall vorgenommene zwangsweise Erwirkung eines vertraglichen Pfandrechtes durch Einverleibung eines Zwangspfandes sei nicht inkongruent. Wenngleich es gewisse Unterschiede zwischen vertraglichem und exekutivem Pfandrecht gebe, berühre keiner dieser Unterschiede das Verhältnis zwischen der Beklagten und den übrigen Gläubigern im Konkursverfahren.

Zur (mangelnden) Anfechtbarkeit des Pfandversprechens werde auf die zutreffenden, von der Berufung nicht mehr in Frage gestellten Ausführungen des Erstgerichts verwiesen.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Klägers ist zulässig. Der Oberste Gerichtshof hat sich bisher mit der Frage noch nicht befaßt, ob ein aufgrund eines vollstreckbaren Wechselzahlungsauftrages erwirktes Zwangspfandrecht an Liegenschaften dann eine kongruente Deckung darstellt, wenn der Schuldner die vertragliche Verpflichtung zur Pfandbestellung übernommen und gleichzeitig den Wechsel zur Besicherung der Gläubigerin bis zur Unterfertigung der schriftlichen Pfandbestellungsurkunde begeben hat. Die Revision ist hingegen nicht berechtigt.

Die Revision macht geltend, das aufgrund eines vollstreckbaren Wechselzahlungsauftrags erworbene Zwangspfandrecht sei entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes nicht kongruent. Kongruente Deckung bedeute, daß der Anfechtungsgegner einen materiellrechtlichen Anspruch auf die fragliche Rechtshandlung habe. Dies sei hier nicht der Fall. Zum einen gebe der vollstreckbare Wechselzahlungsauftrag keinen Anspruch auf Sicherstellung durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung im Sinn des § 30 Abs 1 Z 1 KO. Zum anderen begründe das Pfandversprechen des Gemeinschuldners lediglich einen (klagbaren) Anspruch auf Unterfertigung einer entsprechenden grundbuchstauglichen Pfandurkunde und führe in weiterer Folge zur Eintragung eines vertraglichen, nicht aber eines exekutiven Pfandrechts. Das zustehende vertragliche Pfandrecht könne dem tatsächlich einverleibten exekutiven Pfandrecht nicht gleichgesetzt werden.

Die auf § 30 Abs 1 Z 1 KO gestützte Anfechtung setzt voraus, daß der Gläubiger in den im Gesetz angeführten Zeiträumen eine Sicherstellung (oder Befriedigung) erlangt hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht in der Zeit zu beanspruchen hatte (sogenannte inkongruente oder abweichende Deckung). "Inkongruenz" setzt somit eine vom materiellrechtlichen Anspruch abweichende Sicherstellung (oder Befriedigung) voraus. Sie ist immer dann ausgeschlossen, wenn dem Gläubiger schon vor Beginn der in § 30 Abs 1 KO genannten Fristen ein materiellrechtlich durch Vertrag oder Gesetz begründeter klagbarer Anspruch auf die danach erlangte Sicherstellung (Befriedigung) zustand. In einem solchen Fall erhält der Gläubiger nämlich das, was ihm aufgrund der mit dem Schuldner getroffenen Vereinbarung materiellrechtlich zusteht (SZ 46/57; ÖBA 1990, 564; König, Anfechtung Rz 241 und 246 mwN). In Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre hat der Oberste Gerichtshof schon bisher die Auffassung vertreten, daß auch ein vor Beginn der kritischen Frist abgegebenes (formfreies) Pfandversprechen (§ 1368 ABGB) die später innerhalb der Frist erfolgende tatsächliche Pfandbestellung kongruent macht und damit eine Anfechtung nach § 30 Abs 1 Z 1 KO ausschließt (stRspr RS0032378 und RS0064433; SZ 46/57; RdW 1987, 124; 10 Ob 512/95; König aaO Rz 246 mwN; derselbe JBl 1993, 49; Petrasch in Rummel, ABGB2 Rz 5 zu § 1368). So wird auch die Vornahme einer hypothekarischen Sicherstellung dann als kongruent beurteilt, wenn bei der Darlehenshingabe vereinbart wurde, daß die Hypothek nach Einverleibung des Eigentumsrechts des Darlehensnehmers an der Pfandliegenschaft einverleibt werden solle (König aaO Rz 247 mwN).

Im vorliegenden Fall sagte der spätere Gemeinschuldner noch vor Beginn der für die Anfechtung maßgeblichen Fristen die Bestellung von Simultanhypotheken an bestimmten Liegenschaften vertraglich zu, die ihm erst im Erbweg zukommen sollten. Die Hypotheken sollten der Besicherung eines der GmbH (deren Geschäftsführer und Gesellschafter der Gemeinschuldner war) eingeräumten erhöhten Kontokorrentkreditrahmens dienen, wobei vereinbart war, daß die schriftliche Pfandbestellungsurkunde nach Eigentumserwerb durch den Kläger errichtet werde. Zugleich mit dem mündlichen Pfandversprechen unterfertigte der Gemeinschuldner einen Blankowechsel samt Wechseldatierungserklärung über jenen Betrag, um den die Beklagte den Kontokorrentkreditrahmen erhöhte. Diese Vereinbarung begründet einen klagbaren Anspruch auf Unterfertigung einer grundbuchsfähigen Pfandbestellungsurkunde und damit auf Einverleibung der zugesagten Simultanhypothek. Eine durch Eintragung der vertraglich zugesicherten Hypothek vorgenommene Sicherstellung wäre ohne jeden Zweifel als der Beklagten "gebührende", die Anfechtung ausschließende Deckung zu beurteilen (vgl Petrasch aaO Rz 5 zu § 1368; SZ 46/57; ÖBA 1990, 564).

Ob nun die von der Beklagten durch Einverleibung eines Zwangspfandrechts aufgrund des rechtskräftigen Wechselzahlungsauftrages tatsächlich erwirkte Sicherstellung als kongruent beurteilt werden kann, hängt davon ab, ob sie der Beklagten nach dem Inhalt der getroffenen Vereinbarung (materiellrechtlich) zustand oder sich doch nach der Gepflogenheit der Beteiligten oder der Verkehrsauffassung von der geschuldeten Leistung nicht wesentlich oder über das übliche Maß hinaus entfernt hat (SZ 46/57; SZ 57/87; Fink ÖBA 1990, 840).

Im vorliegenden Fall kam es zur Begebung des Blankowechsels offenbar deshalb, weil die Beklagte eine Sicherstellung für die gewünschte Erhöhung des Kontokorrentkreditrahmens verlangte, und der Gemeinschuldner wohl die Bestellung von Simultanhypotheken zusagte, die entsprechenden Grundstücke sich jedoch noch nicht in seinem Eigentum befanden. Der zugleich mit dem Pfandversprechen begebene Blankowechsel diente somit offenkundig der Besicherung der der Beklagten aus der Erhöhung des Kontokorrentkreditrahmens entstehenden Forderungen, wenn und solange die zugesagte Pfandbestellung nicht erfolgt ist. Er sollte der Beklagten damit auch eine Sicherung dafür bieten, daß die in Aussicht genommenen Hypotheken auf den Liegenschaften des Gemeinschuldners auch tatsächlich begründet werden. Angesichts der getroffenen Vereinbarungen in ihrem Gesamtzusammenhang mußte der Gemeinschuldner für den Fall seiner späteren Weigerung, eine grundbuchsfähige Pfandbestellungsurkunde zu fertigen (und damit für die Einverleibung des Pfandrechtes zu sorgen), auch mit der Möglichkeit der Erlassung eines Wechselzahlungsauftrages und nachfolgender Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung rechnen. Diese von der Beklagten schließlich auch tatsächlich erlangte Sicherstellung weicht somit unter Bedachtnahme auf die hier getroffenen Vereinbarungen nicht soweit von der primär geschuldeten Leistung (Begründung eines Vertragspfandes) ab, daß sie als inkongruent beurteilt werden müßte. Die Beklagte hat durch Begründung des Zwangspfandrechtes eine Sicherstellung erlangt, die ihr nach dem Gesamtzusammenhang der davor abgeschlossenen Vereinbarung zustand. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, daß das exekutive Pfandrecht einem vertraglichen Pfandrecht nicht in allen rechtlichen Konsequenzen gleichgesetzt werden kann. Wie schon das Berufungsgericht mit Recht aufzeigt, wirken sich diese Unterschiede nicht auf das Verhältnis des Berechtigten zu den übrigen Konkursgläubigern aus. Das Zwangspfandrecht vermittelt dem Gläubiger keine nicht auch durch ein vertragliches Pfandrecht bewirkten weiteren Vorteile.

Der unberechtigten Revision wird daher keine Folge gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.