JudikaturJustiz5Ob537/93

5Ob537/93 – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Februar 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Pimmer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann W*****, vertreten durch Dr.Hermann Holzmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1.) Christine S*****2.) Martha J*****, 3.) Anton J*****, 4.) Judith H*****, 5.) Ingrid J*****, alle vertreten durch Dr.Thaddäus Schäfer, Rechtsanwalt in Innsbruck, und den Nebenintervenienten auf Seite der beklagten Parteien Heinrich K*****, vertreten durch Dr.Peter Greil, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Vertragszuhaltung (Streitwert S 3,500.000,--) , infolge Rekurses des Nebenintervenienten auf Seite der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 28.Juni 1993, GZ 1 R 165/93-36, womit die Berufung des Nebenintervenienten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 12.Jänner 1993, GZ 41 Cg 1097/92b-22, als unzulässig zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Rekurswerber hat die Rekurskosten selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrt von den Beklagten die Unterfertigung eines Kaufvertrages, mit dem er die Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** von den Beklagten gekauft habe.

Die Erst-, Viert- und Fünftbeklagten verkündeten Heinrich K***** den Streit, weil durch eine Entscheidung in diesem Rechtsstreit auch seine Rechtssphäre als Vorkaufsberechtigter berührt werde.

Heinrich K***** trat auf Seite aller Beklagten als Nebenintervenient bei und brachte vor, er habe in Ausübung seines Vorkaufsrechtes mit den Beklagten als Verkäufern einen Kaufvertrag über diese Liegenschaft geschlossen; daher habe er einen Rechtsanspruch auf Verschaffung des bücherlichen Eigentums, in dem er bei Klagsstattgebung verhindert werde.

Mit Urteil des Erstgerichtes vom 12.1.1993, 41 Cg 1097/92 b-22, wurden die Beklagten schuldig erkannt, den angeschlossenen Kaufvertrag binnen 14 Tagen in beglaubigter Form zu fertigen.

Dagegen erhob der Nebenintervenient auf Seite der Beklagten fristgericht Berufung (ON 24).

Die Beklagten verzichteten auf Rechtsmittel, nahmen die Berufung des Nebenintervenienten ausdrücklich zurück und stellten den Antrag, die Berufung des Nebenintervienten aufgrund dieses Verzichtes zurückzuweisen.

Mit Beschluß vom 5.3.1993 (ON 26) wies das Erstgericht das Rechtsmittel des Nebenintervenienten zurück.

Dem dagegen vom Nebenintervenienten erhobenen Rekurs gab das Rekursgericht mit Beschluß vom 17.5.1993, 1 R 107/93-31, Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Erstgericht auf, die Berufungsschrift nach deren Zustellung an den Kläger und Ablauf der Frist zur allfälligen Erstattung einer Berufungsbeantwortung dem Berufungsgericht vorzulegen.

Der Kläger erstattete Berufungsbeantwortung.

Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Berufungsgericht die Berufung des Nebenintervenienten als unzulässig zurück.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Nebenintervenienten mit den Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Berufungsgericht eine Entscheidung in der Sache über die Berufung des Nebenintervenienten aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig (§ 519 Abs 1 Z 1 ZPO; EFSlg 57.843), aber nicht berechtigt.

Das Berufungsgericht geht (ohne nähere Begründung) ebenso wie der Rekurswerber davon aus, daß eine streitgenössische Nebenintervention vorliegt.

Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden.

Die Eigenschaft des Rekurswerbers als streitgenössischer Nebenintervenient läge gemäß § 20 ZPO nur vor, wenn das im Prozeß ergehende Urteil kraft der Beschaffenheit des streitigen Rechtsverhältnisses oder kraft gesetzlicher Vorschrift auch in bezug auf das Rechtsverhältnis des Intervenienten zum Gegner der Hauptparteien rechtlich wirksam wäre. Zum Unterschied vom einfachen Nebenintervenienten wird der streitgenössische Nebenintervenient von den Urteilswirkungen erfaßt. Dies kann seine Ursache entweder in der Eigenart des streitigen Rechtsverhältnisses oder in einer ausdrücklichen gesetzlichen Vorschrift haben. Kraft der Beschaffenheit des streitigen Rechtsverhältnisses wirkt das Urteil ua auf alle diejenigen, die von der Rechtskraft des Urteils erfaßt oder von dessen Rechtsgestaltungswirkung direkt ergriffen werden, zB für die Mutter im Ehelichkeitsbestreitungsprozeß oder die Kinder im Ehenichtigkeitsprozeß; kraft gesetzlicher Vorschrift wirkt das Urteil auf das Verhältnis zwischen dem Nebenintervenienten und dem Gegner der Hauptpartei in allen Fällen gesetzlicher Rechtskrafterstreckung (SZ 58/130; Fasching, Lehr- und Handbuch2 Rz 405 ff; Fasching, Komm II, 227 ff).

Hier liegt weder ein Fall einer gesetzlichen Rechtskrafterstreckung noch ein Fall vor, in dem das Urteil direkt auf das Verhältnis zwischen dem Nebenintervenienten und dem Kläger als Gegner der Hauptpartei wirkt. Durch die urteilsmäßige Verpflichtung der Beklagten zur Unterfertigung des Kaufvertrages wird nämlich das Verhältnis zwischen dem Kläger als Käufer und dem Nebenintervenienten als Vorkaufsberechtigten nicht unmittelbar berührt. Es handelt sich somit bloß um eine einfache Nebenintervention. Einfache Nebeninterventienten können aber keine Prozeßhandlungen setzen, die im Widerspruch zu den Prozeßhandlungen der Hauptpartei stehen; es gelten sonst die Handlungen der Hauptpartei, die widersprechenden Handlungen des Nebenintervenienten sind unwirksam (GesRZ 1991, 164 = RdW 1991, 205). Ein Rechtsmittelverzicht der Hauptpartei bindet den Nebenintervenienten; die Hauptpartei darf auch ein vom Nebenintervenienten eingebrachtes Rechtsmittel zurücknehmen (RZ 1989/94; Fasching, Lehr- und Handbuch2 Rz 404).

Bei dieser Rechtslage kann die Frage unerörtert bleiben, ob ein Rechtsmittel eines streitgenössischen Nebenintervenienten durch die Hauptpartei zurückgezogen oder ob von dieser darauf wirksam verzichtet werden kann (siehe hiezu SZ 58/130; JBl 1990, 185).

Dem unbegründeten Rekurs war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Rekurskosten gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.