JudikaturJustiz5Ob34/07x

5Ob34/07x – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. Juli 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach dem am 24. Februar 2005 verstorbenen Hans H*****, zuletzt wohnhaft gewesen in *****, vertreten durch Hausberger.Moritz.Schmidt, Rechtsanwälte in Wörgl, gegen die beklagte Partei Alexander K*****, Zahntechniker, *****, vertreten durch Dr. Thomas Wagner, Rechtsanwalt in Mattighofen, wegen Vertragsanfechtung und EUR 66.682,68 sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 24. Oktober 2006, GZ 6 R 86/06v-108, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Mit Kaufvertrag vom 11. 9. 2000 verkaufte der Beklagte dem ursprünglichen, zwischenzeitig verstorbenen Kläger (= Käufer) ein Segelboot um S 850.000. Der Käufer befand sich zur Zeit des Vertragsabschlusses in der Phase einer extremen manischen Auslenkung, die ihn an einer Realitätskontrolle in einem Ausmaß behinderte, dass er seine Angelegenheiten nicht besorgen konnte.

Die Klage des Käufers gestützt auf laesio enormis und gerichtet auf Vertragsaufhebung sowie Rückzahlung des Kaufpreises langte am 20. 9. 2001 beim Erstgericht ein. Am 26. 3. 2003 bestellte das Bezirksgericht Kufstein dem Käufer dessen Gattin zur Sachwalterin (ua) zur Vertretung in diesem Verfahren. In der Tagsatzung am 26. 3. 2004 brachte der Käufer vor, im September 2000 infolge seines damals manisch-depressiven Krankheitsbilds nicht geschäftsfähig gewesen zu sein. Eine Genehmigung der Prozessführung durch die bestellte Sachwalterin und das Sachwalterschaftsgericht veranlasste das Erstgericht nicht. Der Käufer verstarb am 24. 2. 2005. Das Erstgericht stellte mit Urteil vom 4. 1. 2006 aufgrund der bei Vertragsabschluss gegebenen Geschäftsunfähigkeit des Käufers die Rechtsunwirksamkeit des Kaufvertrags fest, verpflichtete den Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Herausgabe des Segelboots und wies ein Mehrbegehren ab.

Beide Parteien erhoben Berufungen. Der Beklagte machte Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 5 ZPO mit der wesentlichen Begründung geltend, dass die Prozessführung des Käufers von der Sachwalterin und dem Sachwalterschaftsgericht nicht genehmigt worden sei. Über Auftrag des Berufungsgerichts legte der Klagevertreter Erklärungen der Vertreterin der Verlassenschaft sowie des Abhandlungsgerichts vor, in denen jeweils die Prozessführung des Käufers genehmigt wurde.

Das Berufungsgericht verwarf die Berufung des Beklagten wegen Nichtigkeit mit der wesentlichen Begründung, dass durch die erfolgten Genehmigungen der Prozessführung durch die Vertreterin der Verlassenschaft sowie des Abhandlungsgerichts ein zuvor allenfalls gegebener Mangel im Sinn des § 477 Abs 1 Z 5 ZPO geheilt sei, sodass dieser Nichtigkeitsgrund nicht vorliege. Im Übrigen gab das Berufungsgericht der Berufung des Beklagten nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil sich das Berufungsgericht an zitierter Rechtsprechung orientieren habe können und der Entscheidung keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.

Rechtliche Beurteilung

In seiner gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts erhobenen außerordentlichen Revision macht der Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage geltend:

1.1. Nach Ansicht des Beklagten liege Nichtigkeit des Verfahrens gemäß § 477 Abs 1 Z 5 ZPO vor, weil das Erstgericht nach der Sachwalterbestellung für den Käufer keine Genehmigung der Prozessführung von der bestellten Sachwalterin und dem Sachwalterschaftsgericht eingeholt habe. Eine Sanierung dieses Nichtigkeitsgrunds nach dem Ableben des Käufers durch eine Genehmigung der Prozessführung seitens der Vertreterin des Nachlasses und des Verlassenschaftsgerichts sei nicht möglich. Derartige Genehmigungen könnten eine solche des Sachwalterschaftsgerichts - infolge unterschiedlicher Prüfungsmaßstäbe - nicht ersetzen. Nur das Sachwalterschaftsgericht berücksichtige nämlich das Wohl des Betroffenen, während das Verlassenschaftsgericht nur auf allfällige Nachteile für den Nachlass Bedacht zu nehmen habe.

1.2. Das Berufungsgericht hat sich mit dem vom Beklagten behaupteten Nichtigkeitsgrund ausdrücklich auseinandergesetzt und Sanierungsaufträge zur Heilung einer allfälligen Nichtigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens erteilt. Nach Entsprechung durch den Klagevertreter hat das Berufungsgericht die Heilung einer allenfalls vorgelegenen Nichtigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens angenommen und die Berufung des Beklagten, soweit damit Nichtigkeit geltend gemacht wurde, verworfen. Diese Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz stellt qualitativ einen Beschluss im Berufungsverfahren dar, der gemäß § 519 Abs 1 ZPO nicht bekämpfbar ist (zum Fall einer nach Ansicht des Berufungsgerichts sanierten Nichtigkeit vgl 1 Ob 196/01g = MietSlg 53.775). Eine vermeintliche Unrichtigkeit dieser Entscheidung des Berufungsgerichts kann daher auch in der Revision nicht mehr erfolgreich geltend gemacht werden. Auf die inhaltliche Behandlung des behaupteten Nichtigkeitsgrunds durch das Berufungsgericht ist demnach nicht einzugehen.

2.1. Da die Sachwalterbestellung für den Kläger mit Beschluss des Bezirksgerichts Kufstein vom 26. 6. 2003 erfolgt sei und der Klagevertreter erst mit Schriftsatz vom 13. 9. 2006 die die Prozessführung genehmigenden Erklärungen der Vertreterin des Nachlasses und des Verlassenschaftsgerichts vorgelegt habe, sei nach Ansicht des Beklagten wegen der dazwischen verstrichenen Zeit von mehr als drei Jahren, das Recht des Käufers auf Anfechtung des Kaufvertrags verjährt. Bis zum Sanierungsversuch des Berufungsgerichts sei die Klagsführung jedenfalls nichtig gewesen und habe die Verjährungsfrist nicht unterbrechen können.

2.2. Mit seiner Ansicht von der Verjährung infolge „zeitweiliger" Nichtigkeit der Klagsführung negiert der Beklagte - bei der von ihm unterstellten - 3-jährigen Verjährungsfrist - zunächst den Umstand, dass ein insoweit allenfalls vorgelegener Nichtigkeitsgrund nach der in diesem Punkt unbekämpfbaren Entscheidung des Berufungsgerichts - rückwirkend (Schubert in Fasching/Konecny² § 6a ZPO Rz 9) - saniert ist. Die Verjährung wird auch dann durch die Klage unterbrochen, wenn der Mangel einer erforderlichen besonderen Ermächtigung zur Prozessführung erst später beseitigt wird (8 Ob 91/71 = SZ 44/76). Die vom Beklagten in diesem Zusammenhang angesprochenen Entscheidungen betrafen anders gelagerte Sachverhalte (2 Ob 8/84 = SZ 57/61 [Klagsführung des Zessionars vor wirksamer Zession]; 5 Ob

57/02x = SZ 2002/64 = JBl 2003, 53 = wobl 2003/173, 323 [Vonkilch] =

immolex 2003/21, 37 = EFSlg 100.265 = EFSlg 100.274 [Genehmigung

einer Mietrechtsabtretung durch die Pflegschaftsbehörde]) und andere Rechtsfragen (nachträgliche Genehmigung im Sinn des § 865 ABGB) und sind daher nicht einschlägig.

3.1. Letztlich beruft sich der Beklagte noch auf die vom Käufer nach Vertragsabschluss geleisteten Kaufpreiszahlungen. Dass der Käufer (auch) zu den Zahlungszeitpunkten geschäftsunfähig gewesen sei, stehe nicht fest. Durch Zahlung der Kaufpreisraten habe der Käufer den abgeschlossenen Kaufvertrag nachträglich genehmigt.

3.2. Nach ständiger von der Lehre gebilligter Rechtsprechung sind Verträge von Personen, die den Gebrauch der Vernunft nicht haben und Kindern unter sieben Jahren gleichzusetzen sind, ohne Rücksicht auf ihren Inhalt absolut nichtig. Derartige Rechtshandlungen sind nicht genehmigungsfähig. Die Nichtigkeit kann daher auch dann nicht heilen, wenn der wieder handlungsfähig Gewordene den Vertrag rückwirkend bestätigt (RIS-Justiz RS0014653; RS0014652; Gschnitzer in Klang IV/1², 88; Rummel in Rummel³, § 865 ABGB Rz 2).

Der Beklagte zeigt somit insgesamt keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf, weshalb sich dessen außerordentliche Revision als unzulässig erweist und zurückzuweisen ist.