JudikaturJustiz5Ob29/97v

5Ob29/97v – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. Februar 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Baumann und Dr.Hradil als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj. Thomas B*****, Schüler, vertreten durch seine Mutter Gertrud B*****, Vertragsbedienstete, beide *****, vertreten durch Dr.Wolfgang Gassner, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1.) Johann M*****, Mechanikerlehrling, ***** vertreten durch Dr.Roderich Santner, Rechtsanwalt in Tamsweg, 2.) Rudolf S*****, Gemeindebediensteter, ***** 3.) Wolfgang E*****, Tischlermeister und Bürgermeister, ***** und 4.) Marktgemeinde M*****, zweit- bis viertbeklagte Parteien vertreten durch Dr.Friedrich Harrer und Dr.Iris Harrer-Hörzinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 81.458,- s.A. und Feststellung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 6.November 1996, GZ 2 R 118/96b-28, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 4.März 1996, GZ 10 Cg 213/94w-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den zweit- bis viertbeklagten Parteien die mit S 8.745,74 (darin enthalten S 1.457,62 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 8.8.1992 ereignete sich in dem von der viertbeklagten Partei betriebenen "Erlebnisbad" ein Unfall, an dem der Kläger und der Erstbeklagte beteiligt waren, die als zahlende Badegäste die Wasserrutsche benützten. Der damals 18-jährige Erstbeklagte rutschte nach dem Kläger, der zum Unfallszeitpunkt 14 Jahre alt war, die Rutsche hinunter und prallte gegen den Kläger, der hinter der letzten Kurve hatte anhalten müssen, weil vor ihm Kinder die Rutsche blockiert hatten.

Der Zweitbeklagte war zum Unfallszeitpunkt Gemeindeangestellter (verantwortlicher Bademeister in dem genannten Bad), der Drittbeklagte Bürgermeister der viertbeklagten Partei.

Der Kläger begehrt zuletzt die Zahlung von S 81.458,- s.A. aus dem Titel des Schadenersatzes (darin enthalten S 80.000,- Schmerzengeld) und die Feststellung der Haftung der beklagten Parteien für alle Folgen und Nachteile aus dieser Kollision.

Der Erstbeklagte habe einen zu geringen Abstand eingehalten und dadurch bei Benützung der Wasserrutsche die notwendige Sorgfalt und Aufmerksamkeit außer acht gelassen.

Der Zweitbeklagte habe als verantwortlicher Bademeister die Überwachung und Regelung des auf der Wasserrutsche herrschenden Betriebes unterlassen, obgleich er die mit der Benützung der Wasserrutsche verbundenen Gefahren gekannt habe bzw habe kennen müssen.

Die von der viertbeklagten Partei errichtete Wasserrutsche stelle eine Gefahrenquelle dar. Sie sei schon allein auf Grund ihrer Beschaffenheit als gefährliche Anlage einzustufen, zumal in die fünf Kurven der Rutsche nicht eingesehen werden könne. Die viertbeklagte Partei habe die Regelung und Überwachung des Personenverkehrs auf dieser Wasserrutsche unterlassen. Ein Haftungsausschluß bei derartigen Anlagen sei sittenwidrig. Insbesondere hätten es die zweit- bis viertbeklagten Parteien unterlassen, auf die Gefahr durch anhaltende Personen hinzuweisen bzw das Anhalten in der Rutsche zu verbieten. Auch hätten sie trotz Kenntnis von Gefahrenquellen - zum Beispiel durch anhaltende Personen in der Rutsche und durch das Benützen der Rutsche durch Kinder unter sechs Jahren - keine Abwehrmaßnahmen getroffen. Es sei auch nicht kontrolliert worden, ob des Lesens unfähige Kinder die Anlage benützten.

Die beklagten Parteien beantragten die Abweisung der Klage.

Die allein noch vom Revisionsverfahren betroffenen zweit- bis viertbeklagten Parteien wendeten ein, die streitgegenständliche Wasserrutsche sei sowohl baubehördlich als auch gewerbebehördlich genehmigt und bescheidgemäß ausgeführt worden. Am Geländer der Wasserrutsche seien Vorschriften bzw Verhaltensmaßregeln mit entsprechenden Skizzen für die Benutzung der Wasserrutsche angebracht gewesen. Es sei auch eine Aufschrift angebracht worden, wonach die Benützung durch Kinder unter sechs Jahren nur in Begleitung erlaubt und der Rutschenauslauf sofort zu verlassen sei. Nach der am Eingang zum Freibad angeschlagenen Badeordnung übernehme der Betreiber des Bades keine Haftung für Verletzungen, Unfälle, Schäden und Folgeschäden, die durch Mißachtung der Badeordnung oder Hinweise des aufsichtsführenden Organs, durch Eigenverschulden des Geschädigten oder durch höhere Gewalt sowie durch dritte Personen oder leichte Fahrlässigkeit des Badepersonals verursacht würden. Die Überwachung der Wasserrutsche sei dem Zweitbeklagten oblegen. Der Drittbeklagte habe im Zusammenhang mit der Überwachung der Absicherung der Wasserrutsche keine Agenden zu besorgen gehabt.

Das Erstgericht wies das Leistungs- und das Feststellungsbegehren ab.

Das Erstgericht traf folgende Feststellungen:

Das Erlebnisbad M***** wurde von der viertbeklagten Partei, deren Bürgermeister der Drittbeklagte ist, errichtet und wird von ihr nach baubehördlicher und gewerbebehördlicher Genehmigung betrieben. Als eine Attraktion dieses Erlebnisbades gilt die in diesem befindliche Wasserrutsche, auf der sich der gegenständliche Unfall ereignete. Der Zweitbeklagte war zum Unfallszeitpunkt als Bademeister für die viertbeklagte Partei im Erlebnisbad tätig.

Am Eingang in das Bad bei der Kassa war und ist die Badeordnung angeschlagen. Nach Punkt 37 dieser Badeordnung übernimmt der Betreiber des Bades keine Haftung unter anderem für Verletzungen, Unfälle, Schäden und Folgeschäden, die durch Mißachtung der Badeordnung oder anderer kundgemachter Vorschriften oder der Hinweise des aufsichtsführenden Organes, durch eigenes Verschulden des Geschädigten oder durch höhere Gewalt sowie durch dritte Personen verursacht werden, sowie weiters für leichte Fahrlässigkeit des Badepersonals.

Die Wasserrutsche besteht aus Kunststoff, ist 40,5 m lang und weist eine Höhe von 4,05 m auf. Die schlangenförmig angelegte Rutschbahn hat fünf Kurven, nach deren Durchfahren man das Wasserbecken erreicht. Die Wasserrutsche ist ihrer Beschaffenheit nach eine solche im Sinne der ÖNorm S 4236 (Schwimmsportgeräte - Wasserrutschen ab 2 m Höhendifferenz zum Wasserspiegel); sie entspricht der in dieser ÖNorm vorgesehenen Ausführung und den dort festgelegten sicherheitstechnischen Anforderungen. Am Beginn der Wasserrutsche befindet sich eine deutlich sichtbare Tafel, auf der die Benutzungshinweise jeweils kombiniert mit symbolhaften bildlichen Darstellungen wie folgt angeführt sind: Es werden die vorgesehenen Körperhaltungen während des Rutschens mit "sitzend, Blick nach vorn", "Rückenlage, Blick nach vorn" und "liegend, Blick nach vorn" festgelegt. Sodann werden die Gebote "Abstand halten", "nicht an den Rand fassen" und "vom Rutschenauslauf sofort wegtreten" angeführt. Darunter ist vermerkt "Kinder unter 6 Jahren nur in Begleitung einer verläßlichen Vertrauensperson".

Eine Ampelanlage am Beginn der Rutschbahn ist bei Wasserrutschen in der gegenständlichen Größenordnung nicht vorgesehen und war auch nicht installiert. Die Benutzung der Wasserrutsche erfolgte ohne Einweisung durch eine Aufsichtsperson.

Auf dem Startpodest stehend sieht man die ersten Meter des Rutschenverlaufes und die daran anschließende Linkskurve ein. Der weitere Rutschenverlauf ist nicht einsehbar. Der Auslauf der Rutsche ist aus einer am Startpodest stehenden Position wiederum einsehbar. Im Zuge der Benützung der Rutsche gibt es innerhalb des Rutschenverlaufes Strecken, die von einer Position innerhalb der Rutsche nicht eingesehen werden können. Im Bereich der Unfallstelle betrug die Sichtweite rund 4 bis 6 m.

Die technische Konzeption einer derartigen Anlage besteht darin, daß die die Wasserrutsche benützenden Personen hinunterrutschen, ohne ihre Geschwindigkeit zu regeln. Hiebei entspricht es der normalen Benützung einer derartigen Rutsche, daß gleichzeitig mehrere Personen in der Rutsche unterwegs sind. Die Geschwindigkeit, mit der eine Person die Wasserrutsche hinunterrutscht, ist abhängig einerseits von der Fließgeschwindigkeit (Fließdichte des Wassers, die bei der gegenständlichen Rutsche der ÖNorm entspricht) und andererseits von der Flächenpressung (der Reibung). Die Reibung wiederum ist abhängig vom Gewicht der betreffenden Person sowie vom Ausmaß der Fläche, mit der die Person mit der Wasserrutsche in Berührung ist. Beim selben Gewicht einer Person ergeben sich daher bei unterschiedlichen beim Rutschen eingenommenen Stellungen unterschiedliche Geschwindigkeiten. Ein Rutschen auf Sicht im Sinne eines Rutschens in der Art, daß die betreffende Person innerhalb der sich jeweils bietenden Sichtstrecke zum Stillstand kommen kann, ist nicht möglich. Ein Anhalten im Zuge des Verlaufes der Wasserrutsche ist nicht vorgesehen. Möglich ist es, den Rutschvorgang abzubrechen, wobei dies im einzelnen vom Geschick des Benutzers, der Beschaffenheit dessen Badekleidung und dessen Körperkraft abhängig ist. Im besten Fall ist ein Anhalten innerhalb von rund 5 m möglich.

Am 8.8.1992 hielten sich sowohl der Kläger als auch der Erstbeklagte als zahlende Gäste im Erlebnisbad der viertbeklagten Partei aus. Der am 29.1.1978 geborene Kläger benützte die Wasserrutsche. Nachdem vor ihm drei oder vier jüngere Kinder hinuntergerutscht waren und der Kläger abgewartet hatte, bis diese aus seinem Sichtbereich entschwunden waren, rutschte der Kläger in Rückenlage mit den Beinen voraus die Rutsche hinunter. Als der Kläger die letzte Kurve der Rutsche passierte, sah er vor sich im unteren Bereich der Rutsche drei Kinder. Durch Spreizen gegen die Seitenwände gelang es dem Kläger, vor diesen Kindern zum Stillstand zu kommen. Der am 24.3.1974 geborene Erstbeklagte rutsche nach dem Kläger die Rutsche hinunter. Er kniete vorerst auf dem Startpodest und wartete, bis der Kläger aus seinem Sichtbereich entschwunden war. Dann rutschte der Erstbeklagte auf dem Bauch liegend mit dem Kopf voraus hinunter. Während der Fahrt durch die letzte Kurve sah der Erstbeklagte vor sich den im Stillstand befindlichen Kläger. Ein Anhalten war dem Erstbeklagten nicht möglich und es prallte der Erstbeklagte gegen den Kläger.

Der Zweitbeklagte hielt sich zum Unfallszeitpunkt nicht im Bereich der Wasserrutsche auf. An sich befand sich der Zweitbeklagte in seiner Eigenschaft als Bademeister entweder auf Rundgängen durch den Bereich des Bades oder er saß auf einem neben dem unteren Ende der Rutsche befindlichen Stein.

Rechtlich beurteile das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, die Beschaffenheit und Ausgestaltung der Rutsche habe den technischen Normen entsprochen und es lägen die behördlichen Bewilligungen vor. Bei der Wasserrutsche handle es sich nicht um eine an sich gefährliche Anlage. Im Falle einer bestimmungsgemäßen Verwendung der Rutsche sei der Eintritt von Schäden im Zuge der Benützung der Rutsche ausgeschlossen gewesen. Das Losrutschen sowohl des Klägers, als auch des Erstbeklagten zu einem Zeitpunkt, zu dem sich noch andere Personen in der Rutsche befanden, entspreche dem bestimmungsgemäßen Gebrauch einer derartigen Rutsche. Der Erstbeklagte habe - ebenso wie im übrigen der Kläger - mit seinem Start gewartet, bis die vor ihm befindliche Person aus seinem Sichtbereich entschwunden war. Eine weitere Sorgfalt könne nicht verlangt werden. Unfälle wie der gegenständliche wären nur dann von vornherein vermeidbar, wenn jeweils nur eine einzige Person die Wasserrutsche benützte. Derartiges entspreche aber nicht der Konzeption der Wasserrutsche als Sport- bzw Spielgerät. Aus diesen Überlegungen könne auch der Umstand, daß - etwa durch eine Ampel oder durch eine Aufsichtsperson - der Start in der Rutsche nicht dahin geregelt wurde, daß die Rutsche erst dann benützt werden darf, wenn sich keine weiteren Personen mehr in der Rutsche befinden, eine Haftung des Betreibers nicht begründen. Ebenso könne der Umstand, daß der Zweitbeklagte den Start der die Rutsche benützende Personen nicht beaufsichtigte, eine Haftung nicht auslösen. Es entspreche eben der Konzeption und Beschaffenheit einer Wasserrutsche als Sport- und Spielgerät, daß mehrere Personen gleichzeitig die Wasserrutsche benutzen. Falls keiner der Benutzer in der Wasserrutsche anhält und die nachfolgenden Benützer einen ausreichenden Abstand einhalten, würden Schäden hintangehalten. Der Erstbeklagte habe, ebenso wie der Kläger, einen ausreichenden Abstand eingehalten. Der Unfall sei darauf zurückzuführen, daß die vor dem Kläger die Rutsche benutzenden Personen (nicht behauptet worden sei, daß es sich hiebei um Kinder im Alter unter sechs Jahren gehandelt hätte) auf der Wasserrutsche angehalten haben. Dies könne dem Erstbeklagten nicht zur Last fallen. Für den Betreiber des Bades wäre eine Unfallskonstellation wie die vorliegende nur dann vermeidbar, wenn für eine pausenlose Überwachung des Startvorgangs durch eine Aufsichtsperson dahingehend, daß sich nie mehr als eine Person im Rutschenverlauf befindet, gesorgt würde. Eine Ampelanlage könnte eine entgegen der Ampelregelung erfolgende Benutzung der Rutsche gar nicht verhindern. Ein derartiger Sorgfaltsmaßstab müsse aber als überzogen angesehen werden. Es könne eine derartige Maßnahme dem Betreiber des Bades nicht zugemutet werden. Vielmehr hätten die Viertbeklagte als Betreiber des Bades und ebenso der Zweitbeklagte als Bademeister darauf vertrauen können, daß die Rutsche von den Benützern bestimmungsgemäß verwendet wird. Durch die Anbringung von dementsprechenden schriftlichen und bildlichen Hinweise sei auf das Verhalten der Benützer der Rutsche hinreichend hingewirkt worden. Für die Annahme einer Haftung einer der beklagten Parteien fehle daher die Grundlage.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei.

Das Berufungsgericht führte rechtlich im wesentlichen folgendes aus:

Die Forderung, der Erstbeklagte hätte erst losrutschen dürfen, nachdem er sich vergewisserte, daß der Kläger die Rutsche wieder verlassen hätte, würde die dem Erstbeklagten obliegenden Sorgfalts- und Aufmerksamkeitspflichten überspannen. Der vom Erstgericht beigezogene gerichtlich beeidete Sachverständige habe betont, daß es "der normalen Benützung einer derartigen Rutsche entspricht, daß gleichzeitig mehrere Personen in der Rutsche unterwegs sind."

Folgerichtig seien im Schwimmbad auch keine Hinweise vorhanden gewesen, daß die Wasserrutsche nur einzeln benützt werden dürfe. Das Gebot "Abstand halten" auf der am Start angebrachten Tafel solle Kollisionen auf Grund verschiedener Rutschgeschwindigkeiten verhindern; die Benützer würden also aufgefordert, den Abstand zum Vordermann so zu wählen, daß ein "Aufrutschen" nicht stattfindet. Da das Anhalten von Personen auf der Wasserrutsche grundsätzlich nicht vorgesehen sei, müsse ein solches Verhalten von einem Benützer bei der Wahl des Abstands zum Vordermann selbstverständlich auch nicht ins Kalkül gezogen werden. Im vorliegenden Fall stehe fest, daß der Erstbeklagte so lange gewartet habe, bis der Kläger seinem Blickfeld entschwunden gewesen sei. Der Erstbeklagte hat damit einen Abstand zum Kläger eingehalten, der zweifellos ausgereicht hätte, wenn der Kläger nicht zum Anhalten gezwungen gewesen wäre. Zutreffend habe daher das Erstgericht eine Haftung des Erstbeklagten, dem auch kein Reaktionsverzug angelastet werden könne, verneint.

Die Zweit- und Drittbeklagten wiesen in ihrer Berufungsbeantwortung zutreffend darauf hin, daß (auch) für sie mangels eines Vertragsverhältnisses mit dem Kläger lediglich eine deliktische Haftung in Frage käme. Hinsichtlich des drittbeklagten Bürgermeisters wäre ein deliktisches Fehlverhalten allenfalls bei der Anschaffung der Wasserrutsche oder aber im Hinblick auf mangelnde oder falsche Unterweisungen des Zweitbeklagten denkbar. In beiden Richtungen seien aber keinerlei Anhaltspunkte vorhanden. Weder stellte die gegenständliche Wasserrutsche ein derart gefährliches Gerät dar, daß schon seine Anschaffung ein schuldhaftes Verhalten darstellte, noch könne aus dem Verhalten des Zweitbeklagten ein Vorwurf in Richtung der Unterlassung entsprechender Weisungen durch den Drittbeklagten abgeleitet werden. Der gegenüber dem Zweitbeklagten erhobene Vorwurf, er habe seine Aufsichtspflichten als Bademeister verletzt, sei nämlich nach Lage der Dinge jedenfalls unberechtigt. Wie bereits erörtert, habe der Erstbeklagte einen ausreichenden Sicherheitsabstand zum Kläger eingehalten. Daß der Kläger seinerseits zu früh (mit zu geringem Folgeabstand zu seinen Vorderleuten) gestartet wäre und daher vom Zweitbeklagten zurückgehalten hätte werden müssen, habe der Kläger nicht einmal behauptet. Dem Zweitbeklagten könnte daher allein angelastet werden, den Start des Erstbeklagten nicht verhindert zu haben, obwohl die Wasserrutsche bereits blockiert gewesen sei. Daß dies zum Zeitpunkt des Starts des Erstbeklagten bereits der Fall gewesen wäre, stehe aber gar nicht fest. Auch hinsichtlich des Zweit- und Drittbeklagten erweise sich die Klagsabweisung demnach frei von Rechtsirrtum.

Der viertbeklagten Betreiberin der gegenständlichen Wasserrutsche schließlich mache der Berufungswerber zum Vorwurf, ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt zu haben. Auf Grund der mangelnden Einsichts- und Reaktionsmöglichkeit auf allfällige in der Rutsche befindlichen Hindernisse sei von einer objektiv erkennbaren Gefahrenquelle auszugehen und hätte die Viertbeklagte dem durch entsprechende Sicherheitsmaßnahmen Rechnung tragen müssen. Diesem Postulat hätte eine Ampelregelung bzw eine Regelung bei Beginn des Rutschvorgangs durch Beaufsichtigung entsprochen. Gegenständlich seien, abgesehen von der am Rutscheneinstieg angebrachten Tafel, keinerlei Sicherheitsmaßnahmen ergriffen worden. Irrelevant sei, ob die Beschaffenheit und Ausgestaltung der Rutsche den technischen Normen entsprochen hat und diesbezüglich behördliche Bewilligungen vorliegen, da die Einhaltung behördlich angeordneter Sicherungsmaßnahmen dann nicht entlaste, wenn auf Grund eigener sorgfältiger Prüfung eingesehen werden müsse, daß diese Maßnahmen unzureichend sind.

Nach ständiger Rechtsprechung und Lehre treffe jeden, der eine seiner Verfügung unterliegende Anlage dem Zutritt eines Personenkreises eröffne oder auf seinen Grund einen Verkehr für Menschen unterhalte, eine Verkehrssicherungspflicht. Er müsse die Anlage für die befugten Benützer in einem verkehrssicheren und gefahrlosen Zustand erhalten und vor erkennbaren Gefahren schützen (Reischauer in Rummel, ABGB2, Rz 5 zu § 1294 mwH). Die Verkehrssicherungspflichten dürften aber nicht überspannt und dadurch in Wahrheit eine vom Verschulden losgelöste Haftung geschaffen werden. Die Verkehrssicherungspflichten bezögen sich allerdings auch auf Gefahren, die erst durch den unerlaubten und vorsätzlichen Eingriff eines Dritten entstehen. Voraussetzung sei aber immer, daß die Möglichkeit der Verletzung von Rechtsgütern Dritter bei objektiver sachkundiger Betrachtung zu erkennen sei (Koziol, Haftpflichtrecht2, II 63; SZ 37/97; JBl 1967, 34 ua; BGH NJW 1980, 223) und daß der Gefahr durch zumutbare Maßnahmen vorgebeugt werden könne (Reischauer, aaO, Rz 4 zu § 1294; SZ 37/97; BGH NJW 1980, 223).

Zutreffend sei zwar, daß die Einhaltung behördlich angeordneter Sicherheitsmaßnahmen den Betreiber der Anlage nicht in jedem Fall entlaste: nach hM entschuldige die Genehmigung der Herstellung und des Betriebes einer technischen Anlage durch die hiefür zuständigen Behörden den Eigentümer der Anlage, der zur Ergreifung der nach der Verkehrsauffassung erforderlichen und zumutbaren Schutzmaßnahmen verpflichtet ist, nicht, wenn ihm aufgrund eigener besserer Kenntnis im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht Maßnahmen zur Verhütung von Gefahren zuzumuten seien, was insbesondere auch dann der Fall sein könne, wenn ihm bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit Umstände bekannt werden mußten, die im Lauf der Zeit weitere Schutzmaßnahmen erforderlich erscheinen lassen (vgl ZVR 1985/164 ua). Hier sei eine derartige Konstellation, die die viertbeklagte Partei zu über die behördlichen Auflagen hinausgehenden Sicherungsmaßnahmen veranlassen hätte müssen, aber nicht gegeben. Als Schutzmaßnahme, die eine Kollision wie die gegenständliche wirksam verhindern könnte, käme wohl nur in Betracht, dafür zu sorgen, daß die Wasserrutsche jeweils nur von einer einzigen Person benutzt werden darf. Eine solche Maßnahme sei seitens der Behörden offenbar im Hinblick darauf, daß ein Anhalten auf einer Wasserrutsche grundsätzlich nicht vorgesehen und auch relativ schwierig zu bewerkstelligen ist, nicht für notwendig erachtet worden. Die Einsicht, daß ein Anhalten auf einer Wasserrutsche sehr leichtsinnig bzw gefährlich und daher zu unterlassen ist, könne wohl (mit Ausnahme von ganz kleinen Kindern, die nur unter Aufsicht rutschen dürfen) bei jedermann vorausgesetzt werden, weshalb das Fehlen eines diesbezüglichen schriftlichen oder bildlichen Hinweises eine Haftung der Viertbeklagten nicht zu begründen vermöge. Die Verwendungsmöglichkeit einer Wasserrutsche doch erheblich einschränkende Maßnahmen zur Sicherstellung eines Einzelbetriebs erschienen daher nur dann erforderlich und zumutbar, wenn es entgegen aller Erwartung nicht nur ganz selten zu einem Anhalten einer Person auf der Rutsche käme. Daß seitens der Viertbeklagten derartige Erfahrungen gemacht worden wären, habe der Kläger aber nicht einmal behauptet. Die Auffassung des Erstgerichts, die vom Kläger geforderten Sicherungsmaßnahmen würden die Verkehrssicherungspflicht der Viertbeklagten überspannen, sei daher zu teilen. Wie jedem Spiel- und Sportgerät seien auch einer Wasserrutsche gewisse Gefahren systemimmanent, die ein Benützer eben in Kauf zu nehmen habe. Auch in Ansehung der viertbeklagten Partei müsse die Berufung daher erfolglos bleiben.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil es zwar zu den sogenannten Verkehrssicherungspflichten die bereits zitierten gesicherten oberstgerichtlichen Leitsätze gebe, aber die Frage der Verkehrssicherungspflicht bezüglich einer Wasserrutsche bisher vom Obersten Gerichtshof nicht untersucht worden sei.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der klagenden Partei insoweit, als das Klagebegehren betreffend die zweit- bis viertbeklagte Partei abgewiesen wurde, mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen in Ansehung der zweit- bis viertbeklagten Parteien in klagestattgebendem Sinn abzuändern.

Die zweit- bis vierbeklagten Parteien beantragten, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist darauf hinzuweisen, daß der Oberste Gerichtshof die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig, hingegen die damit bekämpften Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils für zutreffend erachtet, sodaß er sich unter Hinweis auf deren Richtigkeit mit folgender kurzen ergänzenden, die Revisionsausführungen betreffenden Begründung seiner Beurteilung begnügen kann (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO):

Zum verfahrensgegenständlichen Unfall war es gekommen, weil Benützer der Wasserrutsche entgegen der bestimmungsgemäßen Verwendung dieses Sport- und Spielgerätes einen unvorhergesehenen Stau gegen Ende der Bahn verursacht hatten. Restrisiken, wie zB dieses, die mit der Benützung eines jeden Spiel- oder Sportgerätes verbunden sind, könnten nur mit einem überaus großen Aufwand an Überwachung und technischen Sicherungseinrichtungen weiter vermindert, aber nicht ganz verhindert werden. Solche Maßnahmen müßten schließlich darin enden, daß immer nur eine Person in einem vollkommen geschlossenen System, in das nur an der vorgesehenen Eingangsstelle nach Freigabe durch sonst kaum - hundertprozentige Sicherheit gibt es bei keiner technischen Anlage - überwindbare Hindernisse eingetreten werden könnte, wobei auch durch Überwachung dafür gesorgt werden müßte, daß sich im Wasserbereich nach Verlassen der Rutsche keine Personen zu dem Zeitpunkt aufhalten können, zu dem der nächste Benützer die Rutschanlage dort verläßt. Schon diese Beschreibung zeigt, daß die Installation derartiger Anlagen - obgleich auch nicht vollständig sicher, von den Badekunden kaum als Spiel- oder Sportgerät angenommen würden.

Bei Benützung der hier gegebenen Rutschanlage konnte nach den laut SV-Gutachten erreichbaren Geschwindigkeiten auf der Anlage selbst ein Anstoß an den Vordermann mit einer Geschwindigkeit von maximal 5 m/sec (Extremfall: Vordermann im Stillstand, Einhalten der erreichbaren Höchstgeschwindigkeit durch den Nachfolgenden im Zeitpunkt des Anstosses - insoweit unbestritten gebliebener Teil des Gutachtens ON 10, AS 81) erfolgen, also mit 18 km/h, wobei es auch in diesem Fall noch von der jeweils eingenommenen Stellung abhängt, ob diese Wucht allein auf den Körper bzw auf welche Anstoßfläche desselben wirkt. Ein Zusammenstoß mit einer solchen Geschwindigkeit zwischen zwei Personen bei der Sportausübung führt erfahrungsgemäß keineswegs immer zu schweren Verletzungen. Mit leichten Verletzungen muß bei Sportausübung oder einem einer solchen gleichkommenden Spiel gerechnet und derartiges daher als eigenes Risiko in Kauf genommen werden, könnte doch eine solche Verletzungsgefahr (Restrisiko) nur durch Maßnahmen gemindert werden, die Spiel und Sport in der dargebotenen Form (Benützen einer Wasserrutsche durch Hintereinanderrutschen mit an sich bei regelgemäßem Verhalten geeignetem Abstand) überhaupt ausschließen würden.

Dazu kommt, daß es ihn dem verfahrensgegenständlichen Bad bisher zu keinen derartigen Unfällen gekommen war. Ob die Betreiberin des Bades bei häufigerem Auftreten derartiger Unfälle zu weiteren Sicherungsmaßnahmen - entsprechend den Ergebnissen einer Unfallsanalyse - verpflichtet sein könnte, durch die jedoch der Charakter der Wasserrutsche als Spiel- und Sportgerät nicht aufgehoben wird, muß daher derzeit nicht untersucht werden.

Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.