JudikaturJustiz5Ob245/18t

5Ob245/18t – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Februar 2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Grohmann und Mag. Malesich sowie die Hofräte Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin A*****, vertreten durch ANWALTGMBH Rinner Teuchtmann in Linz, gegen die Antragsgegnerin Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft L*****, vertreten durch Dr. Walter Müller, Mag. Dr. Wolfgang Graziani-Weiss und andere, Rechtsanwälte in Linz, wegen § 22 Abs 1 Z 4 WGG iVm § 9 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 25. Oktober 2018, GZ 14 R 148/18k-38, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 22 Abs 4 WGG iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG und § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Antragstellerin stellte den – auf § 9 MRG gestützten – Antrag auf Ersetzung der Zustimmung der Antragsgegnerin zur Errichtung und Installation eines Klimageräts auf der Loggia ihrer Wohnung.

2. Voraussetzung für die Genehmigung einer solchen vom Mieter geplanten wesentlichen Veränderung ist unter anderem, dass diese Veränderung der Übung des Verkehrs entspricht und einem wichtigen Interesse des Hauptmieters dient (§ 9 Abs 1 Z 2 MRG). Die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass beide Voraussetzungen kumulativ vorhanden sind, trifft den Mieter (RIS-Justiz RS0069551 [T2]; RS0069662 [T1]; RS0069695 [T5]; RS0069725 [T1]). (Nur) bei den nach § 9 Abs 2 Z 1 bis 5 MRG privilegierten Arbeiten wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen unwiderlegbar vermutet. Dass die Errichtung einer Außenklimaanlage nicht zu den im § 9 Abs 2 MRG taxativ aufgezählten privilegierten Veränderungen zählt, ist im Revisionsrekursverfahren nicht strittig.

3. Ob die Voraussetzungen für die Duldungspflicht des Vermieters gemäß § 9 Abs 1 Z 2 iVm Abs 2 MRG gegeben sind, hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab, die in ihrer Gesamtheit zu beurteilen sind; dabei ist dem Rechtsanwender ein gewisser Ermessensspielraum eingeräumt. Diese Beurteilung wirft daher in der Regel keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf (RIS-Justiz RS0113606; vgl auch RS0069695 [T4], RS0043718 [T2, T8, T9]). Nur in Fällen einer die Rechtssicherheit in Frage stellenden Fehlbeurteilung hat der Oberste Gerichtshof korrigierend einzugreifen.

4.1. Die Auffassung des Rekursgerichts, die von der Antragstellerin vorgenommene Installation einer Außenklimaanlage sei iSd § 9 Abs 1 Z 2 MRG nicht als verkehrsüblich anzusehen, ist keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung.

4.2. Zur Voraussetzung der „Übung des Verkehrs“ liegt umfangreiche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor. Danach ist auf objektive Umstände abzustellen (RIS-Justiz RS0069695 [T1]). Diese objektiven Umstände sind vom dafür behauptungs- und beweispflichtigen Mieter durch konkrete Tatsachen darzulegen, wenn sich die Verkehrsüblichkeit nicht aus der allgemeinen Lebenserfahrung ergibt (5 Ob 100/18v; 5 Ob 57/14i; 5 Ob 167/10k). Gegenstand der Prüfung einer Duldungspflicht des Vermieters kann also immer nur die im konkreten Einzelfall beabsichtigte Änderung in ihrer geplanten Ausgestaltung sein (RIS-Justiz RS0069695 [T6]; RS0113606 [T1]). Bei der Beurteilung der Verkehrsüblichkeit iSd § 9 Abs 1 Z 2 MRG kommt es also nicht auf die Verkehrsüblichkeit der vom Mieter mit seinem Veränderungsbegehren angestrebten Ausstattung des Mietgegenstands im Allgemeinen an, sondern darauf, ob die konkret beabsichtigte Änderung in ihrer geplanten Ausgestaltung als solche verkehrsüblich ist (5 Ob 100/18v; 5 Ob 167/10k; RIS-Justiz RS0126244 [T7]).

4.3. Das Rekursgericht hat diese Grundsätze der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zutreffend dargestellt und den dadurch vorgegebenen Rahmen in seiner Beurteilung des vorliegenden Einzelfalls nicht überschritten. Die Wohnung entspricht vor allem aufgrund ihrer Ausstattung mit Außenrollläden den normativen Vorgaben für die Vermeidung sommerlicher Überwärmung. Objektive Umstände, aus denen sich ableiten ließe, dass ungeachtet dessen die Installation einer Außenklimaanlage der Übung des Verkehrs entspricht, hat die Antragstellerin nicht dargelegt. Aus dem Begriff der Verkehrsüblichkeit ergibt sich eindeutig, dass es dabei nicht auf die subjektiven Interessen des Mieters ankommt. Bei der Beurteilung dieser Voraussetzung des § 9 Abs 1 Z 2 MRG können daher – anders als bei der des wichtigen Interesses – die mit ihrer Erkrankung verbundenen besonderen persönlichen Bedürfnisse der Antragstellerin nicht Berücksichtigung finden (RIS-Justiz RS0069695 [T2]). Gleiches gilt für die nach der Auffassung der Antragstellerin aus ihrem Mietvertrag abzuleitenden Gebrauchsansprüche (vgl RIS-Justiz RS0006066, RS0069665, RS0117706). Die von der Antragstellerin behauptete, angeblich durch Verkaufszahlen zu belegende „Zunahme“ derartiger Klimageräte allein reicht für die Annahme der Verkehrsüblichkeit der im konkreten Einzelfall beabsichtigten Änderung nicht aus (vgl 5 Ob 33/16p [statistische Erhebungen zu Kachelöfen]). Auf eine solche generalisierende Betrachtung einer vom konkreten Standort abstrahierten Baupraxis kommt es gerade nicht an (vgl 5 Ob 145/17k mwN [§ 16 Abs 2 WEG]; RIS-Justiz RS0126244).

5. Die Antragstellerin zeigt in ihrem Revisionsrekurs damit keine Rechtsfrage auf, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Mangels Vorliegens dieser Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs unzulässig und zurückzuweisen.