JudikaturJustiz5Ob22/16w

5Ob22/16w – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. März 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. Mag. G***** P*****, 2. A***** P*****, beide *****, beide vertreten durch Mag. Marina Breitenecker, Dr. Christine Kolbitsch, Dr. Heinrich Vana, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwalt in Wien, wegen Berichtigung gemäß § 136 GBG ob EZ 130 GB *****, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 24. November 2015, AZ 22 R 80/15t, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Schwechat vom 11. Juni 2015, TZ 1148/2015, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Antragsteller sind die eingeantworteten Erben nach dem am 19. 9. 2013 verstorbenen Dr. R***** P*****. Dieser war grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaften EZ 64 GB *****, unter anderem mit dem Grundstück Nr 125/35, und EZ 221 GB ***** mit dem Grundstück Nr 126/38. Gemäß dem Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichts Schwechat vom 23. 4. 2015 waren die Erstantragstellerin zu 2/3 und der Zweitantragsteller zu 1/3 außerbücherliche Eigentümer des Grundstücks Nr 125/35, die Erstantragstellerin außerbücherliche Alleineigentümerin des Grundstück Nr 126/38.

Mit Beschluss vom 19. 2. 2015, TZ 413/2015 (NGB 169/14) führte das Erstgericht in einem Verfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG betreffend die Errichtung der Wiener Außenring Schnellstraße (S1) Grundstücksveränderungen durch, unter anderem die Zusammenfassung von Trennstücken der Grundstücke mit den ehemaligen Grundstücksnummern 126/35 der EZ 64 GB ***** (Trennstück 38) und 126/38 der EZ 221 GB ***** (Trennstück 39) mit 2 weiteren Trennstücken zur neuen Grundstücknummer 126/39 und die Zuschreibung dieses Grundstücks Nr 126/39 zu der im Eigentum der Republik Österreich (Bund/Bundesstraßenverwaltung) stehenden Liegenschaft EZ 130 GB *****.

Diesem Verfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG lag ein vom Bundesministerium für Verkehr, Kommunikation und Technologie als Bundesstraßenbehörde II. Instanz erlassener Bescheid vom 17. 7. 2013 zu Grunde, der die entsprechende Enteignung von Teilflächen aus den Grundstücken Nr 126/38 und Nr 126/35, je GB ***** vorsah. Mit Erkenntnis vom 19. 3. 2015 hob der Verwaltungsgerichtshof diesen Enteignungsbescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde auf.

Mit ihrem am 6. 5. 2015 beim Erstgericht eingebrachten Antrag beantragten die Antragsteller (soweit für das Revisionsrekursverfahren noch relevant), das Grundbuch betreffend das Eigentumsrecht an der EZ 130 GB ***** gemäß § 136 GBG zu berichtigen. Der Verwaltungsgerichtshof habe den Enteignungsbescheid aufgehoben und dessen Rechtswidrigkeit festgestellt. Die Trennstücke der Grundstücke Nr 126/35 (EZ 64 GB *****) und Nr 126/38 (EZ 221 GB *****) seien damit nicht enteignet worden und weder ihr Rechtsvorgänger noch die Antragsteller als dessen rechtmäßig eingeantwortete Erben hätten das Eigentum je verloren. Das Grundbuch gebe daher offenkundig nicht die wirkliche Rechtslage wieder.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Eine Berichtigung nach § 136 GBG komme nicht in Betracht, wenn sich wie hier nach Eintritt der Rechtskraft des die Eintragung bewilligenden Beschlusses herausstelle, dass der Beschluss auf einer fehlerhaften Grundlage beruhe, insbesondere der Rechtstitel mangelhaft oder ungültig sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge. Ob der Wegfall des Enteignungsbescheids eine Berichtigung nach § 136 GBG ermögliche, müsse hier nicht beantwortet werden. Der Antrag auf Berichtigung nach § 136 GBG müsse nämlich ein bestimmtes Begehren enthalten. Das Begehren der Antragsteller beschränke sich jedoch darauf, „das Grundbuch betreffend die EZ 130, KG ***** gemäß § 136 GBG zu berichtigen“. Dieser Antrag lasse offen, durch welche grundbücherliche Eintragung die Berichtigung nach § 136 GBG im Bezug auf die EZ 130 GB ***** vorgenommen werden solle. Insbesondere umfasse diese EZ nicht nur Grundstücksteile, die vormals im Eigentum des Rechtsvorgängers der Rekurswerber gestanden seien, und daher scheide selbst im Fall der Berichtigung eine bloße Einverleibung des Eigentumsrechts für die Antragsteller ob dieser EZ aus. Für eine Berichtigung nach § 136 GBG hätte es eines konkreteren Antrags der Antragsteller bereits im Verfahren erster Instanz bedurft.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Der Oberste Gerichtshof habe die über den konkreten Einzelfall hinaus bedeutsamen Rechtsfragen, ob im Falle der Behebung des Enteignungsbescheids mit einer Berichtigung nach § 136 GBG vorgegangen werden könne und ob eine Antragstellung in der hier gegenständlichen Form hinreichend oder eine konkretere Antragstellung erforderlich ist, noch nicht beurteilt.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss abzuändern und die beantragte Berichtigung vorzunehmen. Hilfsweise stellen sie einen Aufhebungs und Zurückverweisungsantrag.

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG) Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig. Die Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts ab, der iSd § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

1. Gibt das Grundbuch die wirkliche Rechtslage nicht richtig wieder, so ist auf Ansuchen die zur Berichtigung erforderliche Eintragung vorzunehmen, ohne dass die sonst für eine solche Eintragung von diesem Bundesgesetz geforderten Voraussetzungen erfüllt sein müssen, wenn die Unrichtigkeit offenkundig oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen ist (§ 136 Abs 1 GBG).

2. Das Verfahren zur Grundbuchsberichtigung nach § 136 GBG wird nur auf Antrag eingeleitet ( Kodek in Kodek , Grundbuchsrecht § 136 GBG Rz 73; Rassi Grundbuchsrecht² Rz  490). Die inhaltlichen Erfordernisse eines solchen Grundbuchsgesuchs ergeben sich insbesondere aus den §§ 84 f GBG. Nach § 85 Abs 2 GBG ist im Begehren genau anzugeben, was im Grundbuch eingetragen werden soll. Als Grundsatz gilt, dass ein Antrag jegliche Verwechslung des Eintragungsobjekts und eine Fehlinterpretation des Begehrens ausschließen und dem allgemeinen Interesse an der Beibehaltung standardisierter Regeln über Form, Aufbau und Inhalt des grundbücherlichen Informationssystems jedenfalls so weit Rechnung tragen muss, dass dem Grundbuchsgericht ohne besonderen Aufwand eine Beschlussfassung iSd § 98 GBG möglich ist (RIS Justiz RS0061025).

3. Diese Grundsätze gelten insbesondere auch für das Verfahren nach §§ 15 ff LiegTeilG (5 Ob 198/13y). Der Antrag ist so zu formulieren, dass das Grundbuchsgericht die durch die Anlage verursachten Grundbucheintragungen nicht amtswegig selbst erarbeiten muss. Dazu hat der Antragsteller die vorzunehmenden Grundbucheintragungen verbal zu beschreiben; der bloße Verweis auf die im Anmeldungsbogen enthaltene Gegenüberstellung der Flächenveränderungen reicht nicht aus (RIS Justiz RS0127671).

4. Für das Begehren auf Berichtigung durch (teilweise) Rückgängigmachung der in einem Verfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG vorgenommenen Veränderungen kann nichts Anderes gelten. Da sich diese Geltung des Bestimmtheitsgebots (auch) für Anträge nach § 136 GBG aus den bereits vorhandenen Leitlinien höchstgerichtlicher Rechtsprechung klar und eindeutig ableiten lässt, kommt dieser Frage ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer vergleichbaren Fallgestaltung keine erhebliche Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG zu (vgl RIS Justiz RS0042656 [T48]).

5. Das Rekursgericht hat daher zu Recht ein Begehren für erforderlich gehalten, das dem Bestimmtheitsgebot des § 85 Abs 2 GBG entspricht. Ob das Gesuch im konkreten Fall den demnach zu fordernden Grundsätzen entspricht, stellt typischerweise eine Frage des Einzelfalls dar (RIS Justiz RS0061025 [T2, T4], RS0061013 [T12]), der regelmäßig keine erhebliche Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG zukommt (5 Ob 198/13y). Die Auffassung des Rekursgerichts, dass der Antrag, „das Grundbuch betreffend das Eigentumsrecht an der EZ 130, KG ***** entsprechend der wirklichen Rechtslage zu berichtigen“, dem Bestimmtheitsgebot nicht entspricht, ist auch keine vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung. Im eigentlichen Antragsbegehren wird explizit nur pauschal die Berichtigung (des Eigentumsrechts) betreffend die EZ 130 GB ***** beantragt, eine Darstellung der konkreten zurückzunehmenden Grundstücksveränderungen erfolgte nicht. Die Revisionsrekurswerber wenden zwar ein, dass sie jedenfalls im Gesamtzusammenhang klar erkennbar beantragt hätten, „den Teilungsplan vom 19. 02. 2015 zur Zahl NGB 169/2014 TZ 413/2015 soweit rückgängig zu machen, dass das Eigentum an den vormaligen Liegenschaften der Revisionsrekurswerber, GrSt.-Nr. 126/35 (EZ 64 KG *****) und 126/38 (EZ 221 KG *****) wieder einverleibt werden“ könne. Der Umstand, dass aufgrund des Vorbringens zur Begründung des Antrags das durch die Berichtigung zu erzielen beabsichtigte Ergebnis klar gewesen sein mag, ändert jedoch nichts daran, dass das Grundbuchsgericht die dafür konkret notwendigen Grundbucheintragungen erst selbst erarbeiten müsste.

6. Ob der Antrag wie der Revisionsrekurs meint iSd § 82a GBG verbesserungsfähig gewesen wäre, bedarf keiner Beantwortung, weil die Antragsteller im Revisionsrekurs eine solche Verbesserung nicht vorgenommen haben (vgl 5 Ob 198/13y). Im Hinblick auf die Mangelhaftigkeit des Antrags ist auch dessen (sonstige) materielle Berechtigung nicht zu prüfen; die Frage, ob im Fall der rückwirkenden Aufhebung des Enteignungsbescheids eine Berichtigung nach § 136 GBG vorgenommen werden kann, ist hier daher bloß theoretischer Natur. Die Beantwortung abstrakter Rechtsfragen ist nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofs (RIS Justiz RS0111271 [T2]).