JudikaturJustiz5Ob2316/96s

5Ob2316/96s – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. Oktober 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Schwarz, Dr.Floßmann und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Eberhard S*****, vertreten durch Dr.Georg Röhsner, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1. Wilhelmine D*****, 2. I***** AG, ***** 3. Krankenhaus *****, alle vertreten durch Dr.Hans Peter Sauerzopf, Rechtsanwalt in Wien, wegen §§ 46 a, 37 Abs 1 Z 8 MRG, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegner gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 15. Mai 1996, GZ 39 R 361/96v-9, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 15.Jänner 1996, GZ 46 Msch 63/95y-5, bestätigt wurde, den

Sachbeschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Das gemäß § 40 Abs 2 MRG angerufene Erstgericht stellte fest, daß die Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller durch Vorschreibung eines monatlichen Hauptmietzinses von S 12.413 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß für das Objekt top Nr. 9 im Haus ***** ab 1.1.1995 um monatlich S 11.354,98 überschritten hätten. Es ging dabei vom folgenden Sachverhalt aus:

Die Antragsgegner sind Eigentümer des Hauses *****, der Antragsteller ist Mieter des Bestandobjektes top Nr. 9. Mit Mietvertrag vom 18.2.1938 wurde zwischen der damaligen "Hausinhabung" und der "Firma" Josef L*****, zur firmengemäßen Gewerbeausübung ein Mietvertrag auf unbestimmte Dauer geschlossen. Als Zinsberechnungsgrundlage wurde der Mietzins für August 1914 von jährlich 4.052 Kronen herangezogen. Josef L***** wurde 1942 oder 1943 für tot erklärt, seine Universalerbin war Leopoldine L*****, die ihrerseits am 20.3.1970 verstarb und mit Testament vom 14.9.1968 den Antragsteller zum Universalerben einsetzte.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Erstgericht, daß weder die Voraussetzungen des § 46 a Abs 2 MRG noch jene des § 46 a Abs 4 MRG erfüllt seien, sodaß eine Mietzinsanhebung nicht gerechtfertigt und der gesetzlich zulässige Mietzins daher überschritten worden sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegner nicht Folge und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Es führte folgendes aus:

§ 46 a Abs 4 MRG sehe eine "Fünfzehntel-Anhebung" vor, wenn eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes vor dem 1.1.1968 eine Geschäfträumlichkeit als Hauptmieter gemietet habe und bei Vertragsabschluß eine freie Mietzinsvereinbarung nicht möglich gewesen sei. Da der Gesetzgeber in § 46 a Abs 4 MRG ausdrücklich von "juristischer Person" bzw "Personengesellschaft des Handelsrechtes" spreche, stehe dieser klare Wortlaut der Anwendung der Gesetzesstelle auf natürliche Personen entgegen.

Feststehe weiters, daß der ursprüngliche Mieter, der den Mietvertrag am 18.2.1938 abgeschlossen habe, im Juli 1942 oder 1943 für tot erklärt worden sei und dessen Universalerbin am 20.3.1970 verstorben sei. Nicht gefolgt werden könne in diesem Zusammenhang den Rechtsausführungen, daß die Anwendbarkeit des § 46 a Abs 2 MRG und damit die Möglichkeit der Zinsanhebung im Sinne dieser Gesetzesstelle auch dann gegeben sei, wenn der Hauptmieter vor dem 1.3.1994, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des 3. WÄG, verstorben sei. Die Beachtung des Grundgedankens dieser neuen Bestimmungen des 3. WÄG, das Recht des Vermieters auf Mietzinsanhebung bei Altverträgen, könne nicht zur Folge haben, daß die vom Gesetz dafür aufgestellten Voraussetzungen vollkommen außer acht gelassen würden. § 46 a Abs 2 MRG sehe vor, daß die sogenannte "Fünfzehntel-Anhebung" unter Einhaltung der sonstigen Voraussetzungen "ab dem auf den Todesfall folgenden 1.Jänner" erfolgen könne. Bereits aus diesem Wortlaut könne zweifelsfrei geschlossen werden, daß damit frühestens der 1.Jänner nach Inkrafttreten des Gesetzes gemeint sei und demnach zukünftige Todesfälle erfaßt sein sollten. Wie auch Würth in seiner Kritik zur Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 27.1.1995, 1 Ob 512-514/95 in WoBl 1995, 177 ausführe, könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, daß § 46 a Abs 2 MRG auf alle während der Dauer des Bestandverhältnisses eingetretenen, wenn auch noch so lange zurückliegenden Todesfälle Anwendung zu finden habe. Die neue Rechtslage sei daher nicht anzuwenden, wenn der zu beurteilende Sachverhalt vor Inkrafttreten der neuen Bestimmung des § 46 a Abs 2 MRG erfolgt sei. Da im vorliegenden Fall das wesentliche Tatbestandsmerkmal, nämlich der Tod des Hauptmieters, bereits im Jahre 1970 eingetreten sei, könne § 46 a Abs 2 MRG keine Anwendung finden.

Im Hinblick auf die entgegenstehende Entscheidung 1 Ob 512-514/95, welche die Anwendbarkeit des 3. WÄG auf vor dessen Inkrafttreten abgeschlossene Sachverhalte bejaht habe, seien die Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO gegeben gewesen.

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegner wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Sachbeschluß aufzuheben und die Rechtssache zur Feststellung der Höhe des angemessenen Mietzinses unter Überbindung der Rechtsauffassung, daß die Mietzinsanhebung dem Grunde nach zu Recht bestehe, an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen.

Der Antragsteller beantragt in seiner Rekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittelwerber stützen sich auf die Absätze 2 und 4 des § 46 a MRG. § 46 a Abs 2 MRG gelte auch für Todesfälle vor dem 1.3.1994. § 46 a Abs 4 MRG sei im Wege der Analogie auch dann anzuwenden, wenn der Mieter eine natürliche Person sei.

Beide aufgeworfenen Fragen wurden vom erkennenden Senat bereits - allerdings nicht im Sinne der Rechtsmittelwerber - beantwortet:

Zu § 46 a Abs 2 MRG ist der erkennende Senat in 5 Ob 2307/96t der Entscheidung 1 Ob 512-514/95 = WoBl 1995, 177/85, die von Würth (zu WoBl 1995/85) und Hausmann (ecolex 1995, 467) kritisiert wurde (vgl auch Würth/Zingher, Wohnrecht 94, 376 Anm 13; Dirnbacher, Gedanken zu § 46 a MRG, WoBl 1995, 78), nicht gefolgt. Er hat vielmehr folgende Ansicht vertreten:

Gemäß Art II Abschnitt II Z 1 des 3. WÄG gelten die mietrechtlichen Änderungen zwar auch für Mietverträge, die vor dem Inkrafttreten mit 1.3.1994 geschlossen wurden. Dies ändert aber nichts daran, daß die neuen Rechtsvorschriften, soweit nicht besondere Übergangsregelungen etwas anderes vorsehen, nur auf nach Inkrafttreten des 3. WÄG verwirklichte Sachverhalte anzuwenden sind (Würth/Zingher, Wohnrecht 94, 356 Anm 1). § 46 a Abs 2 MRG stellt auf den Tod des Geschäftsraummieters ab. Mit dem Tod verwirklicht sich der maßgebliche Sachverhalt endgültig und abschließend (vgl 5 Ob 2056/96f = RdW 1996, 358). Wann die Einantwortungsurkunde in Rechtskraft erwächst, ist für die Anwendung der zitierten Gesetzesstelle nicht maßgeblich, weil diese tatbestandsmäßig an den Übergang der Mietrechte vom ruhenden Nachlaß auf den Erben nicht anknüpft, sondern lediglich den Tod des Geschäftsraummieters voraussetzt. Ist daher der Hauptmieter - wie hier - vor dem 1.3.1994 verstorben, kann § 46 a Abs 2 MRG nicht angewendet werden.

Soweit sich die Rechtsmittelwerber auf Tades-Stabentheiner, ÖJZ-Sonderheft 1994/1A, 15, berufen, ist noch hinzuzufügen, daß diese Autoren zu § 46 a Abs 2 MRG lediglich für und gegen die Ansicht der Rechtsmittelwerber sprechende - bei Prüfung der Rechtslage in 5 Ob 2307/96t schon bekannte - Argumente aufzeigen, ohne abschließend Stellung zu beziehen.

Zu § 46 a Abs 4 MRG hat der erkennende Senat in 5 Ob 2006/96b (vgl zuvor schon 5 Ob 11/96 [hiezu Iro, Mietzinserhöhung um jeden Preis? RdW 1996, 349] und 5 Ob 2073/96f = RdW 1996, 358) folgendes ausgesprochen:

Gegen eine analoge Anwendung des § 46 a Abs 4 MRG auf Fälle der Anmietung eines Geschäftsraums durch eine natürliche Person vor dem 1.1.1968 spricht die aus dem klaren Gesetzeswortlaut hervorleuchtende, aber auch durch den systematischen Zusammenhang zwischen § 46 a Abs 4 MRG und § 12 a Abs 3 MRG belegbare Absicht des Gesetzgebers, mit der Neuregelung die Probleme in den Griff zu bekommen, die sich bei gesellschaftsrechtlichen Veränderungen innerhalb einer Mietergesellschaft (im weiteren Sinn) gezeigt hatten. Es sollte verhindert werden, daß die praktisch "ewige" Mieterstellung einer juristischen Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes den Vorteil eines vor Jahren oder Jahrzehnten vereinbarten günstigen Mietzinses auch dann bestehen läßt, wenn sich die rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten in der Gesellschaft entscheidend geändert haben. Dabei war vor allem an die Eindämmung von Umgehungsgeschäften gedacht (§ 12 a Abs 3 letzter Satz MRG). Wurde der Mietvertrag mit einer natürlichen Person als Hauptmieter abgeschlossen, stellen sich diese Probleme nicht. Während die "Gesellschaft" unter Umständen niemals "stirbt", tritt der Tod der physischen Person - früher oder später - jedenfalls ein. Aus der Sonderregelung für Gesellschaften kann daher nicht der Schluß gezogen werden, daß sie den Gleichheitsgrundsatz verletzt. Damit ist das entscheidende Argument der Lehre, die Nichterfassung von Mietvertragsabschlüssen vor dem 1.1.1968 mit natürlichen Personen durch die Regelung des § 46 a Abs 4 MRG sei gleichheitswidrig und im Wege der Analogie zu korrigieren (Reich-Rohrwig, Mietzinserhöhung bei Geschäftsraum-Hauptmiete 107 f) widerlegt. Bei Mietverhältnissen, die auf Mieterseite ursprünglich von natürlichen Personen eingegangen wurden, sind ohnehin viele Fälle der Mietzinserhöhung denkbar, die die scheinbare Benachteiligung des Vermieters ausgleichen (Dirnbacher, Gedanken zu § 46 a MRG, WoBl 1995, 78, 79; vgl 5 Ob 11/96). Die Ausdehnung der in § 46 a Abs 4 MRG vorgesehenen Möglichkeit der Mietzinserhöhung auf den vom Gesetzeswortlaut nicht gedeckten Fall, daß der vor dem 1.1.1968 zustande gekommene Mietvertrag mit einer natürlichen Person als Hauptmieter abgeschlossen wurde, kommt daher nicht in Frage.

An der zitierten Rechtsprechung wird festgehalten, zumal der Revisionsrekurs nichts enthält, was Zweifel an ihrer Richtigkeit erwecken könnte. Ihm war daher ein Erfolg zu versagen.

Rechtssätze
3