JudikaturJustiz5Ob2408/96w

5Ob2408/96w – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. April 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Baumann und Dr.Hradil als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin E***** Baugesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Helmut Cronenberg und andere Rechtsanwälte in Graz, wegen grundbücherlicher Eintragungen ob der Baurechtseinlage EZ ***** des Grundbuches *****, infolge Revisionsrekurses der C*****-Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Willibald Rath und andere Rechtsanwälte in Graz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 18.Juli 1996, AZ 1 R 482/95, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 8. September 1995, TZ 20936/95, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die EZ 4***** des Grundbuches ***** ist die zur Liegenschaft EZ 3***** desselben Grundbuches gehörige Baurechtseinlage. Sie steht im Alleineigentum der Revisionsrekurswerberin.

In dem zu 8 C 454/93t des Bezirksgerichtes Graz anhängigen Rechtsstreit wurde die Revisionsrekurswerberin als beklagte Partei mit noch nicht rechtskräftigem Urteil vom 7.7.1995 verpflichtet, in die bücherliche Einverleibung des Eigentumsrechtes der in diesem Grundbuchsverfahren als Antragstellerin auftretenden Liegenschaftseigentümerin an der bereits genannten Baurechtseinlage einzuwilligen. In den darauf Bezug habenden Entscheidungsgründen wurde ausgeführt, daß auf Grund der rechtswirksamen Auflösung des Pachtvertrages und der im Schreiben vom 14.4.1993 abgegebenen Erklärung die Liegenschaftseigentümerin das Baurecht erworben habe, sodaß die Baurechtsberechtigte auch zu verpflichten sei, in die bücherliche Einverleibung des Eigentumsrechtes der Liegenschaftseigentümerin an der für das Baurecht der Revisionsrekurswerberin an der Liegenschaft EZ 3***** des Grundbuches ***** neu eröffneten Baurechtseinlage einzuwilligen.

Das Erstgericht bewilligte über Antrag der Antragstellerin gemäß § 38 lit a GBG die Vormerkung des Eigentumsrechtes ob der genannten Baurechtseinlage.

Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-

übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Entgegen der Auffassung der Baurechtsberechtigten gehe das noch nicht rechtskräftige Urteil des Bezirksgerichtes Graz eindeutig dahin, daß die Baurechtsberechtigte schuldig sei, in die Einverleibung des Eigentumsrechtes ob der Baurechtseinlage (und nicht ob der EZ 3***** desselben Grundbuches) einzuwilligen.

Die im Urteilsspruch enthaltene Wendung, daß mit Rechtskraft des Urteiles die Einwilligung zur Einverleibung als erteilt gelte, stelle keine Bedingung für den Rechtserwerb, sondern lediglich einen Hinweis auf § 367 EO dar. Überhaupt sei - gegen der Rechtsmeinung der Baurechtsberechtigten - die Frage, ob die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung im Baurechtsvertrag zulässig sei, nicht vom Grundbuchsgericht zu lösen, sondern Gegenstand des Prozesses.

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sei allerdings ein erst zu begründendes dingliches Recht für eine Vormerkung nach § 38 lit a GBG ungeeignet (MGA Grundbuchsrecht4 § 38 GBG/E 1 bis 6). Diesbezüglich sei jedoch auf die Ansicht des Rekursgerichtes zutreffenden Ausführungen von Klang in NZ 1936, 113 zu verweisen, wonach gerade Fälle wie der vorliegende durch eine Vormerkung bis zur Rechtskraft des gerichtlichen Erkenntnisses eine Absicherung erfahren sollten. Aus diesen Überlegungen sei dem Rekurs ein Erfolg zu versagen.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil das Rekursgericht - folgend der dargestellten Rechtsansicht von Klang - von der bisherigen Rechtsprechung abgewichen sei.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der bisherigen Baurechtsberechtigten mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen in antragsabweisendem Sinn abzuändern.

Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 38 lit a GBG findet die Vormerkung statt auf Grund gerichtlicher Erkenntnisse erster oder höherer Instanz, durch die das dingliche Recht zwar unbedingt zugesprochen oder abgesprochen wird, die aber noch nicht in Rechtskraft erwachsen sind. Die Rechtsprechung hat diese Bestimmung sehr eng ausgelegt und die Vormerkung nicht für zulässig erachtet, wenn zB das Urteil bloß die Verpflichtung enthält, das grundbücherliche Eigentumsrecht an einer Liegenschaft zu übertragen, weil darin kein unbedingter Zuspruch des Eigentumsrechtes gelegen sei (SZ 6/252). § 38 lit a GBG kenne die Vormerkung nur zur Durchführung eines gerichtlichen Erkenntnisses, das ein bereits bestehendes dingliches Recht zum Gegenstand hat. Diese Bestimmung beziehe sich aber nicht auf die obligatorische Pflicht, ein solches Recht erst zu begründen (GlUNF 7018; RZ 1933, 22; ZBl 1936/222).

Klang, Die Voraussetzungen der Vormerkung nach § 38 lit a GBG, NZ 1936, 113, ist dieser Auslegung des § 38 lit a GBG mit überzeugenden Gründen entgegengetreten, die - unter Berücksichtigung der allgemeinen, die Vormerkung betreffenden Bestimmungen des Grundbuchsgesetzes - wie folgt zusammengefaßt werden können:

Die Vormerkung ist im allgemeinen eine Vorstufe der Einverleibung, also ein Mittel zur Vorbereitung des Erwerbes dinglicher Rechte; sie kann daher den schon vollzogenen Erwerb eines solchen nicht voraussetzen. Überhaupt ist im Geltungsbereich des Eintragungsgrundsatzes der Zuspruch eines schon bestehenden dinglichen Rechtes nicht möglich, weil in diesem Bereich das gerichtliche Erkenntnis nie etwas anderes feststellen kann, als daß der materiellrechtliche Erwerbsgrund und eben deshalb die Verpflichtung zur Eintragung (hier: die Verpflichtung des Beklagten, der Eintragung zuzustimmen), die als Erwerbsart zur Existenzwerdung des dinglichen Rechtes fehlt, vorhanden ist.

Für den originären Eigentumserwerb und die vom Eintragungsgrundsatz nicht erfaßten Fälle des abgeleiteten Eigentumserwerbes (Zuschlag, Erbgang, Ersitzung) ist die Vormerkung nach § 38 lit a GBG nicht von Bedeutung, weil die Sicherung des Erwerbes auf andere Weise gegeben ist (Anmerkung der Erteilung des Zuschlages; Einbindung des Verlassenschaftsgerichtes; Anmerkung der Klage).

Schließlich darf nicht übersehen werden, daß die Vormerkung grundsätzlich nur unter der Bedingung ihrer nachfolgenden Rechtfertigung den Erwerb des vorgemerkten bücherlichen Rechtes bewirkt (§ 8 Z 2 GBG), sodaß folgerichtig die Bestimmungen der §§ 35 bis 37 und 40 GBG die Vormerkung bestimmter Rechte unter den dort geregelten Voraussetzungen gestatten, wobei der Rechtserwerb selbst an die in den §§ 40 ff GBG geregelten Formen der Rechtfertigung geknüpft ist.

Der erkennende Senat sieht daher keinen Grund, in der Vorschrift des § 38 lit a GBG etwas anders zu sehen als einen der Fälle, in denen noch nicht alle Voraussetzungen für die Einverleibung des Rechtes gegeben sind, nach dieser Gesetzesstelle im besonderen eben noch nicht die Rechtskraft des gerichtlichen Erkenntnisses, auf Grund dessen bei Eintritt der Rechtskraft ohne weiteres die Einverleibung erfolgen könnte.

Dies hat zur Folge, daß die Vormerkung auf Grund eines nicht rechtskräftigen gerichtlichen Urteiles, mit dem der bücherliche Vormann schuldig erkannt wurde, in die Einverleibung des Eigentumsrechtes (des Vormerkungswerbers) einzuwilligen, und in dem weiters ausgesprochen wurde, daß die Einwilligung mit Rechtskraft des Urteiles als erteilt gilt, nach § 38 lit a GBG zu bewilligen ist.

Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

Bemerkt wird, daß über die Rechtsfolgen des Zusammenfalls von Liegenschaftseigentum und Baurecht im Falle der Rechtfertigung der Vormerkung jetzt nicht zu entscheiden ist (vgl 5 Ob 145/95).