JudikaturJustiz5Ob3/16a

5Ob3/16a – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. August 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. F***** A*****, geboren *****, 2. Ing. R***** P*****, geboren *****, 3. S***** M*****, geboren *****, und 4. M***** M*****, geboren *****, beide *****, alle vertreten durch Dr. Eugen Panovits, öffentlicher Notar in Schwechat, wegen Berichtigung gemäß § 136 GBG ob EZ 28 KG ***** und EZ 1107 und 1288 je KG *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 3. Dezember 2015, AZ 3 R 155/15a, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Feldkirchen i.K. vom 28. September 2015, TZ 2201/2015, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts wie folgt lautet:

„Das Grundbuch wird ob nachgenannter Liegenschaften gemäß § 136 GBG wie folgt berichtigt:

1. In EZ 1107 KG ***** hat die Eintragung C LNR 6 zu lauten:

„6a 2469/2004 64/2014

DIENSTBARKEIT Geh und Fahrrecht auf Gst 528/13

gem P 2 Vertrag 2004-08-06 für

Gst 494/4 515/3 515/15 515/16 515/17“

2. In EZ 28 KG ***** hat die Eintragung C LNR 34 zu lauten:

„34a 1080/2013 64/2014

DIENSTBARKEIT des Geh- und Fahrweges

gem Pkt. 2. Dienstbarkeitsvertrag 2013-04-03

auf Gst 529/1 GB ***** für

Gst 494/4 515/3 515/15 515/16 515/17 je GB ***** „

3. In EZ 1288 KG ***** wird im A2 Blatt ersichtlich gemacht:

„2469/2004 64/2014 RECHT des Geh und Fahrrechtes auf Gst 528/13 für 515/17“

und

„1080/2013 64/2014 RECHT des Geh und Fahrweges auf Gst 529/1 für 515/17“

Verständigt wird:

Vollzug und Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.

Text

Begründung:

Die Erstantragstellerin ist die grundbücherliche Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ 28 KG *****. Ob dieser Liegenschaft ist sub C LNR 34 eingetragen:

„34a 1080/2013 64/2014

DIENSTBARKEIT des Geh- und Fahrweges

gem Pkt 2. Dienstbarkeitsvertrag 2013-04-03

auf Gst 529/1 GB ***** für

Gst 494/4 515/3 515/15 515/16 je GB *****“

Der die Eintragungsgrundlage bildende Dienstbarkeitsvertrag vom 3. 4. 2013 lautet auszugsweise:

„Frau (Erstantragstellerin) räumt hiemit für sich und ihre Nachfolger im Eigentum des Weggrundstücks 529/1 GB … dem Herrn … und dessen Nachfolgern im Eigentum der Grundstücke 494/4, 515/3, 515/8 und 515/10 je GB … und im Falle einer Teilung dieser Grundstücke auch im Eigentum solcher Teilgrundstücke für immerwährende Zeiten das Recht als Dienstbarkeit ein, die hiemit angenommen wird, über das ganze Grundstück 529/1 GB … in beiden Richtungen des Weges zu den vorgenannten vier berechtigten Grundstücken sowie jedem beliebigen Teil dieser Grundstücke zu gehen und mit Fahrzeugen aller Art zu fahren, … .“

Der Zweitantragsteller ist der grundbücherliche Alleineigentümer der Liegenschaft EZ 1107 KG *****. Ob dieser Liegenschaft ist sub C LNR 6 eingetragen:

„6a 2469/2004 64/2014

DIENSTBARKEIT Geh und Fahrrecht auf Gst 528/13

gem P 2 Vertrag 2004-08-06 für

Gst 494/4 515/3 515/15 515/16“

Der die Eintragungsgrundlage bildende Vertrag vom 6. 8. 2004 lautet auszugsweise:

„... räumt Herr … für sich und seine Rechtsnachfolger im Eigentum des Grundstückes 528/13 KG … Herrn … und dessen Rechtsnachfolgern im Eigentum der Grundstücke 515/3 … KG … auf immerwährende Zeiten das Recht ein, über das Grundstück 528/13 KG … in ganzer Breite und Länge zu gehen und mit Fahrzeugen aller Art zu fahren. ... Vereinbart wird, daß im Falle einer Teilung der herrschenden Grundstücke die Dienstbarkeit zugunsten aller Teilflächen bestehen bleibt. ...“

Die Drittantragstellerin und der Viertantragsteller sind die grundbücherlichen Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ 1288 KG *****.

Die Liegenschaft EZ 29 KG ***** bestand vormals (ua) aus den Gst 515/3 und 515/8. Ob dieser Liegenschaft war sub A LNR 25 eingetragen:

„GST 515/3 KG *****

25a 2469/2004 64/2014 Grunddienstbarkeit Geh und Fahrrecht auf Gst 528/13 GB ***** für Gst 494/4 515/3 515/16 je GB *****“

Weiters war sub A LNR 28 eingetragen:

„28a 1080/2013 64/2014 RECHT des Geh und Fahrweges

auf Gst 529/1 GB ***** für

Gst 494/4 515/3 515/8 515/16 je GB *****“

Das Erstgericht hat mit rechtskräftigem Beschluss vom 19. 1. 2015, TZ 113/2015, in antragsgemäßer und vollständiger Gesuchserledigung ob der EZ 29 KG ***** (ua) die Abschreibung des Trennstücks A1 aus Gst 515/3 sowie des Trennstücks A2 aus Gst 515/8 und die Neuaufstellung des Gst 515/17 durch Zuschreibung der Trennstücke A1 und A2 bewilligt.

Bei den jeweils dienenden Liegenschaften wurden die Dienstbarkeitseintragungen betreffend das neu aufgestellte Gst 515/17 nicht berichtigt. Auch bei den beiden Eintragungen A LNR 25 und A LNR 28 wurde das neu aufgestellte Gst 515/17 nicht als herrschend aufgenommen.

Das Erstgericht hat mit rechtskräftigem Beschluss vom 9. 3. 2015, TZ 466/2015, in antragsgemäßer und vollständiger Gesuchserledigung in der KG ***** die Eröffnung der neuen EZ 1288, ob der EZ 29 KG ***** die lastenfreie Abschreibung des Gst 515/17 und dessen Zuschreibung zur neu eröffneten EZ 1288 sowie die Einverleibung des Eigentumsrechts der Drittantragstellerin und des Viertantragstellers bewilligt. Eine Mitübertragung von Dienstbarkeiten erfolgte nicht.

Die Antragsteller begehrten gestützt auf § 136 GBG wie aus dem Spruch ersichtlich.

Das Erstgericht wies das Gesuch ab. Es vertrat die Rechtsansicht, dass es dem Gesuch zu TZ 113/2015 ohnehin vollinhaltlich entsprochen habe. Es habe mangels Antragstellung davon ausgehen müssen, dass eine „Ausdehnung“ der aktiven Dienstbarkeit auf das neue Grundstück 515/17 nicht gewünscht werde. § 136 GBG sei nicht anzuwenden, wenn sich nach dem Eintritt der Rechtskraft des die Eintragung bewilligenden Beschlusses herausstelle, dass der Beschluss auf fehlerhafter Grundlage beruhe.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge. Es führte rechtlich aus, dass das Gst 515/17 bei der Entscheidung des Erstgerichts zu TZ 466/2015 ein Trennstück im Sinn des LiegTeilG gewesen und für dieses eine neue Einlage (EZ 1288) gebildet worden sei. Für diesen Fall sei der mit der Grundbuchs-Novelle 2012, BGBl I 2012/30, eingefügte § 3a LiegTeilG anzuwenden. Fehle der nach § 3a LiegTeilG erforderliche Antrag, komme eine Mitübertragung der Dienstbarkeiten nicht in Frage (5 Ob 184/14s). Da in dem zu TZ 466/2015 eingebrachten Grundbuchsantrag nicht angegeben worden sei, dass Dienstbarkeiten mitübertragen werden sollten, sei die Eintragung zu TZ 466/2015 gemäß § 3a LiegTeilG (rechtskräftig) ohne Bezug auf diese Servituten erfolgt. Für eine amtswegige Vornahme von (weiteren) Grundbuchshandlungen habe im Hinblick auf die eindeutige Gesetzeslage kein Anlass bestanden. Für die Anwendung des § 136 Abs 1 GBG lägen die Voraussetzungen nicht vor, weil das Grundbuch die dem Gesetz und den rechtskräftig entschiedenen Anträgen entsprechende Rechtslage richtig und nicht offenbar unrichtig wiedergebe. Die von den Antragstellern dagegen angeführte Judikatur betreffe die materielle Rechtslage und lasse die grundbuchsrechtlichen Vorschriften, insbesondere den geltenden § 3a LiegTeilG, unberücksichtigt.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil – insbesondere im Hinblick auf den geltenden Wortlaut des Gesetzes und die zitierte Judikatur des Obersten Gerichtshofs – eine Frage von der im § 62 Abs 1 AußStrG genannten besonderen Bedeutung im vorliegenden Einzelfall nicht zu lösen gewesen sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung wie aus dem Spruch ersichtlich.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

1. Klarzustellen ist zunächst, dass hier kein Gesuch auf Teilung sowie Ab und Zuschreibung eines Grundstücks, sondern ein Ansuchen auf Berichtigung des Grundbuchs nach § 136 GBG zu beurteilen ist. Es ist daher nicht die Regelung des § 3a LiegTeilG einschlägig, sondern es ist im Sinn des § 136 GBG zu beurteilen, ob das Grundbuch „die wirkliche Rechtslage“ nicht richtig wiedergibt.

2. Voraussetzung für eine Grundbuchsberichtigung nach § 136 GBG ist die mangelnde Übereinstimmung des Grundbuchs mit der wirklichen, das ist die materiell-rechtlich richtige, Rechtslage. Die in § 25 LiegTeilG enthaltenen Anordnungen betreffend das Erlöschen der Wirksamkeit von Eintragungen im Gefolge von Abschreibungen sind nach bereits vorliegender Rechtsprechung nur Regelungen für das Eintragungsverfahren nach einer Liegenschaftsteilung, schaffen aber keine generelle materiell-rechtliche Eintragungsgrundlage (RIS Justiz RS0107386; dieser Rechtsprechung folgend Feil/Marent/Preisl , Grundbuchsrecht 2 § 25 LiegTeilG Rz 1; Mahrer in Kodek , Grundbuchsrecht § 25 LiegTeilG Rz 1; vgl auch 7 Ob 2014/96v [irrtümliche Löschung]; vgl ferner 5 Ob 10/96) und ändern auch die materielle Rechtslage nicht.

3. Als Grundlage der Eintragung genügt im Fall des § 136 GBG der „Nachweis der Unrichtigkeit“; er tritt an die Stelle der sonst (§§ 31 ff GBG) geforderten urkundlichen Unterlagen. Dieser Nachweis ist dann erbracht, wenn die Unrichtigkeit, also das Abweichen von der materiell rechtlich richtigen Rechtslage, offenkundig oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen ist (vgl RIS Justiz RS0061010 [T20]).

4. Nach § 844 ABGB bestehen Grunddienstbarkeiten mangels Vereinbarung zugunsten aller Teile fort; jedoch darf die Dienstbarkeit dadurch nicht erweitert oder für das dienstbare Gut beschwerlicher werden. Kommt die Ausübung der Dienstbarkeit nur einzelnen Teilen zugute, so erlischt das Recht hinsichtlich der übrigen Teile. Entsprechend dieser Rechtslage gehen Rechtsprechung und Lehre davon aus, dass mangels abweichender Vereinbarung Grunddienstbarkeiten bei Teilung des herrschenden Gutes grundsätzlich fortbestehen und nur dann erlöschen, wenn sie von vornherein nur für die Nutzung bestimmter Grundstücke bestimmt waren (vgl 7 Ob 2014/96v; 6 Ob 320/02f NZ 2004/17, 248 [ Hoyer ]; 5 Ob 1/10y; vgl RIS Justiz RS0011665; Egglmeier-Schmolke in Schwimann/Kodek 4 § 844 Rz 7; Tanczos/Eliskases in Rummel/Lukas 4 § 844 ABGB Rz 9). Dies gilt auch dann, wenn keine bücherliche Übertragung stattgefunden hat; der Übergang erfolgt außerbücherlich (5 Ob 35/89; 1 Ob 515/90 JBl 1991, 446 [ Hoyer; Pfersmann ]; 1 Ob 121/97v; RIS Justiz RS0013871; Egglmeier-Schmolke in Schwimann/Kodek 4 § 844 Rz 7; Tanczos/Eliskases in Rummel/Lukas 4 § 844 ABGB Rz 9).

5. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass bei Teilung des herrschenden Gutes die Übertragung des Servitutsrechts auf abgeschriebene Teile der Liegenschaft grundsätzlich im Weg des § 136 GBG vorgenommen werden kann (5 Ob 35/89; 5 Ob 1/10y = RIS Justiz RS0013871 [T1]). An dieser Rechtsprechung hat der Oberste Gerichtshof auch nach der Grundbuchs-Novelle 2012, BGBl I 2012/30, mit dem § 3a LiegTeilG eingefügt wurde, festgehalten (5 Ob 154/14d wobl 2015/98); davon abzugehen besteht kein Anlass.

6. Aufgrund jener, oben auszugsweise wiedergegebenen Verträge, die hier die Eintragungsgrundlagen für die Dienstbarkeiten bildeten, steht (positiv) fest, dass diese Servituten im Fall der Teilung des herrschenden Gutes nach dem Willen der Vertragsparteien aufrecht bleiben sollten. Indem dies für das neu aufgestellte Gst 515/17 aus dem Grundbuch nicht ersichtlich ist, weicht es insoweit von der materiell-rechtlich richtigen Rechtslage ab. Das auf § 136 GBG gestüzte Begehren der Antragsteller auf Berichtigung erweist sich damit als berechtigt, weshalb dem Revisionsrekurs Folge zu geben war.